Blogstuff 790
„SPIEGEL: Sie haben
sich zum Schreiben auf die Seychellen zurückgezogen.
Bonetti: Ja, wenn es
um Stuckrad-Barre geht, schreibt man besser am Strand.“
Jetzt
wird überall herumgejammert, dass die NRW-Abiprüfungen auf Freitag verlegt
werden – und ausgerechnet an diesem Tag streikt die Bahn. Ich bin in meiner
Jugend jeden Morgen fünfzehn Kilometer bei Wind und Wetter zur Schule gelaufen,
weil ich die dreißig Pfennig für den Bus nicht hatte!
Langsam
wird es unheimlich. Vier Tage hintereinander klingelt eine junge Frau in einem
roten T-Shirt an meiner Haustür. Sie benutzt nicht die Klingel an der
Gartentür, sondern betritt einfach das Grundstück und steht direkt hinter der
Tür. Ich sehe sie durch die Mattglasscheibe als rote Silhouette. Sie klingelt
ein zweites Mal und bleibt noch eine Weile stehen. Dann verlässt sie das
Grundstück wieder. Ich beobachte sie vom Küchenfenster aus. Sie ist Ende
zwanzig, trägt ein Klemmbrett und hat ihr schwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz
gebunden. Sie setzt sich in einen silbernen Mittelklassewagen mit Ingolstädter
Kennzeichen, macht sich Notizen und sieht dabei immer wieder zu unserem Haus
hinüber. Keine Ahnung, was das soll. Soll ich ihr irgendwann mal aufmachen?
Ü50-Freundschaften
sind manchmal eine seltsame Sache. Ein Schulfreund, den es nach Mainz
verschlagen hat, bezeichnet einen Schulfreund in Ingelheim, der Nachbarstadt,
ernsthaft als seinen „besten Freund“. Die beiden sehen sich zwei- bis dreimal
im Jahr auf ein Glas Wein (wg. Führerschein). Ein anderer lebt seit zwanzig
Jahren in Saarbrücken. Er besucht einen alten „Freund“ in Ingelheim einmal im
Jahr. Dieser „Freund“ war in all den Jahren nicht ein einziges Mal in Saarbrücken.
Er hat die Frau und die drei Kinder des Saarbrückers, die älteste Tochter ist
inzwischen fünfzehn, noch nie gesehen. Wenn ich sowas höre, bin ich über die
Jungs und Mädels froh, mit denen ich Fußball oder Filme gucken und Pizza essen
kann, die flüssigen Requisiten stets in Reichweite, auch wenn die Niederlage
gegen die Skyblues letzte Woche bitter war (das Rückspiel haben wir uns
erspart). Wir sind alle so herrlich Old School, ich habe in diesem Jahr schon
zwei Ansichtskarten aus dem Urlaub bekommen und wir führen tatsächlich noch Telefongespräche.
Ich
verstehe die heutige Studienordnung nicht. Erst macht man den Bachelor, für den
sechs Semester vorgesehen sind, dann den Master in vier Semestern – wenn man
sich an die Regelstudienzeit hält. Früher hieß der Bachelor Grundstudium. Dafür
habe ich damals drei Semester gebraucht. Von den zwanzig Scheinen, die man zur
Abschlussprüfung vorlegen musste, habe ich in diesen drei Semestern dreizehn
gemacht, keiner besser benotet als 3. War mir egal, interessiert hinterher ohnehin
niemanden mehr. Für die restlichen sieben Scheine, die Magisterarbeit und die
mündliche Prüfung habe ich mir dann acht Semester Zeit gelassen. An zwei Tagen
pro Woche Seminare, keine Vorlesungen. Ansonsten Baggersee und Party. Warum
presst man die Studenten heutzutage in dieses elende Korsett, als gingen sie
noch zur Schule?
Man presst sie in das Korsett, weil man es kann. Zudem fühlt man sich so den Amis näher, die früher abschließen. Zudem muss man Bafög rein theoretisch nicht so lange zahlen. Als Lieferheldfahrer können sie sich auch viel schneller an bestehende Jobverhältnisse gewöhnen, sollte es, wie gewöhnlich, nicht mit der wissenschaftlichen Karriere klappen. Außerdem wird die Wasserqualität der Baggerlöcher besser.
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