Montag, 23. Dezember 2019

Hermann L. Gremliza


Was für ein Verlust. Während die Populisten besinnungslos ihre Parolen brüllen, ist diese wichtige Stimme für immer verstummt. Ich bin zu müde, um es zu kommentieren. Einige Zitate sollen genügen.
„Wer der Versuchung nicht widersteht, dem Kapitalismus vorzurechnen, dass er die Krisen, unter denen er leidet, selbst nicht nur hervorruft, sondern durch die Dummheit seiner Akteure verschärft, hat schon als Arzt an seinem Krankenbett Platz genommen.“
„Integration? Ich bin so frei, von dieser Scheißkultur nichts wissen zu wollen. Deutschlands Werte gehen mir allesamt am Arsch vorbei, ich singe keine Hymne, folge keiner Flagge, werde einen Teufel tun, auf das Grundgesetz, diesen Waffenstillstandspakt im Klassenkampf (Rosa Luxemburg), einen Eid abzulegen, und wünschte mir, jeder Mensch, der hierher geflohen ist, seine Haut vor unseren Exportwaffen zu retten, wäre so frei, es zu halten wie ich.“
„Unter der Herrschaft des Kapitals ist alles Ware und muss für Geld zu haben sein: Autos, Bananen, Waffen, Exportlizenzen, Parteien, Abgeordnete, Minister, Präsidenten, Professoren, Zeitungen, Enthüllungen, Stasiakten, Stasiaktenverwalter, Bänkelsänger, Meinungen, Männer, Frauen. Was so anklägerisch klingt...ist durchaus ein zivilisatorischer Fortschritt: Geld regelt, was in einer Gesellschaft der Ungleichen sonst mit Gewalt geregelt werden müsste.“
„Israel ist der Staat dessen ganzer Zweck der Schutz jüdischen Lebens ist. Verlören die Juden ihn, wären sie erneut den Launen der Antisemiten und anderer Proletarier aller Länder preisgegeben. Wer staatliche Herrschaft angreifen will, hat weltweit zweihundert Stück zur Auswahl. eine Linke, die aus eigener Kraft so gut wie nichts mehr vermag, sollte wenigstens alles unterlassen, was Israel im Kampf um seinen Bestand behindern könnte.“
E bedauerte, dass die Linkspartei „das Wort ‚Linke‘ fast unbrauchbar gemacht“ habe. „Eine Unverschämtheit, sich selbst ‚Die Linke‘ zu nennen, für einen so pur sozialdemokratischen Haufen.“

6 Kommentare:

  1. Dass ich von Gremliza politisch wenig halte, sei meiner fortschreitenden Verkonservativierung geschuldet. Sein Ableben ist dennoch ein bedauerliches. Gelegentlich purzelten angenehme Aphorismen aus dem Herrn heraus. Wer kommt jetzt? Ich mag's nicht ausmalen (mir).

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    1. Man musste nicht immer seiner Meinung sein, aber er hatte ein sprachliches Niveau erreicht, von dem ich immer noch träume.

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  2. Hab viel gelernt von ihm und seiner Zeitschrift. Seine Voraussage nach "der Wende" das nun die ganzen Goodies für die Arbeiterklasse nach und nach wieder einkassiert werden ist auch eingetreten.

    Was über Serbien Konkret geschrieben wurde wird der Blogbetreiber aber nicht wissen wollen. Zu nah an Handke wenn auch israelähnlich. Aber jedem seine Gesinnung.

    Hab ihn selbst ein paar mal gesehen - eine imposante Gestalt - und mit ein paar Autoren von Verlag gesoffen. Was er geschrieben und herausgegeben hat lebt weiter. In mir, auch wenn vieles dazugekommen ist und - so hoffe ich - in anderen.

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    1. Wie über diesen Mann in den nächsten Tagen geschrieben werden wird, gibt uns Auskunft über den Zustand dieser Republik. Leider fehlt mir der Optimismus. Hoffentlich werden ihn kommende Generationen zu würdigen wissen wie Kraus und Tucholsky.

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    2. Was wird schon geschrieben werden? Medienrealitäten, Businessnarrative bestenfalls ein nicht ganz vollautomatisiertes GedenkStylesheet im CMS. Dobelli sagt das man das wichtige auch ohne Medienkonsum mitbekommt. Was hier belegt ist, danke für den Blogeintrag.

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    3. Es wird einfach nur die kurze dpa-Meldung wiedergekäut, wenn überhaupt.

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