Samstag, 7. Dezember 2024

Das Wunder

 

Benjamin Runzmutzler hat Schuppenflechte. Vor allem sein Rücken ist großflächig betroffen. Also geht er zum Hautarzt. Im Sprechzimmer bittet der Arzt ihn, sich bis auf die Unterhose auszuziehen. Er betrachtet Ben von allen Seiten.

Dann ruft er aus: „Heilige Mutter Gottes!“

Ben fragt ihn: „Was ist?“

„Es sieht aus wie Jesus. Sie tragen ein Porträt von ihm auf dem Rücken.“

„Machen Sie Witze?“

Der Arzt macht mit seinem Handy ein Foto und zeigt es ihm.

„Großer Gott!“

***

Einen Monat später pilgern hunderte zu Ben und wollen seinen Rücken sehen. Er hat inzwischen einen Manager, der die Spenden der Gläubigen entgegennimmt und das Merchandising organisiert. Tassen, T-Shirts, Mousepads – das volle Programm.

Nachdem Ben (das heißt übersetzt übrigens Sohn, was für ein genialer Schachzug des Autors) bei RTL aufgetreten ist, wird er ein Star und kann ohne Bodyguards gar nicht mehr aus dem Haus. Schließlich erfährt auch die katholische Kirche von dem Porträt und berät, was zu tun sei. Irgendwann wird die Sache dem Papst vorgetragen. Er beschließt nach reiflicher Überlegung, Bens Hautkrankheit als Wunder anzuerkennen und ihn heiligzusprechen.

Also reist Ben nach Rom.

***

Der Papst fragt ihn: „Sind die Wundmale echt?“

„Ich schwöre es Ihnen, Herr Pontifex.“

„Das hoffe ich für Sie, Ben. Gott ist nicht so nachsichtig wie ich.“

„Ich sage die Wahrheit.“

„Glauben Sie, dass Gott dir die Wundmale geschenkt hat?“

„Ich weiß es nicht. Vielleicht war es auch nur Zufall.“

„Ich finde Ihren fehlenden Glauben beunruhigend.“

„Aber ich glaube an die Macht der katholischen Kirche.“

„Es ist Ihr Schicksal. Schließen Sie sich mir an, und gemeinsam können wir als Vater und Sohn die Galaxie regieren.“

„Ja, Eure Heiligkeit.“

„Gott wird dir die wahre Natur der Macht zeigen. Er ist jetzt dein Meister.“

„Ich werde ihm folgen.“

„Die Macht ist mit dir, junger Runzmutzler.“

Ben kniet nieder und küsst den Ring des Papstes.

Er schaut auf ihn hinab und sagt: „Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen.“

„Würdet Ihr auch etwas für mich tun?“

„Natürlich, mein Sohn. Sprich es offen aus.“

„Tötet Donald Trump, Don Franziskus.“

„Ben, Ben, was habe ich dir getan, dass du mich so respektlos behandelst. Du kommst in mein Haus, am Hochzeitstag meiner Tochter und bittest mich, einen Mord zu begehen.“

***

Als Ben den Papst verlässt und durch die Sixtinische Kapelle in Richtung Ausgang geht, fällt ihm auf, dass die Figuren auf einem Bild wie ein V angeordnet sind. Er bleibt stehen und sieht sich die Kapelle genauer an. Da ist auch ein E und ein R. Schließlich hat er das Wort Verschwörung beisammen. Den Rest können Sie im neuen Roman von Dan Brown lesen.

P.S.: Der Dank für die Zitate geht an Darth Vader und den Paten.

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