Mittwoch, 26. Oktober 2016

Vier Fäuste für den Dalai Lama

„Die besten Dinge verdanken wir dem Zufall.” (Giacomo Casanova)
Was bisher geschah: Eike, der kleine Eierbecher, hatte mit seinen Freunden, dem Teeservice, ein Bistro in Wuppertal eröffnet. Doch dann bekam er ein Angebot aus Amerika, dem er nicht widerstehen konnte: First Eierbecher im Porzellanweißen Haus in Washington. Live dabei, wenn sich die Großen der Welt zum Frühstück treffen. Aber er landete, wie so viele gutgläubige Einwanderer, im Lieferwagen des finsteren Mister van Move und machte eine Tournee durch alle zweitrangigen Städte der USA: Cincinnati, Kansas City, Baltimore, Indianapolis, Detroit, Walla Walla. Und eines Tages bekam Mister van Move ein Engagement für das Vorprogramm der Nachmittagsvorstellung eines Casinos in Las Vegas.
***
Etwa hundert Amerikaner, die ausgelassen johlten und schrien, sorgten für Atmosphäre. Aus den Lautsprechern dröhnte der berühmte Säbeltanz.
Sabre Dance - Aram Khachaturian. https://www.youtube.com/watch?v=gqg3l3r_DRI
Auf einem Wald von schmalen Bambusstöcken drehten sich Teller – und ein Eierbecher. Mister van Move jonglierte im Vordergrund mit Kettensägen und brennenden Fackeln. Popcorn und Pappbecher flogen auf die Bühne. Aber die Show musste weitergehen.
Eike war schon ganz schwindelig. Er würde sich nie an diesen Job gewöhnen. Bitte, Mister van Move, hatte er oft gesagt. Ich könnte doch die Buchhaltung machen. Aber er hatte keine Chance. Jeden Tag riskierte er als Teil einer Jonglier-Nummer in Las Vegas drei Mal sein Leben. Wer nicht aus Porzellan ist, weiß nichts von den Gefahren eines Artisten wie Eike, der ohne Netz und doppelten Boden hoch über der Bühne schwebt.
Mister van Move hieß eigentlich Gao Lin und stammte aus Guangzhou. Er hatte als Jugendlicher stark unter Akne gelitten und sein Gesicht sah aus wie ein Minigolfplatz. Aufgrund seines mangelhaften und ockerfarbenen Gebisses lachte er nie – und er mochte es auch nicht, wenn jemand aus seiner Truppe lachte.
Nach dem Auftritt waren sie alle in der winzigen Garderobe und durften sich eine Stunde ausruhen. Dann mussten sie zum nächsten Auftritt zurück auf die Bühne. Schlecht gelaunt zupfte sich Mister van Move vor dem Spiegel, der von einem Kranz Glühbirnen umgeben war, einen Kaugummi aus den Haaren. Dann aß er hastig eine Schüssel Reis mit Gemüse, während ihm Eike und die Teller stumm zusahen.
Johnny Silverflash, der Impresario des Diamond Life Casinos, stürmte wutentbrannt in die Garderobe und füllte sie augenblicklich mit seinen drei Zentnern und seinem Zorn.
„Mister van Move, in den Saal passen vierhundert Leute. Gerade einmal hundert Karten haben wir für die letzte Vorstellung verkauft. So geht es nicht weiter. Ich habe Angebote von anderen Künstlern, die gerne hier auftreten würden. Ein Zwergpony, das rechnen kann. Zwei Schimpansen, die eine Messerwerfernummer eingeübt haben. Wenn es bis nächste Woche nicht besser wird, sind Sie gefeuert!"
Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er die Garderobe und schmiss die Tür hinter sich zu.
Mister van Move drehte sich zu seinen Artisten um und funkelte sie böse an.
„Nichtsnutziges Polzellanvolk“, schrie er. „Ich welde Euch alle velkaufen an dleckiges koleanisches Lestaulant odel an läudige Clew von Klabbenkuttel in Hafen!“
Dann schleuderte er die kleine unschuldige Reisschüssel gegen die Wand, wo sie in tausend Stücke zersprang.
Betroffen sahen Eike und die Teller auf die Scherben, die leblos auf dem Boden lagen.
So konnte es nicht weitergehen, dachte Eike.
Er hatte sich in den vergangenen Wochen mit Akuma angefreundet. Sie war eine winzige Porzellanfigur, die immer auf dem Garderobentisch von Mister van Move stand. Er hütete sie wie seinen Augapfel, denn sie war seit seiner Kindheit sein Talisman.
Also schmiedeten die beiden einen Plan.
Während der nächsten Vorstellung zog Akuma heimlich ein Kissen auf die Bühne. Während vorne Mister van Move mit brennenden Smartphones und glitschigen Aalen jonglierte, ließ Eike sich von seiner Jonglierstange auf das Kissen fallen und schlich mit seiner Geliebten davon.
Als Mister van Move nach der Vorstellung den Verlust bemerkte, waren sie längst am Hauptbahnhof von Las Vegas angekommen.
Sie sahen die offene Tür eines leeren Güterwaggons und überlegten nicht lange. Akuma und Eike kletterten hinauf. Wenige Augenblicke später setzte sich der Zug in Bewegung.
Sie kannten ihr Ziel nicht, aber endlich fuhren sie neuen Abenteuern entgegen.
Fortsetzung folgt.
Black Eyed Peas - I Gotta Feeling. https://www.youtube.com/watch?v=L446CMoGDCY

9 Kommentare:

  1. Wenn ich behaupten würde,
    dass es zwischen Erde und Mars eine Teekanne aus Porzellan gebe,
    welche auf einer elliptischen Bahn um die Sonne kreise,
    so würde niemand meine Behauptung widerlegen können,
    vorausgesetzt, ich würde vorsichtshalber hinzufügen,
    dass diese Kanne zu klein sei,
    um selbst von unseren leistungsfähigsten Teleskopen
    entdeckt werden zu können.
    Aber wenn ich nun zudem auf dem Standpunkt beharrte,
    meine unwiderlegbare Behauptung zu bezweifeln
    sei eine unerträgliche Anmaßung menschlicher Vernunft,
    dann könnte man zu Recht meinen, ich würde Unsinn erzählen.
    Wenn jedoch in antiken Büchern die Existenz
    einer solchen Teekanne bekräftigt würde,
    dies jeden Sonntag als heilige Wahrheit gelehrt
    und in die Köpfe der Kinder in der Schule eingeimpft würde,
    dann würde das Anzweifeln ihrer Existenz
    zu einem Zeichen von Exzentrik werden.
    Es würde dem Zweifler in einem aufgeklärten Zeitalter
    die Aufmerksamkeit eines Psychiaters einbringen
    oder die eines Inquisitors in früherer Zeit.

    aus "Is There a God?" von Bertrand Russell

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  2. Eike in Amerika - endlich hat er es geschafft! Und morgen die ganze Welt.

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  3. Also ich fände ja Korea als nächste Station gar nicht so schlecht. Da kann Eike sich dann dem fetten Riesenbaby (aka Kim Jong-Dingenskirchen) annehmen und die große Meuterei anführen. Revolution! Viva Eierbecher!

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  6. https://www.youtube.com/watch?v=Rjq2_Mg3pSA

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  7. Neulich im Gerichtssaal:
    "Warum haben Sie den Gruselclown so zugerichtet?"
    "Notwehr."
    "25 Schläge?"
    "Die Nase hat so lustig gehupt."

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