Donnerstag, 9. Januar 2014
Warum sind Angela Merkel und die Union eigentlich so erfolgreich?
Die Antwort ist ganz einfach: Die Union unter Merkel ist von einer Partei zu einem politischen Unternehmen geworden, das sich konsequent am Kunden und am Markt orientiert. Während die angebliche Wirtschaftspartei FDP immer nur über Wirtschaft geredet hat und neoliberale Parteiprogramme umsetzen wollte, setzte Merkel auf die Grundprinzipien der Marktwirtschaft. Inhaltlich ist die CDU/CSU inzwischen komplett entkernt worden, konservative Überzeugungstäter wie Merz oder Koch wurden aussortiert. Die Union unter der Führung von Merkel und Seehofer macht genau das, was jeder Brausehersteller und jede Restaurantkette auch machen: Sie liefern das, was der Kunde haben möchte. Produkte, die sich gut verkaufen, werden Teil der Politik, Ladenhüter verschwinden rasch aus den Regalen. Man wirft Merkel inhaltliche Beliebigkeit und Seehofer Populismus vor, aber das sind nur andere Ausdrücke für politische Kundenfreundlichkeit. Die Mehrheit der Deutschen will beispielsweise schon lange keine Steuersenkung mehr, dafür aber eine ordentliche Infrastruktur und ein gutes Bildungssystem. Wohlhabende sind längst dazu bereit, mehr Steuern zu bezahlen, wenn sie im Gegenzug ihren Wohlstand unbeschwert genießen können. Die FDP hat das nicht begriffen und Steuersenkungen und die Verteidigung alter Privilegien gefordert, die eben längst nicht mehr der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung entsprechen. Daher ist die FDP im September aus der Bundesregierung und zwei Landesregierungen geflogen.
Wann wurde aus der Union ein politisches Unternehmen? Merkel und die CDU haben es 2005 begriffen, als sie mit einem marktradikalen Programm à la FDP haarscharf an einer Niederlage vorbeigeschrammt sind und in eine große Koalition mit der SPD gezwungen wurden. Seither schweigt die Parteichefin und hört der Kundschaft zu. Die CSU hat etwas länger gebraucht. Der Verlust der absoluten Mehrheit 2008 und die erste bayrische Koalitionsregierung seit der Antike haben den Verantwortlichen die Augen geöffnet und etliche politische Karrieren beendet. Parteichef Huber und Ministerpräsident Beckstein traten zurück. Verloren hat die CSU dabei nicht an die trostlosen Sozialdemokraten, sondern an die Freien Wähler, den kommunalen Spezialisten für Volkes Stimme. Nach diesem Schockerlebnis hat der neue Parteichef Seehofer alles dafür getan, um die Lufthoheit über den Stammtischen, wie es im Parteijargon heißt, wieder zurückzugewinnen. Seither wird in der ganzen Union gemacht, was die Bevölkerungsmehrheit in Meinungsumfragen möchte. Marktforschung und Marketing haben die alten Programme und die alte Politikersprache ersetzt.
Die SPD hat diese Erkenntnis erst nach ihrer erneuten schweren Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 gewonnen. Parteichef Gabriel hat bei den Koalitionsverhandlungen ebenso konsequent auf mehrheitsfähige Forderungen gesetzt wie zuvor die Konkurrenz. Manche mag es gewundert haben, warum der Vertrag von den Parteimitgliedern abgesegnet werden musste. Es sollte uns im Lichte der erfolgreichen Merkel-Strategie nicht überraschen. Manche haben sich vermutlich auch gewundert, warum im Koalitionsvertrag so viele Bonbons für ältere Menschen (abschlagsfreie Rente mit 63, Mütterrente usw.) enthalten waren. Aber das Durchschnittsalter der Parteimitglieder der SPD (und übrigens auch der Union) beträgt 59 Jahre. Nur 16 Prozent der SPD-Mitglieder sind in der Altersgruppe zwischen 18 und 40 Jahren zu finden. So einfach funktionieren Marktforschung, Marketing und letztlich Marktwirtschaft. So funktioniert Politik nach dem Ende der Ideologien im Zeitalter der Wechselwähler.
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