Dienstag, 28. April 2015

Eine kurze Bemerkung zum Stichwort „Revolution“

„Man trägt die Revolution nicht auf den Lippen um von ihr zu reden, sondern im Herzen um für sie zu sterben.“ (Che Guevara)
Gab es jemals eine erfolgreiche Revolution? Nach der französischen Revolution 1789 folgten die jakobinische Schreckensherrschaft und der Aufstieg des korsischen Kleinbürgers Napoleon zum Kaiser, der ganz Europa in den Krieg stürzte. Nach der russischen Revolution 1917 folgte der Aufstieg des georgischen Kleinbürgers Stalin zum Diktator, dessen Horrorshow mehr Menschenleben gekostet hat als jede Zarenherrschaft zuvor. Nach der deutschen Revolution 1918 folgte der Aufstieg des österreichischen Kleinbürgers Hitlers, der die Welt in den größten Krieg der Geschichte gestürzt hat. Was hatten wir neulich? Den arabischen Frühling. Auch gescheitert.
„1968“? Das war keine Massenerhebung, das waren höchstens ein paar zehntausend Leute, vorwiegend Studenten. Später hat der Staat die Bewegung unterwandert und diskreditiert bzw. die Mitglieder mit fetten Jobs zugeschissen. Einfach mal „Peter Urbach“ in die Suchmaschine eingeben. Oder „Joschka Fischer“. „1989“? Die Ostmenschen wurden mit Westwaren in die Falle gelockt und bekamen am 1. Juli 1990 die D-Mark, den ultimativen Konsumfetisch. Sehr schnell war von Veränderungen keine Rede mehr, freudig hat man dem Konzernkapitalismus die eigene Kehle dargeboten. „2015“? Das wohltemperierte Rollenspiel zum Thema Revolte, das die deutsche Jugend alljährlich am 1. Mai in Kreuzberg zur Aufführung bringt, ist ein fester Bestandteil deutscher Sitten und Gebräuche geworden, ein liebgewonnenes Ritual wie der Kölner Karneval oder das Vatertagsbesäufnis, die allesamt im Wesentlichen den Saturnalien der Antike nachempfunden sind.
Wer sollte eine Revolution machen? Wo finden wir in diesem Land ein revolutionäres Subjekt? Die Grundbedürfnisse nach billigem Fusel, Tiefkühlpizza, Internetpornographie und albernen Fernsehshows sind befriedigt. Alle anderen Bedürfnisse hat man den Menschen erfolgreich ausgeredet. Besteht Hoffnung auf Veränderung? Ja, aber nicht für uns. In den Zentren der Welt hat sich eine tödliche Dekadenz breitgemacht. Erloschene Köpfe, wir haben aufgehört zu träumen. Wir sind so alt, bequem und dick geworden wie die Bürger Roms am Tag vor dem Untergang des Imperiums. Die Deutschen sind mit ihrer Lebensweise nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Wenn eines Tages der Aufstand kommen sollte, dann wird er von den Rändern der Welt, von ihrer Peripherie auf die Zentren in Nordamerika und Europa zurasen.
Das Durchschnittsalter der Menschen im Tschad oder in Mali ist sechzehn Jahre, im Jemen und in Afghanistan um die siebzehn Jahre. Kein Land in Afrika südlich der Sahara – mit Ausnahme von Südafrika - hat ein Durchschnittsalter von über zwanzig Jahren. Der Deutsche ist im Durchschnitt 46. Gemeinsam mit Japan und Monaco bilden wir das Schlusslicht der Rangliste. Alte Menschen rebellieren nicht mehr, junge Menschen schon. Sie glauben, Uncle Sam wird mit seinen Drohnen, Bombern und Söldnern die Jugend der Welt von unserem aufgeblasenen Wohlstand fernhalten? Dann muss ich Sie enttäuschen.
Die Peripherie hat das Zentrum schon längst erreicht. Sie lebt in den Banlieues unserer Städte, in den Vierteln, in die wir uns längst nicht mehr trauen. Wer hat wohl im Morgengrauen das Obst vom Großmarkt geholt, mit dem sich die vegan lebende Yoga-Lehrerin aus dem Prenzlauer Berg ihren Smoothie mixt? Wer hat das Schiff mit den chinesischen Apple-Produkten entladen, die der Hipster aus der Werbeagentur in Konstanz und der Studienrat in Düsseldorf gar nicht mehr aus der Hand legen wollen?
Die reichen Deutschen können gar keine Revolution machen, höchstens eine Palastrevolte der Höflinge. Aber auch das wird nie passieren.
Genießen Sie die Aussicht!
The Pogues - A Pair of Brown Eyes. https://www.youtube.com/watch?v=421pZgg-vlY

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