Ich habe in meiner Zeit als
Kiezschreiber eigentlich nur Trash-Interviews gegeben. Bis auf die Stunde, die
ich beim rbb im altehrwürdigen Funkhaus war. Der Sender heißt 88,8.
Das zweite Interview war bei
Radio Alex, die aus dem Brunnenviertel, meiner damaligen „Wirkungsstätte“,
gesendet haben. Vorher hieß der Laden OKB. Offener Kanal Berlin. Da darf jeder
mal senden. Rolf ist seit ewigen Zeiten dabei. Seine Sendung heißt OKBeat. Als DDR-Kind
hat er schon seine eigenen Radiosendungen auf Kassette aufgenommen und seine
Umgebung damit gequält. Er ist Hartz-IV-Empfänger und aktives SPD-Mitglied. Eine
ganz aparte Kombination. Da habe ich zwischen den Songs Kurzgeschichten
vorgelesen
Das dritte Interview haben
irgendwelche Austauschstudenten aus obskuren Balkanstaaten aufgenommen, die
glaubten, ich hätte was zu sagen. Loser. Sie hatten eine Kamera und haben das
Gespräch auf der Aussichtsplattform des Flakbunkers im Humboldthain gedreht.
Keine Ahnung, was ich gesagt habe. Keine Ahnung, ob die Scheiße irgendwo im
Kosovo gesendet wurde.
Das vierte Interview gab ich
einer polnischen Studentin, die an ihrer Masterarbeit über Gentrifizierung in
Berlin schrieb. Wir trafen uns in einem Café im Schillerkiez in Neukölln. Nach
Stilllegung des Flughafens Tempelhof war hier der Bevölkerungsaustausch
zwischen Unter- und Mittelschicht gerade in vollem Gang. Ich zog ein
knallgelbes Hoodie und Chucks an. Was Problem-Boomer eben so machen, wenn sie
junge Frauen mit Mörderhupen treffen.
Bei einem Cappuccino erklärte
ich ihr, wie das hier in Berlin läuft. Habe mich richtig in Rage geredet.
Social Justice Warrior nix dagegen. Ich deutete auf zwei Studenten am
Nachbartisch und sagte: „Schau dir die Jungs an. Der Papa von dem einen ist
Zahnarzt, der Papa von dem anderen ist Rechtsanwalt. Die sind nicht von hier,
todsicher aus Westdeutschland. Die machen mit ihrem Geld den ganzen Kiez kaputt.
Und die türkischen Familien können sich eine neue Bleibe suchen. Das Café, in
dem wir gerade sitzen, hat es früher nicht gegeben. Das ist natürlich auch ein Teil
der Gentrifizierung. Kein Türke würde hier freiwillig reinkommen. Überhaupt die
ganze vegane Öko-Scheiße!“
Im Café ist es still geworden. Wütende
Blicke. Aber wenn ich mal in Fahrt bin, gibt es kein Halten mehr. Am Ende frage
ich sie, ob sie auch zur U-Bahn geht. Da fragt sie mich, ob ich nicht hier
wohnen würde. Nee, sage ich, ich habe eine Eigentumswohnung in Wilmersdorf.
Mein Vater, der mir diese Wohnung vor dreißig Jahren gekauft hat, ist übrigens
ein Architekt aus Westdeutschland. Jetzt dürfen Sie lachen.
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