Freitag, 17. Januar 2014

Frühlingsanfang

Jetzt ist es amtlich: Der Frühling ist da. Vor einigen Tagen habe ich den ersten Storch am Rhein gesehen. Er ist wieder zurück aus dem warmen Afrika, weil er glaubt, der Winter in Deutschland sei vorbei. Was er nicht weiß: Wir hatten noch gar keinen Winter. Vor dem Fenster summen dicke Fliegen und der Rosenstrauch hat seine Blätter vom vergangenen Jahr noch gar nicht verloren. Heute war ich an der Binger Rheinpromenade, um die Sonne bei einem kleinen Spaziergang zu genießen. Scharen von lachenden und schreienden Kindern bevölkerten die Spielplätze, zahllose Rentnerpärchen schlenderten vorüber und die Hunde dösten vor den Parkbänken in der Sonne, als wäre es ein Augusttag an einer griechischen Hafenmole. Wozu, frage ich mich immer wieder kopfschüttelnd, wozu habe ich mich eigentlich in der Adventszeit bei Aldi zum Kauf eines Kaschmirschals hinreißen lassen? Natürlich war der Preis verlockend günstig, aber ich hatte ihn noch keinen einzigen Tag an. Meine Handschuhe, an deren Verbleib ich mich nur noch ungenau erinnere, habe ich noch gar nicht für den Winter hervorgekramt. Stattdessen vermisse ich an diesem Nachmittag schmerzlich meine Sonnenbrille, die man augenblicklich viel dringender benötigt. Am Sonntag war ich im Binger Wald unterwegs, da war mehr los als in der Kreuznacher Fußgängerzone. Alle Parkplätze voll, selbst in den Waldwegen hatten die frühlingsverrückten Wanderer ihre Fahrzeuge abgestellt. Ich dachte erst, es wäre Volkswandertag. Aber so ist der Klimawandel. Der Winter findet nicht statt – oder er kommt zu einem anderen Zeitpunkt, ganz unerwartet vielleicht im Juni. Da heißt es flexibel sein. Es gibt nur noch eine allerletzte Chance für Schlittenfans und Schneemannbauer: Es sind die unerforschlichen Schicksalsmächte, die Götter des Glücks und ihr schwankendes Urteil. Ich habe nämlich nächste Woche einen Friseurtermin, da will ich mir einen richtig kurzen Sommerhaarschnitt verpassen lassen. Vermutlich brechen klirrender Frost und orkanartige Schneestürme über mich herein, wenn ich den Salon in Ingelheim verlasse. Auf mein Pech kann ich mich immer verlassen. Vielleicht auch diesmal wieder?

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