Pazifismus lässt sich eigentlich
sehr einfach definieren: Als Pazifist lehne ich jede Form von Gewalt zur
Durchsetzung von Interessen ab und bin gegen den Krieg als Mittel der Politik.
1984 habe ich den Kriegsdienst verweigert und dem Kreiswehrersatzamt meine
schriftliche Begründung geschickt. Was mir als persönliche Haltung seit
frühester Jugend klar gewesen war, hatte ich zum ersten Mal systematisch in
Schriftform dargelegt.
In meiner Familie hatte es
etliche Tote im Zweiten Weltkrieg gegeben, die Familie meiner Mutter verlor
ihre schlesische Heimat und der Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion
schwebte damals wie ein Damoklesschwert über uns allen. Ich war
selbstverständlich ebenso gegen den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979
wie gegen den Einmarsch der US-Truppen in Grenada und Panama in den achtziger
Jahren. Ich verurteilte Saddam Husseins Angriffskriege gegen den Iran und
Kuwait ebenso wie die amerikanischen Angriffskriege gegen Afghanistan und den
Irak. Serbiens Kriege gegen Kroatien und Bosnien-Herzegowina fanden ebenso meine
Ablehnung wie das NATO-Bombardement Serbiens.
Genauso klar war meine Haltung
jedoch auch bezüglich des Widerstands gegen Aggressoren. Ob es die französische
Resistance oder die Partisanen auf dem Balkan, ob es die Mudschaheddin oder die
Kurden waren, alle hatten und haben das Recht, sich zu wehren. Niemand soll
sich widerstandslos in die Sklaverei oder zur Schlachtbank führen lassen. Auch
das gehört zum Pazifismus dazu: das Recht, für seine Freiheit oder um sein Leben
zu kämpfen, wenn er angegriffen wird.
Man kann also nicht gleichzeitig
Pazifist und Putinist sein. Pazifisten lehnen den Angriffskrieg Russlands gegen
die Ukraine ab. Entweder man steht zu dieser Haltung oder man ist Bellizist. Da
helfen auch keine windschiefen rhetorischen Konstruktionen und Wortklaubereien.
Wer den Krieg und seinen Verursacher verherrlicht, hat von Frieden und Ethik zu
schweigen. Und wer einen russischen Massenmord mit einem amerikanischen
Massenmord rechtfertigt, verdient unser aller Mitleid.