Sie setzte sich das Headset auf
und wählte die erste Nummer. 17 Uhr. Showtime im Direktmarketing. Die Telefonnummern,
die auf ihrem Bildschirm zu lesen waren, hatte ein Computer aus dem örtlichen
Telefonbuch im Internet. Es gab zwar immer weniger Festnetzanschlüsse, aber die
Besitzer waren im Durchschnitt älter und wohlhabender. So hatte sie es in der
Schulung gelernt.
„Hallo.“
„Hallo, ich bin Tina Krüger von
BSE. Möchten Sie Geld sparen und etwas für die Umwelt tun?“
„Um was geht es?“
„Wir bilden in Ihrer
Nachbarschaft ein Solarkollektiv. Es gibt schon einige Interessenten.“
„Was soll das bringen?“
„Wenn wir in Ihrer Nachbarschaft
vierzig Module installieren können, sparen Sie zwanzig Prozent bei Ihrer
Stromrechnung. Mit Erneuerbaren Energien retten wir das Klima. Wenn Sie uns
noch drei weitere Interessenten nennen können, die mitmachen wollen, sparen Sie
noch einmal ein Jahr lang zehn Prozent.“
„Woher bekomme ich diesen
Rabatt?“
„Das Bundesumweltministerium
fördert Solarkollektive und andere Formen der Energiewende.“
„Ich überleg’s mir.“
Das war schlecht. Die Kunden
sollten nicht nachdenken, sondern Verträge unterschreiben.
„Schauen Sie doch mal auf unsere
Homepage.“
Klick. Aufgelegt. Scheiße,
dachte sie. Andererseits bekam sie nur den Mindestlohn und keine Provision für
Neukunden. Letzte Woche hatte sie noch private Pflegeversicherungen verkauft.
Wer weiß, was es nächste Woche sein würde. Bonetti machte mit allem und jedem
Geschäfte.
Ihre Schicht ging von 17 bis 21
Uhr, Montag bis Freitag. Morgens arbeitete sie vier Stunden als Kassiererin in
einem Supermarkt. Macht acht Stunden Mindestlohn pro Tag. Zusammen mit dem
Wohngeld reichte es für ein bescheidenes Leben in einem kleinen Apartment am
Stadtrand.
Tina war 25. Noch 42 Jahre bis
zur Rente. Zu jung, um zu resignieren, zu alt, um zu träumen, hatte ihre Mutter
am Telefon gesagt. Solche Sprüche muss man sich leisten können. Monika Krüger
war Studienrätin. Erdkunde und Klugscheißerei.
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