„Des Vogelfluges wirre Zeichen lesen
Aussätzige, die zur Nacht vielleicht verwesen.
Im Park erblicken zitternd sich Geschwister.“
(Georg Trakl: Traum des Bösen)
Das Leben in der Fremde fiel Eike nicht schwer. So ein kleiner Eierbecher braucht ja nicht viel. Er isst und er trinkt nicht. Nur ein wenig Nähe und Zärtlichkeit braucht selbst ein Eierbecher. Aber zu Eileen kommen wir später.
Tagsüber trieb sich Eike in der Innenstadt herum und beobachtete das bunte Treiben. Am Abend lag er auf der Wiese im Stadtpark und sah dem Sonnenuntergang zu. Er musste sich natürlich vor habgierigen Menschen in 8 nehmen, die ihn gerne mit zu sich nach Hause genommen hätten. Aber Eike passte auf, denn er war ein pfiffiger Eierbecher. Und er wollte nie wieder in einer finsteren Höhle leben, die er nur verlassen durfte, wenn die Menschen ihn benutzten.
Eike wollte überhaupt nicht mehr benutzt werden. Eigentlich wollte er auch kein Eierbecher mehr sein. „Porzellanwesen“ oder „Freischaffender Künstler““ schwebten ihm als Beschreibungen seiner neuen Existenz vor. Er wollte das Leben in seiner kostbaren Tiefe ausschöpfen und anschließend ein Buch schreiben oder ein Bild malen. Vielleicht auch eine Skulptur oder eine Serie von Skulpturen – aus weißem Porzellan. Oder in bunt. So genau wusste er das noch nicht.
Dann traf er Eileen. Sie war wunderschön und hatte eine schlanke Taille. Ganz filigran, in hellem Rosa glänzend und voller bezaubernder Verzierungen. Sie arbeitete in einem Frühstückscafé in einem Einkaufszentrum. Natürlich als Eierbecher.
Eike verliebte sich in Eileen und eines Tages nahm er seinen ganzen Mut zusammen und sprach sie an. Zuerst sah sie ihn ganz erstaunt an. Dann musterte sie ihn gründlich von oben bis unten. Und nach einer kleinen Ewigkeit lächelte sie.
Fortsetzung folgt
The Temptations - My Girl. https://www.youtube.com/watch?v=6IUG-9jZD-g
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