Offenbar
glauben viele junge Menschen, sie würden im Internet brandneue Themen
diskutieren. Oder ihre Generation hätte die Debatte erst angestoßen.
Gendersensible, rassismus- und sexismusfreie Sprache zum Beispiel.
Aber
das Gendern kenne ich seit den siebziger Jahren. Statt „man“ sagte man „frau“
oder „mensch“, es wurden männliche und weibliche Formen gemeinsam verwendet, „Studentinnen
und Studenten“, sogar "Mitgliederinnen und Mitglieder".
Das
N-Wort und das Z-Wort verwenden gebildete Menschen seit vierzig Jahren
nicht mehr. Wenn man im SPIEGEL-Archiv nach „Sinti und Roma“ sucht, wird man
schon in Ausgaben aus den achtziger Jahren fündig.
Die
Gegner dieser „Neuerungen“ sind übrigens immer noch dieselben: Konservative und
Rechtsradikale. Diese Debatten sind in Wirklichkeit uralt, die Jugend bohrt am selben
dicken Brett wie die Alten.
Auch
Umweltschutz ist eine Idee, die mindestens ein halbes Jahrhundert als soziale
Bewegung auf dem Buckel hat. Heute hat er das Label „Klimawandel“ und die
Umweltschutzbewegung hat sich den schicken Anglizismus „Fridays for Future“
verpasst.
„Cancel
Culture“ ist auch so ein Modewort. Dabei ist es alter Wein in neuen Schläuchen.
Schon immer hat man zu linken Veranstaltungen linke Redner und Bands eingeladen,
bei rechten Veranstaltungen lief es entsprechend. Wo Höcke spricht, wird danach
nicht Feine Sahne Fischfilet auftreten.
Eigentlich
– auch wenn es hart klingen mag – hat die junge Generation keine einzige neue
Diskussion angestoßen. Aber sie merken es nicht. Ist es Ignoranz gegenüber der
Vergangenheit? Fixierung auf Internet und soziale Medien? Egozentrismus?
Jedenfalls
drehen sich die Debatten immer noch im Kreis wie in meiner Jugend. Kein
Fortschritt. Nirgends. Was die heutige Jugend allerdings mit meiner Jugendzeit
verbindet: das Gefühl moralischer und intellektueller Überlegenheit, die
Verachtung der Alten und der autoritäre Dogmatismus gegenüber Andersdenkenden.
"die Verachtung der Alten"
AntwortenLöschenDas Gefühl habe ich überhaupt nicht, im Gegenteil: Höflichkeit, ja Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, ich bin immer ganz entgeistert. Allerdings erschreckend doof und ungebildet... ;-)
Die Sprachpolizisten und die Gender Maniacs, die im Internet unterwegs sind, kennen Begriffe wie Höflichkeit und Freundlichkeit nicht. Die Freundlichen sind die Dummen. Neulich erklärte mir ein Student, Israel sei ein muslimisches Land und Tel Aviv läge in Syrien. Als ich ihm erklärte, Israel sei von Juden gegründet worden, antwortete er, Islam und Judentum seien doch praktisch das gleiche. Da fällt mir nix mehr ein ...
Löschen"Islam und Judentum seien doch praktisch das gleiche."
LöschenNaja,so ganz unrecht hatte der Junge doch nicht, die Religionen sind sich schon sehr, sehr ähnlich.
Seine Geografiekenntnisse bedürfen allerdings dringend einer Aktualisierung.
Und was die Jugend mit meiner Jugend gemein haben, ist die Überlegenheit, Verachtung und radikalen Feindschaft der Alten gegenüber der Jugend.
AntwortenLöschenFred
der sprachpotzilist sagt: und jetzt das ganze noch mal in richtig - oder so.
LöschenHallo Anonym,
Löschenwie Du dir denken kannst bin ich auch schon einige Tage älter, aber danke das Du so reflexartig ("der Sprachpolizist") reagiert hast.
lalüüüh lalaaah
Löschenhey fred, alter,
mit dem lesen machen wir es genauso: das ganze noch aml in richtig - oder so.
„Wir lernen aus der Geschichte, dass wir überhaupt nichts lernen.“
AntwortenLöschen— Georg Wilhelm Friedrich Hegel
A M E N ... ;D
Vielleicht ist ein Grund für die noch immergleichen Diskussionsthemen in zeitgeistig angepasster Hülle der, dass sich die Gesellschaft trotz allen Behauptens nicht oder nur marginal verändert hat?
AntwortenLöschenDann spielte die Jugend auf diese Art den Ball zurück, weil die "Alten" nicht wirklich etwas verändert haben;-)
Raider heisst jetzt Twix - sonst ändert sich nix!
Mir ist klar, dass sich emanzipatorisch durchaus einiges getan hat. Wenn sich das darin erschöpft, dass bestimmte Worte in Büchern entfernt werden u.ä., ist das Augenwischerei. Solange sich einzelne Gruppen im Streit um ihre berechtigten Ansprüche wieder selbst zu etwas Elitären vereinen, statt zu sehen, diess "Ihre" Rechte im Grunde die aller Menschen sind, wird´s auch die nächsten 40+x Jahre wirklich anders.
Meine Generation hat ja auch nix erreicht. Tofu predigen und Steaks essen.
LöschenEs ist Systemimmanent, daß "die Jugend", HaHa, magste ja nich, nichts neues hervorbringt.
AntwortenLöschenEs ist allg. so, daß die Entwicklung, sei es in der Kunst, Musik, aber auch in der Technik und Forschung, stagniert oder sich sogar zurück entwickelt.
Als plakatives Beispiel sei die Autoindustrie genannt.
Hier werden 2 Tonnen Monster als Spitze der Evolution gepriesen, haben wir doch aber im ersten Semester, erste Vorlesung Fahrzeugbau, gelernt: Fahrzeugbau ist Leichtbau.
Ich sehe keine leichte, kleine Fahrzeuge, mit Kohlefaserkarosserie, kleiner Motorleistung, überhaupt angewandte Hochtechnologie, in den Autozeitschriften.
Gezeigt werden Dinosaurier, mit 700 PS Leistung, völlig abartig aber elektrisch.
Damit soll die Welt gerettet werden. Und der Stammtisch sagt boa eh !!
Hat die Menschheit schon alles gedacht, komponiert, gemalt, erschaffen ?
Im Mittelalter ging auch hunderte Jahre nichts, altes Wissen ging verloren, einzig die gesellschaftlichen Verhältnisse wurden konserviert.
In einer ähnlichen Periode befinden wir uns wohl gerade auch.
Beim Thema Auto mag das stimmen, aber denk mal an IuK-Technologie. Da hat sich die letzten vierzig Jahre eine Menge getan. Auch in der Musik. Klassik, Jazz und Swing sind vorbei, Rock, Reggae und Rap sind dazugekommen.
LöschenÄäähh, Reggae und Rock sind schon über 40 Jahre alt.
LöschenRap ca. 35 Jahre.
Computertechnologie dito, also ca. 40 Jahre.
Es wurde hier zwar alles leistungsfähiger und kleiner, die Idee, die ersten funktionierenden Maschinen, das liegt alles schon lange zurück.
Ich nehme bei meiner Argumentation immer das Fliegen her.
Es gilt fliegen oder nicht fliegen.
Egal ob wir jetzt mit Riesenteilen 500 Menschen auf einmal um die halbe Welt fliegen.
Das ist wie Wasser oder kein Wasser.
Verdursten oder überleben.
Und fliegen kann die Menscheit nun seit ca. 140 Jahren.
Also ist das nichts mehr neues, trotz A 380.
Dann gibt es also zwischen Heißluftballon und Mondflug eigentlich keinen signifikanten Fortschritt? Du hast ja einen goldigen Humor.
Löschen"Im Mittelalter ging auch hunderte Jahre nichts" hast du geschrieben. Da liefen die Jahrhunderte zwischen Dampfmaschine und heute aber doch ein bisschen anders, oder? :o)))
Mondflug war vor wieviel ?
LöschenVor über 50 Jahren. Mit Technik teilweise aus den 40ern.
Dir ging es doch darum, das heute die jungen Leute keine oder nur noch wenig neue Ideen haben.
Also die letzten 20 Jahre.
Ich gehe etwas weiter und behaupte, daß schon seit ca. 40 Jahren die Entwicklung stagniert. Gesellschaftlich sogar schon länger. Das Berlin der 20er, wie es z.B. Kästner beschrieb, ich glaube da war mehr los als heute.
Und die Marsroveraction, gut, Medial mit tollen Bildern aufbereitet.
Da denkt jeder boa ey.
Man ist aber vor Jahren schon mit einem fahrbaren Gerät auf dem Mars gelandet.
Die erste Marslandung war 1971, Wiki sei dank, ich hätte es nicht gewußt, nur die Funkverbindung brach nach 20 Sekunden ab. Trotzdem, 1971, über 50 Jahre her.
Und by the way, Heißluftballon und Rakete sind technisch 2 Paar Stiefel.
Mit fliegen meine ich Aerodynamik. Diese Grundlagen sind seit Lilienthal und Bernulli bekannt, der A 380 würde ohne dieses Wissen, dieses alte Wissen, nicht fliegen.
"und Mondflug eigentlich keinen signifikanten Fortschritt?" Gerade spacex beim Landen zugeschaut und beeindruckt, dass sie den Punkt treffen. Noch 'n bisschen viel Feuer nach dem Aufsetzen ...
AntwortenLöschenWer schlau ist, bucht den Bonetti Space Invader. Für Abonnenten von Kiezschreiber+ gibt es zehn Prozent Rabatt und ein T-Shirt gratis.
LöschenSeit wann heißt das denn Notze? Ziege sagt man heute wohl immer noch, häufig abgewandelt als Schatzi.
AntwortenLöschenGerade "Sinti und Roma" ist aber ein tolles Beispiel für knapp daneben ist auch vorbei.
AntwortenLöschenIn den 1990er Jahren habe ich mal im Radio ein Interview gehört, in dem sich der Vorsitzende eines kleinen Verbandes (Name leider entfallen) fürchterlich aufregte.
Für den Mann war die Benennung aller Angehörigen des fahrenden Volkes als "Sinti und Roma" schlichtweg eine Intrige der Sinti und Roma, um die kleineren Verbände unterzubuttern.
Sinngemäß sagte er damals, dass "es ihm auf jeden Fall lieber sei als Zigeuner bezeichnet zu werden, da dieser Begriff immer noch den Spielraum für die Identität seiner Volksgruppe lasse, als kurzerhand als Sinti oder Roma vereinnahmt zu werden."
Du hast in den neunziger Jahren mal was im Radio gehört ...
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