„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“. Das wusste schon Goethe. Eine Internetperle finde ich bei Google Mops. Er ist dem Altglascontainer in der Königsberger Straße (die btw eigentlich längst Ulitza Kaliningrad heißen müsste) im nahen Stromberg gewidmet, dem ich wöchentlich meine leeren Weinflaschen als Opfergabe darbringe. Der Dank geht an Aaarggh Argh, einen Seelenverwandten. Diesen Text hätte selbst Meister Bonetti nicht schöner schreiben können. Bilden Sie sich selbst ein Urteil, liebe Lesende:
„Jeden Montag, wenn ich vor den
Waschbütten mit den ausgetrunkenen Schnapsflaschen stehe, überkommt mich eine
schier unbändige Freude, weil ich endlich wieder zu meinem liebsten Ort gehen
kann - dem Altglascontainer in der Königsberger Straße.
Schon von weitem ragen die Metallcontainer wohlgeformten Brüsten gleich stolz
vom Parkplatz empor und funkeln braun-weiß-grün in der Sonne. Noch zwanzig
Schritte - mein Herz pocht - noch zehn. Fünf. Zwei. Ich bin angekommen.
Wie ein alter Freund begrüßt mich das altbekannte Schild "ALTGLAS, Einwurf
nur von 7:00 - 20:00 Uhr. Bitte keine Abfälle, Verschlüsse, Keramik etc.
einwerfen". Pflichtbewusst nehme ich die erste Flasche - Grünglas - werfe
sie zärtlich durch die Öffnung des Containers und lausche, wie sie mit einem
satten *Pling* *Plom* *Schepper* in tausend Scherben zerspringt, nur um bald
wieder eingeschmolzen und zu neuem Glas gemacht zu werden.
Eine Flasche nach der anderen
wandert durch den gierigen Schlund und bald - viel zu schnell - sind meine
Waschbütten leer. Zum Abschied streichle ich noch einmal zärtlich über die
Glasscheiben und Topfdeckel, die der letzte Besucher offensichtlich nicht durch
die Öffnung bekommen und einfach auf und neben dem Container zurückgelassen
hat, knirsche noch zwei-dreimal mit meinen Stiefeln durch die Millionen von Scherben,
die hier überall verteilt liegen und nur darauf warten, den nächsten
unaufmerksamen Autoreifen aufzuschlitzen, und wende mich dann schließlich ab in
dem Wissen, für diesen unseren Planeten etwas gutes getan zu haben.
Und jetzt mal im Ernst: ist halt ein Altglascontainer, wa? Kennste einen,
kennste alle.“
Danach habe ich seine anderen
Rezensionen gelesen. Mein Stammlokal, das Jägerhaus im Binger Wald, bekam fünf
Sterne, ebenso mein Stammgrieche, die Taverna Meteora in Dörrebach. Die
beliebte Camping-Gaststätte „Bauer Schorsch“ am Rheinufer in Bingen-Kempten wurde
mit soliden vier Sternen bewertet, hier bekommt der Gast eine korrekte
Currywurst und eiskaltes Bier. Er lobt sogar die öffentliche Bücherei in
Stromberg, ist viel in Baumärkten unterwegs, hat Kinder und einen Labrador.
Während einer Dienstreise war er in Berlin-Friedrichshain in einem
Thai-Restaurant namens Khwan (Revaler Straße 99).
Nur einen Stern bekommt die Geisterheilerin im Nachbardorf Roth. Er hält es für Abzocke: „Wenn man zu viel Geld über hat und an esoterische Quacksalbereien, Rassenlehre und Wunderheilungen glaubt und überdies der Meinung ist, den üppigen Lebensstil einer unangenehmen Person weiter finanzieren zu müssen, der ist hier vermutlich gut aufgehoben.“
Wer es mit der Heilung eilig hat, lässt sich das folgende Produkt schicken: „Die Selbstheilkarte von Anne ist ein Quantensprung in eine neue Heildimension, wie es sie in der gesamten Menschheitsgeschichte nicht gab. (…) Anwendung: Heilkarte vor sich hinhalten und das Bild ca. 1 Minute ansehen. Sich vorstellen, wie die aggressiven Virenarten außerhalb des Ringes von dem energetischen Schwingungsprogramm so geschwächt sind, daß sie den Körper nicht mehr schädigen können.“
Ich schlage vor, Frau Merkel bestellt 83
Millionen Heilkarten und wir sind Corona für immer los. Für 120 Euro werden
übrigens auch per Fernheilung Häuser von Strahlung und schlechtem Karma
befreit. Ein Seminartag „Gedankendiät“ kostet nur 190 Flocken.
„Das Volk hat ein Recht auf uns
Heiler!“
Oder Sie kommen gleich
zu Meister Bonetti: Wine Healing Days (täglich ab 18 Uhr). Anschließend
spirituelle Sitzung vor dem Altglascontainer.
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