Ich
hatte für ein paar Tage eine Wohnung in der Prager Josefstadt gebucht. Zwei
helle große Zimmer, Küche, Bad. Tagsüber flanierte ich durch die Innenstadt,
die ich von früheren Reisen gut kannte. Vierzig Jahre zuvor war ich zum ersten
Mal hier gewesen, damals auf den Spuren Kafkas.
Eines
Abends, ich kam nach Gulasch, Knödeln und fünf Gläsern des hervorragenden Biers
in die Wohnung zurück, beschloss ich, einen Blick in die Abstellkammer am Ende
des Flurs zu werfen. Vielleicht gab es hier noch Wein oder Schnaps? Ich öffnete
die Tür und war überrascht. Der Raum war schmal, schien aber sehr lang zu sein,
denn sein Ende verlor sich in der Dunkelheit.
Es gab
keinen Lichtschalter, als ging ich ein paar Schritte hinein und wartete, bis
sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. An der rechten Wand befanden
sich schlichte hölzerne Regale mit verstaubten Kisten, einer alten
Schreibmaschine, Werkzeug und Einmachgläsern.
Ich
ging etwas weiter und sah eine große Puppe, die im Regal saß. Offenbar eine
Bauchrednerpuppe, denn sie hatte grotesk übertriebene Gesichtszüge, einen
knallroten Mund und Augen ohne aufgemalte Pupillen. Ich hörte ein leises
Wispern und konzentrierte mich auf den Klang. Waren es Worte?
„Komm
näher“, flüsterte sie.
Ich
ging tiefer in die Kammer hinein.
„Komm
näher“, flüsterte sie.
Ich stellte
mich vor sie. Nun konnte ich den gestickten Namen auf ihrem Kleid lesen.
Loreley. Ein merkwürdiger Name für eine Puppe.
„Komm
näher“, flüsterte sie.
Ich
beugte den Kopf nach vorne und blickte direkt in ihre toten Augen.
Plötzlich
hatte ich das Gefühl, hinter mir sei etwas Unheimliches, doch ich hatte Angst,
mich umzudrehen.
„Komm
näher“, flüsterte sie.
Aber
ich zögerte.
Da
fiel die Tür zu und ich war in der Finsternis gefangen.
Einen
Augenblick später erwachte ich schreiend in meinem Bett.
Das
war das letzte Mal, dass ich eine Airbnb-Wohnung gebucht habe.
Prag ist immer eine Reise wert und dieses nicht nur wegen des exzellenten Bieres. Ein motorisierter Besucher kann dort mal sehr schnell sein Konto um einige Hundert Euro erleichtern. Bei uns piepte der Blitzerwarner an nahezu jeder Straßenkreuzung. Wer da noch die Puppen nicht nur sprechen, sondern tanzen lassen möchte, sollte die Öffentlichen nutzen. Schönen Sonntag!
AntwortenLöschenDanke, dir auch. Ich war 8 x da, 3 x vor dem Mauerfall. Damals waren Reisen hinter den eisernen Vorhang noch aufregend - und extrem günstig.
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