Donnerstag, 25. April 2024

In eigener Sache

 

Ich werde die nächsten Wochen undercover arbeiten. Ort unbekannt. Eigentlich habe ich schon zu viel gesagt.

 

Mittwoch, 24. April 2024

Der Tunnel am Ende des Lichts

 

Blogstuff 945

„Irgendwann musst du der Tatsache ins Auge sehen, dass du ein Vollidiot bist.“ (The Big Lebowski)

Steinmeier bringt zum Staatsbesuch Döner in die Türkei. Das isst der Türke nämlich dreimal am Tag. Zum Gegenbesuch erwarte ich Weißbier und Bratwurst. Politik auf Slapstick-Niveau. Sollten wir nicht Frank Drebin schicken?

Seit ich die Minibar neben dem Bett stehen habe, verlasse ich kaum noch das Schlafzimmer. Ich überlege, einen Süßigkeitenautomaten in den Flur zu stellen.

Binärer Code war gestern. Bonetti Media arbeitet jetzt mit dem trinären Code.

Ich habe mal Flamingobraten gegessen. Schmeckt wie Fasan.

Körperliche Nähe ist nicht Teil unserer Kultur. Meine Mutter hat mir nach meiner Geburt die Hand gegeben und das war’s.

Werbung: „Sie sind Ihr Leben lang beschissen worden? Kommen Sie zu uns ins Finanzamt, hier sind Sie unter Ihresgleichen.“

Die Tätowierer von Bonetti Media kommen jetzt auch zu Ihnen nach Hause. Dieser Service ist besonders bei Senioren beliebt. Der letzte Schrei: die eigene Personalausweisnummer auf Sanskrit.

Neulich wieder im Schlaf die Fenster geputzt. Es wird zwanghaft.

Gruyère auf Club Cracker. Dann vierzig Sekunden in die Mikrowelle. Ich hatte jetzt schon vier Teller und kann immer noch nicht aufhören. Ich habe eine neue Sucht erfunden.

Star Trek 2024: „Das ist Föderationstechnologie.“ – „Das ist ein Flaschenöffner.“

Wussten Sie, dass die Figuren in Kinder-Überraschungseiern mehr wiegen als das Spielzeug zum Zusammenbauen? Also habe ich eine Palette zur Obstwaage getragen und die Eier einzeln abgewogen. Jetzt habe ich bei Edeka Hausverbot.

Unter dem Pseudonym Buzz Schlingdingeling habe ich mein erstes Pornodrehbuch geschrieben:

Ding-Dong.

Eine leicht bekleidete Frau öffnet die Tür.

Handwerker: „Ich soll hier ein Rohr verlegen.“

Sie: „Komm doch rein, Süßer.“

Er betritt die Wohnung.

„Das ist Susi. Sie ist zum Duschen rübergekommen.“

Dann wird neunzig Minuten gebumst.

Dienstag, 23. April 2024

Bonetti – Die Teufelsbrut aus dem All

 

Blogstuff 944

Einblendung in der 20-Uhr-Tagesschau am 21. April: „Volker Wissing, CDU“. Ein Versehen oder ein Spaß? Ich habe jedenfalls endlich mal wieder bei den Nachrichten gelacht.

Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in Berlin. Alles hinter Glas. Wegen der Lost Generation. Für mich auf einem Level mit IS und Taliban. Hauptsache Kultur zerstören.

Hätten Sie’s gewusst? Weiße Bohnen sind in Wirklichkeit Opossumhoden.

Nachdem ich Markus Lanz halbtot geschlagen habe, werde ich in Talkshows auf eine Bahre geschnallt und muss eine Ledermaske tragen.

„Wie hat dir die Avocado geschmeckt?“ – „Avocado? Ich dachte, das wäre ein Zäpfchen.“

Es war ein Tag wie jeder andere. Ohne Veränderung, ohne Hoffnung.

Du bist in einer Gefängniszelle, deren Tür offensteht. Fühlst du dich sicher?

Normale Autowäsche im Hunsrück: 14,50 €. Wird denn die ganze Welt verrückt?

Mit High Heels, aufwändigen Frisuren und überdimensionierten Fingernägeln kompensieren Frauen den fehlenden Penis.

Plan: Als Genderstern verkleidet aufs Oktoberfest gehen und dort einen Joint rauchen. Damit schaffe ich es in die Tagesschau.

Solange die Autos von Tesla keinen eingebauten Flux-Kompensator haben, kann ich sie nicht ernst nehmen.

Inzwischen gebe ich mich nachmittags der völligen Verblödung mit alten Serien wie „A-Team“, „Ein Colt für alle Fälle“, „Detektiv Rockford“, „Captain Future“ und sogar „Der Doktor und das liebe Vieh“ hin. Wer braucht in meinem Alter Streaming-Dienste? Und wann kommt endlich „Das Haus am Eaton Place“?

Ich habe von Höcke die germanische Leistungsrune am Band verliehen bekommen. Jetzt sehe ich die AfD mit anderen Augen.

Ist Bonetti unsterblich? Man findet Bilder von ihm auf Höhlenwänden der Steinzeit, antiken griechischen Vasen, mittelalterlichen Kirchenfenstern, Renaissance-Gemälden und im Spätwerk von Edward Hopper.

Vergessen Sie Schlaftabletten. Wenn ich nicht einschlafen kann, lese ich AGBs. Ich habe noch nie eine bis zum Ende geschafft.

Die Schulzeit war für mich nicht einfach. Die anderen haben sich immer über meine Chitty-Chitty-Bang-Bang-Brotdose lustig gemacht.

Sonntag, 21. April 2024

Der geheimnisvolle Kasten – Die Fortsetzung


Als ich nach Hause kam, durchsuchte ich zuerst alle Zimmer. Niemand da. Dann stellte ich den Kasten auf den Küchentisch und betrachtete ihn eine Weile. Nirgendwo war ein Verschluss zu erkennen, kein Schloss, kein Mechanismus. Es dauerte eine halbe Flasche Wein, bis ich die versteckten magischen, nein: magnetischen Druckknöpfe inmitten der Verzierungen des Kastens entdeckte.

Ich schwöre, dass ich den Gesang von Engeln hörte, als ich sie öffnete. Sie enthielt nicht viel. Es war eine Schatzkarte. Dazu die exakten Koordinaten bis zur Winkelsekunde, ein Google-Maps-Screenshot und das Bild eines goldenen Drachens. Eine Internet-Recherche ergab: Es handelte sich um den legendären Drachen von Sichuan, der einst dem chinesischen Kaiser gehört hatte.

Also musste ich nach China.

***

Die Docks von Wichtelbach. Es war drei Uhr nachts, die Bordwache schlief schon, als ich mich auf einen Teeklipper schlich. Die „Passat“ sollte am nächsten Morgen nach Hongkong auslaufen. Ich fand einen Platz im hinteren Teil des Laderaums.

Die „Passat“ hatte nur Reis geladen. Aber wenn man rohen Reis ein paar Stunden in den Backentaschen aufweicht, kann man ihn problemlos essen. Was die Flüssigkeitszufuhr anbelangte, bediente ich mich eines alten Pfadfindertricks. Ich lutschte einen Kieselstein und trank meinen eigenen Speichel.

Nach ein paar Monaten kamen wir in Hongkong an. Beim Ausladen der Reissäcke mischte ich mich unter die Hafenarbeiter und ging von Bord. Dann ging ich direkt zum Hauptbahnhof, Mao-Zedong-Platz 1. Von dort fuhr ich mit dem Zug nach Sichuan, in die Stadt Chengdu. Von dort fuhr ich mit einer Rischka zum Ort, an dem der Schatz auf mich wartete

Zehn Kilometer vor dem Ziel ließ ich mich absetzen und bezahlte den Fahrer mit meinem letzten Geld. Ich musste in einen dichten Bambuswald. Leider musste ich auf meinem Weg einen Pandabären krankenhausreif schlagen. Ich bin nicht stolz darauf. Schließlich kam ich an den Shan Wagyu, den Berg der zehntausend Seelen. Eigentlich nur ein Fels.

Hier lag der Schatz. Ich fing an zu graben. Tagelang grub ich vor mich hin. Vielleicht hätte ich doch besser eine Schaufel statt ein Paar Essstäbchen mitnehmen sollen. Aber dann fand ich ihn. Eigentlich war es nur eine Streichholzschachtel.

Mir klopfte das Herz wie ein Kolibri. War es ein weiterer Hinweis? Nein. Ich hatte den Drachen gefunden. Er war nur zwei Zentimeter groß und wenige Millimeter dick. Schon das Gewicht verriet mir, dass er vergoldet und damit völlig wertlos war. Für dieses Stück Rotz war ich um die halbe Welt gereist? Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Sollte das alles gewesen sein?

War es nicht. Die Heimreise zu Fuß war das eigentliche Abenteuer. Erst ging es durch die Wüste Gobi, dann durch Kirgisistan, Usbekistan, Kasachstan, Iran und die Türkei. In Griechenland beschaffte ich mir eine Schaffneruniform und kam bis Frankfurt. Ich will niemanden mit Details langweilen. Wütende Yaks, wilde Bären, Giftschlangen, Immobilienhändler und Zeugen Jehovas. Es war das nackte Grauen.

Samstag, 20. April 2024

Der geheimnisvolle Kasten

 

Jack-Wolfskin-Jacken sind wie Samsonite-Koffer. Sie sehen alle gleich aus. Ich hatte nur einen oder zwei Zombies getrunken, vielleicht noch eine Strawberry Margarita und einen Long Island Ice Tea. Die Garderobe war schlecht beleuchtet und so habe ich wohl die falsche Jacke genommen. Vor meiner Haustür habe ich es erst gemerkt, als ich nach meinem Schlüssel suchte und ihn nicht fand.

Stattdessen hatte ich einen Glückskeks in der Hand. Ich war zu neugierig, um diese Kekse ungeöffnet zu lassen. Es ist wie mit Überraschungseiern. Warten unmöglich. Aber statt den üblichen Kalendersprüchen fand ich eine Reihe chinesischer Schriftzeichen. Ich steckte den Zettel in die Hosentasche, brachte die Jacke zurück und kam mit meiner eigenen Jacke nach Hause.

Der „Fang Shop“ lag im Herzen von Chinatown. Fang war ein uralter Chinese, der in einem traditionellen Gewand und einer Seidenkappe hinter der Ladentheke stand. Den Laden und den alten Fang gab es schon immer. Niemand kann sich an die Zeit erinnern, als es das Geschäft und seinen Inhaber nicht gegeben hat. Manche sagen, es sei so alt wie die Stadt selbst, andere behaupten, Wichtelbach sei um den „Fang Shop“ herumgebaut worden.

Im Laden gab es nicht nur Buddhastatuen aus Alabaster oder Räucherkerzen, es gab auch getrocknete Schlangenzungen und Waschbärnasen. Wenn Fang etwas nicht hatte, wusste er zumindest, wie man es besorgen konnte. Als ich das Geschäft betrat, las Fang gerade in einer alten Schriftrolle.

„Meister Fang“, begrüßte ich ihn, „Können Sie mir dieses Schriftstück übersetzen?“

Er nahm es in die Hand und studierte es eine Weile. Dann sah er mich an und schüttelte leicht den Kopf.

„Ich habe hier etwas für Sie. Es ist ein Abholschein.“

Dann ging er hinter einen Vorhang und blieb eine Weile verschwunden. Dann kam er mit einer kleinen Kiste zurück, die mit Lackarbeiten und Schnitzereien verziert war. Er übergab sie mir und verbeugte sich.

„Ich hoffe, das Geheimnis ist bei Ihnen in guten Händen.“

Voller Aufregung und Vorfreude ging ich nach Hause. Solange ich noch in Chinatown war, bemerkte ich die vier Männer mit Sonnenbrillen und dunklen Anzügen nicht, die mich verfolgten. Die chinesischen Triaden, die diesen Teil von Wichtelbach beherrschten, hatten die Verfolgung aufgenommen. Das ist auch nicht so schwer, wenn man, wie ich, einen pfirsichfarbenen Dreiteiler mit passender Krawatte trägt.

In einer dunklen Unterführung holten sie mich ein und bildeten einen Kreis.

„Gib uns den Kasten.“

„Warum holt ihr ihn nicht?“

Ohne Vorwarnung setzte ich meinen berühmten Chuck-Norris-Gedächtnis-Roundhouse-Kick ein. Zwei Männer brachen bewusstlos zusammen. Ich rannte los und versteckte mich hinter einer Straßenecke. Mit der berühmten Todeskralle, die mir Bruce Lee persönlich beigebracht hatte, setzte ich die anderen beiden außer Gefecht.

Fortsetzung folgt

 

Donnerstag, 18. April 2024

Ihr kleiner familiengeführter Bergbauernblog

 

Blogstuff 943

Das Haus ist voller stehengebliebener Uhren.

Vor zwanzig Jahren wurde ich von Außerirdischen entführt. Ich sage nur: Analsonde. Von ihnen weiß ich, dass Jesus nicht am Kreuz gestorben ist, sondern mit einer Reichsflugscheibe nach Atlantis gebracht wurde. Außerdem haben die Aliens den Feminismus auf die Erde gebracht, um die Menschheit zu spalten.

Ordnungsliebe. Dieses Wort gibt es in keiner anderen Sprache dieser Welt. Deutsche lieben die Ordnung und natürlich auch die Hüter der Ordnung: die Polizei, die Verwaltung und die Politiker. Bei mir fing es im Supermarkt an. Ich drehte alle Dosen mit dem Bild nach vorne, so dass Symmetrie im Regal herrschte. Irgendwann lief es aus dem Ruder. Ich fing an, alle Lebensmittel nach Farben zu sortieren und trug sie quer durch den Supermarkt. Seitdem habe ich bei Edeka Hausverbot.

Bonetti Media arbeitet gerade an „She Man“. Die/der erste transsexuelle Superheld*In. Er/sie bekämpft die Mächte des Bösen: Söder, Aiwanger, Höcke.

Die angeblich so kultivierten Franzosen haben noch nicht mal ein richtiges Wort für Frühstück. Petit-dejeuner. Kleines Mittagessen. Die Deutschen hingegen haben das zweite Frühstück erfunden, das traditionell nach zehn Uhr eingenommen wird. Entweder ein Knoppers oder Weißwürste mit einer Brezel, jedenfalls wird zu diesem Zeitpunkt das erste Bier des Tages getrunken.

Ich habe ein gutes Ende für meinen neuen Krimi gefunden. Der Kommissar findet in der Jackentasche des Verdächtigen eine Quittung: „Zehntausend Euro für einen Auftragsmord dankend erhalten.“ Das nennen wir Profis „Plot-Twist“.

Bernd Hölzenbein ist tot. Einer der Sieger der Fußball-WM 1974, dem ersten Turnier, das ich gesehen habe. Mit seinem Dribbling in den Strafraum, dem Foul und Breitners Elfer zum 1:1 kamen wir damals auf die Siegerstraße. Ich war noch ein Kind, als er mir ein Autogramm gegeben hat. Ich habe es heute noch.

Merkwürdiger Traum: Ich habe eine Party in meinem Haus, allerdings kenne ich die Leute nicht. Ich trinke sogar ein Bier, was im echten Leben selten vorkommt. Dann fahren wir zu einem Weltraumbahnhof, wo ein Space Shuttle abheben soll. Beim Start fliegt das Space Shuttle vielleicht fünfzig Meter hoch, ändert dann seine Flugbahn und schlägt auf dem Abschussgelände ein. Ein zweites Raumfahrzeug zerschellt bei der Landung. Die Trümmerteile fliegen hoch, erreichen uns aber nicht. Wir gehen auf die Unglücksstelle zu, bis wir die ersten Toten sehen. Zum Glück bin ich kein Visionär, sonst würde ich mir wirklich Sorgen um die Raumfahrt machen.

Dreihundert Raketen auf Israel, keine Toten. Ganz schön schwacher Auftritt der Kopftuchfetischisten aus Teheran. Aber rhetorisch immer einen auf dicke Hose machen.

Internet-Nörgel-Klassiker: Der Text ist „hinter einer Bezahlschranke versteckt“. Nein, Holgi, der Text ist für jeden zugänglich, aber du musst, wie an jedem Kiosk auch, bezahlen.

Mittwoch, 17. April 2024

König für eine Nacht

 

„Was liegt am Strand um spricht total undeutlich?“

„Keine Ahnung.“

„Eine Nuschel.“

Bonetti schmeißt sich weg vor Lachen.

„Deine Mutter klaut bei KiK.“

Bonetti klopft sich auf die Schenkel und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Du bist ein Naturtalent, Didi. Du musst in meine Show kommen.“

„Meinen Sie wirklich, Mister Bonetti?“

„Ja, wir könnten die Show auch zusammen moderieren. Ich muss nur mit dem Produzenten reden.“

„Das wäre Wahnsinn. Ich kann’s kaum glauben.“

Jede Nacht hat Dietrich Eigenrauch diese Träume. Aber dann arbeitet er den ganzen Tag in der Stadtbibliothek. Bis er eines Tages den echten Andy Bonetti trifft. Er ist von einem Pulk Fans umlagert. Er hält an und ruft: „Steigen Sie ein, Mister Bonetti. Ich hole Sie hier raus.“

Auf der Fahrt zu Bonettis Villa erzählt ihm Eigenrauch einen Witz nach dem anderen. Bonettis Miene ist wie versteinert. Zum Abschied sagt er ihm: „Lassen Sie es mit Comedy. Sie haben kein Talent.“

Das lässt Eigenrauch in den nächsten Wochen keine Ruhe. Er beschließt, Bonetti zu entführen. Er legt vom Hinterausgang des Studios eine Fährte aus Schokoriegeln, die zu einer Holzkiste führt, die mit einem Stock gestützt wird. Bonetti kommt nach seiner Show heraus, folgt mampfend der Fährte und kriecht in die Falle. Eigenrauch muss nur noch an der Schnur ziehen, die am Stock befestigt ist, und Bonetti ist gefangen.

***

Bonetti sitzt gefesselt und geknebelt auf einem Stuhl in Eigenrauchs Wohnung und muss sich Videos von dessen Auftritten anschauen, die er in seinem Keller aufgezeichnet hat. Es ist nicht zum Aushalten. Aber es kommt noch schlimmer. Eigenrauch hat dem Intendanten von der Entführung Bonettis berichtet. Er fordert, die Fernseh-Show einmal selbst moderieren zu dürfen. Erst dann komme Bonetti wieder frei. Dem Intendanten bleibt keine Wahl. Bonetti ist unersetzlich, kein Haar darf dieser Unterhaltungsikone gekrümmt werden.

Eigenrauch betritt die Bühne. Er liefert eine äußerst lahme Show ab, die noch nicht mal das Niveau von Mario Barth erreicht. Das Publikum klatscht müde. Die Kamera zeigt Zuschauer, die gelangweilt auf ihre Armbanduhren schauen. Selbst das Interview mit Helge Schneider reißt es nicht raus.

Bonetti muss alles mit ansehen. Er bekommt fast einen Schlaganfall. Er schafft es, in einem Tobsuchtsanfall die Fußfesseln zu lösen, tritt die Wohnungstür ein und stürmt ins Studio. Er rennt, den Stuhl immer noch auf dem Rücken und mit gefesselten Händen, durch die Zuschauerreihen. Tosender Applaus. Alles halten es für ein abgekartetes Spiel, für einen Teil der Show.

Bonetti befördert Eigenrauch mit einem Arschtritt in den Orchestergraben und brüllt: „Das ist meine Show!“ Eigenrauch bekommt wenig später eine eigene Sendung im RTL-Nachmittagsprogramm.  

 

Montag, 15. April 2024

Der große Tag


Wichtelbach hat einen Feiertag, den es nirgends auf der Welt gibt: den Andy-Bonetti-Tag. An diesem Tag wird dem berühmtesten Promi gehuldigt, den die Stadt jemals hervorgebracht hat. Vergessen Sie Berti Vogts und Johann Lafer. Es ist der 17. April, der Tag, an dem der erste Groschenroman des Jahrhundertliteraten veröffentlicht wurde.

An diesem Tag sind alle Straßen und Häuser mit seinem Konterfei geschmückt. Es gibt Blumenkränze und Girlanden in seinem Lieblingszustand, sorry: seiner Lieblingsfarbe (blau). Die Schulkinder schreiben Gedichte und malen Bilder für Bonetti. Die Menschen essen den ganzen Tag Bonettis Leibgerichte: Corn Dogs, Brombeermuffins und Fettuccine Miracoli. Am Nachmittag findet eine große Parade der Bonetti-Fans statt. Aber eigentlich ist hier jeder Bonetti-Fan.

Abends wird der Feiertag mit einer Theateraufführung gekrönt, anschließend gibt es ein halbstündiges Feuerwerk. Das ist der Inhalt des Stücks:

Es regnet, als der Hunger den jungen Bonetti aus seinem winzigen Zelt treibt. Der Campingplatz von Wichtelbach liegt zwischen dem Gefängnis und der Müllkippe. Wieder hat er die ganze Nacht an seinem ersten Roman geschrieben. Jetzt ist er fertig. Er fährt per Anhalter nach Frankfurt und legt dem berühmten Verleger Blofeld sein Manuskript vor.

Blofeld beginnt zu lesen: „Es ist Mitternacht an den Docks von Wichtelbach. Rocky Palermo sieht auf seine Taschenuhr. Würde Jerry Handsome wirklich kommen? Da tippt ihm jemand von hinten auf die Schulter. Palermo dreht sich um und blickt in den Lauf einer abgesägten Schrotflinte. „Ich habe schon viel von dir gehört, Handsome“, sagt Palermo betont lässig, „aber ich hörte, du wärst tot.“ Dann lässt er sich geschickt zur Seite abrollen und zieht in einer einzigen fließenden Bewegung seine zwanzig Pfund schwere 100er-Magnum. Die Kugel trifft den erbarmungslosen Schurken genau ins rechte Auge und er fällt ins Hafenbecken, wo seine Leiche mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf der Wasseroberfläche treibt.“

Blofeld blickt auf, Bonetti kann dem Jahrhundertverleger kaum in die Augen schauen.

„Bonetti! Das ist genial. Das ist groß. Das wird ein Erfolg. Ich werde ihr Buch verlegen.“

So fing alles an. Formulierungen wie „Die pulsierende Lava seiner feurigen Lenden brachte die wollüstige Olga zu Schreien des feuchten Entzückens“ sind inzwischen Teil der Weltliteratur wie Goethe- und Shakespeare-Zitate.

Dann kommt natürlich noch die Szene, in der Bonetti völlig aufgedunsen in seiner Luxussuite auf dem Bett liegt und Corn Dogs in sich reinstopft. Literaturnobelpreis, Scheidung, zweiter Literaturnobelpreis, zweite Scheidung usw. Sie kennen das.   

 

Samstag, 13. April 2024

BILD erwischt Bonetti: Ohne Lappen im Ferrari

 

Blogstuff 942

Alle Jahre wieder kommt die Weihnachtszeit - und die Kriminalstatistik. Ein Fest für Vereinfacher und Demagogen. Die Ausländer sind unser Unglück. Lauter Verbrecher. Ich habe mich schon im Grundstudium in den Achtzigern mit diesen Zahlen auseinandersetzen dürfen. Ein Seminar Statistik, ein Seminar Empirische Sozialforschung. Es ist eigentlich ganz einfach. Wer verübt mehr Gewaltverbrechen? Männer oder Frauen? Männer. Junge oder Alte? Junge. Arme oder Reiche? Arme. Es gibt also überproportional viel arme junge Männer, die gewalttätig werden. Oft gegenüber anderen armen jungen Männern. Und in dieser Gruppe gibt es überproportional viele Migranten und Flüchtlinge. Ist seit Jahrzehnten so. Also kein Grund, deswegen die AfD zu wählen. Immer dran denken: Nazis sind eine invasive Art.  

Die Lebensmittelindustrie reagiert auf die Cannabisfreigabe: Biskin Hanföl, Barilla Cannabispesto, Leibniz-Haschkeks – nur echt mit den 52 Zähnen. Demnächst: Heroinbrötchen.

Wenn Sie ernsthaft zunehmen möchten, kaufen Sie sich eine Fritteuse. Frittieren Sie alles, auch Ihre Zahnpasta. Geben sie den verschiedenen Teilen Ihres Bauches liebevolle Namen wie Donutland oder Schnitzelinsel. Ganz wichtig: keine überflüssigen Bewegungen. Gewichtszunahme erreicht man auch durch Bewegungsmangel. Wenn Sie das Gewicht eines Renault Twingo erreicht haben, suchen Sie einen Arzt auf.

Wenn die Geschichte mit der Arche Noah wirklich stimmen würde, wären am Ende nur die Löwen von Bord gegangen.

Gute Nachricht: Der merkwürdige Fleck auf meinem rechten Handrücken ist kein schwarzer Hautkrebs. Sondern Edding. Trotzdem waren die sechs Stunden in der Notaufnahme sinnvoll, denn jetzt habe ich endlich Gewissheit.

Warum zahle ich eigentlich jeden Monat Unsummen an die AOK, wenn sie noch nicht mal meine Delphintherapie auf den Bahamas finanziert?

Einfach mal durch die U-Bahn rennen und „Ihr kriegt mich nicht lebend“ rufen.

Hätten Sie’s gewusst? Volkswagen war der offizielle Sponsor des Zweiten Weltkriegs.

Ich kann Leute mit Schönheitsoperationen nicht ernstnehmen. Wenn ich acht oder fünfzehn Operationen mache, würde ich auch gut aussehen.

Meine Eltern haben mir damals einen Zauberwürfel geschenkt. Ich habe das blöde Teil natürlich nicht kapiert. Da habe ich einfach alle Seiten rot lackiert – Problem gelöst.

Wissing fordert ein Fahrverbot für Autos. Wie blöd kann die FDP noch sein? Damit sind die nächsten Wahlen endgültig verloren.  

Donnerstag, 11. April 2024

The Bloodhound Inn

 

Es ist die verrückteste und angesagteste Bar von ganz Berlin. Jeder will dorthin, aber nur wenige kennen den Weg.

Man fährt auf ein verlassenes Industriegelände in Adlershof. Hier hat früher der VEB Plaste und Elaste die Kondome für den halben osteuropäischen Markt hergestellt. Man sucht das Verwaltungsgebäude und fährt in den dritten Hinterhof. Dort gibt es eine Stahltür, an die man klopfen muss.

Ein schmales Schiebefenster öffnet sich. Dann sagt man das Passwort, für das viele in der Berliner Undergroundszene morden würden und das nie ein Tourist erfahren wird: „Bier.“

Schon ist man drin. Im Eingangsbereich sind eine Reihe crazy Haken angebracht, an die man seine Jacken hängen kann. Die ganze Inneneinrichtung ist extrem abgefahren. Auf der linken Seite ist ein langer Holztresen mit Hockern, rechts sind bequeme Clubsessel und kleine Cocktailtischchen. Um die Beleuchtung geheimnisvoller zu machen, wurden nur 50-Watt-Birnen verwendet.

Die Musik ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber damit muss man in einer Avantgarde-Bar rechnen. Die größten Hits der achtziger und neunziger Jahre. Zwischen elf und zwölf Uhr ist die DJ-Bobo-Hour. Die Songs laufen auf Zimmerlautstärke, so dass man sich gut unterhalten kann.

Der Barkeeper ist ein alter Hase, der schon Harald Juhnke seine Drinks gemixt hat. Er ist um die sechzig, korpulent, hat immer ein Geschirrtuch über der Schulter und benutzt Worte wie „verhohnepipeln“ und „knorke“. Formulierungen von geradezu zauberischem Glanz.

Man trinkt hier am liebsten Wodka-O, Gin Tonic, Whisky-Cola und Berliner Kindl. Für die ganz Verwegenen gibt es auch noch Jägermeister mit Red Bull. Hinter den Toiletten ist der sogenannte Darkroom, der nicht ganz so hell ist. Hier kann man Karaoke singen oder Tischfußball spielen.

Ich bin schon ein bisschen stolz, zu diesem elitären Publikum zu gehören. Habe ich schon die kostenlosen Salzstangen und Erdnüsse erwähnt?

Mittwoch, 10. April 2024

Ein Job mit Zukunft

 

„Wann haben Sie Ihren Mann zuletzt gesehen?“

„Oh, ich sehe ihn jeden Tag.“

„Und wo?“

Sie zeigt mir das Fotoalbum.

„Nein, wann haben Sie Ihren Mann zuletzt getroffen, Frau Schmidt?“

„Das weiß ich nicht. Deswegen sollen Sie ihn ja suchen.“

Ich sehe die Urne auf der Kommode. Aufschrift: „Herr Schmidt“.

„Ich mache mich gleich auf die Suche.“

„Das freut mich. Ich vermisse ihn sehr.“

Mein Name ist Raider-Jonas Delgado. Ich bin nicht stolz auf meinen Job. Auf meiner Visitenkarte steht „Privatdetektiv“. Obwohl ich keinerlei Ausbildung habe. Ich suche mir meine Kundschaft in Altersheimen. Auch Katzen und Hunde werden gerne vermisst, selbst wenn sie schon lange tot sind. Demenz ist eine echte Marktlücke. Ich bekomme zweihundert Euro pro Tag.

Mein erster Fall war eine Nachbarin. Ich habe ihr die Einkaufstüten in den zweiten Stock getragen. Dann bat sie mich, alles in den Kühlschrank und die Speisekammer zu räumen. Danach hat sie mir noch einen Kaffee gekocht und wir sind ins Gespräch gekommen.

Ihren Mann habe ich nach einer Minute im Internet entdeckt. Die meisten Todesanzeigen gibt es ja heute auch schon online. Gianlucca di Melanzane war bereits vor drei Jahren gestorben. Ich habe ihr eine volle Woche berechnet. Ein halbes Jahr später nochmal.

Warum sollte ich das Geld nicht nehmen? Herr Schmidt ist übrigens auf Dienstreise in Mexiko.

Montag, 8. April 2024

Sieger lernen von Siegern


Blogstuff 941

Im Fernsehen zeigen sie eine 100km-Wanderung, für die man auch noch 70 Euro Startgeld zahlen muss. Woher nehmen die Leute eigentlich ihren sinnlosen Ehrgeiz? Ich würde nach zwei Kilometern an der nächsten Pommesbude haltmachen und dann einfach liegenbleiben.

Viele Leute fragen mich, warum ich so unverschämt gut in Form bin. Dann sage ich immer, ich gehe zwei Stunden am Tag ins Gym. Okay, das ist der Name einer Konditorei um die Ecke. Was für eine sensationelle Geschäftsidee. Und Fitnesstorte haben sie auch noch.

Kann sich noch jemand an John Matuszak erinnert, der den furchterregenden Sloth im Film „Goonies“ gespielt hat? Er wurde nur 38 Jahre alt, gewann zweimal den Superbowl und war für wilde Partys und Drogenmissbrauch bekannt. Eine echte Hollywood-Karriere.

Wenn es um Verkehr geht, reden alle immer nur über Autofahrer und Radfahrer, manchmal auch über Bahnfahrer. Aber was ist mit uns Fußgängern? Den Schildkröten des Straßenverkehrs, den ewig Vergessenen?

Ich mag Physik nicht. Diese bescheuerte Rivalitätstheorie kapiert kein Mensch und was soll die Nummer mit der Katzenkiste.

Ich bin zur Testamentseröffnung meiner Tante mit einer Stretch-Limo vorgefahren und habe nur ihre Porzellanentensammlung bekommen.

Bei den Elben von Majoran! Endlich habe ich das perfekte Online-Rollenspiel gefunden. Ich bin ein Druide der siebten Ebene und suche die magische Waffel von Fragola. Als nächstes muss ich zum finsteren Berg von Bungalo hinter den tödlichen Sümpfen von Viertelerde, aber ich habe nur den unsichtbaren Hut des uskanesischen Khans und den heiligen Stützstrumpf der Watussi-Indianer dabei.

Wir haben jetzt in Wichtelbach den Fattie-Run. Tausende machen mit und zahlen pro gelaufenen Kilometer einen Euro. Davon werden Fettabsaugungen und Sofas finanziert.

Der große Ländervergleich:

Croissant – Hörnchen 1:0

Entrecôte – Schweineschnitzel 2:0

Rotwein – Weißbier 3:0

Bouillabaisse – Backfisch 4:0

Crème brûlée – Rote Grütze 5:0

Baguette – Vollkornbrot 6:0

Warum lebe ich noch hier?

Sonntag, 7. April 2024

Heiter mit trüben Aussichten

 

Blogstuff 940

„Wann kostet der Döner wieder drei Euro?“ (Olaf Scholz)

Ich habe mich damals für eine Rolle als Zwerg in „Herr der Ringe“ beworben. Dazu habe ich mich neben einer zwei Meter großen Cola-Dose fotografieren lassen. Leider habe ich nie eine Antwort bekommen.

Um der Polizei die Ermittlungen zu erleichtern, habe ich eine Liste mit den Namen meiner potenziellen Mörder angelegt. Sie ist ziemlich lang geworden.

Unweit von Wichtelbach wurde jetzt bei Ausgrabungen ein altes Lager des ägyptischen Heeres gefunden. Ein dreieckiger Stein, der aus einem Weinberg ragte, entpuppte sich als Spitze einer Pyramide. Ferner wurden eine Porzellanfigur der Nofretete und die Nase von Kleopatra gefunden. Dazu Sandalen, Sandalen, Sandalen. Danach ein Speer und ein Helm, dann wieder Sandalen. Möglicherweise war es auch eine ägyptische Sandalenfabrik. Die Forscher stehen vor einem Rätsel. Aber es gab auch die eine oder andere Mumie. Es soll ein Museum mit Falafelstand gebaut werden. Wir berichten weiter.

Seit zwei Wochen lungert ein Saxophonspieler vor meinem Haus rum. Was soll das? Von mir bekommt er kein Geld.

Ich war schon immer ein Nerd. Vermutlich war ich das einzige Kind, dessen Zimmer eine eigene Flagge hatte. Zuerst nannte ich meine fünfzehn Quadratmeter „Republik Adlerstein“ und einmal im Monat wurde ich von meinen Stofftieren zum Präsidenten gewählt. Später war es dann das „Königreich Adlerstein“. Meine Eltern mussten eine Urkunde unterschreiben, mit der sie das Gebiet abtraten. Es war nicht immer einfach mit mir – aber ich hatte das einzige Kinderzimmer mit einer monatlich erscheinenden Zeitung.

Viele wissen es gar nicht, auch weil ich es nicht an die große Glocke hänge, aber ich engagiere mich seit einem Monat ehrenamtlich. Ich bringe rumänischen Waisenkindern Breakdance bei, um sie von der Straße zu holen.

Gestern habe ich auf der Seite meines Notebooks eine Taste entdeckt. Ich wusste gar nicht, dass dieses Gerät einen Becherhalter hat.

1492: Die Indianer denken, Kolumbus würde nur drei Tage bleiben.

Ab nächste Woche im ZDF: „Wettervorhersage – Der Film“. Teil 1 bis 12.

„Mein Gott, die Toilette ist verstopft. Was sollen wir tun?“ – „Jetzt kann uns nur noch einer helfen: Montgomery Hudson.“ Und da kommt er auch schon angeflogen, mit seinem Superklempnerumhang und dem goldenen Pömpel.

„Es war Laktoseintoleranz.“

„Sie haben zwölf Kühe erschossen.“

„LAKTOSEINTOLERANZ!“

Samstag, 6. April 2024

Neulich beim Psychologen

 

Ich möchte mit Ihnen über mein Blog sprechen.

Warum möchten Sie über Ihren Blog sprechen?

Ich fühle mich seit einiger Zeit nicht mehr wohl.

Warum fühlen Sie sich nicht mehr wohl?

Weil ich manchmal so blöde Kommentare bekomme.

Welche Kommentare?

Von Leuten, die eine ganz andere Meinung haben oder meinen Humor nicht verstehen.

Warum verstehen die Leser Ihren Humor nicht?

Vielleicht ist er zu kompliziert? Vielleicht setzt er zu viel voraus?

Was genau setzt er voraus?

Fachwissen. Man sollte sämtliche Comedy-Shows und -serien gesehen haben.

Was stört Sie noch?

Manchmal bekomme ich auch überhaupt keinen Kommentar. Dann fühle ich mich so hilflos. War der Text nicht gut genug?

Was glauben Sie, warum schreiben Ihnen die Leute an manchen Tagen nichts.

Ich habe nur elf Follower. Weniger als Jesus.

Warum vergleichen Sie sich mit Jesus?

Weil ich glaube, dass ich richtig gut bin.

Woher nehmen Sie das Wissen?

Im Traum ist mir Rudi Carrell erschienen. Er sagte, ich würde immer besser.

Träumen Sie auch von anderen Menschen?

Ja. Peter Frankenfeld und Harald Juhnke. Die finden mich auch gut.

Haben Sie Probleme beim Schreiben?

Nein. Ich schreibe jeden Tag.

Sehr gut. Dann sollten Sie versuchen, Ihre Sorgen zu vergessen. Stellen Sie sich immer die Frage: Wird dieses Problem in fünf Jahren noch wichtig sein?

Danke, Herr Doktor. Sie haben mir sehr geholfen.

 

Freitag, 5. April 2024

Vorfahrt für alle

 

Blogstuff 939

Jetzt beginnt wieder die Spargelsaison. Das angebliche Lieblingsgemüse der Deutschen. Ich könnte kotzen. Erstens ist Gemüse nur eine Beilage und zweitens schmeckt Spargel nach gar nichts. Vor allem, wenn er durch ein ordinäres Schnitzel degradiert und durch eine fettige Sauce Hollandaise ruiniert wurde. Weißer Spargel schmeckt extrem fade. Oft ist er völlig zerkocht und widerlich glitschig. Ich empfehle grünen Spargel aus Griechenland.

Ich war mal bei einem Ehepaar eingeladen, die beide ZDF-Redakteure waren. Sie mussten eine Sendung über Städte vorbereiten und weil ich damals bei einem Stadtforschungsinstitut gearbeitet habe, wollten sie wissen, wie die Geschichte der Stadt gewesen sei. Okay. Es gibt seit zehntausend Jahren Städte, es geht also um die Geschichte der menschlichen Zivilisation. Nicht weniger. Gleichzeitig war mir klar, dass Medienfuzzis die Aufmerksamkeitsspanne eines ADHS-kranken Goldfischs haben. Ich hatte also nur dreißig bis maximal sechzig Sekunden Zeit. Ich Idiot habe dennoch angefangen. Nach einer halben Minute haben sie mich einfach abgewürgt. „Du weißt es also nicht.“ Zum Glück kenne ich diese Leute nicht mehr.

Mein Zahnheilpraktiker war vorher Polizist. Jedes Mal, wenn ich zur Behandlung auf seinem Stuhl liege, sagt er: „Sie haben das Recht, den Mund geschlossen zu halten. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor der Krankenkasse gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, eine Zahnbürste zu benutzen. Wenn Sie sich keine Zahnbürste leisten können, wird Ihnen eine gestellt. Haben Sie das verstanden?“

Hat es nicht als Überschrift in Blogstuff geschafft: „Ein Wapiti auf Tahiti.“

Auch im Hunsrück kann man Promis treffen. Neulich habe ich den Urologen von Quentin Tarantino kennengelernt.

Ich schreibe gerade an meiner Mini-Serie „Der Rollstuhlschmied“. Er hämmert den ganzen Tag an weißglühenden Rollstühlen, ein buckliger Rothaariger hilft ihm, ein dreibeiniges Opossum sorgt für das Wohlgefühl der haustierbesitzenden Zuschauer. In der Werkstatt hängt ein Bild von Wolfgang Schäuble, der bekanntlich der Posterboy der deutschen Rollie-Szene ist. In der ersten Folge geht es um einen Rollstuhl voller Kokain, der über die deutsch-niederländische Grenze gebracht werden soll.

Sie kennen sicher alle die Läden, in denen Jahrgangs-Sardinen verkauft werden. Aber haben Sie schon mal einen Sardini getrunken?

Hätten Sie’s gewusst? Die Jahreszahl auf der Weinflasche ist nicht das Verfallsdatum.

Laut Kühnert haben die Wähler Schuld an den Ampel-Streitigkeiten. "Wir haben ein Wahlergebnis gehabt, bei dem nur lagerübergreifende Koalitionen möglich waren, und das sieht man dann eben im täglichen Miteinander.“ Das stimmt. Wie sind die Journalisten eigentlich auf die wahnwitzige Idee gekommen, dass in der Politik die handelnden Personen etwas mit der Handlung zu tun haben könnten?

Donnerstag, 4. April 2024

Wir müssen übers Essen reden


Sie kommen im Morgengrauen. Sie kommen immer im Morgengrauen. Deswegen heißt es ja Grauen. Eine schwerbewaffnete Eliteeinheit. Ein Laie hätte sie für die GSG 9 gehalten, als sie aus ihren gepanzerten Geländefahrzeugen gesprungen sind. Aber diese Jungs sind schlimmer. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat sie geschickt.

Diese Spezialeinheit klingelt nicht. Sie brechen die Tür mit einem vier Wochen alten Vollkornbrot auf.

Während ich noch friedlich in meinem Bett liege, mit schokoladeverschmiertem Mund, Chipskrümeln im Haar und einem halbgetrunkenen Bier auf dem Nachtisch, rennen sie durch das Erdgeschoss.

„Wohnzimmer?“

„Gesichert.“

„Küche?“

„Gesichert.“

„Commander, das müssen sie sich ansehen.“

„Was gibt es?“

„Ein Dutzend Eier.“

„Granaten einsetzen.“

„Ich bin am Kühlschrank. Es ist entsetzlich.“

„Berichten Sie.“

„Bierschinken, Gelbwurst, Salami, Kochschinken, Bierwurst.“

„Tiefkühlfach?“

„Pizza und Bistro-Baguettes. Schokoladeneis und Mikrowellen-Cheeseburger.”

„Was ist mit dem Vorratsschrank?“

„Einfach nur furchtbar. Ein Kamerad musste sich übergeben. Ravioli, Bohnen in Tomatensoße, Fertiggerichte, Landjäger und Kellog’s Frosties.“

„Irgendwelches Obst oder Gemüse?“

„Negativ, Sir.“

Zwei Stunden später. Die Truppe ist völlig erschöpft. Überall im Haus haben sie Schokolade gefunden. In Fake-Buchhüllen, die man früher mal für Videokassetten genutzt hat. Einzeln verpackte Nougatpralinen, die in Socken versteckt waren. Eine Toblerone in einer leeren Vase. Unter dem Wohnzimmertisch waren Schokoladentafeln mit Tesafilm befestigt. Ein Inferno.

Ich bin vorläufig in Untersuchungshaft, wo ich eine strenge Diät ohne Fleisch, Zucker, Weißmehl und künstlichen Aromen mache. Das Urteil steht noch aus.

P.S.: Nach drei Monaten veganer Ernährung habe ich dieses Liebeslied geschrieben. Es ist allen Schweinenackensteaks dieser Welt gewidmet. Niemand wird uns je trennen können. Air Supply - All Out Of Love (Official Video) (youtube.com)

 

Mittwoch, 3. April 2024

O‘kifft is!

 

Blogstuff 938

Am 5. März schrieb ich, wie unverschämt teuer Rewe geworden ist. Daraufhin bin ich zu Aldi gewechselt. Regen, Traufe – Sie kennen das. Ich kaufte beim ersten Mal Dauerwürste namens „Tyrolini“, die so beschissen schmeckten, dass ich die ganze Packung wegschmeißen musste. Aber es kam noch schlimmer. Am Ostersamstag kaufte ich Aufbackbrötchen, die ich am Sonntagmorgen essen wollte. Von vorne sahen sie gut aus. Am Sonntag drehe ich die Packung um, weil ich wissen wollte, wie lange sie im Ofen bleiben müssen. Alles verschimmelt. MHD: 24. April. Jetzt versuche ich es mal mit Lidl.

Ich hatte ein erfülltes Leben. Ich habe die 24 Stunden von Le Mans gewonnen, einen Ehrendoktor von Harvard, ich habe Franz Beckenbauer die Hand geschüttelt und im Münster-Tatort „Das Ding aus dem Sumpf“ eine aufgedunsene Wasserleiche gespielt. Aber ich würde gerne einmal im Leben mit Elon Musk in seiner E-Rakete zum Mars fliegen – und alleine zurückkommen.

Forelle Müllerin Art ist doch so ein Fummelfisch, den man selbst zerlegen muss, oder? Ich bin Grobmotoriker, ungeduldig und habe einen niedrigen IQ.

Nach jedem Star-Wars-Film mache ich einen Hyperraumsprung zum nächsten Getränkemarkt.

Es gab mal vier fränkische Restaurants in Berlin: eins in der Güntzelstraße bei mir um die Ecke, eins in Friedenau, eins in Friedrichshain und eins im Prenzlauer Berg. Jetzt hat auch das letzte geschlossen. Warum? Die Bratwürste, das Bier, das Schäufele. Was ist mit den Leuten los? 

Nächstes Wochenende beginnt die Grillsaison und es gibt ein gottgegebenes Recht auf Schweinenackensteaks für sechs Euro das Kilo im Globus Gensingen.

Wie würde Chewbacca nach einen Friseurbesuch und anschließendem Waxing aussehen? Wie Jens Spahn?

Was wurde eigentlich aus diesem Ozeanloch? Man hört gar nichts mehr. Wahrscheinlich wieder nur eine Erfindung der linksgrünversifften Veganer-Mafia.

Naturalismus ist für mich keine Kunstrichtung. Im Hunsrück nennt man das FKK.

A: Kannst du es besorgen?

B: Ich kenne jemanden, der jemand kennt.

A: Und dann?

B: Der kennt jemanden, der es besorgen kann.

A: Wirklich?

B: Ja, er ruft jemanden an, der jemand anruft, der dich anruft.

A: Ergibt das alles irgendeinen Sinn?

B: Nein, das ist Internet.

 

Dienstag, 2. April 2024

Die Welt nach Pareto: Das Bonetti-Optimum

 

Blogstuff 937

Ich mag das Ende vom „Weißen Hai“ nicht. Ich hatte ihm schon den Namen Flossi gegeben. Wenn man einem Tier einen Namen gibt, baut man automatisch eine persönliche Beziehung auf. Und dann bringen sie ihn um. Mit Flipper hätte man das nicht gemacht.

Ich kannte mal Kim Basinger. Wir hatten eine Off-Off-Beziehung.

Als Kind hatte ich ein Walkie-Talkie. Damit konnte man herumlaufen und mit jemandem sprechen, der weit entfernt war (z.B. 50 Meter). Vorbei. Auch das schöne deutsche Wort Sprechfunkgerät existiert nicht mehr. Wie wäre es mit Textnachrichtenempfänger statt Handy?

Ich habe beim Job-Center eine Umschulung zum Perückenmacher absolviert. Trotzdem bekomme ich auf meine Bewerbungen nur Absagen.

Ich bin meiner Yoga-Lehrerin so auf die Nerven gegangen, dass sie mr ihre tibetanische Klangschale an den Kopf geworfen hat.

„Ich hatte in Australien meinen ersten Tandemsprung. Aus dreitausend Meter Höhe.“ – „Ich war bei einem Fahrradsicherheitskurs im Gemeindezentrum.“ Lahme Antworten. Kann ich.

Wenn unsere einzige Ampel in Wichtelbach ausgefallen ist, kommt mein großer Moment. Ich stehe breitbeinig wie ein Sportlehrer auf dem Bürgersteig und hole meine Trillerpfeife aus meiner MacGyver-Jacke (Flaschenöffner, Zollstock, 4711 usw.).

Mit zwölf habe ich mein erstes Musical geschrieben: Cuts. Da ging es um die Kastration von Katern. Später hat Andres Lloyd Webber die Idee geklaut. Aber mir ist etwas Neues eingefallen. Zwei Gangs in der Lower East Side von Wichtelbach, die Jets und die Sharks. Die einen schnippen immer mit den Fingern und am Ende singen und tanzen alle.

Manche behaupten ja, die Navy SEALs oder der SAS wären die härteste Truppe der Welt, aber in Wirklichkeit sind es die Bonetti Power Rangers. Bei der Abschlussprüfung musst du eine Woche allein im Urwald verbringen und deinen eigenen Fuß essen.

Manche finden die Natur faszinierend, ich bin einfach nur enttäuscht. Wenn man eine Eichel in die Erde steckt, wird daraus ein Baum. Warum kein Eichenschrank? Das wäre doch viel nützlicher.

Wer hat sich „Bratwurst & Baklava“ ausgedacht? Entweder „Kartoffel & Knoblauch“ oder „Rollbraten & Raki“.

Die eindrucksvolle Renaissancefassade lädt zum Verweilen ein. Bei älteren Betrachtern juckt der Tschaikowski.

Sonntag, 31. März 2024

Neulich im LKA Saarbrücken

 

A: Ich glaube, ich bin der Richtige als Undercover-Agent beim peruanischen Drogenring, Captain Ramazotti. Ich habe mir schon einen safrangelben Hoodie, eine Adidas-Jogginghose und goldene Sneaker besorgt. Seit über einer Woche lasse ich mir einen Drei-Tage-Bart wachsen. Im Einsatz werde ich mich Tito „El Locco“ Escobar nennen.

B: Denken Sie an Ihren letzten Undercover-Einsatz im Model-Milieu, Spumanski.

A: Ich hatte eine blonde Perücke und habe vorher ein Brazilian Waxing machen lassen.

B: Sie haben einen BMI, der höher ist als der IQ von Heidi Klum.

A: Aber ich habe sehr verständnisvoll mit den anderen Models gesprochen.

B: Sie haben mit Edding die Stellen markiert, die Ihnen an Ihren Kollegen nicht gefallen haben. Und beim ersten Shooting haben Sie Ihre Dienstwaffe gezogen.

A: Immerhin habe ich einen Verkäufer von Abmagerungspillen hochgehen lassen.

B: Das war eine Apotheke, Spumanski. Es gab drei Tote. Und denken Sie an Ihren Undercover-Einsatz gegen die serbische Mafia in Kleinbittersdorf.

A: Niemand hat es bemerkt.

B: Sie haben Sliwowitz als Getränk für Homosexuelle bezeichnet und den Mafiaboss mit Cevapcici beworfen.

A: Ich mag Roter Stern Belgrad einfach nicht. Sie wissen, dass ich Gladbach-Fan bin.

B: Das Burning Man Festival in Völklingen?

A: Ich habe gesagt, ich wäre Rex Gildo. Dazu habe ich „Hossa“ gerufen und vorher Bräunungscreme aufgetragen. Das war einzige Weg, um in den Backstage-Bereich zu kommen.

B: Rex Gildo ist tot.

A: Bitte, Captain. Diesmal werde ich es nicht vermasseln.

B: Sagen Sie mal was auf Spanisch.

A: Dove non ci sono capelli mal si pettina.

B: Sie machen Witze über meine Glatze? Wie wäre es mit einem Undercover-Einsatz im Archiv?

Samstag, 30. März 2024

Bonetti enthüllt: Mario Bohlen ist der Mann meiner Cousine

 

Blogstuff 936

Ostern in Jerusalem verbringen? Das war schon bei Jesus keine gute Idee.

Lange bevor Multifunktionsjacken unseren Alltag erobert haben und Firmen wie Jack Wolfskin steinreich wurden, gab es Anfang der Achtziger stylische Lederjacken mit vielen Reißverschlüssen, die alle ins Nichts geführt haben. Trendsetter waren Michael Jackson im Beat-It-Video und ich. Leider war der Hunsrück damals noch nicht so weit. Mir lag keine einzige Frau zu Füßen. Aber Michael hat mir nicht nur die Idee mit der Jacke, sondern auch die ganzen Moves (Moonwalk!) und die Choreo geklaut. Aber da stehe ich drüber. Ich muss nicht darüber reden.

Ich vermisse die Zeit, als ich ein ganzes Kinopublikum mit meinen endlosen Kommentaren zu Logiklöchern und Anschlussfehlern zur Weißglut getrieben habe. Wenn mir nichts mehr einfiel, kam Stufe 2: Ich habe einfach mit meiner Chipstüte geknistert. Und dann die Kaugeräusche!

Bevor Stephen King „Es“ geschrieben hat, hatte niemand Angst vor Clowns. Der Mann hat einen ganzen Berufsstand vernichtet. Hätte er nicht einen Zahnarzt zum Bösewicht machen können? Vor diesen Leuten hatten wir alle schon immer Angst.

Der Humor hat sich unglaublich weiterentwickelt. In den siebziger Jahren, in der Zeit von Peter Frankenfeld und Rudi Carell, wäre mein Mördergag „Kennen Sie den entflohenen Häftling?“ – „Flüchtig.“ eingeschlagen wie eine Bombe. Heute sitze ich in der Redaktion der Heute-Show und schaue in versteinerte Mienen. Nur Oliver Welke lacht, weil er auch so alt ist wie ich. Über Frauen darf man auch keine Witze machen. Sie: „Schatz, passe ich in diese Parklücke?“ Er: „Meinst du das Auto oder dich?“ Keiner lacht. Die einzigen Minderheitenwitze kann man über Saarländer erzählen. „Warum findet man ein saarländisches Kind nicht beim Versteckspiel?“ – „Weil es niemand sucht.“ BÄM. Mike-Drop. Aber eines Tages kommen die alten Gags zurück, im Rahmen der sogenannten Postmoderne. Postmoderne heißt: Wir machen dasselbe wie früher, aber jetzt ist es ironisch reflektiert. Die Metaebene lässt grüßen.

Die Osterfeiertage sind traditionell das Fest der Schrottfilme. Bud Spencer, Winnetou, Eddy Murphy – und natürlich die James-Bond-Reihe. In „Octopussy“ wird kein Indien-Klischee ausgelassen. In diesem Land schläft man auf Nagelbrettern und reitet auf einem Elefanten zur Arbeit, meistens als Schlangenbeschwörer auf dem Marktplatz. Ein Zwölfjähriger könnte diese Drehbücher schreiben. In den alten Bond-Filmen geht es fast immer um Atombomben, die Frauen sind entweder willig oder böswillig und am Ende gibt es ein gigantisches Gemetzel mit vielen Explosionen. Und sobald die drittklassige Bumsmusik einsetzt, die nicht mal in einem Porno laufen würde, wissen wir genau, dass der Agent Ihrer Majestät nach einem kaum einminütigen Dialog den außerehelichen Geschlechtsverkehr vollziehen wird. Da könnte ich auch gleich „Karlsson vom Dach“ gucken, dieser Idiot mit einem Propeller auf dem Rücken. Das fand ich schon als Kind völlig unrealistisch.

Demnächst in Ihrem Kino: „Bibel 2 – Die Abrechnung.“

Donnerstag, 28. März 2024

Kafka

 

„Man darf ihn nicht wie einen Schriftsteller sprechen lassen, der pausenlos literarische Sätze von sich gibt.“ (Reiner Stach)

Zum hundertsten Todestag von Franz Kafka in diesem Jahr, genauer gesagt am 3. Juni, hat die ARD eine opulente sechsteilige Reihe gedreht. Nichts von der Stange, wie bei vielen Fernsehproduktionen in Deutschland üblich, auch nicht einfach chronologisch, sondern mit thematischen Schwerpunkten und vielen Sprüngen zwischen den Zeitebenen und Perspektiven. Auch die ambivalente Rolle von Max Brod, der das Werk im Alleingang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, anstatt die Manuskripte Fachwissenschaftlern und Verlegern zu übergeben, wird angesprochen.

Dennoch bleibt die Figur des berühmten Prager Schriftstellers sehr künstlich, manieriert und befremdlich. Er spricht die ganze Zeit nur in druckreifen Zitaten und nicht wie ein Mensch, der in seinem Alltag, wie wir alle übrigens, eine Menge belanglose Oberflächlichkeiten von sich gibt. Da hat mir die dreibändige Biographie von Reiner Stach, die ich jedem nur ans Herz legen kann, auch wenn sie etwa zweitausend Seiten umfasst, sehr viel besser gefallen.

Ich habe Anfang der achtziger Jahre angefangen, mich mit Kafka zu beschäftigen. Alle Romane mehrfach gelesen, alles andere inklusive der Tagebücher und Briefe. Mein Abiturarbeit 1985 im Deutsch-Leistungskurs habe ich über Kafka geschrieben. Daher kann ich nicht beurteilen, wie die Serie auf Zuschauer wirkt, die nie etwas von ihm oder über ihn gelesen haben. Ich stelle es mir schwierig vor, in diese rätselhafte Welt der Prager Bohème einzutauchen.   

Ich muss in diesem Zusammenhang an einen Schulfreund denken, der ebenso begeistert war wie ich. 1986/87 waren wir dreimal in Prag, haben noch den morbiden Verfall dieser Stadt gesehen, der so gut zu Kafkas Werk passt. Gerade habe ich von einer Freundin, mit der ich 1994 in Prag war, eine Ansichtskarte bekommen. Sie schreibt die Stadt habe sich doch sehr verändert. Ich war zum achten und letzten Mal 2010 dort, da war die Stadt schon so bunt und amerikanisch wie Disneyland.

Besagter Freund wurde vor knapp zwanzig Jahren von Suhrkamp beauftragt, eine Kafka-Biographie zu schreiben. Zur selben Zeit schrieb ich meine Gandhi-Biographie für die gleiche Reihe. Der Verlag hat sich geweigert, sein Manuskript zu veröffentlichen. Über die Gründe wollte er nie sprechen. Er hat danach nie wieder versucht, ein Buch zu schreiben. Eine Tragödie von kafkaesken Dimensionen.

Zum „Kafkafranzl“ (Eckard Henscheid) hat jeder, der sich für Literatur interessiert, eine klare Meinung. Entweder ist man fasziniert oder entsetzt. Seine Schriften bieten ein weites Feld für Interpretationen. Für die einen überwiegt der psychologische und autobiographische Aspekt, für die anderen die Gesellschaftskritik (das isolierte Subjekt, das von einer anonymen Bürokratiemaschine zermalmt wird), man kann es satirisch lesen und als blanken Horror verstehen (v.a. Verwandlung, Strafkolonie).

Sein Leben ist voller rätselhafter und verstörender Elemente: der Vater ist ein cholerischer Despot, trotz abgeschlossenem Studium und Festanstellung lebt er in seinem Kinderzimmer, dem „Hauptquartier des Lärms“, so dass er nur nachts zum Schreiben kommt, als Jude und Vegetarier ein ewiger Außenseiter, seine Unfähigkeit zur Selbstvermarktung (im Internetzeitalter wäre er untergegangen), er überhäuft eine Frau, die er nur einmal getroffen hat, mit hunderten von Briefen (ein literarischer Stalker), hat aber erst am Ende, als er schon todkrank ist, eine Freundin. Vielleicht ist es das alles, neben der unbestrittenen Qualität seiner Werke, was ihn zu einem Schriftsteller macht, der bis heute unvergessen ist.  

Für mich ist Kafka wie LSD. Seine Texte verstärken die Gefühle und Gedanken. Ängstliche Menschen bekommen Angst, lustige Menschen fangen an zu lachen, nachdenkliche Menschen werden zu neuen Überlegungen angeregt, Philosophen beginnen zu philosophieren. Es lässt mich nicht los, aus diesen unruhigen Träumen erwacht man nicht mehr. Auch wenn inzwischen Jahre vergehen, bis ich wieder zu seinen Büchern greife.