Heute ist in Düsseldorf Spaziergang-im-Park-aber-nicht-stehenbleib-Tag. Das muss dieser berühmte rheinische Humor sein.
Sonntag, 28. Februar 2021
Bonetti’s Delight
Heiß,
heiß, Baby
Heiß,
heiß, Baby
Haltet
alle das Maul und hört mir zu
Das
ist Bonetti mit seiner Crew
Hier
fliegen keine Löcher aus’m Käse
Denn
wir sind das konzentrierte Böse
Jeder
Reim ist eine tödliche Kugel
Findet
dich schneller als motherfuckin‘ Google
No
way! Kein Ende des Tanzes ist in Sicht
Wenn
es dunkel wird, sind wir dein letztes Licht
Wir
schlagen in deinem Hirn ein wie LSD
Wie
eine Riesenbong und reiner Schnee
Du
hattest Zweifel und warst ganz unten
Endlich
sind alle Probleme verschwunden
Dieser
Rap trifft genau dein Bull’s Eye
An
diesem Rap kommt keiner vorbei
Auf
dich wartet eine ganze Galaxie
Kauf diesen
Song und tanz wie nie
Heiß,
heiß, Baby
Heiß,
heiß, Baby
Samstag, 27. Februar 2021
Das Meer gibt keinen von uns zurück
Blogstuff 565
„Einer alten Legende zufolge nehmen wir, wenn wir sterben, den Traum mit uns, der zuletzt in unserem Herzen war. Und in diesem Traum leben wir dann in alle Ewigkeit.“ (Ben Hecht: 1001 Nachmittage in New York)
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Demokratie den Klassengegensatz sozialstaatlich befriedet. Durch den Ausbau des Arbeitslosgengeldes, der Sozialhilfe, der Rente, der Krankenkassen, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall usw. wurde das Bewusstsein, zur Arbeiterklasse zu gehören, ausgelöscht. Jeder hatte Kündigungsschutz, bekam bezahlten Urlaub und war krankenversichert. Nach dem Ende des Kommunismus in Europa 1990 drehten sich die Vorzeichen um, die Kapitalfraktion ging in die Offensive. Wieder wurde durch die gewählten Regierungen der Klassengegensatz befriedet. Aber diesmal durch Abbau des Sozialstaats, Senkung von Spitzensteuersätzen, Privatisierung von Volkseigentum (Energieversorgung, Telekommunikation, Post, Wohnungen usw.) und die Sozialisierung von Verlusten im Krisenfall (Bankenkrise, Pandemie).
Unsere Sprache ist nicht nur schön und wohlklingend, sondern auch äußerst elegant: Planfeststellungsverfahren, Doppelhaushälfte, Übergangsjacke, Hab-Seligkeit, Warentrenner, Bäckereifachverkäuferin, Pflanzenschutzanwendungsverordnung, Umschaltspiel, Zufriedenheitsgarantie, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Herrenausstatter. Und natürlich Personenvereinzelungsanlage für Drehkreuz.
Neue Informations- und Kommunikationstechnologien wie Internet und Smartphone, von deren sozialem Organisationspotential die erste Generation von Nutzern einst geschwärmt hat, hat sein Vereinzelungspotential gezeigt. Je häufiger und je länger man die Meinungsmoleküle auf Twitter oder die egozentrischen Bildstrecken auf Instagram konsumiert, desto einsamer wird man.
„Also, auf den Schwanthaler Rudi lass ich nix kommen. Der ist schon in Ordnung und wenn er am Samstagabend im Wirtshaus seine Gedichte vorliest, ist immer eine Mordsgaudi. So manche Grantler im Dorf nennen ihn einen pummeligen Faulpelz oder einen mopsgesichtigen Nichtsnutz, aber der Rudi ist für mich ein Pfundskerl. Oft sind seine Sachen erst eine Stunde alt. Er hat sie auf Bierdeckel oder die Rückseite eines Kassenbons geschrieben, auf Zeitungsränder oder kleine Notizzettel, die er aus seinen Jacken- und Hosentaschen zieht. Eins hab ich noch irgendwo, sagt er dann immer, und die Leute lachen, weil sie wissen, dass er immer noch ein paar Reime auf Lager hat. So ist er halt, der Schwanthaler Rudi.“
Jan Böhmermanns investigativer Journalismus hat mit einer Quote von 18,6 Prozent (19. Februar) mit der Heute-Show gleichgezogen. Das öde Magazin „aspekte“, das er von seinem Sendeplatz verdrängt hat, kam noch nicht einmal auf ein Drittel der Zuschauer von „ZDF Magazin Royale“.
Menüvorschlag der Woche: Oktopusgröstl an Kastanienrisotto in Salbeisugo.
Freitag, 26. Februar 2021
Der Kassenbon des Monats
Zur Feier des Geburtstags meiner Schwester vor vier Wochen und der zweiten Impfung meines Vaters Anfang der Woche gab es heute ein opulentes Familienessen, mit dessen Bestellung wir einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung der hiesigen Gastronomie geleistet haben. Ich hatte Skrei mit Petersilienstampf und Möhren.
Anschließend war ich im Supermarkt und habe wieder einmal die Kassenbons fremder Leute gesammelt. Hier ein interessanter Fall. Wer kauft solche Mengen Fleisch und fast nichts anderes? Wenn ich den Schinken für 1,69 € auf 100 gr taxiere, komme ich auf 1,718 kg Fleisch. Hier hat offensichtlich ein Mann eingekauft, dem die Begriffe vegan und woke unbekannt sind. Aber ich befinde mich ja auch im Hunsrück. Das sollte mich also nicht wundern. Aber für wen sind die teuren Schnittblumen? Ist es ein Grill-Date? Grobe Bratwurst und rote Rosen?
Was sieht ein Journalist?
Morgens
sieht er sich selbst im Badezimmerspiegel, er sieht seinen Kaffee, sein Müsli
und das Handydisplay.
Dann
sieht er den Straßenverkehr. Er sieht andere Autos. Andere Menschen sieht er
nur verschwommen. Er hat keine Zeit, um auf sie zu achten. Er betrachtet eine
rote Ampel und wartet.
In der
Redaktion sieht er Menschen, die den gleichen Job machen wie er. Er sieht
stundenlang auf den Monitor. Meldungen der Nachrichtenagenturen. Artikel und
Kommentare konkurrierender Journalisten aus anderen Redaktionen. Zum
Mittagessen sieht er ein belegtes Brötchen und eine Kaffeetasse mit einem
lustigen Spruch.
Er
sieht am Nachmittag die Kollegen in der Redaktionskonferenz. Er sieht wieder
seinen Monitor, weil er noch einen kurzen Artikel über einen Streik in
Berlin-Mitte schreiben muss. Vier Jahre Grundschule, neun Jahre Gymnasium,
sechs Jahre Universität und zwei Jahre Volontariat befähigen ihn für diese
Tätigkeit.
Anschließend
betrachtet er die Welt ein zweites Mal für eine Weile durch die
Windschutzscheibe.
Abends
sieht er auf seinen Fernseher, auf seinen Computer, auf sein Handy. Vielleicht
sieht er fantastische Welten in einem Computerspiel. Vielleicht sieht er auch
seine Frau und seine Kinder.
Manchmal
geht er mit Freunden in die Kneipe. Er hat dieselbe Hautfarbe, eine vergleichbare
akademische Ausbildung und den gleichen Sozialstatus wie sie. Es geht um Aktien
und Eigentumswohnungen. Über das lächerliche Leben im Prenzlauer Berg, das
längst zum Klischee erstarrt ist, und das sie niemals ändern möchten.
Sie
haben in Wirklichkeit nichts gesehen. Sie schreiben für uns. Sie sind unsere
Augen und Ohren. Der Auflagenschwund ist dramatisch.
Loverboy
- Working for the Weekend (Official Audio) - YouTube
Donnerstag, 25. Februar 2021
Sieben auf einen Streich
Es
lohnt sich, im „Superwahljahr“ 2021 mal wieder auf die Tatsache hinzuweisen, dass
es in unserem politischen System namens Demokratie strukturell nicht angelegt
ist, das ökonomische System namens Kapitalismus zu ändern. Im Gegenteil ist die
Demokratie der Burgwall, der die gesellschaftlichen Kräfte der Kritik am
Kapitalismus absorbieren und umlenken soll. Nur demokratisch gewählte Parteipolitiker
haben die theoretische Möglichkeit, das System zu verändern.
Alle
anderen Formen wie Demonstrationen oder Petitionen besitzen nicht die
Legitimation, die das Parlament besitzt. Daher sind sie regelmäßig zum
Scheitern verurteilt. Daran ändert auch eine huldvoll gewährte Audienz für die
klimabewegte Jugend bei Kanzlerin Merkel nichts. Wandelt sich eine kritische
soziale Bewegung in eine Partei, wird sie Teil des Verteidigungssystems, das
der Konzernkapitalismus zum Schutz seiner Interessen entwickelt hat, wie die
Grünen eindrucksvoll beweisen.
Es ist
auch müßig, auf die Erfahrungen von Weimar hinzuweisen. Der politisch
interessierte Mensch weiß, dass der Kapitalismus seinen Burgwall neu streichen
kann: von bunt zu braun. In den Medien wird es bewusst ausgeblendet, erfahrene
Politiker sprechen von „marktkonformer Demokratie“, um keine Zweifel aufkommen
zu lassen. Faschismus und Diktatur bilden noch immer das Drohpotential der
herrschenden Klasse. Insofern kann man die Pandemie und die sie begleitenden
Maßnahmen auch als willkommene Möglichkeit eines groß angelegten Manövers
betrachten, um die Belastbarkeit der Bevölkerung in dieser Hinsicht zu prüfen. Das
Volk gehorcht und ersetzt die wegbrechenden Profite der Konzerne mit
Steuergeldern.
Wer
persönlich Politik gestalten will, ist gezwungen, sich einer Massenorganisation
anzuschließen und die „Ochsentour“ durch die zahllosen Hierarchieebenen einer
Partei auf sich zu nehmen. Wer sich mit dem Ausfüllen eines Wahlzettels
begnügt, findet ein reichhaltiges Angebot vor, das sich bei näher Betrachtung als
uniformes Produkt in unterschiedlichen Verpackungen darstellt. Substanzielle
Kritik am Warenfetischismus, an der Zurichtung des Menschen zum geräuschlos
funktionierenden Arbeitnehmer und Steuerzahler, an ökonomischer Expansion um
jeden Preis und irreversibler Umweltzerstörung ist nicht vorgesehen.
Die
AfD als neue Partei ist nichts anderes als der rechte Flügel der Union, der in
der Flüchtlingskrise in die Defensive geraten ist, und eine neoliberale
Konkurrenzorganisation der FDP, die im Gründungsjahr der AfD, 2013, gerade aus
dem Bundestag geflogen war. Den letzten Kritikern des kapitalistischen Systems
bleiben die Kleinparteien, die regelmäßig im Burggraben namens Fünf-Prozent-Hürde
absaufen. Echte Alternativen sind nicht vorgesehen. Wer sie sucht, bekommt
schnell den Eindruck, er müsse sich gegen die gesamte Zivilisation stellen.
Wir
haben keine Wahl im Wortsinn. Die Entscheidung, an den Wahlen nicht
teilzunehmen, ist nicht nur das Resultat politischer Apathie und Resignation.
Sie kann auch Ausdruck einer persönlichen Analyse der Herrschaftsverhältnisse
sein. Viel Spaß beim Ausfüllen der Zettel und bei der spannenden Show mit den
Hochrechnungen. Ich habe Besseres zu tun.
The Outfield - Your Love (Official HD Video) -
YouTube
Mittwoch, 24. Februar 2021
Gratis-Download: Die fünf besten Anlagetipps 2021
Blogstuff 564
„Er ist ein Sklave seiner Einfälle. Eine unsichtbare
Macht, deren Quelle in ihm oder außerhalb liegen mag, lässt ihm keine Ruhe, bis
er noch den letzten Mist, der ihm gerade durchs Hirn geflattert ist, zu Papier
gebracht hat.“ (Goethe über Bonetti, in: Superbusen 11/97)
Früher
hat man eine Frau kennengelernt, wenn man ihr von einem Baustellengerüst
hinterher gepfiffen hat. Wie macht man das heute? Wegen der Maske fallen ja
auch viele non-verbale Signale weg, mit Ausnahme des Mittelfingers.
Haben
Sie schon mal in völliger Finsternis in Ihrer Badewanne gelegen? Und dann hören
Sie drei harte Faustschläge an Ihrer Wohnungstür? Willkommen bei den
Short-Plots von Bonetti Media.
Wenn
man als dicker Mensch vor dem Fernseher sitzt, kann man die vielen
Speckterrassen zur Ablage der Fernbedienung und der Snacks nutzen.
FDR
wurde 33 Tage nach Hitlers Vereidigung zum Reichskanzler US-Präsident und starb
18 Tage vor ihm am 12. April 1945.
Bonetti
Media, der Stützstrumpf der Demokratie.
TAZ-Schlagzeile:
„Schwarzfußindianer wegen Rassismus angezeigt.“
Ich
sitze auf der Parkbank und schreie die vorbeilaufenden Jogger an: „Vor wem
läufst du eigentlich weg?“
Die
Mitarbeiter von Bonetti Media bekommen jeden Morgen das Personal Briefing von
der Geschäftsleitung: Arbeite hart, arbeite schnell, arbeite länger. Das macht
die DNA des Konzerns aus. Deswegen ist Bonetti Deutschlands Blogger Nr. 1. Wir
brauchen keine Gewerkschaft, wir verteilen Aktienoptionen.
Wenn
ich besser Fußball spielen könnte, wäre ich systemrelevant.
Leute,
die glauben, mit der Corona-Impfung von Bill Gates gechippt zu werden,
vertrauen auch auf Alexa und haben in jedem Zimmer einen Rauchmelder von der
NSA.
Wir
folgen Reizen wie die Tiere. Nahrung? Wir öffnen als Kind automatisch den Mund.
Geld? Wir öffnen als Erwachsene automatisch die Hand. Lob? Erfolg? Wir
schwimmen hinterher wie der dämlichste Goldfisch im Aquarium. Dann dürfen wir
uns aber auch nicht darüber wundern, dass Politiker uns wie Kinder behandeln.
Wenn Covid-19 vorbei ist, muss Keith Richards
Gitarrenunterricht nehmen.
Ich freue mich jede Nacht aufs Einschlafen. Meine Träume
sind wesentlich interessanter als mein Leben.
Dienstag, 23. Februar 2021
Das Essen ist ausgezeichnet
Gisela
und Hartmut Mörbel sitzen im Chez Pierre, einem Restaurant, das sich seinen
Stern im Guide Michelin redlich verdient hat. Das Ehepaar Mörbel hat sich das
Abendessen auch redlich verdient. Frau Mörbel hat den ganzen Tag in ihrer
Anwaltskanzlei verbracht, Herr Mörbel ist Vorstandsvorsitzender der Mörbel
Kieswerke AG.
Als
Aperitif wählen sie ein Glas Champagner. Veuve Cliquot. Das ist Frau Mörbels
Lieblingsmarke. Der Oberkellner stellt Ihnen das heutige Menü vor. Es klingt
ausgezeichnet.
Als
Vorspeise gibt es Gänseleberparfait mit karamellisierten Macadamia-Nüssen und
getrockneten Aprikosen. Dazu trinken sie einen 2018 Scharzhofberger Riesling
Kabinett, perfekt gekühlt und eine vorzügliche Begleitung zu den verschiedenen
Aromen, die sich gerade an ihrem Gaumen entfalten.
Ihr
Kellner heißt Gojko Zukanovic, aber sie beachten ihn gar nicht. Er ist seit
über zehn Jahren in Deutschland und seit zwei Jahren im Chez Pierre. Im
Bürgerkrieg in den neunziger Jahren hat er seine Eltern verloren, ein Bruder
ist im Kampf gefallen, seine Schwester lebt in London. Nach dem Brexit fürchtet
sie, ausgewiesen zu werden.
Als
zweiten Gang gibt es Bressehuhn mit gedünsteter Artischocke und schwarzem
Trüffel. Dazu ein Glas 2015 Grand Cru “Clos du Vougeot”. In der Küche garniert
Hussam al-Sayed aus Syrien gerade einen Nachtisch mit Mandelsplittern. Er ist
vor fünf Jahren über die Türkei und Griechenland nach Deutschland geflüchtet.
Seine Frau und seine kleine Tochter leben immer noch in einem Flüchtlingslager
auf Lesbos. Sie können nur telefonieren.
Die
Krönung des Abends ist der Atlantik Hummer mit Imperial Kaviar, Baby Oktopus
und Meerkräuter-Salat. Als Getränk serviert ihnen Gojko einen 2008 Jaspis
Spätburgunder Alte Reben trocken. Im Nebenraum der Küche macht M’Bamakan Konaté
gerade den Abwasch. Er kam vor einem Jahr mit einem Schlauchboot über das
Mittelmeer. Seine Frau ist bei der Überfahrt verdurstet. Er schickt jeden Monat
Geld an seine Familie in Mali.
Zum
Nachtisch gibt es frische Waldbeeren mit Valrhona Schokolade auf Crepes, dazu
noch einen 2016 Chevalier-Montrachet Grand Cru. Der libanesische Küchenjunge,
dessen Namen wir uns nicht merken müssen, hat die Beeren heute Morgen vom
Großmarkt geholt. Die Mörbels sind zufrieden. Das Essen ist ausgezeichnet.
P.S.: Morgen
früh kommt die weißrussische Ex-Journalistin Alina Swerewa zum Putzen. Auch sie
hätte uns eine Geschichte zu erzählen, wenn wir ihr zuhören würden.
Montag, 22. Februar 2021
Zahlen runter, Zahlen rauf – Seuche & Business
Blogstuff 563
„Denn die Zukunft ist
immer ein Snob gegenüber der Vergangenheit, und schon immer hatte sie ihren
Spaß auf Kosten der Naivität von gestern.“ (Ben Hecht: 1001 Nachmittage in New
York)
Im
Jahr 2071 werden die Menschen verwundert auf die Bilder unserer Gegenwart
schauen. Vielleicht werden die älteren unter ihnen sogar so etwas wie
sentimentale Rührung empfinden, wenn sie uns betrachten. Unsere altmodische
Kleidung, unsere merkwürdigen Frisuren. Die klobigen Automobile, die wir noch
von Hand bedienen mussten. Die albernen Reklametafeln. Die Modegeschäfte, wo
man doch längst in vollautomatischen Bekleidungszentren, die ein 3-D-Modell
unseres Körpers haben, maßgeschneiderte Klamotten bestellen kann, deren Muster
und Stoff wir zuhause im Internet ausgesucht haben. Das verkeimte Bargeld, das
von Hand zu Hand gewandert ist. Die grotesken Berufe, die man damals hatte. Vielleicht
ist nur die Politik gleich geblieben.
Ein
Sonntag im Februar. Es sind zwanzig Grad im Schatten und in der Sonne ist es
fast schon zu warm, obwohl ich nur ein T-Shirt und Shorts trage. Die Bienen
brummen von Blüte zu Blüte und im Garten des Nachbarn spielen die Kinder mit
dem Hund. Das muss diese neue Normalität sein, von der alle sprechen.
Ich
bin so alt, ich kenne nicht nur Raider, sondern auch den alten Milky
Way-Riegel. Erinnerungsflimmern an den Rändern Ihres Monitors. Damals war das einfach
ein Mars-Riegel ohne Karamellcreme. 1990 wurde die Rezeptur geändert (Todsünde!)
und der Inhalt sah nun weißlich aus. Ich habe ihn probiert. Der Geschmack war
einfach nur mies. Kein Vergleich. Damit war ich natürlich draußen.
Es
sind immer die Migranten, die sich nicht assimilieren wollen, die den Hass der
Rechten auf sich ziehen. Menschen, die ihrer Kultur und ihrer
nicht-christlichen Religion treu bleiben möchten. Ferner sind es Menschen, die
sich nicht assimilieren können, weil sie keine weiße Haut haben. Polen und
Italiener sind darum nie Ziel des rechten Hasses, aber Muslime und Afrikaner. Juden
leben seit 1700 Jahren in Mitteleuropa. Sie haben sich nie assimiliert, sind
ihrer Religion treu geblieben, öffnen sie auch nicht für Konvertiten, heiraten
meist untereinander und wagen es, sich für Gottes auserwähltes Volk zu halten.
Sie hat der Hass schon immer in besonderem Maße getroffen. Diese Weigerung,
sich unterzuordnen, erträgt der deutsche Herrenmensch nicht.
In den
finsteren Winkeln der Psyche, in jenem Morast, den wir euphemistisch als
Charakter bezeichnen, wächst der Hass, lange gedüngt durch Enttäuschungen und
Demütigungen. Dann bricht er plötzlich hervor, gerne durch ein
Erweckungserlebnis in der Gruppe, wo er sich explosionsartig vermehren kann wie
ein Virus. Es gibt viele Beispiele in der Geschichte, QAnon und Querdenker sind
aktuelle Erscheinungen dieses Phänomens.
The
Beta Band - Dry The Rain ( High Audio Quality ) - YouTube
Sonntag, 21. Februar 2021
Aufstieg und Fall von Fatty Arbuckle, dem Erfinder der Tortenschlacht
Roscoe “Fatty” Arbuckle war 1921, vor genau einhundert
Jahren, auf der Höhe seines Ruhms. Er war der erste Schauspieler der Welt, der
mehr als eine Million Dollar im Jahr verdiente. Aber sein Skandal gab Hollywood
den Ruf eines Sündenpfuhls, den es bis heute nicht mehr losgeworden ist.
Fatty wurde 1887 in Kansas geboren und hatte acht
Geschwister. Seine Mutter starb früh und mit elf Jahren musste er bereits als
Laufbursche in einem Hotel arbeiten. Er sang bei der Arbeit und wurde von einem
Profi-Sänger entdeckt, der ihm einen Auftritt in einer Talentshow vermittelte. Fatty
fiel vor Aufregung in den Orchestergraben, das Publikum tobte und so begann
seine Karriere am Vaudeville, den Kleinkunstbühnen in Amerika. Ab 1904 ging er
mit einer Theatergruppe auf Tournee und wurde bald der Star des Ensembles.
1908 heiratete er und tourte durch China und Japan. 1909
begann er seine Filmkarriere bei der Selig Polyscope Company, die 1896 von dem
Magier William Selig gegründet worden war. In dieser Zeit versuchte der
berühmte Tenor Enrico Caruso, ihn zu einer Ausbildung als Opernsänger zu
bewegen, weil er von Fattys Stimme begeistert war. Aber Arbuckle blieb dem
Stummfilm treu.
1913 gab es die erste Tortenschlacht der Filmgeschichte in „A
Noise from the Deep“. Arbuckles Erfindung ist bis heute ein fester Bestandteil
der Komödie. Ein Jahr später ging er zu Paramount Pictures und verdiente
tausend Dollar am Tag plus 25 Prozent der Einnahmen an den Kinokassen. 1918
bekam er einen Drei-Jahres-Vertrag über drei Millionen Dollar, das entspricht
etwa 50 Millionen Euro. Fatty war jetzt ein Star. Er förderte den Briten
Charlie Chaplin und entdeckte Buster Keaton und Bop Hope. Er hasste allerdings
seinen Künstlernamen. Manche Fans nannten ihn auch „King of Whales“.
Und dann kam der Skandal. Am 5. September 1921 nahm er sich
mit zwei Freunden aus dem Filmgeschäft drei Hotelzimmer in San Francisco. Sie
luden ein paar Freundinnen ein und machten Party. Während dieser Feier
erkrankte die Schauspielerin Virginia Rappe und ein Arzt wurde gerufen. Er
stellte lediglich einen starken Alkoholrausch fest, doch sie starb drei Tage
später an einer Bauchfellentzündung infolge eines Blasenrisses. Eine der
anwesenden Frauen beschuldigte Arbuckle, sie vergewaltigt zu haben. Er soll sie
durch sein Körpergewicht erdrückt haben. Bei der anschließenden Autopsie
konnten jedoch keine Anzeichen einer Vergewaltigung festgestellt werden. Zudem
litt Virginia Rappe an chronischer Blasenentzündung. Fatty stritt die Tat
vehement ab.
Es gab insgesamt drei Prozesse, am Ende wurde Arbuckle
freigesprochen. Aber die Presse hat ihn längst zum Sündenbock gemacht, er war
das Symbol der verfallenden Sitten in Hollywood. Fattys Ruf war zerstört und
seine Karriere zu Ende. Moralapostel im ganzen Land hatten die Todesstrafe für
ihn gefordert und die Studiobosse forderten seine Kollegen auf, sich von ihm zu
distanzieren. Arbuckle wurde heroin- und alkoholsüchtig. 1931 gelang ihm noch
ein kurzes Comeback. Am 29. Juni 1933, kurz nach dem Ende der Dreharbeiten an
seinem letzten Film, starb Roscoe „Fatty“ Arbuckle an Herzversagen. Seine Asche
wurde in den Pazifik gestreut.
Einige von Fattys Gags wurden später von Chaplin, Keaton
und anderen übernommen: Best of Roscoe
"Fatty" Arbuckle silent comedy - YouTube
Samstag, 20. Februar 2021
Leck mich am Arsch, Bonetti wird gendersensibel
Blogstuff 562
„Die Einkünfte aus meinen Büchern reichen inzwischen
für Kaviar und Champagner. Eines Tages werde ich so weit sein, davon auch meine
Wohnung bezahlen zu können.“ (Oscar Wilde)
Es
heißt jetzt nicht mehr Aktionär, sondern Person mit Aktienbesitz. Aus den
Alkoholikern werden nicht etwa Alkoholiker*innen, sondern Alkoholsüchtige. Aus
den Amateuren werden Beginnende. Aus dem Anbieter wird die angebotsmachende
Person. Anhänger sind Unterstützende. Der Astronaut ist eine ins Weltall
reisende Person. Marxisten müssen jetzt ganz tapfer sein. Die Arbeiterklasse
wurde abgeschafft. Es gibt nur noch die arbeitende Klasse. Nächste Woche: das
B.
Geschickt gendern – Das
Genderwörterbuch
Der
aggressive Nihilismus saturierter Senioren, die man für nichts mehr begeistern
kann, weil sie alles zu kennen glauben. Für manche Menschen ist der Tod eine
Erlösung vom Sein.
Wenn
die Natur zu Besuch in der Stadt ist, im Winter beispielsweise in Form von
Schnee, wird der Stadtmensch misstrauisch und der Zeitungsmensch noch viel
misstrauischer. Droht das Verkehrschaos oder eine Wetterkatastrophe? Wir
könnten uns auch einfach über die unschuldige Schönheit, über die in der Sonne
leuchtende weiße Pracht freuen. Das kleine Schauspiel vollzieht sich selten
genug und ist auch nicht von Dauer. Aber die meisten Menschen ziehen es vor,
argwöhnisch aus dem Fenster zu schauen, bevor sie sich wieder ihren
Computer-Monitoren, Handy-Displays und Fernsehbildschirmen zuwenden.
Der
Trümmerhaufen des Wolkenkratzers war pyramidenförmig und besaß ein kleines
Plateau auf der Spitze. Hier saß ein aztekischer Priester und vollführte sein
Ritual. Vor der Pyramide stand ein Ägypter und fragte sich, wer hier wohl
begraben lag.
Wenn
ich auf dem Weg von einem bayrischen Gasthaus nach Hause den Kellner parodiere
(„Wuist no a Hoibe?“), ist es nicht ausländerfeindlich. Schließlich sind die Bayern
ja keine Ausländer. Wenn ich es auf dem Rückweg von einem österreichischen
Lokal mache („Mecht der gnädige Herr no an Verlängerten, bittscheen?“), ist es
auch nicht weiter schlimm, obwohl der Österreicher ja ein Ausländer ist. Wenn
ich es aber auf dem Rückweg von einer Pizzeria mache („Darf ich Ihne bringe no
eine Espresso auffe die ’ause?“), bin ich ein Rassist. Und jetzt stellen Sie
sich mal vor, ich käme aus einem koscheren Restaurant.
Ich
hau jetzt mal eine knallharte Prognose raus, an die sich 2024 niemand mehr
erinnern wird, wenn es soweit ist: Die Republikanische Partei wird Ivanka Trump
als Präsidentschaftskandidatin aufstellen.
Querdenker
und Corona-Leugner leiden unter dem Märtyrersyndrom. Sie erwarten ihre
Internierung in Lager, Zwangsimpfung inklusive Ortungschip und eine
menschenfeindliche Diktatur, während das gewöhnliche Leben einfach weitergeht
und man ihnen nur mit Gleichgültigkeit, schlimmstenfalls mit Spott begegnet.
Freitag, 19. Februar 2021
CDU - It's magic
Man muss halt nur die CDU machen lassen. Jedenfalls ist das Problem mit dem Rechtsextremismus gelöst. Früher hat ein Schamane ein Wort auf einen Zettel geschrieben und es in einem magischen Ritual verbrannt. So schafft man die Dinge aus der Welt, folks!
Sie sind gefeuert!
„Ihre wildesten
Drohungen und Untergangsprophezeiungen und ihr endloser Redeschwulst haben die
Tendenz, von Tag zu Tag mehr zu verblassen und auf der Totenbahre der Zeit zu
landen. Hierin liegt eine uralte Lektion für alle Schreiber: dass der Sturm
unbeständiger ist als das Meer und dass all die Ängste, die uns verstören, (…)
auf Dauer gesehen von geringem Interesse sind (…).“ (Ben
Hecht: 1001 Nachmittage in New York)
Ingo
Waschewski hatte Theaterwissenschaften und Medientheorie studiert, danach hatte
er eine Zusatzausbildung zum Psychodramatiker gemacht. Er hatte gerade ein
Praktikum beim Charlottenburger Tageblatt angefangen und stand vor dem
Schreibtisch des Chefredakteurs.
„Sie
sind also der Neue?“
„Ja,
Herr Sternburg.“
„Wir
werden Ihnen den Job von der Pike auf beibringen. Gehen Sie raus auf die
Straße und bringen Sie mir ein paar Geschichten. Verstanden?“
Waschewski
schlenderte durch die Straßen und hielt die Augen offen. Aber es passierte
nichts. Also setzte er sich in ein Café und studierte auf seinem Handy den
aktuellen Polizeibericht. Vielleicht gab es eine gute Story. Aber der ganze
Mist – Drogenhandel, Schlägereien, Autounfälle – interessierte ihn nicht. Die
Kellnerin brachte ihm seinen Milchkaffee.
„Haben
Sie nicht eine gute Geschichte für mich?“ fragte er sie.
Da
gerade wenig zu tun war, erzählte ihm die Kellnerin von ihrem kleinen Sohn. Er
hatte einen Gehirntumor und sie war völlig verzweifelt. Es war allerdings ein
gutartiger Tumor und die Operation war gut verlaufen. Nach vier Wochen in einer
Reha-Klinik in Brandenburg war er wieder zuhause und würde in diesem Sommer in
die Schule kommen. Er spielte schon wieder mit seinen Freunden aus dem
Kindergarten.
Was
für eine schöne Geschichte. Waschewski machte sich Notizen. Da setzte sich ein
älterer Herr an den Nachbartisch.
„Sie
sind wohl Schriftsteller“, sagte der Mann.
„Nein,
ich mache gerade ein Praktikum bei einer Zeitung und soll Geschichten sammeln.“
„Dann
passen Sie mal auf.“ Bei einem Bier und einem Obstler erzählte der Alte von
seiner Zeit im Theater. Er hatte an den Boulevardbühnen auf dem Ku’damm gearbeitet.
Mit Harald Juhnke, Hildegard Knef und Günter Pfitzmann hatte er auf einer Bühne
gestanden. Er hatte ein paar schöne Anekdoten, wie sie nach der Vorstellung
noch in den Kneipen versackt waren.
Waschewski
schrieb eifrig mit.
„Ich
habe die Telefonnummer von einem Freund, der auf Borneo tolle Abenteuer erlebt
hat. Wollen Sie ihn mal anrufen?“
Waschewski
rief an. Der Mann am Telefon erzählte, er hätte als Tierschützer gearbeitet und
etliche Orang-Utans gerettet. Vom Kampf gegen Brandrodung und Umweltzerstörung.
Als
Waschewski in die Redaktion zurückkam, klopfte er gleich beim Chefredakteur an.
„Das
ging ja schnell“, sagte Sternburg erfreut.
„Ich
habe drei großartige Stories“, begann der Praktikant und erzählte.
„Was
soll ich mit dem Scheiß?“ fragte Sternburg. „Ich brauche Mord, Totschlag oder
einen Bandenkrieg. Das wollen die Leute lesen.“
„Aber
ich würde gerne positive Meldungen bringen“, widersprach Waschewski.
„Sie
sind ja völlig übergeschnappt“, brüllte der Chefredakteur. „Sie sind gefeuert!
Verschwinden Sie!“
RSS Disco - White Bird -
YouTube
Donnerstag, 18. Februar 2021
Gaukler und Possenreißer
Blogstuff 561
„Jedenfalls ist es besser, ein eckiges Etwas zu sein
als ein rundes Nichts.“ (Friedrich Hebbel)
Wenn
der Weg das Ziel ist, kann ich doch stehenbleiben. Dann bin ich schon da, oder?
Versteh ich nicht.
Warum
sind Smoothies so ein Erfolg? Weil sie uns das lästige Kauen von Obst sparen.
Es ist
das absolute Highlight der Woche: Ich dusche endlich mal wieder, rasiere mich, putze
mir gründlich die Zähne, klatsche mir das teure Aftershave auf die Backen, ziehe
mir meinen Sonntagsanzug an, stecke eine Blume ins Knopfloch – und dann fahre
ich zu Rewe einkaufen.
Ist
Übergewicht eine schwere Krankheit?
Wer
Parlamentsgebäude stürmt, kennt den konkreten Ablauf der Demokratie nicht.
Werden
wir in Berlin jemals wieder in Teenagerkotze ausrutschen? #lockdownverlaengerung
Ausraststätte
Der
größte Kritiker des Schweins / War früher selber eins
Wenn
man früher einen kaputten Schuh hatte, ging man zum Schuster. Ich kann mich
noch an seine Werkstatt in der Ingelheimer Bahnhofsstraße erinnern. Es duftete
herrlich nach Leder, sehr intensiv. Der Mann war kein einfacher Dienstleister,
sondern ein Handwerkermeister, dem man sich mit Ehrfurcht und Respekt näherte,
so als wäre er ein Schuhdoktor.
Vergesst
niemals den Namen von Chuck Wörlpulinger. Mit seinem Bachelor in Numismatik
steht ihm eine große Zukunft bevor.
Wenn
man die Hierarchie eines Unternehmens verstehen möchte, setzt man sich einfach
in die Kantine und beobachtet die Leute. Am schönsten Tisch, direkt am Fenster,
sitzt der Chef mit seinem Hofstaat. Am Tisch daneben sind die Arrivierten und
Karrieristen. In den dunklen Ecken sitzt das Fußvolk. Dann gibt es noch den
Frauentisch. Und der Typ, der allein am Tisch vor den Toiletten sitzt, ist der
Neue. Höchststrafe: Du wirst an den Cheftisch gerufen und bekommst coram
publico einen Anschiss, der sich gewaschen hat.
Kommentatoren
sind ausgeprägte Kulturfolger, die sich erfolgreich in von Bonetti Media
geschaffenen Lebensräumen etablieren konnten. Sie haben eine ambivalente Rolle
in vielen Kulturen weltweit: Einerseits werden ihnen Klugheit und Humor unterstellt, andererseits werden sie als Unheilsbringer und Schädlinge
bekämpft.
Irgendwo
auf der Welt (Somewhere in the World) - Comedian Harmonists - YouTube
Mittwoch, 17. Februar 2021
Wichtelbach kommt nicht zur Ruhe
Manchmal ist in einer Stunde hier im Dorf mehr los als in
Berlin. Erst landet eine Armada von Wildgänsen auf einer Wiese am Dorfrand. Sie
veranstalten einen Heidenlärm, offenbar sind sie gerade aus dem Süden zurück
und ganz aufgeregt. Der Frühling ist da. Ich kippe das Fenster vor meinem Schreibtisch,
um es besser hören zu können. Kurz danach die Sirene am Feuerwehrhaus. Es ist
etwas passiert! Der Übungsalarm ist immer dienstags um 18 Uhr. Dann höre ich
Fahrzeuge mit Sirenen durch das Dorf rasen. Wenige Minuten später landet ein
Rettungshubschrauber mit großem Getöse auf der Wiese vor der Schlossgartenhalle.
Was für eine Aufregung. Hier in Wichtelbach kommst du nicht zum Arbeiten.
Völlig unmöglich. Hektik des Landlebens.
Bonetti fährt Skateboard
Blogstuff 560
„Es gibt Tage, wo das Leben übertrieben flau ist. Zu
Bett gehen; weiter hilft nichts mehr.“ (Heinrich Mann)
Ich stand
nur ein einziges Mal auf einem Skateboard, das war in den siebziger Jahren. Ich
stellte erst meinen rechten Fuß auf das Ding und wollte dann den linken Fuß
nachholen. Alles woran ich mich erinnern kann, ist ein bunter Wirbel von
Bildern. Ich landete auf der Straße und hatte am Knie ein Loch in meiner
nagelneuen Hose. Meine Mutter war begeistert und nähte zur Strafe knallrote
Lederherzen auf beide Hosenbeine. So musste ich in die Schule gehen. Ich sah
aus wie ein Kindergartenkind. Mit fünfzehn. Ich habe in dieser Hose meinen
Führerschein gemacht und hatte mein erstes Date. Ich bin über das erste Date
nie rausgekommen. Was passiert beim zweiten Date? Bietet man sich das Du an?
Nicht
vergessen: Wenn Corona hinter uns liegt, haben wir immer noch Armin Laschet.
Dreimal
machte Deutschland im 20. Jahrhundert die Erfahrung eines Wandels zur
Demokratie und jedes Mal war diese Zeit mit Not und Elend verbunden. 1918
befreiten sich die Deutschen von Monarchie und autoritärem Militärstaat, es
folgten Hunger, Massenarbeitslosigkeit, Inflation und eine Seuche („Spanische
Grippe“). Mit dem politischen Aufbruch verband sich das Gefühl der Niederlage
und der Ausgrenzung (Versailler Vertrag, Völkerbund ohne Deutschland). Die
Siegermächte achteten darauf, dass Deutschland einen bürgerlichen
Parlamentarismus bekam und nicht in Richtung Bolschewismus abdriftete. 1945
wurden die Deutschen vom Nazi-Staat befreit und bekamen von den Alliierten
quasi eine Demokratie auf Rezept. Es war die Zeit des Zusammenbruchs, des Elends
in den zerstörten Städten, der Kriegsverbrecherprozesse, der endlosen Züge der
Vertriebenen aus dem Osten. 1990 machten die Ostdeutschen eine ähnliche
Erfahrung. Sie bekamen mit der Demokratie zugleich Massenarbeitslosigkeit, eine
zusammengebrochene Wirtschaft und die Demütigung durch die Sieger aus dem
Westen. Den Satz „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“ hört man darum
regelmäßig. Den Satz „Ich bin stolz, ein Demokrat zu sein“ hört man nie.
Traum:
Es klingelt und ich öffne dem Pizza-Boten die Haustür. Er drückt mir einen Kassenbon
von einem halben Meter Länge in die Hand und geht an mir vorbei. Ich laufe ihm
nach. Er geht durch das Wohnzimmer und das Esszimmer in die Küche. Dort steht
ein zweiter Mann vom Pizzadienst und hat einen Fragebogen in der Hand. Er
stellt mir Fragen zu meinen Freunden und meiner Familie. Auf dem Kopf trägt er
eine Mütze, auf der steht: Jogi Löw Rücktritt. Erst jetzt merke ich, dass sie
mir einen Streich spielen. Durch die offene Haustür kommt ein dritter Mann in
die Küche. Er sieht genauso aus wie ich und trägt auch die gleichen Klamotten.
Er sagt: „Einer von uns beiden muss gehen.“ Ich wache auf und wundere mich,
dass ich im Elternschlafzimmer bin. Ich höre ein Rauschen aus dem Bad und gehe
hin. Die Toilette ist kaputt, das Wasser läuft aus der Wand. Überall sind
Schalter und Wasserhähne, aber egal, was ich drücke oder zudrehe, das Wasser
läuft weiter. Dann merke ich, dass das Bad weiß gekachelt ist, mein Bad ist
aber grün. Ich träume, stelle ich erleichtert fest und wache auf.
Judas Priest - Breaking
The Law (Official Music Video) - YouTube
Dienstag, 16. Februar 2021
Bonetti Media Home Entertainment präsentiert: Götterdämmerung
Es war
Winter und die Revolutionäre hatten den Zarenpalast gestürmt. Es war gerade
niemand zuhause und die Terrassentür war nicht abgeschlossen. Die rote Garde
konnte ihr Glück kaum fassen. Andächtig schweigend streiften sie durch das
prachtvolle Anwesen und staunten über die zahlreichen Gemälde und goldenen Kerzenhalter.
Im
Tanzsaal bildeten sie einen Stuhlkreis und setzten sich, um das weitere
Vorgehen zu besprechen.
„Hallo
erstmal, ich bin der Holgi und soll das Treffen leiten.“
„Hallo,
Holgi“, riefen alle im Chor.
„Habt
ihr denn Vorschläge, was wir jetzt machen sollen?“ fragte er.
Anke
meldete sich. „Also, ich finde, das mit dem Klima ist total wichtig. Wir müssen
unbedingt was für den Klimaschutz machen.“
„Wir
könnten die Heizung und den Strom abstellen. Jetzt gleich“, sagte Uwe.
„Ich
denke, wir sammeln erstmal Ideen und überstürzen nichts“, sagte Holgi, der nur
eine Jeansjacke anhatte.
„Ich
habe jede Menge Hefe. Wir können zusammen Brot backen“, rief Thorben.
„Wir
müssen das Geld abschaffen. Das ist unser Unglück. Ohne Geld kein
Kapitalismus“, wusste Jutta.
Alle
applaudierten spontan.
„Die
Produktionsmittel müssen vergesellschaftet werden. Keine Herren, keine Knechte.
Solidarische Produktion und nur das Lebensnotwendigste“, dozierte Stefan.
„Vegane
Ernährung. Wir werden kein Fleisch mehr essen, keinen Käse und keine Eier“,
sagte Tanja.
„Das
sind echt viele gute Vorschläge. Danke, Genossinnen und Genossen. Ich habe
alles aufgeschrieben. Mein Vorschlag wäre: Wir legen unser letztes Geld
zusammen, bevor wir das Kapital endgültig abschaffen, und gehen noch mal
richtig einkaufen. Und wir gehen nachher mal runter in den Weinkeller und
gucken, was da so los ist.“
Und so
lebten sie glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer revolutionären Tage. Und
das kam zwei Monate später, als Bonetti aus seinem Winterurlaub auf den
Malediven zurückkam. Er stürmte in den Saal, schoss mit seiner Jagdflinte
dreimal in die Decke, dass der Putz nur so hagelte, und jagte den ganzen
blutleeren Haufen von Schwätzern und Taugenichtsen auseinander.
Montag, 15. Februar 2021
Live aus Mainz: Rosenmontag
Ich bin gerade in Mainz angekommen. Was ist los, liebe Närrinnen und Narrhallesen? Keine Stimmung, keine Leute, keine Musik. Ich habe extra ein Indianerkostüm angezogen, um gegen die identitätspolitische Gesinnungsdiktatur zu protestieren. War die Fastnacht nicht auch immer schon eine Gelegenheit, sich gegen die staatliche Obrigkeit aufzulehnen? Saturnalien als gesellschaftliches Ventil und so? Die wenigen Menschen, die ich in der Ferne sehe, sind alle als Arbeitnehmer und Konsumenten verkleidet. Irgendwie gruselig.
Sons Of The Pioneers - Tumbling Tumbleweeds (The Big Lebowski BSO) | La Gran Fiestoski - YouTube
Bonetti – Überleben ist seine Rache
Blogstuff 559
“People will remember you better if you always wear the same outfit. Scientists have invented a love drug, but it only works on bugs. The Space
People will contact us when they can make money by doing so.” (Talking Heads)
Wer
schreibt, verändert nichts. Wer verändert, schreibt nicht.
„Das
ist kein Bierbauch. In diesem Bereich habe ich die wertvollen
Omega-3-Fettsäuren gespeichert.“
+++breaking
news+++Bekanntlich will Bill Gates alle Menschen chippen, um die Weltherrschaft
zu erlangen. Es sind Nano-Bots in Supermärkten aufgetaucht. Essen Sie kein Obst
und Gemüse! Wenn Sie nicht zu einem seelenlosen Roboter werden wollen, dürfen Sie
nur Hamburger und Pizza essen+++breaking news+++
Der
neue Trend: Einfach keine Meinung haben.
Ich
will keine Milliarden, mir genügen Millionen.
Wie
praktisch: Karfreitag fällt immer auf einen Freitag und Ostermontag immer auf
einen Montag.
Es ist
schick geworden, niemandem mehr zu vertrauen. Nihilismus in Reinkultur. Die
Politik lügt, die Wissenschaft lügt, die Medien lügen, die Unternehmen lügen,
der Nachbar lügt, der Kollege lügt. Alle sind sie fremdbestimmt und von fernen
Mächten gesteuert, die wir nicht kennen können. Auf was können wir uns
verlassen? Ist die Erde eine Kugel? Bin ich der Vater meines Kindes? Gibt es
noch Recht und Gesetz? Ist alle Welt Lüge? Wir können uns mit dieser Denkmode
bis in den kollektiven Irrsinn bringen. Das ist kein Problem.
Wird
es bei der Fußball-WM 2022 in Katar Stadionwurst und Bier geben?
Was
fehlt: Kardinal Woelki, der Ajatollah Khomeini von Köln. Die Firma mit dem
Kreuz-Logo.
Wenn
Sie mit Ihrer Erzähling eine Kulturikone schaffen wollen, muss Ihre Hauptfigur einen
unvergesslichen Satz sagen. Zum Beispiel „Asta la vista, baby“, „Yippie-Ya-Ye,
Schweinebacke“ oder „Möge die Macht mit dir sein“. In der berühmten
Westernserie Ricky Laredo von Bonetti Media ist es der Spruch „Ich will den
ganzen Käse“.
Aufgrund
meines phantastischen Body-Mass-Index bin ich jetzt in Impfgruppe 2, die ab
Anfang April dran ist. Tipp: Man kann sich bis dahin auch eine Leberzirrhose
ansaufen und rückt ebenfalls in Gruppe 2. Die einen haben sich hochgearbeitet,
die anderen haben sich hochgeschlafen – ich habe mich hochgefressen. Sie können
sich hochsaufen. Wir leben in einem wunderbaren Land.
P.S.:
Kai Diekmann und Karl-Theodor zu Guttenberg haben jetzt Beraterverträge bei
Bonetti Media. Gute Leute!
Sonntag, 14. Februar 2021
Die Kunst und das Leben
Neulich
habe ich einen autobiographischen Roman über Michelangelo gelesen. Kunst lernte
man damals in der Werkstatt eines Meisters. Kunst war ein Geschäft wie jedes
andere auch. Man hatte Kunden, Aufträge und Arbeit – wenn man gefragt war.
Heute ist das Berufsbild des Künstlers, vor allem des Schriftstellers,
wesentlich mehr von Romantik geprägt. Kunst und der schnöde Mammon? Das gehört
nicht zusammen. Der Künstler ist arm, er ist ein verkanntes Genie und er hat im
Laufe seines Lebens viele Verletzungen erlitten, die ihn für einen gewöhnlichen
Brotberuf wie Metzger oder Maurer unfähig machen.
Während
in der Renaissance der Beruf des Schriftstellers noch relativ unbekannt war,
der Buchdruck war ja gerade erst erfunden worden, gibt es heute vergleichsweise
viele Menschen, die versuchen, vom Schreiben zu leben. Aber die erfolgreichen
Autoren haben sich, bis auf wenige Ausnahmen, nicht der Kunst gewidmet, sondern
recht unverblümt dem Kommerz. Berühmte Autoren wie Stephen King oder Michael
Crichton schreiben Horrorromane, Thriller und Krimis. Wer auf dem begehrten Stapel
an der Kasse der Buchhandlung landen will, sollte sich von Begriffen wie
Literatur und Poesie verabschieden und seinen Weg mit Monstern und Leichen
pflastern.
Der
Literat hat ein Außenseiter zu sein, ein Bohémien, der sich über materielle
Dinge keine Sorgen machen muss, weil seine Kunst weit über der Sphäre des
gewöhnlichen Broterwerbs steht. Er soll nicht über Mietrückstände und sein
leeres Konto sprechen. Wir wollen von ihm keine Klagen hören. Er hat sich der
mönchischen Lebensweise, der kargen Einfachheit des Lebens in einer spärlich ausgestatteten
Eremitage hingegeben und nur in dieser Reinheit der minimalistischen Existenz
möchten wir ihn sehen. Wir erlauben ihm Alkohol und Drogen, Rausch und
Wahnsinn, weil sie Teil dieses Lebens am Rande der Gesellschaft sind. Aber wir
wollen kein Gejammer hören, gerade in Zeiten der Pandemie nicht, denn er ist
letztlich nicht systemrelevant.