Sein
Anzug hatte die Farbe von frischem Asphalt. Giovanni Toblerone, auch Johnny T
oder einfach Big T genannt, schenkt noch einmal nach. Zwanzig Jahre alter
Grappa. Birdy greift gierig nach dem Glas. Wenn man diesen Burschen betrunken hält,
kann man ihn beliebig manipulieren.
***
Mein
Name ist Lou York und ich lebe vom Verbrechen. Aber ich trinke keinen Grappa.
„Kannst
du einen Job für mich erledigen?“
„Was
springt für mich dabei raus, Big T?“
„Es
geht um fünfzig Riesen. Wir machen halbe-halbe. Ich habe die Info, du machst
den Job. Ist ganz einfach.“
„Um
was geht es?“
„Einmal
im Monat nehme ich an einer Spielrunde teil. Wir treffen uns in einer Suite in
der Pension Pinselmeier. Wir spielen ‚Siedler von Catan‘ um hohe Einsätze. Es
sind jedes Mal dieselben fünf Leute. Ich dachte immer, es wären meine Freunde,
aber sie haben mich systematisch ausgenommen. Gefälschte Rohstoffe waren unter
dem Tisch befestigt. Die Jungs hatten immer ein Erz im Ärmel. Beim
Rohstofftausch haben sie mich ständig benachteiligt. Ich will Rache, Lou. Als
Mitspieler bin ich unverdächtig, wenn du kommst.“
„Sind
die Jungs bewaffnet?“
„Nein.
Du kannst dir gerne als Bonus ihre teuren Uhren abgreifen.“
„Wann
steigt die nächste Partie?“
„Samstagabend,
neun Uhr.“
***
Pension
Pinselmeier. Ich miete mich einen Tag vorher ein Stockwerk tiefer ein. Big T
hat mir erzählt, dass der Wirt regelmäßig frisches Eis für die Drinks und ein
paar Snacks vorbeibringt. Er klopft an und ruft „Zimmerservice“.
Am
Samstagabend nehme ich meine Pumpgun aus der Reisetasche und gehe zur Suite.
Wer eine Waffe benutzen will, trägt eine kurzläufige Pistole im Hosenbund. Wer
keine Waffe abfeuern will, kommt mit einer doppelläufigen Pumpgun. Das
beeindruckt die Leute.
„Zimmerservice“.
Ich
höre dumpfe Schritte, dann wird die Tür geöffnet. Vor mir steht ein alter Mann
in einem braunen Anzug, der ein paar graue Strähnen über seine Halbglatze
gekämmt hat.
Ich
halte ihm die Pumpgun unter die Nase und sage: „Hinsetzen!“
Dann
werfe ich einen Stoffbeutel auf den Spieltisch. „Geld, Uhren und Brieftaschen.
Alles in den Beutel.“
Ich
beobachte sie aufmerksam. Keiner sagt ein Wort. Nach zwei Minuten, die mir wie
eine Ewigkeit vorkommen, ist alles in der Tasche.
„Gib
mir den Beutel, Opa!“
Er
gibt sie mir und ich renne hinaus, so schnell ich kann. Aber nicht zum Ausgang,
sondern in mein Zimmer. Ich hatte die Zimmertür nicht abgeschlossen und bin
blitzschnell verschwunden. Ich wähle Birdys Nummer und lasse es, wie
verabredet, dreimal klingeln. Dann schalte ich mein Handy und das Licht aus,
gehe ans Fenster und beobachte den Parkplatz vor der Pension.
Er
weiß, was zu tun ist. Ich hatte ihm meinen raffinierten Plan vorher erklärt. Er
war begeistert, denn bei einer Polizeikontrolle würde man weder Diebesgut noch
einen Dieb finden. Mit quietschenden Reifen fährt er los. Birdy ist von Beruf
Fluchtwagenfahrer und hat einen Maserati.
„Los,
hinterher!“ ruft Big T. „Wir müssen das Schwein kriegen. Ich will mein Geld
zurück.“
Die
Männer laufen die Treppe hinunter, so schnell zu können. Nicht schnell genug.
Birdy hat sie in wenigen Minuten abgehängt.
***
Ich verlasse
in Ruhe die Pension und stelle die Reisetasche mit dem Geld und der Pumpgun in
den Kofferraum meines Wagens, wo schon ein alter Samsonite mit meinen Klamotten
liegt. Ich werde nicht mehr in die Bruchbude zurückkehren, in der ich drei
Monate gelebt habe. Mit fünfzig Riesen verbringt man den Winter an der Côte d’Azur. In diesem Geschäft
macht man sich keine Freunde.
Der Mensch ist schlecht.
AntwortenLöschen