Bonetti
schlenderte durch den Tiergarten. Die Sonne schien und er warf einen
wohlwollenden Blick auf die blühenden Landschaften der Hauptstadt. Friedlich
glitzerte der Landwehrkanal und das glucksende Lachen eines Kleinkinds erfreute
sein Ohr.
Da sah
er seinen alten Freund Silbermann, der auf einer Parkbank in seine Zeitung
vertieft war. Bonetti ging auf ihn zu.
„Menschenskind,
Frank. Schön, dich zu treffen.“
„Andy.
Was für eine Überraschung. Willst du dich nicht einen Augenblick setzen?“
Und so
plauderten sie eine Weile über alte Zeiten, bis sie ihre Aufmerksamkeit der
aktuellen Lage zuwandten. Silbermann hatte eine gutgehende Konditorei in
Zehlendorf, Frau und Kind waren wohlauf.
„Wie
steht es mit der Literatur, Bonetti?“
„Die
Verkaufszahlen sind in Ordnung. Aber mir fehlt die Anerkennung. Den Nobelpreis
habe ich mir schon abgeschminkt. Aber wenigstens der Büchner-Preis sollte es
schon sein.“
„Nichts
leichter als das. Hast du eine Stunde Zeit?“
„Sicher“,
antwortete Bonetti verblüfft. „Aber ich verstehe nicht, wie ich in der nächsten
Stunde einem Literaturpreis näherkommen sollte.“
„Du
brauchst einen neuen Haarschnitt“, sagte Silbermann und lachte, während er
seine Zeitung zusammenfaltete.
***
Kurze
Zeit später standen sie vor dem Salon Melanie im Hansaviertel. Er lag in einer
kleinen Seitenstraße, in der nur wenige Passanten unterwegs waren. Silbermann
hatte Bonetti eingeschärft, dem Friseur von seinem Wunsch zu erzählen. Er würde
Gott und die Welt kennen, in seinem Salon gehe die Prominenz ein und aus.
Bonetti
konnte es gar nicht glauben. Das Schaufenster wirkte auf ihn, als sei es in den
siebziger Jahren zuletzt dekoriert worden. Gab es überhaupt noch Pomade? Der
Salon selbst war ein schmaler, dunkler Schlauch mit zwei Stühlen, im
Hintergrund stand ein Schrank und hinter einem Vorhang war vermutlich ein
weiterer Raum.
Silbermann
stellte sie einander vor. „Guten Tag, Herr Weber. Das ist Herr Bonetti. Er ist
Schriftsteller und braucht Ihren Beistand in Sachen Frisur und Literatur.“
Herr
Weber verbeugte sich mit einem Lächeln. Er war klein und schlank, trug einen
langen Kittel und hatte ölig glänzendes, schwarzes Haar. „Nehmen Sie bitte
Platz.“
Bonetti
setzte sich, bekam eine Halskrause aus Krepp und einen Umhang umgelegt, und
sagte: „Bitte an den Seiten und hinten etwas kürzer.“
Herr
Weber nickte und begann sein Werk. Sie plauderten ein wenig über Bücher und
Bonetti erzählte ihm von seiner erfolgreichen Western-Reihe „Ricky Laredo“.
Nach etwa fünf Minuten wurde der Vorhang zur Seite gezogen und eine Frau um die
vierzig erschien. Vermutlich Melanie Weber.
„Der
Verkehrsminister ist am Telefon.“
„Dieser
Taugenichts?“ rief der Friseur verärgert. „Ich habe ihm doch schon im letzten
Jahr beim Flughafen geholfen. Sag ihm, er soll in einer halben Stunde nochmal
anrufen. Ich bin beschäftigt.“
Weber vertiefte
sich wieder in seine Arbeit. „Wissen Sie, Herr Bonetti, als Friseur erzählen
einem die Menschen, was sie denken. Es ist ganz einfach. Sie wollen eine
kompetente Regierung. Das Parteibuch ist egal. Es sollen Leute an der Macht
sein, die ihr Handwerk verstehen.“
„Natürlich“,
pflichtete Bonetti ihm bei.
„Im
Grunde genommen wollen die Leute ihre Ruhe haben“, fuhr der Friseur fort. „Wenn
sie nichts von der Politik hören müssen und in Ruhe ihren Geschäften nachgehen
können, wenn sie am Abend ihr Glas Wein und am Sonntag ihren Schweinebraten
genießen können, ist die Welt für sie ihn Ordnung.“
Wieder
erschien Frau Weber im Salon. „Es ist der Gesundheitsminister. Er sagt, es sei
dringend.“
„Wieso
belästigen mich diese Leute während der Arbeitszeit? Ist es nicht genug, wenn
ich mich nach Feierabend mit ihnen zusammensetze und ihnen alles erkläre? Hat
er diese alberne Pandemie denn immer noch nicht im Griff? Soll ich, neben
meinem Salon, die ganze Regierungsarbeit allein machen? Und die Unternehmer liegen
mir mit ihren Problemen auch ständig in den Ohren. Sag ihm, er soll heute Abend
um acht Uhr zu uns in die Wohnung kommen. Die Kundschaft geht vor.“
„Sie
sind ein gefragter Mann, Herr Weber“, sagte Bonetti. „Vielleicht darf Sie für einen
kurzen Moment mit meinen belanglosen, kleinen Sorgen belästigen?“
„Nur
zu, Herr Bonetti“, antwortete der Friseur und lächelte vergnügt. „Wie kann ich
ihnen helfen?“
Also
erzählte ihm Bonetti von seinem Wunsch, den Büchner-Preis verliehen zu bekommen.
Oder eine andere Auszeichnung, die ihn als Homme des Lettres ausreichend
würdigen könnte.
„Der
Büchner-Preis.“ Weber überlegte eine Weile. „Den vergibt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung.
Zufällig ist der Präsident ein Kunde von mir. Ich werde Herrn Osterkamp mal
anrufen. Betrachten Sie die Sache als erledigt.“
„Vielen Dank, Herr Weber.“
Bonetti war sichtlich bewegt. „Wie kann ich mich Ihnen gegenüber jemals erkenntlich
zeigen?“
Aber der Friseur winkte nur ab.
„Nicht der Rede wert.“ Er holte einen runden Spiegel und fragte: „Ist der
Haarschnitt so recht, mein Herr?“
In
guter Stimmung verließ Bonetti mit seinem Freund Silbermann den Friseursalon.
Gerade als sie die Tür öffneten, kam ihnen Angela Merkel entgegen. Die
Kanzlerin wirkte müde und besorgt, als sie Herrn Weber begrüßte.
***
Hier
der neueste Hit aus den Hunsrücker Charts. Ich gebe zu, dass unser Dialekt
manchmal etwas schwer zu verstehen ist. Es geht in dem Lied um einen Schafhirten,
der sich in eine Krankenschwester aus Simmern verliebt hat: Trio Mandili - Kakhuri - YouTube
P.S.: Ich
verabschiede mich in die Osterpause und wünsche Ihnen, liebe Lesende, schöne
Feiertage. Im nächsten Blogpost geht es um meine Reiseimpressionen aus dem
Mallorca-Urlaub im Waldorf Astoria Villariba.
Hoffentlich ist ... MALLE ... ein APRIL - SCHERZ !!! *augenroll*
AntwortenLöschen„Hei, juchhei! Kommt herbei!
Suchen wir das Osterei.
Immerfort, hier und dort
und an jedem Ort.
Ist es noch so gut versteckt
endlich wird es doch entdeckt.
Hier ein Ei, dort ein Ei,
bald sind’s zwei und drei!“
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben)
Herzlichste Osterfeiertags-Grüße ... und bleibe hübsch unanständig - wünscht - Annette *♥zwinker*
Dir kann man aber auch nix vormachen. Natürlich ist das Hotel in Villabajo ;o)
LöschenSchöne Feiertage, Engelchen!
Dann ist ja alles OK,
Löschengute Reise und grüße mir den Nachbarsort,
und das SPÜLEN nicht vergessen ;D