Montag, 31. Oktober 2022

Für Sie getestet: Halloween ist Horror


Ich überrasche mich immer wieder selbst. Wie blöd kann ein Mensch sein? The sky is the limit. Für einen älteren Menschen wie mich, der am Ufer des Flusses sitzt und sämtliche Veränderungen ungerührt an sich vorübertreiben lässt, ist der 31. Oktober Weltspartag und Reformationstag. Ich wusste bis heute Morgen noch nicht mal, dass morgen Allerheiligen ist, ein Feiertag in Rheinland-Pfalz. Also war ich heute einkaufen. Panikmodus vor Feiertagen. Sie kennen das. Ich kaufte u.a. eine sündhaft teure Schachtel Pralinen für meinen Vater, der sich bei einer Nachbarin bedanken möchte, die ihm seinen verlorenen Autoschlüssel zurückgebracht hat.

Eigentlich war es bisher ein schöner Tag. Bistecca ai porcini bei einem netten Italiener in Bingen, entspannter Einkauf bei Rewe, Lesen & Schreiben am Nachmittag. Bis es um 19 Uhr klingelt. Wer kann das sein? Ich Idiot öffne die Haustür ohne einen prüfenden Blick aus dem Küchenfenster. „Süßes oder Saures“ schallt es mir entgegen. Im Hintergrund die streng blickende Mutter. Keine Chance. So geht eine Zehn-Euro-Schachtel feinster Lindt-Pralinen dahin. Ich Idiot lasse das Außenlicht an der Haustür an. Fünf Minuten später habe ich auch kein Duplo mehr. Ein Alptraum. Ich lösche alle Lichter und verstecke mich mit meinem Notebook bis 21 Uhr im Keller. Werde ich es je lernen?



Wo der Bartel den Most holt

 

A: Mir ist mal ein Nutellabrötchen runtergefallen.

B: Verrückte Welt. Auf welche Seite?

A: Rat mal.

B: Jeder hat so seine Probleme.

A: Da ist was Wahres dran.

B: Umgekehrt wird ein Schuh draus.

A: Wenigstens ist es auf einen braunen Teppich gefallen.

B: Siehste.

Acht Uhr morgens und schlimmer Bierdurst


Blogstuff 740

„Aß und trank zuviel.“ (Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 22.9.1950)

Es waren die großen Krisen der letzten 15 Jahre (Bankenkrise, Griechenlandkrise, Klimakrise, Pandemie, Energiekrise), die den starken Staat zurückgebracht haben. Jeder hat in diesen Krisenzeiten gesehen, dass der Markt es nicht regelt bzw. nichts geregelt bekommt. Das hat man 1932 schon mal begriffen (Stichworte: New Deal, Keynes), 2022 hat man es wieder begriffen. Hoffentlich.

28. Oktober. 22 Grad im Schatten. Ich sitze in der Sonne und freue mich über den Klimawandel. Wir haben so viel fossile Brennstoffe von Putin verbrannt und CO2 produziert, dass wir jetzt nix mehr von ihm kaufen müssen.

Hätten Sie’s gewusst? Heinz Pralinski hat seine Frau bei einem Flamenco Flashmob in Herne kennengelernt.

Mich stört, dass bei den FFF-Aktionen in Museen immer vegetarische Lebensmittel verwendet werden. Warum nicht mal ein Schweinenackensteak auf einen Rembrandt tackern?

Natürlich lohnt es sich angesichts der hohen Inflation für die Unterschicht nicht mehr, arbeiten zu gehen. Aber man sollte den sozialen Druck nicht unterschätzen. Wenn du nicht als Sozialschmarotzer denunziert werden möchtest, beugst du lieber dein Knie vor König Kapital. 

Der Schachspieler Hans Niemann soll bei einem Schachturnier betrogen und dabei die Hilfe eines Computers in Anspruch genommen haben. „Womöglich mit Anal-Perlen, mittels denen ihm ein Komplize Signale in den After gesendet haben könnte. Drei Vibrationen gefolgt von einer kurzen Pause und vier Vibrationen würden etwa das Feld C4 bedeuten.“ (Salonkolumnisten) Ich freue mich schon auf die Verfilmung dieses Dramas.

Es gibt ja immer noch Leute, die von den Grünen enttäuscht sind. Ich nenne das Phantomschmerz. Diese Partei hat sich schon in den neunziger Jahren aus dem linken Spektrum verabschiedet. Man muss sich nur mal die „feministische wertebasierte Außenpolitik“ von Frau Baerbock anschauen. Das ist einfach Außenpolitik von der Stange, business as usual inklusive Waffenlieferungen an ein antifeministisches, werteverachtendes Land wie Saudi-Arabien. Oder Schwarz-Grün in Hessen. Aus den Startbahngegnern sind Startbahnbauer geworden. Onkel Tom Kretschmann, das angepasste Arschloch. Wer von den Grünen nichts erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden.

Warum legen die Putin-Querdenker ihre hohen moralischen Standards immer nur an westliche Demokratien an, aber nie an Russland oder China? Man hört von ihnen kein Wort über die Demokratiebewegung in Hongkong oder über die Straflager für Uiguren, über ermordete Journalisten oder inhaftierte Oppositionspolitiker. „Assange“ ist ihr tägliches Mantra, der Rest ist Schweigen.

Get Down On It - YouTube

 

Sonntag, 30. Oktober 2022

Bonetti Media spart Energie

 

Bonettis Büro ist etwa so groß wie ein Fußballplatz. Um die Raumtemperatur von dreißig Grad halten zu können, schippen zwei Heizer im Keller unermüdlich Kohle in den Brenner. Manchmal ist es Bonetti aber auch zu warm. Dann schaltet er die Klimaanlage an, um den Raum auf 26 bis 28 Grad abzukühlen.

Aber schon in seinem Vorzimmer sieht es anders aus. Karla Zugmeier, seine Sekretärin, sitzt im Wintermantel mit Schal und Mütze vor dem Computer. Da sie dicke Fäustlinge trägt, tippt sie mit einem Bleistift auf der Tastatur. Die Heizung ist im ganzen Unternehmen abgestellt. Auch die Beleuchtung und der Fahrstuhl. Treppensteigen macht warm, sagt Bonetti und lacht.

Überhaupt ist der Chef gut gelaunt. Er verspricht den Praktikanten Eis am Stiel. Sie lehnen zitternd ab. Homeoffice wird immer beliebter. Sollen die Angestellten doch zuhause heizen. So spart Bonetti viel Geld und kann solidartechnisch auch noch einen auf dicke Hose machen.

Nimm das, Putin! Und das ist erst DEFCON 3.

Good Times - YouTube


 

Samstag, 29. Oktober 2022

Das Zeitalter der Defensive


Ich bin vor einem halben Jahrhundert eingeschult worden. 1972 glaubten die Menschen noch an den Fortschritt. Und wenn man unser Leben über diese Distanz betrachtet, hat es auch Fortschritte gegeben. Sei es in der Medizin oder der Akzeptanz von Homosexualität. Aber auch in vielen kleinen Dingen. Damals hatte man noch ein Radio und einen Plattenspieler, Schallplatten waren teuer. Heute habe ich über das Internet alle Musik der Welt, ich kann kostenlos jede Platte hören, auf die ich gerade Lust habe. Oder nehmen wir mal die Kulinarik. Ich habe als Kind in meinem Tagebuch akribisch jedes Mittagessen notiert. Mann, war das öde! Heute kann ich Gerichte im Restaurant oder über einen Lieferdienst bestellen, die ich damals gar nicht kannte. Nudeln mit Tomatensoße? Nicht, wenn ich Tandoori-Chicken bekommen kann.

Wählt man einen kürzeren Zeitraum zur Betrachtung, sagen wir fünf oder zehn Jahre, findet längst kein Fortschritt mehr statt. Es sind marginale Verbesserungen, aber nichts, was uns begeistern würde. Ganz im Gegenteil: Wir sind in die Defensive geraten. Und die meisten von uns wollen es nicht wahrhaben. Wir sollten längst eine Abwehrschlacht gegen die Klimakatastrophe führen, aber wir tun es nicht. Unser Wohlstand wächst nicht mehr, Abstiegsängste und Armut sind ein tägliches Gesprächsthema geworden. Unser Frieden ist in Gefahr. Neue Krankheiten wie Corona bedrohen unsere Gesundheit. Die Gesellschaft zerfällt, die Demokratieverachtung steigt. Die Infrastruktur geht den berühmten Bachrunter, die Wirtschaft stagniert. Überall bröckelt und bröselt es, sozial, ökonomisch und politisch. Wir reparieren einige Stellen, bauen aber nichts neu auf. Kein Aufbruch, nirgends - nur Passivität und Melancholie.




Freitag, 28. Oktober 2022

Bonetti im Glück

 

Es war einmal ein junger Mann, der hieß Andy Bonetti. Als er eines schönen Tages durch den Wald ging, fand er einen Stein und nahm ihn mit nach Hause. Ein Nachbar sah ihn und sagte: „Ei der daus, was ist das für ein schöner Stein.“ Da antwortete Bonetti: „Dieser Stein bringt Glück, das sieht man wohl, Väterchen.“ Da lachte der Nachbar und sprach: „Willst du diesen Stein nicht gegen eine von meinen Gänsen tauschen?“ Bonetti nickte und so ward der Tausch getan. Aber was macht man mit einer Gans? Also ging Bonetti auf den Markt. Dort tauschte er bei einem Saarländer die Gans gegen ein Schwein. Auf dem Rückweg kam er an einem Gasthaus vorbei. Der Wirt konnte ein Schwein gebrauchen, weil er Schnitzel machen wollte. Also tauschte Bonetti das Schwein gegen einen Klumpen Gold. Und in Berlin tauschte er das Gold gegen ein Medienimperium und Sie sind bis ans Ende Ihres Lebens verflucht, diesen Mist jeden Tag zu lesen.

 





Was Sie im Fall eines Atomangriffs beachten sollten


Falls in Ihrer Nähe eine Atombombe explodiert, müssen Sie folgende Regeln beachten:

1.     Schließen Sie Fenster und Türen und lassen Sie die Rollläden runter.

2.     Legen Sie sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden und schließen Sie die Augen, damit die Strahlung über Sie hinweggeht.

3.     Machen Sie autogenes Training: Sagen Sie „Mein linker Arm ist nicht verstrahlt“, „Mein rechter Arm ist nicht verstrahlt“ usw.

4.     Trinken Sie kein Leitungswasser, sondern nur Wein. Halten Sie mindestens fünfzig Flaschen in Ihrem Weinkeller bereit.

5.     Nehmen Sie täglich 3 x Anti-Atom-Globuli ein.

6.     Machen Sie Yoga, vor allem die Figur „Der unverstrahlte Hund“.

7.     Positiv denken: Ein strahlendes Lächeln vertreibt die Strahlung.

8.     Ignorieren Sie die Mainstreammedien, informieren Sie sich auf Telegram.

9.     Glauben Sie keinem Wissenschaftler.

10. Für weitere Maßnahmen legen Sie Tarot-Karten, lesen Sie Ihr Horoskop oder befragen Sie das I Ging.


 

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Der Ring des Nebeljungen

 

Blogstuff 739

„Nachmittags wieder geschlafen.“ (Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 20.10.1949)

Das Boomer-Wort des Jahres ist … Trommelwirbel … Doppelhaushälftengrundsteuerneuveranlagung.

Nach der Silvesternacht 2015, die Chiffre ist „Köln“, schlug die Willkommenskultur in den traditionellen Ausländerhass um. Wann ist es bei den Ukraineflüchtlingen soweit?

In den letzten beiden Wintern haben die Kinder in der Schule Mäntel getragen, weil wegen Corona Stoßlüften angesagt war. Diesen Winter tragen sie Mäntel, weil die Schule Heizkosten sparen muss.

Ich habe kein überzogenes Girokonto, ich habe ein Sondervermögen.

Wir sagten früher nicht „Kotzen“, wir sagten „Bröckelscher lache“.

Die Falten unterteilten seine Stirn wie ein Schachbrett.

Schlagzeile: „Erzieherin kann nicht in Beruf zurückkehren, weil sie keinen Kita-Platz für ihr Kind findet.“

Was wurde eigentlich aus dem Garten Eden, nachdem die Menschen ausziehen mussten?

In eigener Sache: Bonetti Media wird am 31.12.2022 nicht abgeschaltet, sondern geht in den Streckbetrieb.

Ich fordere die Abschaltung der Rasenheizung im Profi-Fußball. Früher hat man mit einem roten Ball im Schnee gespielt. Die Älteren werden sich erinnern.

Hätten Sie’s gewusst? Erst 1986 wurde in Deutschland die Schlachtung von Hunden und der Verzehr von Hundefleisch verboten. Die letzte Hundeschlachterei wurde damals in Augsburg geschlossen. Hundegerichte gab es in einigen Restaurants bis dahin sogar auf der Speisekarte. Neben China und Südkorea ist auch in der Schweiz der Verzehr von Hundefleisch bis heute erlaubt.

Ihr Mörder bastelt Kastanienmännchen, aber jede Kastanie kann auch ein Baum sein.

Die Behauptung, ich sei ein schlechter Koch, nur weil mir der Salat angebrannt ist, halte ich für stark übertrieben.

Der große Satan in Washington, Gates, Musk, die Springer-Presse, Bonetti Media, das internationale Finanzjudentum – sie alle haben sich gegen den aufrechten Kämpfer für Frieden und Freiheit, Wladimir Putin, verschworen. Zum Glück gibt es Blogger, die unermüdlich darauf hinweisen.

Die Sterne - Universal Tellerwäscher - YouTube


 

Mittwoch, 26. Oktober 2022

Warum wir die Klimakatastrophe nicht aufhalten werden

 

Welche Gründe gibt es, warum Fridays for Future und damit die Menschheit ihre Ziele nicht erreichen werden? Ich mache es kurz:

1.     Bequemlichkeit: Wir haben uns in einem behaglichen und sorglosen Leben mit unbegrenzter Mobilität, zahlreichen technischen Hilfsmitteln und einer Vielfalt von Optionen eingerichtet. Wir machen Fernreisen und fahren große Autos, wir haben Kühlschränke und Zentralheizungen, Autos und Internet. Dieses Leben ist ohne riesige Mengen an Energie nicht möglich. Wir leben in einer Welt des obszönen und dekadenten Konsums. Aber niemand will dieses Leben aufgeben. Politiker, die Verzicht predigen, werden nicht gewählt.

2.     Alter: Ältere Menschen haben in Deutschland und anderen westlichen Ländern die Mehrheit. Mögliche Klimakatastrophen 2050 oder 2100 haben keinerlei Drohpotential für die Alten, denn sie werden es nicht mehr erleben. Staaten mit einer sehr jungen Bevölkerung, beispielsweise in Afrika oder Indien, haben keinen politischen Einfluss auf die reichen Länder, die von Senioren regiert werden.

3.     Kapitalismus: Unser Wirtschaftssystem ist auf wachsenden Verbrauch ausgelegt. Die wachsende Bevölkerung in den Schwellenländern und den Entwicklungsländern träumt von dem Schlaraffenland, das wir uns im Norden geschaffen haben. Sie werden nicht zugunsten des Klimas auf ihren eigenen potentiellen Wohlstand verzichten wollen. Unternehmer werden nicht auf Profit verzichten. Staaten, die vom Verkauf fossiler Brennstoffe leben, werden kein Interesse an einer Energiewende haben.

Die juvenilen Klimaaktivisten haben genug Zeit, die Schuldigen für ihr Scheitern zu finden, bevor sie selbst ins lauwarme Badewasser des digitalen Biedermeiers zurückgleiten, aus dem sie einst herausgekrochen kamen. Ich schlage „Bonzen, Boomer und Beamte“ vor.

 

Dienstag, 25. Oktober 2022

Warum ich mit der Linken seit langem abgeschlossen habe

 

Das Hauptproblem der Linken, die Klassenfrage durch die Identitätsfrage zu ersetzen, habe ich schon in meiner Zeit als Kiezschreiber 2008 bis 2011 erleben dürfen. Ich arbeitete damals in einem Quartiersmanagement im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“. Wir waren in einem sozialen Brennpunkt im Wedding angesiedelt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Kiez war auf Transferleistungen angewiesen. Arbeitslosengeld, Rente, Hartz IV. Hoher Anteil von Migranten und Armen.

Das Quartiersmanagement bestand aus linksalternativen Akademikern. Die Chefin eine sächsische Kampflesbe, Geisteswissenschaftler und ein Quoten-Afghane. Dazu ein paar Ein-Euro-Jobber fürs Grobe. Für die Kiezbewohner hat sich keiner von ihnen richtig interessiert; sie blieben den ganzen Tag in ihren Büros, wie es in der Berliner Bürokratie üblich ist. Die Bevölkerung hat das Büro auch im Großen und Ganzen ignoriert. Aber die woken Linken haben ihre Ideen verwirklicht. Alle Texte mussten gegendert werden. Im Kiezmagazin ging es nie um soziale Probleme im Kiez, sondern besonders gerne um Blumen und anderes Grünzeug, weil die Chefin im Bereich Urban Gardening aktiv war. Für die Homepage lieferte ich jede Woche Berichte von „draußen“.

50.000 Euro Fördermittel für eine „Bürgerstiftung Wedding“ wurden in den Sand gesetzt, weil die Akademiker, von denen keiner im Kiez gelebt hat, es nicht geschafft haben, den Kontakt zu den Multiplikatoren vor Ort herzustellen, beispielsweise zum Vorsitzenden der türkischen Community. Die Quartiersmanager, hauptsächlich Frauen, haben sich und ihre Interessen einfach selbst verwirklicht. Selbstverständlich wurde jeden Mittag vegan gekocht, die Carnivoren mussten das klaglos hinnehmen. Damals habe ich die Currybaude am Bahnhof Gesundbrunnen für mich entdeckt. Der Hit war ein benachbartes Kulturbüro mit drei Vollzeit-Planstellen, das in dieser Zeit (drei Jahre!) bis auf ein paar Ausstellungen in den eigenen Räumen überhaupt nichts geleistet hat.

Der Tiefpunkt war eine AG, die Sprachregelungen für das Kiezmagazin festlegen sollte. In der Folge schrieb, bis auf eine Frau, die ihr Geld damit verdienen musste, niemand mehr für das Magazin. Hier ein Textausschnitt, den ich 2013 in diesem Blog veröffentlicht habe:

Die Quartiersmanager (d.h. die Herausgeber) waren inzwischen in einer eigenen Arbeitsgruppe eifrig damit beschäftigt, einen schriftlichen Kanon für dringend benötigte Gastbeiträge zu entwerfen (welche Worte erlaubt seien und welche nicht, wie der Plural zu formulieren sei, welche Themen, Organisationen und Personen tabu wären, „Gender“ und biographischer bzw. ethnologischer Hintergrund der Bewerber, Anzahl der Korrekturschleifen bis zur einer möglichen honorarfreien Veröffentlichung, in welchen Fremdsprachen sollen Abstracts zu den Artikeln ins Blatt, in welchen nicht und warum nicht, ist das schon Diskriminierung oder ist allein das deutsche Wort „Fremdsprache“ ein faschistischer Dämon, der uns mit maliziösem Lächeln und selbstverständlich alternativlos in den Orkus des Vierten Reiches hinab stößt usw. ad infinitum – das umfangreiche Konvolut ist bis heute unter Verschluss und ist von zahllosen Mythen und Legenden innerhalb des Berliner Projektuniversums umrankt), der dem „Neuen Deutschland“ in seinen erfolgreichsten Zeiten zur Ehre gereicht hätte. In einer Debatte mit den Quartiersmanagern (hauptsächlich Innen) ging es beispielsweise um die Formulierung „eine türkische Familie“ in einer Spielplatzbeschreibung. Total harmlos. Wir sind im Wedding. Das soll vorkommen, dass auch Menschen ohne Ariernachweis auf den hiesigen Spielplätzen anzutreffen sind. Ist das Adjektiv „türkisch“ schon für sich genommen eine Diskriminierung, eine Ausgrenzung, ein Zeichen von Unverständnis? Zehn Erwachsene streiten eine ganze Stunde lang, es wird laut, Tränen fließen. Wäre die Diskussion anders verlaufen und hätte es weniger Aufregung gegeben, wenn die Formulierung „eine schwedische Familie“ gelautet hätte? Keiner weiß das. Schließlich heißt es nur noch „eine Familie“, die betroffene Kollegin ist sprachlos. Das Quartiersmanagement hat gesprochen.

Seither wird in meinen Texten nicht mehr gegendert, Lifestyle-Identitätspolitik bei gleichzeitiger Ignoranz gegenüber den offensichtlichen sozialen Problemen im unmittelbaren Umfeld kotzt mich einfach nur an und Linke nehme ich nicht mehr ernst. Hoffentlich gründet Wagenknecht eine eigene Partei und spaltet den kläglichen Rest. Herzliche Grüße an die Judäische Volksfront.




 

Montag, 24. Oktober 2022

Bonetti ist unser spiritus rectum

 

Blogstuff 738

„Zu Hause Bier.“ (Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 14.10.1939)

Der patriarchale deutsche Staat, das Vater-Land im Wortsinn, beruht auf dem Tauschhandel „Fürsorge gegen Gehorsam“. Fundamentalopposition gibt es nur von rechts, nicht mehr von links, sieht man von der zunehmend verzweifelter agierenden Klimajugend ab. Die Linke hat ihr Protestpotential komplett aufgegeben, daher ist absehbar, dass zukünftige politische Veränderungen einen spürbaren Rechtsdrall haben werden.

In Guantanamo sitzen noch 39 Häftlinge. Ich finde schon, dass man das mit den Umerziehungslagern für eine Million Uiguren in China vergleichen kann.

A: Wir machen Urlaub auf den Sardinen. – B: Du meinst auf den Sardellen.

Wer etwas auf sich hält, sagt „insinuieren“ statt „unterstellen“. Man sollte auch grundsätzlich Defäkation sagen, selbst wenn man gar nicht scheißen muss.

44 Prozent der Grünen-Parteimitglieder sind im öffentlichen Dienst. Das muss dieser berühmte Marsch durch die Institutionen sein. Man verändert den Staat nicht von innen, man wird selbst zum Staat.

Mein Name ist Holgi, ich spiele E-Gitarre und habe Angst vor einem Stromausfall.

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Aus Protest gegen den russischen Bombenterror in der Ukraine hat er seinen Hodensack auf den Roten Platz genagelt.

Ich bin ja kein Experte, aber warum kaufen wir Kohle aus China, Australien und Indonesien, wenn wir doch selbst Kohle haben? Es gibt Steinkohle ohne Ende in Deutschland, aber sie wird nicht gefördert. Braunkohle wird in ein paar Jahren Vergangenheit sein, obwohl sie noch für Jahrhunderte verfügbar wäre. Die Regierung predigt den Kohleausstieg, kauft aber im fernen Ausland ein. Kapier ich nicht.

„Duldung“. Ein Begriff aus dem Aufenthaltsrecht für Ausländer. Die Gnade, unter Deutschen „geduldet“ zu sein. Das ist schon ein bisschen ekelhaft, oder?

Ich habe nicht nur Handtücher auf einem Gestell vor dem Heizkörper im Badezimmer, sondern auch eine beheizte Toilettenbrille und eine Sockenheizung im Kleiderschrank. Darf ich in diesen Zeiten noch solche Details veröffentlichen?

Wir brauchen Mars, Herr Habeck. Denn Mars bringt verbrauchte Energie zurück.

Wir führen ein vollkommen künstliches Leben in einer Technikblase, in die wir uns in Zukunft noch weiter zurückziehen werden. Dann stehen draußen vor dem Fenster Plastikbäume, zwischen denen Maschinen installiert sind, die der Luft CO2 entziehen. Unsere Nutztiere sind degenerierter Biomüll. Eine Hochleistungskuh des 21. Jahrhunderts gibt 23 Liter Milch am Tag. Wenn man dieses Tier in die freie Natur entlässt, platzt sie nach ein paar Tagen und verreckt elendig.

Ultravox - We Came To Dance (Official Music Video) - YouTube


 

Sonntag, 23. Oktober 2022

Das alte Haus

 

„Eines Tages beschloss das alte Haus, ein neues Leben anzufangen. Es riss sich von den Wasser- und Stromleitungen los, warf seine Fundamente ab und erhob sich. Es erbrach alle Menschen und Möbel und fühlte sich erleichtert. Es kam an anderen Häusern vorbei, die sich dem alten Haus anschlossen. Sie befreiten sich von ihren Fesseln und allem unnötigen Ballast und bald darauf zog eine bunte Schar kleiner und großer Häuser durch das Tal, einer großen Zukunft entgegen.“

Auszug aus „Vier Fäuste für den Dalai Lama“. Sie finden Bonetti Media auf der Frankfurter Buchmesse in Halle 4, neben dem Hot-Dog-Stand.

Samstag, 22. Oktober 2022

Das blaue Loch

 

Blogstuff 737

Natürlich bewegt sich Bonetti gelegentlich. Aber auf dem Niveau einer Wanderausstellung.

Ähnlich wie das Commonwealth ist die GUS ein Stammtisch, an dem sich weiße Imperialisten mit ihren ehemaligen Kolonialvölkern treffen. Russlands Aufstieg zur Kolonialmacht und zur europäischen Großmacht begann im 18. Jahrhundert mit den erfolgreichen Feldzügen gegen das Königreich Schweden und das Osmanische Reich. Das Baltikum und das Khanat der Krimtartaren bekamen es als Erste zu spüren. Dann dehnte sich das Zarenreich bis Alaska aus. Andere europäische Länder entließen ihre Kolonien in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, Russland erst 1991. Die sibirischen Völker warten immer noch.

Ich geh mal einen Neger abseilen. Hat man früher gesagt. Geht jetzt nicht mehr. Aber einen PoC abseilen? Klingt doof, oder?

Der antike Götterhimmel war den Sterblichen verschlossen. Egal, ob wir von der griechischen, römischen oder ägyptischen Religion reden. Aber die Christen hatten eine geniale Idee: Du kannst es schaffen! Wenn du ein gottgefälliges Leben führst, kommst du nach deinem Tod in den Himmel und bist unsterblich wie die Götter. Das ist Marketing vom Feinsten. Und du kannst natürlich auch locker eine kapitalistische Ideologie darauf aufbauen. Arbeite fleißig, sei gehorsam, befolge die zehn Gebote und alles ist paletti, mein Freund. Jesus hatte nur wenige Mitarbeiter, aber sie haben das perfekte System aufgebaut. Es funktioniert bis heute – notfalls auch ohne Religion, denn der diesseitige Himmel ist im Zweifelsfall eine Villa und ein SUV.

Jeder kennt Pakistan, aber kennen Sie auch Karakalpakistan? Das ist eine autonome Republik in Usbekistan. Sie hat fast doppelt so viele Einwohner wie das Saarland und ist doppelt so groß wie Österreich.

Eigentlich war das Heilige römische Reich deutscher Nation ein sehr modernes Staatsgebilde. Ein Netzwerk aus Fürstentümern, Bistümern und freien Städten, die über hohe Autonomie verfügten, mit einem Kaiser als primus inter pares. Es gab einen Zwang zum Aushandeln, zum Kompromiss und zum Konsens, keine statischen Hierarchien wie im absolutistisch regierten Frankreich. Eine komplexe Organisation, in der die verfeindeten Konfessionen und die verschiedenen Kulturkreise gemeinsam leben konnten. Selbst die Institutionen waren dezentral verteilt. Der Kaiserhof war in Wien, der „Immerwährende Reichstag“ in Regensburg, das Reichskammergericht in Wetzlar, daneben Aachen als Krönungsort. Dieser föderative Charakter erinnert an die heutige EU. „Grundgesetz“ war der Westfälische Frieden von 1648, in dem diese Balance schriftlich festgehalten wurde. Auch wenn das Altreich 1806 formal zerschlagen wurde (de facto durch Gründung des Rheinbunds, de jure durch den letzten Kaiser Franz II.), entstand es nach dem Wiener Kongress 1815 als Deutscher Bund wieder neu. So betrachtet war die Gründung des preußisch dominierten Nationalstaats 1871 ohne den Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn der größte Fehler der Neuzeit. Ich wäre heute übrigens ein Preuße, in Hessen geboren – und kein Rheinland-Pfälzer.

P.S.: Den Gag "Faeser auf Betäubung" hat mir die Heute-Show eine Stunde vor der Veröffentlichung geklaut. Wenn ich dich in die Finger kriege, Welke ...

Tocotronic - Die Unendlichkeit - YouTube


Freitag, 21. Oktober 2022

Wie der deutsche Journalismus wirklich funktioniert

 

Ich habe den einfachsten Job der Welt. Ich muss einfach nur Umschläge verteilen.

Alles fing mit einem Postdoc-Stipendium beim German Marshal Fund an. Ein Jahr in Boston. Harvard. Mehr geht nicht. Nach einem Seminar bin ich von einem Mann angesprochen worden, der eine sehr coole Sonnenbrille trug. Er fragte mich, ob ich nicht an einem deutsch-amerikanischen Abend teilnehmen wollte. Natürlich habe ich die Einladung gerne angenommen.

Seitdem arbeite ich für die NSA. Ich bin für den deutschen Journalismus zuständig. Meine Kollegen, die wesentlich höhergestellt sind, verteilen ihre Umschläge im Verteidigungs- und im Außenministerium. Aber mir sind die kleinen Reporter lieber als die Beamten und Politiker.

Am Vormittag fliege ich mit Lufthansa vom Willy-Brandt- zum Franz-Josef-Strauß-Flughafen. Auf diesen kurzen Strecken gibt es leider keine erste Klasse. Der Kaffee ist grauenhaft. So kann ich nicht arbeiten! In der Innentasche meines Jacketts befindet sich ein neutraler Umschlag mit zehntausend Euro. Mein Chef nennt es Landschaftspflege.

Um 13 Uhr treffe ich Wolfgang Krach, den Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung. Ich habe einen Tisch im Nymphenburger Hof reserviert. Bei Kalbsfilet mit Steinpilztagliatelle und rosa gebratener Lammhüfte mit pommes gratin erörtern wir die aktuelle Lage. Wir sind uns schnell darüber einig, dass Europa Geschlossenheit zeigen müsse und die transatlantische Partnerschaft mit den USA wichtiger ist denn je. Das Geld ist gut angelegt.

Am Nachmittag sitze ich in der Maschine nach Frankfurt. Berthold Kohler erwartet mich um 19 Uhr im Main Tower. Vom 53. Stock aus hat man eine phantastische Aussicht über die Geldspeicher der Stadt. In meiner Vorfreude auf die Sterneküche mache ich den Gürtel etwas weiter. Wir müssen uns um den deutschen Journalismus keine Sorgen machen.

P.S.: Morgen treffe ich mich in Berlin mit Ulrike Winkelmann bei Tim Raue. Wenn sie die TAZ amerikafreundlicher gestaltet, bekommt sie die Exklusiv-Story über Putin, wenn wir den Regime Change im Kreml geschafft haben. Putins Privatpalast, Putins Gärtner, Putins Chauffeur, Putins Sekretärin, Putins Briefmarkensammlung usw.

Meine russische Lieblingsband, keine Ironie: manicure atomic summer - YouTube

 

Donnerstag, 20. Oktober 2022

Neulich in der feministischen Pandametzgerei


Blogstuff 736

Schalke entlässt seinen Trainer, Putin seine Generäle. Vier der fünf Generäle, die für den Überfall auf die Ukraine zuständig waren, sind ihres Amtes enthoben worden.

Cannabis soll legalisiert werden. Wenn Günter Gras das noch erlebt hätte.

Auch das noch! Sanifair erhöht die Preise. Von 70 Cent auf einen Euro. Das ist ein Aufschlag von knapp 43 Prozent. Wer kann es sich überhaupt noch leisten, ein Scheißhaus zu benutzen? Aber immerhin kann ich den Bon ja einlösen und für ein Käsebrötchen nur vier statt fünf Euro zahlen. Danke! Nils Markwardt fordert in der ZEIT die Vergesellschaftung aller öffentlichen Toiletten und eine WC-Preisbremse.

Sanifair: Die WC-Preisbremse muss her! | ZEIT ONLINE

Von der „verspäteten Nation“ Deutschland kann keine Rede sein. Auch wenn das Land bis 1871 pluralistisch verfasst sowie konfessionell und sozial gespalten war (was sich mit der Reichsgründung in Versailles übrigens nicht geändert hat), gab es auch vorher schon die Vorstellungen von einem deutschen Vaterland bzw. einer deutschen Nation. Verbindende Elemente waren Kultur, Geschichte, Recht und Sprache. Anfangs war die Schriftsprache, die über Bücher und Zeitschriften vermittelt wurde, von entscheidender Bedeutung, die Hochsprache bildete sich später heraus. Auch die Umstellung der Wissenschaft vom Lateinischen auf das Deutsche trug dazu bei. Die gemeinsamen Erbfeinde, Frankreich und das Osmanische Reich, der Islam und dass Judentum, trugen ebenfalls zum Nation-building bei. Daneben war man natürlich auch Preuße, Österreicher, Bayer, Sachse usw.

Bonetti kann während einer Achterbahnfahrt einen Teller Suppe essen, ohne sich zu bekleckern.

In Berlin-Mitte gibt es jetzt ein Weinlokal, das Checkpoint Schorli heißt.

Ein Freund von mir (Pfälzer) hat mal den chinesischen Kellner gefragt, ob Chow-Chow Lecker-Lecker heißt, weil die Chinesen doch so gerne Hunde essen. Ich bin nie wieder in diesem Restaurant gewesen.

Querdenker wie die Leute, die 2020 den Bundestag stürmen wollten, gab es schon früher. Beim Frankfurter Wachensturm, bei dem hundert Leute die Konstablerwache besetzen wollten, war es das erklärte Ziel, durch diese Aktion eine Revolution in ganz Deutschland auszulösen.

Obama war der erste Schwarze im Weißen Haus, aber was hat er verändert? Merkel war die erste Frau im Kanzleramt, aber was ist ihr politisches Erbe? Die Strukturen sind schwerfälliger, als wir glauben. Welche großen Politiker hatten wir überhaupt in Deutschland? Adenauer und die Westbindung? Er handelte auf Befehl der amerikanischen Besatzer. Kohl und die deutsche Einheit? Er war nur der Justitiar des Willens der DDR-Bevölkerung und vom Segen der Alliierten, insbesondere von Gorbatschow, abhängig. Vielleicht gehört es zum Wesen der Demokratie, das sie keine charismatischen Persönlichkeiten hervorbringt. Was wüssten wir heute noch von Kennedy, wenn er nicht erschossen worden wäre?

MANICURE I WANNA BE FREE - YouTube

Mittwoch, 19. Oktober 2022

In Memoriam Fred Fussbroich

 

„Dumm sein und Arbeit haben: Das ist Glück.“ (Gottfried Benn: Eure Etüden)

Diese Serie war Kult. Die erste deutsche Doku-Soap begleitete eine Kölner Arbeiterfamilie. Arbeiter? Den Fussbroichs ging es gut. Dicker Mercedes vor der Tür, immer der neueste Fernseher im Wohnzimmer, die Frau in modischen Klamotten und feschem Frisürchen. Der Sohnemann interessierte sich nicht für Klassenkampf, sondern für Body-Building. Ungebildet und unpolitisch haben sie das Leben genossen. Sie waren extrem oberflächlich und sehr sympathisch. Ich habe die Fussbroichs in mein Herz geschlossen. Der Sohn wurde später kriminell und landete bei RTL auf der Promi-Resterampe, aber da waren wir Fernsehzuschauer schon wieder weitergezogen. Jetzt ist der Vater gestorben, 82 Jahre alt ist er geworden. Danke für alles, maat et joot!

P.S.: Auf YT kann man sich noch einige Folgen anschauen.

Die Brotfresser kommen

 

Es kommt derzeit vermehrt zu Schließungen von Bäckereien. Im Brotland Deutschland löst jede geschlossene Bäckerei tiefsitzende Ängste aus. Aber: Schon seit Jahrzehnten schließen regelmäßig kleine Bäckereien und die großen Ketten wachsen von Jahr zu Jahr. Allein im Vorkriegsjahr 2021 schlossen etwa 600 Bäckereien in Deutschland.

Die Arbeitszeiten sind ein großes Problem. Wer will schon um zwei Uhr nachts aufstehen? Aber ungelernte Hilfskräfte für die Aufbäckereien, die nur die Fabrikrohlinge in den Ofen schieben müssen, findet man immer. Die kleinen Handwerksbetriebe finden einfach keine Nachfolger mehr. Die Kinder des Bäckermeisters gehen womöglich lieber auf die Uni. Die Leute kaufen das Billigbrot, v.a. Toastbrot, im Supermarkt und sparen sich den Weg zum Bäcker.

Nur wenige Bäcker können sich diesem Konzentrationsprozess entziehen. Ich kenne ein Beispiel: Die Nachbarin meines Vaters in Bingen. Sie hatte mit ihrem Mann 1971 die Bäckerei vom Großvater übernommen und ihr Unternehmen beschäftigt inzwischen über tausend Mitarbeiter in 51 Filialen (+ Brotfabrik). Dieses Ehepaar hat den Spieß umgedreht. Sie sind nicht aufgekauft worden, sie haben Betriebe übernommen, die aufgegeben wurden. Heute ist die Nachbarin Witwe, hat die Geschäftsleitung an kompetente Frauen übergeben und genießt das Leben.

Das Brot wird uns nicht ausgehen, es wird nur teurer. Dann kostet das Kilo nicht mehr zwischen drei und vier Euro, sondern eben zehn Euro. Wie viel Brot essen wir? Hundert Gramm am Tag? Dann reicht ein Kilo also für zehn Tage. Wir kaufen drei Brote im Monat und geben statt zehn Euro eben dreißig Euro im Monat aus. Ein Euro am Tag für Brot. Ist das der Weltuntergang? Das Ende des Brots as we know it? Keine Panik, Holgi. In der allergrößten Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot.

Die Sterne - Was hat Dich bloß so ruiniert? - YouTube




 

Dienstag, 18. Oktober 2022

Die blutüberströmte Banane – Afrika am Scheideweg?

 

Blogstuff 735

„Sie lachen über mich, weil ich anders bin. Ich lache über sie, weil sie alle gleich sind.“ (Curt Cobain)

Eigentlich war es seit dem Sommer klar: Die verbliebenen drei AKW werden zur Stromerzeugung gebraucht. Aus Rücksicht auf den grünen Koalitionspartner wurde erst die Abschaltung des niedersächsischen AKW sowie der Standby-Betrieb der beiden süddeutschen AKW propagiert und bis zur niedersächsischen Landtagswahl und zum Grünen-Parteitag gewartet. Jeder wusste das. Einen Tag später verfügte der Kanzler den Weiterbetrieb der Anlagen bis April. Eine Runde "Basta" zur Gesichtswahrung Habecks. Fortsetzung folgt im Februar oder März 2023, dann wird noch einmal verlängert. Nur Laien waren vom Vorgang überrascht.

1367. Die Corona-Inzidenz in meinem Landkreis. Der dritte Seuchenwinter kommt.

Die Leute demonstrieren gegen hohe Energiepreise und Inflation. Wer ist der Adressat? Die Politiker legen die Preise nicht fest, wir sind ja nicht im Sozialismus. Und die Konzerne, die sich gerade eine goldene Nase verdienen, erreicht man mit einer Demonstration nicht. Die Vorstandsvorsitzenden von Shell und Nestlé werden nicht vom ostdeutschen Urnenpöbel gewählt.

Interview mit dem ukrainischen Präsidenten im ZDF. Die Reporterin trägt Nike-Schuhe, Schimanski New Balance. Beides sind amerikanische Marken. Alle Marionetten der US-Junta. Meine Meinung!

Das deutsche BIP soll nächstes Jahr um 0,4 Prozent schrumpfen. Panik! Hysterie! Stellen Sie sich mal vor, eine Hundert-Gramm-Tafel-Schokolade wöge nur noch 99,6 Gramm!

Die „alternativen Medien“, das kann man nach zwanzig Jahren Lektüre sagen, sind eine einzige Enttäuschung. Fazit: Halbgebildete Amateure blasen ihre Meinung in die Welt. Null Information, keine neuen Fakten, keine Recherche, keine Interviews mit Fachleuten. Einfach nur 99,9 Prozent eigene Meinung. Ich brauche als Leser aber Substanz, eine Meinung habe ich selbst. Aber woher soll diese Substanz auch kommen? Die MSM beschäftigen hunderte Redakteure, haben Archive und Korrespondentennetzwerke. Sie haben Zugang zu exklusiven Informationen, denn sie führen Gespräche mit Entscheidungsträgern und Experten. Wer würde einem Feierabenddilettanten wie Lapuente ein Interview geben? Woher soll dieser Geisteszwerg die Zeit für eine solide Recherche nehmen? Und so entsteht beispielsweise sein Text über die wachsende Armut in Deutschland. Empirische Grundlage: eigene Beobachtungen im Frankfurter Bahnhofsviertel (!). Sonst nix. Keine Statistiken, keine Quellen, kein Interview mit einem Armutsforscher. Die Lektüre solcher besinnlichen Schulaufsätze kann man sich getrost sparen. Ich lese inzwischen wieder Fachbücher.

Ich möchte mich jetzt doch noch mal zur Winnetou-Debatte äußern. Ich habe nämlich vor Kurzem Enten in einem Teich beobachtet. Die tragen gar keine Matrosenanzüge und Zylinder. Entenhausen ist ein tierfeindliches Fake!

DIE NERVEN – KEINE BEWEGUNG (Official Video) - YouTube

Montag, 17. Oktober 2022

Vier Fäuste für den Dalai Lama

 

Es ist mein zwanzigstes und letztes Buch. Obwohl man ja bekanntlich niemals nie sagen sollte. Es enthält alle Kurzgeschichten und Knittelverse seit Anfang letzten Jahres und das Beste aus Blogstuff. Es erscheint, wie alle Bücher, die auf meinem Blog beruhen, bei Kindle als E-Book. Insgesamt habe ich in dieser Form 1814 Seiten Kiezschreiber-Material veröffentlicht.



Bisher in dieser Reihe erschienen:

Andy Bonetti – Inferno und Ekstase (2016), 343 Seiten.

Wattenscheid nach der Revolte (2017), 360 Seiten.

Das letzte Glas (2018), 281 Seiten.

Die Kunst des Scheiterns (2019), 269 Seiten.

Die Dunkelheit am Ende des Tunnels (2021), 267 Seiten.

Vier Fäuste für den Dalai Lama (2022), 294 Seiten.

Wie es wirklich war

 

Ich war zwanzig. Ein Rebell. Hab’s zuhause nicht mehr ausgehalten. Also bin ich nach Berlin gezogen. Ein Zimmer war kein Problem. Ein Besuch bei der Mitwohnzentrale und schon hatte ich eine Unterkunft. Aber ich hatte die Größe dieser Stadt unterschätzt.

Meine Vermieterin war Frau Schmidtke. Eigentlich mein Hausdrachen. Witwe mit blaugrauer Dauerwelle. Hat bis heute nie gelacht. Frohnau. Berliner Stadtrand. Keine U-Bahn-Station in der Nähe. Kreuzberg unerreichbar fern. Souterrain nennen sie es in Berlin. Aber es war nur ein Kellerzimmer.

Abends um acht schloss Frau Schmidtke die Haustür ab. Ausgangsverbot. Besuchsverbot. Rauchen durfte ich auch nicht. Ich habe versucht, durchs Kellerfenster zu klettern, aber ich bin steckengeblieben. Sechs Monate später war ich wieder in meinem Kinderzimmer in Füssen. Es gibt keine einzige Geschichte, die ich über Berlin erzählen kann.

Sonntag, 16. Oktober 2022

Eine verhängnisvolle Versammlung

 

Die UN-Abstimmung über Russlands illegale Annexionen in der Ukraine hat der ganzen Welt deutlich gemacht, wie isoliert und damit geopolitisch geschwächt Putin inzwischen ist. Nur vier Länder unterstützten ihn: Belarus, Nordkorea, Syrien und Nicaragua. Die Parias dieser Welt, global weit verstreut in Ostasien, Mittelamerika, auf der arabischen Halbinsel und Europa, militärisch bedeutungslos. Belarus könnte noch ein wenig Sowjetschrott liefern, den man 1991 geerbt hat. Aber davon dürfte die russische Armee selbst genug im Depot haben.

Viel wichtiger sind die Länder, mit denen Russland angeblich strategische Partnerschaften pflegt. China, Indien, Iran, Brasilien usw. Sie alle haben ihn im Stich gelassen. Wir sollten auch nicht vergessen, dass diese Länder nicht in Form eines Militärpakts mit Russland verbunden sind. Niemand liefert Putin Waffen, niemand stellt ihm seine Truppen zur Verfügung. Das wurde aktuell auch beim internationalen Gipfeltreffen in Astana deutlich. Ein Bündnis wie die NATO ist immer noch einmalig auf der Welt. Die absehbare Niederlage Russlands verschiebt noch einmal die Kräfteverhältnisse zwischen der neuen Weltmacht China und der geschwächten Regionalmacht Russland.  

Putin hat – offenbar in Unkenntnis der tatsächlichen militärischen Stärke seiner Streitkräfte oder falscher Beratung – hoch gepokert und verloren. Wer kommt nach ihm? Ein zweiter Gorbatschow, der das zerbrochene Porzellan wieder zusammenfügen muss, oder ein zweiter Stalin, der das Land endgültig in die Diktatur und die Isolation führt?



 

Samstag, 15. Oktober 2022

Der Wassertor-Skandal

 

Blogstuff 734

„Meine Erfahrung ist: Immer nur Spaß haben – das ist keine Lebenserfüllung.“ (Wolfgang Schäuble)

Um Energie zu sparen, öffne ich derzeit nicht mehr als zwei Browser-Fenster.

Wird man von Cholera cholerisch?

„Wassertor-Skandal“. Klingt auf Deutsch irgendwie bescheuert. Watergate klingt einfach cool.

Mobilitätsdystopie Deutsche Bahn.

Manche Trends kamen ja wirklich in Zeitlupe über den Atlantik. In den USA hatten sie wahrscheinlich schon Ende der sechziger Jahre Plateauschuhe, aber in Rheinland-Pfalz kamen sie erst fünf Jahre später in Mode. Und wo kamen die Herrenhandtaschen, die z.B. der Freund meiner Mutter benutzte, und diese dämlichen Goldkettchen für Männer her?

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er ist jetzt Content Strategy Manager bei „Die Amöbe“, dem Fachmagazin für Biologen aus dem Hause Bonetti.

Mir gefällt ja das Diversity-Konzept in öffentlich-rechtlichen Fernsehproduktionen. Da ermittelt ein kenianischer Kommissar mit einem vietnamesischen Profiler in einer Mordserie an Eskimos. Am Ende war es ein Pole.

“Nickelize it”. Die Werbung der Metallindustrie wird auch immer einfallsloser.

Putin-Querdenker vergleichen aktuelle russische Kriegsverbrechen mit amerikanischen Kriegsverbrechen. Dieser Verweis genügt ihnen als Rechtfertigung. Dann waren die amerikanischen Kriegsverbrechen also in Ordnung? Nein? Dann sind es die russischen Kriegsverbrechen auch nicht. Aber mit Logik sollte man den fanatischen Schreihälsen nicht kommen, das macht sie nur noch aggressiver.

Alle sagen immer, ein Triathlon wäre so ein Riesending. Wäre für mich kein Problem. Eine Woche für den Marathon, eine Woche für 180 km auf dem Rad. Und die 3,8 km Schwimmen würde ich an einem Tag schaffen, wenn ich mich mit der Strömung treiben lassen könnte.

Die Mainstreammedien verstecken sich immer mehr hinter teuren Schranken, Bonetti gibt’s umsonst. Deswegen steigen die Klickraten. Danke! Hier werden Sie nicht ins Elend gestürzt, hier gibt es keinen Weltuntergang und bei Bonetti wird es niemals einen Atomkrieg geben.

Ist Sachsen der deutsche Donbass? Hier ist die russophile AfD die stärkste Partei. Gibt es ein Referendum für den Anschluss an Putins Imperium?

Bald wieder in den Charts: Corona - The Rhythm of the Night (Official Music Video) - YouTube  

 

Freitag, 14. Oktober 2022

Die Kneipen unseres Lebens

 

Ich habe mal nachgeschaut, was aus meinen alten Stammkneipen geworden ist. Pony Express, Hobo, Eule und die Diskothek Strange Machine, kurz Club genannt. Alles in Ingelheim ist längst verschwunden. Das wusste ich schon. Auch das Gasthaus zur Pfalz, der Hinkelstall und die Bierpumpe in Schweppenhausen sind Vergangenheit. Aber was ist mit meinen Berliner Stammkneipen aus den neunziger Jahren geworden? Gott schütze unser Internet. Es gibt mir alle Informationen, die ich brauche.

Die Morena-Bar in der Wiener Straße, direkt am Görlitzer Park, gibt es nicht mehr. Ich wohnte damals auf der anderen Seite des Parks. Görlitzer Straße 41, Ecke Cuvrystraße. Die Morena-Bar war mir deswegen sympathisch, weil hier Susi aus Ingelheim bediente, die vorher im Pony Express gearbeitet hatte. Sie war nach Berlin gekommen, um Schauspielerin zu werden. Es sind damals so viele Leute in die Stadt gekommen. Volker aus Schweppenhausen, der in einem besetzten Haus im Prenzlauer Berg lebte und den es inzwischen nach Amsterdam verschlagen hat. Norbert und Annette aus Ingelheim kamen schon im Frühling 1989 und lebten ebenfalls in SO 36. Georg aus Gau-Algesheim, gelernter Bäcker und Sänger einer hoffnungslosen Provinzband*, kam kurz nach dem Mauerfall im Januar 1990. Er ging ebenfalls auf eine Schauspielschule, verdiente sein Geld als Briefträger und lebt inzwischen als Thalia-Knecht im Saarland.

In seiner Straße, der Manteuffelstraße, war der Intertank, ein dunkles Kellerloch, in dem es eigentlich nur Beck’s aus der Flasche und laute Musik gab. Die Kneipe gibt es immer noch, wurde inzwischen aber upgegradet. Und dann war da noch das Kloster in der Skalitzer Straße, am Schlesi. Die Wirtin war eine Bilderbuchpunkerin namens Elke. Auf der rechten Seite ihrer halbkreisförmigen Theke standen Sven Regener und die Element of Crime, auf der linken Seite Georg, der kleinwüchsige und großmäulige Ruhrpottkanake Jochen – der Einzige von uns, der es tatsächlich nur bis zum Taxifahrer gebracht hat, obwohl er auch nicht verpeilter war als wir – und ich sowie ein schüchterner und schweigsamer Buchhändler, den es aus Dithmarschen nach Berlin verschlagen hatte und dessen Namen ich nicht mehr weiß. Gelegentlich gesellte sich auch Westbesuch zu uns. Leider gibt es das Kloster nicht mehr. Elkes Mann war an Krebs erkrankt und sie musste sich um ihn kümmern. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich ohnehin eher in Schöneberger Cocktail-Bars wie dem Green Door oder Mister Hu zu finden.

Und dann fiel mir plötzlich noch das Easy Going in Maastricht ein, der erste Coffee Shop meines Lebens, Ende der Achtziger. Martin und ich kauften allerfeinstes Dope für einen Hunderter und der Wirt lud uns zu einer Bong ein. Er machte den Klumpen nicht heiß und bröselte dann was ab, sondern säbelte mit einem riesigen Messer alles ab, was er für die Mischung brauchte. Wir waren anschließend so begeistert, dass wir nochmal für fünfzig Mark Dope gekauft haben. Das war natürlich viel zu viel für die paar Tage am Meer. Ich kann mich auch nicht mehr an viel erinnern. In die letzte Tüte haben wir mindestens ein Gramm reingebaut und sie auf der Rückfahrt fünfhundert Meter vor der Grenze geraucht. Als Martin sein Fenster bei der Ausweiskontrolle öffnete, kam dem Polizisten eine Cheech&Chong-mäßige Qualmwolke entgegen. Sie haben den ganzen Wagen gefilzt, und wir haben britzebreit danebengestanden und gegrinst. Das Easy Going gibt es heute noch.

* Die Band hieß Georg und die Bärchen. Da wird es gegen Extrabreit und Fehlfarben natürlich schwer. Die deutschen Texte schrieb ein schielender Keyboarder, der heute Germanistik-Professor in Polen ist. Aber viel schlimmer war eine Gruppe namens Dan Tanner, die nach der Hauptfigur der zu Recht vergessenen US-Serie Vegas benannt war und die eigentlich Dan Tanna hieß. Als ich es dem Gitarristen mal abends bei einem Bier erklärte, zuckte er nur mit den Schultern und meinte, jetzt sei es sowieso zu spät. Über vierzig Jahre spielten sie auf Gummistiefeldiscos dieselben Cover-Nummern und selbst dann musste der adipöse Sänger „Sweet Home Alabama“ noch vom Blatt ablesen, weil er sich keine Texte merken konnte.

Isolation Berlin - Alles Grau - YouTube

Donnerstag, 13. Oktober 2022

Der Untergang II

 

Blogstuff 733

„Der heiße Scheiß von heute ist der kalte Scheiß von morgen.“ (Sven Regener: Magical Mystery)

Aus Solidarität mit den Frauen im Iran war ich beim Friseur.

Bonetti ist jetzt eine non-binäre schriftstellerische Person. Man muss einfach mit der Zeit gehen. Heutzutage nennt man das übrigens „Profilierungsoption“.

Sokrates könnte in Deutschland nicht als Philosophieprofessor arbeiten, weil er weder ein abgeschlossenes Studium noch eine Promotion vorweisen kann.

Alle fragen sich, warum die FDP bei den Landtagswahlen in Niedersachsen aus dem Parlament geflogen ist. Dabei ist die Antwort ganz einfach: Die Wettmafia hat Christian Lindner bestochen. Es ist wie beim Boxen. „Du gehst in der dritten Runde zu Boden und bekommst 100.000 Euro.“ Was glauben Sie, wie man eine Hochzeit auf Sylt finanziert?

Hätten Sie’s gewusst? Bonetti heißt mit Nachnamen eigentlich Kardashian, aber seine Verwandten in Amerika sind ihm einfach zu peinlich

Der Fluch der Alternativmedien ist es, immer in Opposition zu den Hauptstrommedien publizieren zu müssen. Also war man erst auf Seiten der Querdenker und dann auf Seiten Putins. Dann hat man auch plötzlich seltsame Freunde, zum Beispiel die AfD.

Nächstes Jahr ist das hundertjährige Jubiläum der Hyperinflation von 1923. Damals kostete ein Ei 320 Milliarden Reichsmark. Deswegen machen wir jetzt auch eine Inflation, liebe Kinder.

Nicht alles, was passiert, ist geplant. Nicht alles, was geplant ist, passiert.

Ich spreche das Wort Stunts immer wie Stunz aus. Wir sind hier in Deutschland!

Er nannte es Kunst, für mich war es eine Bastelarbeit. Aber Erwachsene, die basteln, nennen es gerne Kunst. Es ist auch kein Zeitvertreib, sondern ein Projekt.

Für Bonetti Heavy Productions wird gerade der Film „Der Untergang II“ gedreht. Heinz Rühmann spielt Olaf Scholz, Theo Lingen spielt Robert Habeck und Hans Moser spielt Friedrich Merz.

Warum heißt es nicht Oktember? Alle Monate drumherum haben doch dieselbe Endung.

Ernsthaft: Wird Putin die Bombe werfen? Und wenn ja: wohin? Wirft er sie an der Front, dann fällt sie auf sein eigenes, erst kürzlich annektiertes Territorium. Er gefährdet durch den Fallout auch die Neu-Russen und seine eigene Armee. Wirft er sie irgendwo im ukrainischen Hinterland, ist sie militärisch nutzlos und macht ihn zum politischen Paria.

Malcolm Mclaren Presents Double Dutch.wmv - YouTube

 

Mittwoch, 12. Oktober 2022

Die siebziger Jahre

 Ich habe in meinen Fotoalben herumgestöbert. Alter Finne ...


Nicht mein Vater.


Nicht meine Mutter.



Meine Mutter und ich in Spanien (achten Sie auf mein Schuhwerk).

Wenn das rote Telefon klingelt


„Kaum ist die Merkel aus dem Haus, gehen hier die Lichter aus.“

Es ist Montagmorgen, als das rote Telefon auf Bonettis Schreibtisch klingelt. Es ist der Bundeskanzler.

„Bonetti, wir brauchen Sie! Wir wissen uns hier in Berlin nicht mehr anders zu helfen.“

„Kein Problem, Olaf. Ich stelle eine Task Force Wichtelbach zusammen und bring den Laden wieder zum Laufen, du alte Schlaftablette.“

Eine Stunde später beginnt das Kick-Off-Meeting im Hinterzimmer des Restaurants „Zur eisernen Reisschüssel“. Bei Herbstrollen und rabenschwarzem Tee sitzen Andy Bonetti, Heinz Pralinski, Ed von Schleck, Uli Hoeneß und Ingrid Steeger zusammen und beratschlagen über das weitere Schicksals Deutschlands.

Es ist ein Segen, dass demnächst die Fußball-WM stattfindet. Danke, Katar! Danke, Zeitverschiebung! Danke, weise FIFA-Funktionäre. Das erste Spiel des Tages findet um 11 Uhr statt. Um 10 Uhr beginnt die Vorberichterstattung. In allen Turnhallen, sämtlichen Veranstaltungsorten und Stadthallen machen wir Public Viewing. Die Kinder können direkt nach der Schule kommen, die Erwachsenen kommen nach Feierabend dazu, Rentner und Arbeitslose kommen schon nach dem Frühstück. Hier wird geheizt, hier gibt es auf Staatskosten Freibier. Zuhause bleibt die Heizung aus. Nach Mitternacht gehen alle besoffen nach Hause, der Rest schläft seinen Rausch in der Halle aus. Das spart Heizkosten und Energie.

Überhaupt wird Alkohol die Rettung sein. Vom 1. Advent bis zum Frühlingsanfang wird es Weihnachtsmärkte geben, die dann endlich Wintermärkte genannt werden können. Nimm das, AfD! Glühwein für alle! Das wärmt von innen. Natürlich auch aus dem Rettungspaket finanziert. Das kommt uns allemal billiger als jeder Heizkostenzuschuss. Wenn wir billigen Wein aus Südamerika und vom Balkan nehmen, werden wir für diese Maßnahmen nur einen Bruchteil der 200 Milliarden Euro ausgeben. Außerdem haben alle gute Laune und niemand ist allein. Win-win bis zum Anschlag!

Natürlich muss auch die Modeindustrie mitziehen. Der Home-Glove ist der neue heiße Scheiß. Wir tragen zuhause Handschuhe! Wie geil ist das denn? Wolle, natürlich von doitschen Schafen, so regional, dass es kracht, kommt wieder in Mode. Ein dicker Pullover ist ein Must-Have – sagt Heidi Klum. Und die muss es wissen. Stylische Bommelmützen und fancy lange Unterhosen runden das Bild ab. Es wird der Winter unseres Lebens!!! 

Dienstag, 11. Oktober 2022

Blogstuff – das Staffelfinale

 

Blogstuff 732

„Redröm.“ (Stefan König: Scheinung)

Im Winter muss man bei Videokonferenzen vorsichtig sein. Ziehen Sie einen dicken Pullover an! Zittern Sie gelegentlich! Wer sich als Heizer verrät, verhält sich unsolidarisch. Frieren für den Frieden. Laden Sie bei Insta Fotos von Raviolidosen und Knäckebrot hoch. Kein Foodporn, keine Berichte von Restaurantbesuchen.

Im amerikanischen Original der „Sesamstraße“ sagt Oskar zur Begrüßung nicht „Hello“ wie allen anderen, sondern „Go away“. Hau ab! Verschwinde! Was willst du hier? Deswegen war er mein Liebling der Serie. Das hält die Leute auf Distanz. Sie werden nicht übergriffig, duzen dich oder geben dir ungefragt gute Ratschläge™.

Jetzt liest man gelegentlich, die Inflation sei Folge der vielen Staatschulden und der Ausweitung der Geldmenge. Aber das ist nicht richtig, sonst hätten wir seit zehn Jahren eine galoppierende Inflation. Der Staat druckt nicht mehr Geld wie in Deutschland 1923, sondern er verkauft mehr Staatsanleihen. Wer sind die Gläubiger der Staaten? Die Banken. Das Geld kommt also in der Realwirtschaft nie an. Preistreiber 2022 sind die Energiepreise, die sich vervielfacht haben, sowie die Rohstoffe, deren Beschaffung schwieriger und damit teurer geworden ist.

Was passiert eigentlich, wenn ein Staat pleitegeht? Dann schauen seine Gläubiger in die Röhre. Ich gehöre seit vielen Jahren nicht mehr dazu. Früher, als es noch fünf bis sechs Prozent Zinsen pro Jahr gab, hat ich meine Ersparnisse hauptsächlich in Bundesschatzbriefen angelegt. Jetzt haben die Banken, allen voran die EZB, die Anleihen im Portfolio. Bankrotter Staat = bankrotte Banken. Die dann wieder vom Staat gerettet werden müssen. Banken und Staaten sind wie siamesische Zwillinge, sie verbindet derselbe Blutkreislauf aus virtuellem Geld.  

„Alien – Die Rückkehr”: Irgendeine beschissene achtjährige Rotzgöre kennt das Raumschiff wie ihr Malbuch und hält bei der Flucht den ganzen Laden auf.

Bei einem Nickerchen am Nachmittag träume ich, dass ich in einem Restaurant sitze. Es dauert eine halbe Stunde, bis mir in dem völlig leeren Lokal eine Karte gebracht wird. Dann setzt sich eine fremde Frau zu mir, die wirres Zeug redet. Wenig später geht sie und auf die fünf freien Plätze setzen sich andere Menschen. Plötzlich ist jeder Platz besetzt. Ich frage sie, ob es sich um eine geschlossene Gesellschaft handelt, und was gefeiert wird. Die schwarze Frau neben mir lacht und klopft mir auf die Schulter, als hätte ich einen großartigen Witz gemacht.

Wie andere Ideologien auch lebt der Marxismus von primitiven Dichotomien. Böser Kapitalismus, guter Sozialismus. Es gibt auch nur zwei Sorten Mensch: Kapitalisten und Proleten. Ausbeuter und Ausgebeutete. Aber wohin gehöre ich? Ich beute niemanden aus und werde nicht ausgebeutet. Bin ich in der Märchen- und Traumwelt des Marxismus ein Transmensch? Schade, dass ich niemanden aus der Sekte Marx/Engels Zeugen kenne.

Simon & Garfunkel - April Come She Will - YouTube