Sonntag, 27. Februar 2011

Alles wunderbar in Höhle 65

Dieser unvergessliche Abend gehörte einem Mann allein: Martin Seebauer. Er nennt sich selbst bescheiden Moderator, in Wirklichkeit ist er eine Mischung aus Dompteur und Magier, ein Entertainer der alten Schule, ein Peter Frankenfeld der Stadtentwicklung. Gleich zu Anfang zauberte er zwei Highlights aus dem Hut, die schon zu Beginn für richtig Stimmung im vollbesetzten Saal sorgten. Für die zahlreich angereisten Pressevertreter hatte er den guten alten Maulkorb der preußischen Zensur mitgebracht, das Fotografieren war verboten. Herr Seebauer ließ zu dieser Frage das Publikum abstimmen, eine Mehrheit fand sich für die Pressefreiheit. Das passte dem Moderator aber nicht, also ließ er noch einmal abstimmen. Diesmal nur die Mitglieder der Bürgerwerkstatt, die den Maulkorberlass auch prompt bestätigten. Die Presse knipste dennoch und einige Spaßvögel holten ihre Handys und Fotoapparate heraus, knipsten ebenfalls und riefen lachend “Beweisfoto, Beweisfoto!” Alsdann wandte sich der Moderator mit einem schalkhaften Lächeln den gewählten Volksvertretern zu. Mitglieder der BVV Mitte und der BVV Pankow, andere Politiker - sie alle hatten eine schriftliche Einladung zur öffentlichen Präsentation des abgeschlossenen städtebaulichen Wettbewerbs erhalten. Nun sollte einzeln von der Bürgerwerkstatt darüber abgestimmt werden, ob sie im Saal geduldet wurden. Ein beschämendes, unwürdiges Spektakel, dass die Politik vehement und zu Recht abbrach. Sieht so die Gastfreundschaft der Bürgerwerkstatt aus? Man sollte doch froh sein, dass sich Politik und Presse, dass sich die Öffentlichkeit für den Mauerpark interessiert. Wer auf diese Weise seine Gäste behandelt, wird bald sehr einsam sein. Und diese Umgangsformen zogen sich nahtlos durch die ganze Veranstaltung durch. Zu Wortbeiträgen der Gäste gab es von Seiten der Werkstattmitglieder Kommentare wie “Halt’s Maul!” und “Halt die Fresse!” Offenbar beginnt nun die jakobinische Schlussphase der Werkstattfraktion. Am Ende kam es zu tumultartigen Szenen. Die Beteiligten brüllten sich in einem Tonfall und einer Lautstärke gegenseitig nieder, die selbst für die bisweilen rauen Umgangsformen in der Bürgerwerkstatt einmalig waren. O-Ton eines “Dialogs” zwischen einer etwa fünfzigjährigen Frau und einem gleichaltrigen Mann: “Heul doch!” - “Heul du doch!” Der Verfasser dieser Zeilen hat lange überlegt, wann er zuletzt einer Auseinandersetzung auf diesem argumentativen Niveau und mit diesem Erlebniswert beiwohnen durfte, und erinnerte sich dabei zurück an seine Grundschultage. Es war einfach groß, es hatte die expressionistische Wucht eines frühen Stummfilms. Momente, eines Dostojewski würdig, wenn Menschen schreiend durch den Saal laufen, sich die Haare raufen oder sich mit beiden Händen das Gesicht halten wie auf Edvard Munchs Bild "Der Schrei".

Die gesamte Bürgerwerkstatt war übrigens laut Vorstellung des Verfahrens vom 15.9.2010 auf sieben Veranstaltungen ausgelegt. Die Präsentation des Jury-Entscheids zum städtebaulichen Wettbewerb am 21.2.2011 war die siebte Veranstaltung und damit der Abschluss des Werkstattzyklus. Auf Wunsch einer Mehrheit der Bürgerwerkstatt soll die Arbeit jedoch fortgesetzt werden, Bezirksbaustadtrat Gothe wird vermutlich weitere Gelder zur Verfügung stellen. Das ist nicht selbstverständlich, schließlich muss er das ja nicht. Es zeigt aber, dass Herr Gothe mit der Arbeit der Werkstatt zufrieden ist. Offensichtlich wird hier ganz in seinem Sinne gearbeitet. So spielen die Großen mit den Kleinen.

Wie geht es weiter? Nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im September wird es eine Entscheidung der BVV Mitte zur Bebauung des Mauerparks geben. Der Senat hat es abgelehnt, über die Änderung des Flächennutzungsplans Einfluss auf das Verfahren zu nehmen und überlässt die Entscheidung dem Bezirk. Herr Gothe hat auf einer BVV-Sitzung gesagt, er rechne in Sachen Baubeginn mit 2012. Was gebaut wird, wissen wir seit der denkwürdigen Sitzung vom 21. Februar. Sämtliche gezeigten Entwürfe, die prämierten und die nicht-prämierten, sehen eine massive Bebauung der westlichen Parkhälfte mit Hochhäusern vor.
P.S.: Sehr aufschlussreich war das Verhalten der Vivico-Gesandten, die in diesem Showprogramm den Grundstückseigentümer aus dem fernen Wien vertraten. Sie schwiegen während der vier Stunden eisern, auf die Bitte zu einem Kommentar ließen sie sich noch nicht einmal zu einem “Nein” herab, sondern schüttelten nur stumm die Köpfe. Erst als der talentierte Mr. Seebauer dem Publikum den Tipp gab, eine konkrete Frage an die Herren von der Zeitsparkasse zu formulieren, gab es einen dürren Hinweis. Man sei Immobilienhändler und könne sich jederzeit auch einen Verkauf des Geländes oder einen Gebietstausch vorstellen. Ein Interesse am Dialog mit den Bürgern sieht anders aus.

Freitag, 25. Februar 2011

+++ breaking news +++

Gaddafi wurde der Doktortitel der Universität Tobruk entzogen, er weigert sich aber immer noch zurückzutreten.

Dienstag, 22. Februar 2011

Nachtrag zum Thema "ehemalige Hoffnungsträger der CSU"

Der Täter ist endlich geständig und erspart uns die würdelose Prozedur des Schuldnachweises in einer eindeutigen Angelegenheit. Nun denken viele, damit sei die Sache ausgestanden. Sie vergessen, dass Guttenbergs Dissertationsversuch auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Er hat sich widerrechtlich geistiges Eigentum angeeignet. Er hat die Urheberrechte zahlreicher Autoren verletzt und damit ihr persönliches Recht an ihrem Erzeugnis, in diesem Falle an einem Text. Wo genau ist der Unterschied zum Ladendiebstahl? Für mich als Laie ist klar, das jede Form von Diebstahl Konsequenzen nach sich ziehen muss. Ob ich jetzt im Supermarkt Kartoffeln mitgehen lasse, ein Auto aufbreche, einem Wissenschaftler die Erfindung klaue oder in anderen Ländern billige Plagiate von Originalprodukten herstelle - immer hat die Tat eine strafrechtliche Relevanz und ist eben kein Kavaliersdelikt. Guttenberg hat über hundert Mal geistiges Eigentum gestohlen, er gilt somit als typischer Fall eines Serientäters (immerhin hat er nach eigenen Aussagen sieben Jahre an dieser "Doktorarbeit" geschrieben, er blickt also als Kleinkrimineller durchaus auf eine bewegte Vergangenheit zurück). Interessanterweise sind es an diesem Punkt, wo es doch eigentlich um Privateigentum, um den Schutz des persönlichen Besitzes vor dem Zugriff Fremder geht, gerade die Konservativen, die sich einer kommunistischen Argumentationslinie bedienen: Eigentum ist Diebstahl, alles gehört allen, jeder hat doch schon mal vom anderen einen Text geklaut. Wie groß muss die Not der Rechten sein?! Wer unsere Rechtsordnung und ihren Schutz des Privateigentums ernst nimmt, wird erst nach der Aburteilung des ehemaligen Dr. Guttenberg wirklich zufrieden sein können. Es sind ja schon einige Strafanzeigen gegen ihn gestellt worden - und spätestens mit dem Urteilsspruch endet seine peinliche Zeit als Bundesverteidigungsminister. FJS 1962 lässt grüßen … Eigentlich ist die Causa Guttenberg schon abgehakt, nächster Halt der seit erfreulich langer Zeit andauernden Arschloch-go-home-Tour (Köhler, Koch, Mubarak e tutti quanti): Gaddafi.

Freitag, 18. Februar 2011

Der Lügenbaron

Jetzt ist er endlich in der CSU angekommen: der Liebling der Konservativen, die bajuwarische Wichsvorlage für notgeile Katholiken: “Doktor zu Googleberg” (blick.ch). Machen wir uns nichts vor, die Beweise sind erdrückend, die Promotionsordnung der Universität Bayreuth und die einschlägigen Gerichtsurteile sprechen eine klare Sprache. Der Bundesverteidigungsminister ist mit runtergelassenen Hosen erwischt worden. Er hat gelogen, betrogen und sein Ehrenwort gebrochen. Und alle Welt weiß das. Da helfen auch weitere Ausflüchte und neue Lügengeschichten nicht mehr weiter. Dass “Dr.” Guttenberg überrascht von den Vorwürfen ist, zeigt nur eins: Er wusste wirklich nichts davon, weil er die Dissertation gar nicht selbst geschrieben hat. Was die Sache noch schlimmer macht. Falls es tatsächlich noch Recht und Gesetz in dieser Bananenrepublik geben sollte, werden dem feinen Freiherrn demnächst die akademischen Schulterstücke herunter gerissen. Degradiert hatte er bisher nur seine Mitarbeiter im Verteidigungsministerium - jetzt ist er selbst dran. Aber er passt damit nahtlos in die Parteigeschichte der CSU, die eine Geschichte der Skandale und dreisten Gesetzesbrüche ist. Von der Spiegel-Affäre eines Franz-Josef Strauß bis zur Zerstörung der Bayrischen Landesbank. Er wird ein guter Ministerpräsident von Bayern werden, in die Alpen-Mafia passt er geschmeidig hinein wie ein geklauter Textbaustein. Auf seiner Homepage lobt sich der Lügenbaron selbst ob seiner “Prinzipienfestigkeit und Grundsatztreue”. Wer so das Maul aufreißt und seine hochmoralische Glaubwürdigkeit wie eine Monstranz vor sich her trägt, darf sich dann aber auch nicht erwischen lassen. Aus Berliner Perspektive bleibt zu sagen: Gutti, go home!

Reden und Handeln

Es ist naiver Kinderglaube, wenn man einem wandelnden Betonmischer wie Gothe mit Argumenten kommen möchte. In der Politik geht es nun mal nicht um die besseren Argumente, sondern um Macht, die Macht Dinge verändern zu können. Politische Reden, z.B. im Bundestag oder in Talkshows, sind nur Inszenierungen von Politik. Darum folgt den “Sonntagsreden” ja auch nie eine Tat. Das Reden kann man sich also sparen, das gleiche gilt für Unterschriftensammlungen, Demonstrationszüge und Flugblätter. Das stärkt vielleicht den Zusammenhalt der Gruppe, den politischen Gegner beeindruckt es nicht. Man kann also Gothe nicht ausreden, den Park zu bebauen - man muss es ihm verbieten. Dazu ist die BVV Mitte und das Abgeordnetenhaus Berlin aufgefordert, die Bevölkerung hat dazu eine glasklare Meinung: Keine Bebauung. Und wenn sich der Bürgerwille auf demokratischem und legalem Wege nicht durchsetzen lässt, ist ziviler Ungehorsam die Folge. Dann haben wir im Mauerpark eine Hochsicherheitsbaustelle mit Polizeischutz und Überwachungskameras wie am Stuttgarter Hauptbahnhof.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Volksverarschung á la Gothe


Am Anfang hatte man schon eine dunkle Vorahnung, jetzt weiß man wie der Film ausgehen wird. Das Raubtier macht seine Beute und die Schafe flennen im Chor. Es war ein ausgemachtes Spiel, das im vergangenen Jahr von der vivico und Herrn Gothe begonnen wurde. Der Mauerpark soll endlich verwertet werden (von Flohmärkten, Karaoke-Dilettanten und Frisbee-Spielern haben nämlich weder die Unternehmen noch die Steuereintreiber was), die Kapitalfraktion hat Hunger bekommen und die SPD ist traditionell ganz vorne dabei, wenn es um die Fütterung mit Profiten geht. Dafür ist die Partei in Mitte sogar bereit, in einem Wahljahr wertvolle Stimmen enttäuschter Bürger zu verlieren. Das Bau-Unternehmen und die SPD-Verwaltung gehen Hand in Hand durch den Park - nur der Bürger stört noch ein bisschen. Aber für die lästigen Anwohner, Parknutzer und BI-Aktivisten gibt es Mittel zur Beruhigung und Ablenkung. Es nennt sich Bürgerbeteiligung, früher hätte man es frei nach Schnauze “Volksverarschung” genannt. Den einen bietet man Workshops an, in denen sie Ideen für die Parkgestaltung erarbeiten. Den anderen bietet man an, schriftliche Einwände gegen die Bebauung zu formulieren. Beides sind und waren Beschäftigungstherapien, deren Ergebnisse am Ende kalt lächelnd in den Papierkorb gewandert sind. Den Menschen von der Bürgerwerkstatt hat man das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs vor den Latz geknallt, den Menschen beim schriftlichen Verfahren erklärt, sämtliche Argumente tausender Bürger seien für die Planung irrelevant - der Bürgerwille wurde in beiden Fällen komplett ignoriert. Das einzige greifbare Ergebnis der ganzen Aktion ist, dass sich die Gegner der Bebauung nun in den Haaren liegen. Sie haben sich in feindliche Fraktionen aufgespalten, die sich in Veranstaltungen und in hasserfüllten öffentlichen Statements gegenseitig beschimpfen und so wertvolle Energie für den Kampf gegen die Bebauung verschwenden. Vivico und Gothe lachen sich doch ins Fäustchen - immerhin haben sie die Spaltung und Schwächung ihrer Gegner erreicht, konnten durch Ablenkungsmanöver Zeit gewinnen und werden bald mit einem Wolfslächeln zur Grundsteinlegung im Mauerpark schreiten. Die Schafe dürfen später den Beton anblöken.

Samstag, 12. Februar 2011

Ein Mann macht Geschichte

Als David Hasselhoff 1989 mit „Looking for Freedom“ einen Welthit landete, fiel die Berliner Mauer. Im Februar 2011 ist „The Hoff“, wie seine Fans ihn nennen, auf Deutschland-Tournee und in der arabischen Welt können die Diktatoren reihenweise ihre Sachen packen. Wirklich nur Zufall? Und was hat der Star aus „Knight Rider“ und „Baywatch“ als nächstes vor?