Dienstag, 25. Januar 2022

Der Faktor Zeit

 

Es war unglaublich, wie schnell Tesla die neue Fabrik fertiggestellt hat. Nicht weit davon entfernt hat die öffentliche Hand einen neuen Flughafen gebaut. Ein zäher Prozess, ermüdend langsam, oft kurz vor dem völligen Scheitern und sehr teuer. Die Tesla-Fabrik ist High Tech, die Abfertigungshalle des BER ist nur eine Art Einkaufszentrum, in dem man auch noch seinen Koffer abgeben kann.

Ein zweites Beispiel: Biontech. In Windeseile wurde ein Impfstoff gegen ein neuartiges Virus entwickelt und die Produktionskapazitäten erweitert. Wenn eine technische Banalität wie ein Windrad gebaut wird, dauert es bis zu acht Jahre von der Antragstellung bis zum Abschluss des Projekts.

Das politische System ist im Vergleich zur Wirtschaft, die ihre Abläufe und Entscheidungswege seit Jahrzehnten immer effizienter und „schlanker“ gestaltet, hoffnungslos unterlegen. Zu langsam, zu schwerfällig. Es ist noch nicht einmal in der Lage, die Infrastruktur, die von früheren Generationen aufgebaut wurde, instand zu halten. Im Vergleich zu den großen Konzernen ist die deutsche Bürokratie eingerostet, dysfunktional und ein einziges Innovationshindernis.

Es begann in den achtziger Jahren, als Unternehmensberater und Shareholder den Unternehmen Feuer unterm Hintern machten. Jetzt ist der Abstand zwischen Wirtschaft und Politik gigantisch. Einfache Infrastrukturmaßnahmen wie die Erneuerung des Stuttgarter Bahnhofs werden zu Pharaonenprojekten. Simple organisatorische Aufgaben wie die Versorgung der Bevölkerung mit Schutzmasken und Impfstoffen verlaufen chaotisch bis katastrophal. Die aktuelle Corona-Politik ist ein einziges Desaster. Wäre Deutschland ein Unternehmen, hätte der Vorstandsvorsitzende längst zurücktreten müssen.

Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass der Druck auf die Demokratie zunehmen wird. In den Betrieben herrscht eine straffe Hierarchie, die diktatorisch operiert. In den Parlamenten und Verwaltungen wird die Zeit mit ergebnislosen Diskussionen verplempert. Aber wenn der Wirtschaft, der CPU des Staatswesens, eine Krise droht, zum Beispiel die Bankenkrise und die Eurokrise, treibt man die Abgeordneten wie Vieh zusammen und lässt sie hastig über komplexe Gesetze abstimmen, die niemand hinterfragt.

So wird es in Zukunft häufiger sein. Die Demokratie ist nur noch eine Fassade, Wahlen sind Rituale. Die Mehrheit weiß es längst und verachtet daher die Politik und ihre Darsteller. Politik wird nicht im Parlament gemacht, auch nicht in den Ministerien. Man wird die Entscheidungswege verkürzen und sich dabei an den Unternehmen orientieren. Die Republik als Farce. Genau darüber habe ich übrigens meine Doktorarbeit geschrieben, die ich 1995 an der FU Berlin eingereicht habe. Ich wünschte, ich hätte unrecht gehabt.  

P.S.: Dieser Prozess der McKinseyisierung ist in den Bundesministerien gerade in vollem Gang, wie man an den immensen Kosten für externe Berater sehen kann. Die Umstellung der Gesundheitsämter von Fax auf Windows XP wird später folgen.

Junior Senior - Move Your Feet (Official music video, HD) - YouTube

17 Kommentare:

  1. Events im Januar 2022
    25 Di

    Gegenteiltag
    Tag des eigenen Zimmers
    Nationaltag der schokoladenüberzogenen Nüsse
    Burns Supper

    ... BIN DAGEGEN 👍🤫👌😉🤗

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    1. Oh nein - und ich habe gestern Schoko Crossies statt Treets gekauft.

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  2. Wenn nur Sch.... gebaut wird, sollte man eventuell den staatlich organisierten Kampfmittelräumdienst ranlassen. Der scheint ja jeden Pfropf zu lösen.😉

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  3. Also das mit den Besprechungen ist in der Wirtschaft auch so eine Sache.
    In der Realität wird nur vage rumgelabert und richtige Entscheidungen vermieden. Die eigentlichen Entscheidungen werden dann von mittleren Chargen oder Sachbearbeitern gefällt. Sprich die lässt man die Fehler von anderen machen. Schnell ist das. Oft auch Fachmännisch. Und gefährlich.

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  4. Die Beispiele taugen doch hinten und vorne nicht, um die These zu belegen.

    Einen Hauptstadt-Flughafen mit einer Fabrik in der Pampa vergleichen?

    Ein zweites Beispiel: Biontech. In Windeseile wurde ein Impfstoff gegen ein neuartiges Virus entwickelt und die Produktionskapazitäten erweitert.
    Biontech hat nur entwickelt, d.h. ein kleines Progrämmchen geschrieben.
    Produziert wird von einem etablierten großen Pharmakonzern.
    Und es wurden direkt riesige Summen dafür bereitgestellt.

    Die öffentliche Hand (Charité) hat in Windeseile den PCR-Test entwickelt.

    Die Masken fehlten, weil "die Wirtschaft" nicht genug produzieren konnte.

    Für den Erhalt der internen Infrastruktur wird auch in "der Wirtschaft" nur das gar nicht mehr Vermeidbare getan.

    Dieser Prozess der McKinseyisierung ist in den Bundesministerien gerade in vollem Gang, wie man an den immensen Kosten für externe Berater sehen kann.
    Was denn nun? Machen die Unternehmensberater Feuer unterm Hintern oder sorgen sie nur für noch mehr Chaos?

    Wie passen PPPs zur These? Diese Projekte laufen doch gerade wegen des privaten Einflusses so schlecht.

    Wie passt die Verschlechterung der Qualität durch Privatisierungen zur These?

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    1. Um alle Ihre Fragen zu beantworten, müsste ich einen Text schreiben, der wesentlich länger als der Blogpost ist. Daher greife ich nur zwei Punkte heraus:

      Die Tesla-Fabrik ist technologisch auf einem sehr viel höheren Niveau als die Abfertigungshalle des BER. Das hat auch nichts mit dem Standort zu tun. Beide Gebäude liegen am Stadtrand von Berlin. Die Tesla-Fabrik wurde für einen Bruchteil der Kosten in einem Bruchteil der Zeit fertiggestellt. Am BER wurden mindestens fünf Milliarden € Steuergelder verschwendet. Die eigentliche High Tech im Flugverkehr steckt im Tower und in den Flugzeugen, nicht im Kofferband und den Rolltreppen.

      Ich war selbst bis vor 15 Jahren in der Beratung der öffentlichen Hand tätig. Damals gab es noch kaum Unternehmensberatungen, die in der Verwaltung tätig waren. Einer der Gründe: Damals lag der Tagessatz, der z.B. in meinem Fall in Rechnung gestellt wurde, etwa bei der Hälfte von McKinsey, KPMG, Boston Consulting usw. Was in den 80ern in den Unternehmen begann, findet erst seit etwa zehn Jahren in den Behörden statt. Beim Zeitlupentempo der Verwaltung dauert der Prozess natürlich auch länger. Das macht den direkten Vergleich von Wirtschaft und Verwaltung schwierig.

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    2. Also bitte bitte bitte, diese Tesla-Fabrik ist kein high tech.
      Es ist nur eine Fabrik mit Maschinen.
      Denke, die dort verbaute, installierte Technik ist mit dem BER durchaus zu vergleichen.
      Ansonsten richtig, BER vollpanne, alles Pfeifen, furchtbar, peinlich, lächerlich.
      Aber wenn man Ing. Kumpels in Weltfirmen hat ( will keine Namen nennen ), und die mal in´s erzählen kommen.....da passieren auch unbeschreibliche Dinge.
      Aber in anderen Ländern/Kulturen passieren noch ganz andere Sachen, aus diesem Grund sind wir hier in D immer noch konkurrenzfähig.
      Isso ! Auf der ganzen Welt stehen jeden Morgen millionen Pfeifen auf.

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    3. Aber wenn man die Geschwindigkeit vergleicht, in der geplant und gebaut wurde, ist die Bilanz für BER und S21 verheerend. Von den Kosten nicht zu reden ...

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    4. P.S.: Die Industrieroboter bei Tesla sind natürlich im Vergleich zu den Rolltreppen und automatischen Türen am BER High Tech. Offensichtlich haben Sie sich mit dem Thema nicht beschäftigt.

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    5. "Nicht mit dem Thema beschäftigt", ähhh........
      Ich entwickle seit Jahrzehnten CNC-Maschinen, wenn man so will auch Roboter.
      Nein, Industrieroboter gibt es seit über 30 Jahren, das ist keine high tech mehr, das ist Stand der Technik.
      Und so ein E-Auto ist technisch sowie regelungstechnisch der Witz.
      Hier müssen nur die Befehle schneller, langsamer und gleichbleibende Geschwindigkeit verarbeitet werden. Das programmiert ihnen ein Student im dritten Semester, natürlich nicht im Fach Soziologie.
      Meiner Meinung nach gibt es seit Jahren keine neuen Entwicklungen, die den Namen high tech verdienen.

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    6. Dann können Sie uns allen ja auch sicher erklären, was am BER sechs Milliarden Euro gekostet hat :o)))

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    7. Korruption, Unfähigkeit, Arroganz, Überschätzen der eigenen Fähigkeiten, Roman.. Roman..Roman..

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  5. So böse und unfähig ist die Verwaltung gar nicht. Die Verwaltung ist mit der Umsetzung halbgarer Gesetze und Verordnungen
    überfordert, weil sie personell entkernt wurde und technisch rückständig ausgestattet ist.
    Mit dem Outsourcing von Dienstleistungen wurde ebenso die Kontrolle über Abläufe und finanzielle Mittel ausgelagert. So wurden unkontrollierbare Selbstbedienungsläden geschaffen.
    Die Privatisierung öffentlicher Bereiche, insbesondere der Grundversorgung muss rückgängig gemacht werden.

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    1. Ich habe die Verwaltung nicht als böse und unfähig dargestellt. Es ist politisch gewollt, dass viele Bereiche (z.B. Energie) privatisiert wurden. Behörden wurden, wie in Berlin, bewusst kaputt gespart. Wowereit und Sarrazin haben ganze Jahrgänge bei Verwaltungsbeamten, Lehrern, Polizisten usw. nicht übernommen. Daher die heutigen Probleme. Der Einfluss der Konzerne auf die Politik ist in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen. Daher meine Sorge um demokratische Abläufe, die nun einmal ihren eigenen Rhythmus und ihr eigenes Tempo haben.

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    2. " Wir müssen sparen !", diesem Mantra wurde die Handlungsfähigkeit der gesamten Verwaltung geopfert.
      Ob Kontrollbehörden mit Absicht zerspart wurden, bliebe zu prüfen. Dem Laschet sagt man nach, in NRW Umweltbehörden aus niederen Beweggründen zerstört zu haben.
      Es muss aber einleuchten, dort wo menschliche Arbeitskraft nicht durch Maschinen und Effizienz zu ersetzen ist ( Pflege, Pädagogik, Justiz etc.), führt sparen zu Mangel. Das Thema Löhne und sparen ist da nur ein weiteres Problem.
      Dem VWLer stehen beim Thema sparen ohnehin die Haare zu Berger.

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  6. Ich vermisse passende Fotos aus Nordkorea.
    Die wissen wie es geht.
    "Wahlen mit mehr als einem Kandidaten bedeuten nur Probleme" Kim Jong-Un

    Scherz beiseite, neulich auf Arte eine Doku über eine Reisegruppe mittelständischer, deutscher Unternehmer in China. Nach der Hälfte der Reise hatten die ausnahmslos Pippi in den Augen, "was mit straffer Führung alles möglich wäre".
    Ich bin überzeugt davon, wären bei der Ankunft in Deutschland Hakenkreuz-Binden verteilt worden, hätte keiner abgelehnt. Und ob dann letztendlich Adolf oder Amazon für "straffe Führung" sorgen würde, ist dem Kapitalisten aber sowas von Wumpe.

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    1. Eben. Deswegen bin ich ein strikter Gegner der ganzen neoliberalen Privatisierungen. Wer die Bahn in den 70ern erlebt hat und jetzt, kennt den Unterschied. Es wird nicht besser, wenn ein Konzern das Mark einer Dienstleistung aus den Knochen saugt.

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