Kurz vor der kleinen Stadt gab der Renault mit einem hässlichen Röcheln seinen Geist auf. Ich ließ den Wagen auf dem Gras neben der Landstraße ausrollen und blieb eine Weile unschlüssig sitzen.
Sollte ich den Pannendienst rufen? Die gelben Raubritter? Ich war kein Mitglied. Also stieg ich aus und ging in die Stadt, um eine Werkstatt zu finden. Nachdem ich ein Dutzend Häuser passiert hatte, kam ich an einen Kiosk. Hier wollte ich nach dem Weg fragen.
Hinter dem Tresen stand ein junger Mann. Als er mich sah, fuhr er sich nervös durch die fettigen langen Haare. Ich trat näher. Erweiterte Pupillen, dachte ich. Seine Hände zittern.
„Guten Tag. Gibt es hier im Ort eine Autowerkstatt?“
„Eine Werkstatt?“ echote er. „Das ist ein Laden. Einfach nur ein Laden.“ Er kratzte sich am Unterarm. „Hören Sie, wenn Sie Zigaretten oder Zeitschriften wollen, sind Sie hier richtig. Sehe ich so aus, als könnte ich Ihr Auto reparieren?“
Erhöhtes Mitteilungsbedürfnis, dachte ich. Übersteigertes Selbstbewusstsein in Kombination mit häufigem Jucken und Kratzen.
„Das hatte ich auch nicht erwartet“, sagte ich. „Können Sie mir einfach den Weg erklären?“
„Was für einen Weg? Was soll das?“ Der junge Mann war laut geworden. Er begann, unruhig hinter dem Tresen auf und ab zu gehen.
Starker Bewegungsdrang, dachte ich. Konzentrationsschwierigkeiten, grundlose Streitsucht und Aggressivität.
Ein anderer Mann betrat den Kiosk. Er trug einen kanariengelben Anzug, ein hellblaues Hemd und eine weiße Krawatte mit großen, roten Punkten.
„Ich … ich brauche … Z-Z-Z-Zigaretten. B-B-Bin nicht hungrig.“ Er torkelte und musste sich am Regal mit den Comics festhalten.
Sprachstörungen und Stottern, dachte ich. Motorische Störungen und Appetitlosigkeit.
„Leo“, der Verkäufer lächelte erleichtert, fast glücklich, und zeigte eine Reihe abgefaulter Zähne.
Stimmungsschwankungen, dachte ich. Zahnschäden durch vernachlässigte Mundhygiene.
Eine Frau betrat den Laden. Sie war abgemagert und ihr Gesicht glich einer Totenmaske. Graue Haare, graue Augen, graue Tränensäcke. Sie war schweißüberströmt und hatte rote Flecken im Gesicht. Sie trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Abi-Jahrgang 2016“.
„Wer ist das denn?“ fragte sie und zeigte auf mich. „Ist der Typ echt? Ist doch keine Bulle, oder?“
Nervosität und Halluzinationen, dachte ich. Paranoia, Untergewicht und Hautveränderungen. Dazu schwitzt sie stark.
„Was hilft denn gegen Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit?“ fragte sie den Verkäufer. „Eine Flasche Schnaps?“
Weitere Symptome, dachte ich. In diesem Dorf waren alle auf Crystal Meth und zeigten die typischen Anzeichen. Kurz hinter der Stadt lag die Grenze zu Tschechien. Das konnte ja heiter werden.
Billy Ocean - Love Really Hurts Without You.
https://www.youtube.com/watch?v=q5uMOOQ6MV0
Nimm die Füsse in die Hand und renne...
AntwortenLöschenTolle Geschichte, ich sehe den Roman "Vor der Grenze" - könnte ja auch heißen, die Hauptperson überschreitet eine innere Grenze, hilft, macht mit, mischt alle auf...
Eine Liste mit Symptomen von Meth-Abhängigen im Internet - fertig ist die Kurzgeschichte :o)
LöschenDas ist Können, weil der "Zwischentext" fehlt ja im Netz! Danke für den Tipp, plage mich gerade mit einer Werkschau/Biografie für eine Freundin.
LöschenWenn man mal die Grundidee hat, ist der Text schnell geschrieben. Das waren dreißig Minuten - und dann habe ich "Feierabend" gerufen :o)))
LöschenIst DAS die WIRKLICHKEIT ... ;D
AntwortenLöschenEvents im Februar 2020
Rosenmontag 2020
24 Mo
Namenstag: -> Matthias <-
*HELAU*
He, Namenstag. Das muss ich feiern. Zum Glück gibt es im Hunsrück keinen Rosenmontag. Alles ruhig wie immer.
LöschenMan könnte fast meinen, man wäre in Dresden.
AntwortenLöschenDazu passt folgende Musik:
AntwortenLöschenhttps://www.youtube.com/watch?v=gdT8hH1dbV8
Grim104 - Crystal Meth in Brandenburg
Guter Song!
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