Dienstag, 5. Mai 2009

Textgerümpel


Kann sich ein Hypnotiseur eigentlich selbst in Trance versetzen, wenn er lange genug in den Spiegel schaut?

Der letzte Schrei in Berlin: Montagmorgenparties bzw. No-Work-Parties. So neu, dass noch nicht einmal die Feuilletons davon erfahren haben. Und so geht es: Scheißwetter, sieben Uhr morgens, Kiosk, Jägermeister und Zigarette (sog. "Hartz IV-Gedeck"). Tipp: Am besten alleine feiern.

Manchmal gehe ich aus dem Haus und es fängt an zu regnen. Gut. Aber wenn es genau dann wieder aufhört, wenn ich ein anderes Haus betrete, dann ist es ein Teufelsbeweis.

Mein Zettelkasten mit alten Pointen aus Wehrmachtsbeständen hat mich schon bei manchem Text gerettet.

Die X-Straße in Y ist die sicherste Straße überhaupt. Sie wird nämlich von dutzenden Scharfschützen ins Visier genommen, die auf alles schießen, was sich bewegt. Jeder weiß, dass diese Straße bewacht wird, darum benutzt sie auch niemand. Wenn aber trotzdem ein altes Mütterchen gemächlich den Bürgersteig entlang geht, wird nicht geschossen, den alle Scharfschützen halten sie für eine Selbstmörderin, die auf diese Weise ums Leben zu kommen sucht. Und nach ihren perfiden Anti-Moral töten sie niemanden, der sterben will. Daher sind alle Leute, die auf der X-Straße gehen – und es sind nur sehr wenige, das kann ich Ihnen versichern – völlig ungefährdet. Nur rennen sollte man nicht, hier wirkt ein lässiges Schlendern geradezu lebenserhaltend.

Am Hauptbahnhof bin ich neulich erschrocken. "Bombardier – Willkommen in Berlin" steht da in großen Lettern. Und ich lese: Bombardierung. Das hat ja Tradition in der Hauptstadt ... ein angefügtes T und ein paar Streichungen wären auch nicht schlecht: "Bombardiert Berlin".

Ich habe noch nie verstanden, wie man den Tag mit Zeitungslektüre beginnen kann. Mit dem raschelnden, umständlich gefalteten Papier am Frühstückstisch hantieren, das wäre nichts für mich. Ich habe noch nicht mal einen Frühstückstisch, meistens frühstücke ich ohnehin nicht. Der Kopf ist doch am frühen Morgen am empfindlichsten und empfänglichsten. Und da haut man ihn gleich mit Mord und Totschlag, Krieg, Korruption und Elend voll. Kein Wunder, dass die Leute dann übel gelaunt zur Arbeit gehen. ‚Die Welt geht sowieso unter, aber meinem Chef geb‘ ich’s heute nochmal richtig‘, denken sie und wenn sie an ihrem Arbeitsplatz angekommen sind, ist alles Selbstvertrauen weggebrummelt und sie lassen ihren Frust doch nur wieder an Kunden und Kollegen aus.

Abenddämmerung. Mit nervösem Zittern legen die Alkoholiker ihre Schnapsflaschen auf das Band an der Supermarktkasse.

Früher gab es schwarze Schafe in den Chefetagen, heute hat man das Gefühl, schwarz sei die Grundfarbe der Herde.

Endpunkt der Faulheit: Du träumst, dass du schläfst.

14. Februar. Ich habe eine einzige Valtentins-Mail bekommen. Von einer Brauerei. Manchmal denke ich, mein ganzes Leben sei ein Slapstick-Film. Und wenn das wahr ist, würde ich gerne mal mit dem Regisseur sprechen.

Die meisten Menschen kann man kaufen und verkaufen wie die Haustiere in einer Zoohandlung.

Wenn das Leben die Hölle ist, braucht man eben einen feuerfesten Anzug.

Alles ist beständig im Fluß, weswegen wir uns auch gegenseitig fragen: Wie geht es? Und nicht: Wie ist es?

Kleine Kinder sind die wahren Götter, die Unsterblichen. Erst die Nachricht von ihrer Sterblichkeit schleudert sie vom Himmel auf die Erde hinab.

Warum sind Literaturwissenschaftler keine guten Schriftsteller? Weil jemand, der aus einem Schwein Wurst machen kann, nicht unbedingt auch aus einer Wurst Schwein machen kann.

Es klingelt an der Haustür. Ich reagiere nicht.
Da ruft es von draußen: "Ich weiß, dass Sie da sind."
Ich rufe schlagfertig zurück: "Und ich weiß, dass ich nicht da bin."

Die schweigende Mehrheit? Das sind doch die Toten, oder?

"Uns, dem Reichsfreiherren vom güldenen Pokal, dem Buddha der inneren Glückseligkeit, auch Wambo der Prächtige und Commodore Hüftgold genannt, geruhet es zu bemerken, dass uns in letzter Zeit zu wenig gehuldigt wird, dahero hiermit jedermanniglich in Kenntnis gesetzet sei, uns fürderhin Trankopfer darzubringen ..."
Beginn eines Apostelbriefs in mein Missionsgebiet

Eine riesige Wurst liegt auf einer Wiese, ich trete näher. Durch die Pelle sehe ich einzelne Gesichter.


Titel der geplanten Autobiographie: "Schallplatte, Festplatte, Grabplatte"


Es gibt so viele schöne deutsche Wörter, die es hinausgezogen hat in die Welt wie Eisberg, Blitzkrieg oder Weltschmerz. Aber was ist mit dem wundervollen Begriff "Leistungsbeweis"? Über diesen Klangkörper von geradezu wilhelminischer Wucht, gefunden in der Beschreibung einer Modenschau der "Werbegemeinschaft Kamp-Lintfort", sollten wir alle jeden Abend vor dem Einschlafen meditieren. Leistungsbeweis.

Unsichtbar wie der Milbenkot, den wir täglich einatmen, entfaltete der gelbe Likör seine segensreiche Wirkung.

Diese alleinstehenden Greisinnen, die jeden zwanghaft zutexten müssen, der ihnen im Supermarkt unfreiwillig näher kommen muss: An der Aldi-Kasse erfahre ich also heute, durch hartnäckiges Schweigen bereits das Schlimmste verhindernd, dass ich ja – trotz der Verzögerung, die jene schlohweisse Schildkröte schadenfroh verursacht – einen "friedlichen Eindruck" auf sie mache und man dies schon "an meinen Augen" sehe. Danke! Wo ist meine Uzi?

Wir berichten weiter aus Kamp-Lintfort: "Und dann der Kampf um die gemeinsame Weihnachtsbeleuchtung in der Fußgängerzone. Davon machen sich doch die jungen Leute heutzutage gar keine Vorstellung mehr. Ich scheue mich nicht, in diesem Zusammenhang den Begriff ‚Kulturkampf‘ zu verwenden. Während anderswo noch um Atomkraftwerke, Gleichberechtigung usw. gestritten wurde, haben wir den Dialog mit der Stadtverwaltung und den Geschäftsinhabern aufgenommen. Das war revolutionär im Jahre 1976, das kann ich Ihnen sagen!"

Wenn es Intimschmuck gibt, gibt es dann auch Intimjuweliere?

Früher habe ich beim Fernsehen gearbeitet. Von mir sind die Dialoge der Teletubbies.

Wenn man unsichtbare Dinge sehen könnte, zum Beispiel bei einer Theaterpremiere mit lauter Wichtigtuern, und die Profilneurosen leuchteten blau, die Psychosen grün, Eitelkeit wäre rot und Zorn gelb, so dass die Menschen verschieden leuchteten ... Der Saal wäre wunderbar illuminiert, tausend Lichtlein prangten und funkelten.

"Von Matthias gibt es wenig sichere Nachrichten", heißt es bei "www.heiligenlexikon.de". Offenbar kam er durch pures Losglück in die Stammelf des Frühchristentums und wurde erwartungsgemäß beim Bekehren zur Nächstenliebe totgeschlagen. Gilt u.a. als Patron der Metzger und Zuckerbäcker.

Die schweren Schulranzen sollen die Kinder auf die Zukunft vorbereiten. Je früher sie den krummen Dienstbotengang lernen, desto besser. Was wäre das auch für eine Welt, in der kleine Kinder fröhlich herum springen können, nachdem sie stundenlang stillgesessen haben? Und wieder wächst eine Generation Deutscher heran ...

"Guten Morgen, meine Damen und Herren! Und wieder liegt ein neuer Tag vor dem berühmten Schriftsteller A aus B. Was wird er heute schreiben? Wir wissen es nicht. Da! Er greift zur Wasserflasche und trinkt, bleibt aber zunächst im Bett liegen. A streckt sich und gähnt herzhaft. Wir melden uns wieder, wenn es von hier etwas Neues zu berichten gibt. Zurück an die angeschlossenen Funkhäuser."

Manchmal juckt mein Ausschlag, denkt die Erde.

Hätten Sie’s gewusst? Am 5. Mai 1809 wird in Knittelfeld den Akkusativ entdeckt.

"Wie ist Ihre Strategie vor Gericht?"
"Ich werde solange die Luft anhalten, bis ich blau anlaufe. Dann werden die schon sehen, was sie davon haben."

Es muss nicht immer positiv sein, ein Ziel zu haben. Auch Bomber haben Ziele.

Warum haben eigentlich alle Bilder und Gemälde vier Ecken?

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