Montag, 6. Oktober 2025

Wie werde ich Politiker?

 

Drei Eigenschaften machen den erfolgreichen Politiker aus. Er agiert in der Öffentlichkeit wie ein Schauspieler vor der Kamera, er redet wie ein Gebrauchtwagenhändler und er ist inhaltlich so beweglich wie eine Schlange.

Ein Paradebeispiel ist Söder, Bayerns ungekrönter König der Herzen. Er trägt immer das passende Kostüm zur jeweiligen Rolle. Staatstragend im dunklen Anzug, in Indien einen Turban oder auf dem Oktoberfest den Trachtenjanker – vermutlich alles aus dem Fundus der Staatskanzlei oder der Agentur, die seine Auftritte betreut. Seine bis zum Exzess dokumentierten Mahlzeiten sind immer auf anbiedernde Weise volksnah. Bratwurst und Döner nehme ich ihm sogar noch ab, auch wenn es derlei Fastfood bei Kabinettsklausuren sicher nicht geben dürfte. Aber der Schweinefraß von McDonald’s? Ich nehme an, er beißt einmal für die Kameras hinein und lässt den Rest liegen, wie die Promis bei Werbeaufnahmen oder Schauspieler in Sitcoms, die bei ihren Tischgesprächen immer nur auf dem Teller herumstochern und nur selten mal ein Salatblättchen in den Mund nehmen. Genauso deplatziert war Friedrich Merz beim amerikanischen Bulettenbrater – als ob ein Multimillionär mit Privatflugzeug jemals so tief sinken würde. Man sollte ja als Politiker immer den aktuellen Butterpreis kennen, um Bodenhaftung zu dokumentieren. Vielleicht fragt mal jemand Friedrich Merz nach dem Preis für einen Big Mac.

Inhaltlich kann jeder beliebig viele Beispiele für die Wendigkeit von Politikern aufzählen. Söder forderte nach Fukushima 2011 den schnellen Ausstieg aus der Atomkraft, 2023 hätte er sich am liebsten an das letzte bayrische Kraftwerk Isar 2 gekettet, um die Abschaltung des Atommeilers zu verhindern. Verbrenner-Aus, kein Verbrenner-Aus. Baum umarmen, Grüne durch den Dreck ziehen. Merz kämpfte 2024 gegen die Ampel noch erfolgreich für die Einhaltung der Schuldenbremse, nur um 2025 mehr Schulden zu beschließen als Kohl für die komplette deutsche Einheit. Zusätzlich ist ein Drittel des aktuellen Bundeshaushalts schuldenfinanziert, Schäuble würde sich im Grab umdrehen. Stromsenkung für alle? Mal hü, mal nicht-hü.

Wie wird man eigentlich Politiker? Man darf keine festen Standpunkte vertreten, sondern sich in jungen Jahren der Mehrheitsmeinung der Partei anschließen. Außerdem braucht man eine Seilschaft, neudeutsch Netzwerk genannt, an deren Spitze ein etablierter Funktionär steht. Am besten, man macht sich anfangs im Wahlkampf durch Plakate-Kleben und Flyer-Verteilen nützlich und wird später sein Mitarbeiter. Man sollte nicht mit inhaltlichen Zielen in eine Partei eintreten, auf parteiinterne Kontroversen verzichten, sondern einfach das Karriereziel Berufspolitiker im Auge behalten. Tätigkeiten in anderen Berufsfeldern kosten nur wertvolle Zeit auf dem Weg nach oben. Wer in die Politik geht, um die Gesellschaft zu verändern, wird immer müde belächelt werden.

Ein anderes Beispiel ist Julia Klöckner. Sie sieht blendend wie ein Filmstar aus, trägt elegante Kleidung und setzt erfolgreich auf die Frauenquote, ohne das Wort in den Mund zu nehmen (Julia Klöckner MdB zum Thema #Frauen in der Politik - YouTube). Man sollte sich von dieser Fassade nicht blenden lassen. Ich kannte ihre langjährige Sekretärin sehr gut, als ich noch im Hunsrück gewohnt habe. Sie hatte damals Gebärmutterkrebs im Frühstadium und das Organ musste ihr operativ entfernt werden. Sie lag fünf Wochen im Krankenhaus. Frau Klöckner hat sie in dieser Zeit nicht ein einziges Mal besucht, sie angerufen und auch nur eine Genesungskarte geschickt, obwohl das Krankenhaus auf dem Hin- und Rückweg zu ihrem Mainzer Dienstort lag. Klöckner feierte ihre Hochzeit in ihrem Heimatdorf Guldental, danach gab es eine Feier, zu der auch ihre Sekretärin eingeladen war. Das war die Veranstaltung für die Presse und den Pöpel. Anschließend gab es in Koblenz, im kleinen Kreis der Promis und Parteigranden, noch ein Menü, das von einem Sternekoch zubereitet wurde. Da ich in Schweppenhausen, nur wenige Kilometer von Guldental entfernt, wohnte, kenne ich auch einen ehemaligen Mitschüler vom Bad Kreuznacher Gymnasium an der Stadtmauer. Klöckner ist auf einem Weingut aufgewachsen, also das Kind einer Bauernfamilie. Er sagte, sie sei damals immer ein Bauerntrampel aus ärmlichen Verhältnissen gewesen. Man kann blendend aussehen und trotzdem eine Blendgranate sein.     

 

3 Kommentare:

  1. Gebärmutterkrebs ist schon schlimm genug. Da braucht frau nun wirklich nicht auch noch einen Anruf von einer windigen Nestlé-Drückerkolonnenführerin obendrauf, ich bitte Sie!

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    1. Da geht es um das kleine Einmaleins der Umgangsformen, nicht um Politik. Die besagte Sekretärin arbeitet nicht nur für die CDU, sie ist selbstverständlich auch Parteimitglied. Nächstenliebe wird bei den Christdemokraten bekanntlich großgeschrieben ;o)

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    2. Selbstredend. Dicht gefolgt vom GLAUBEN (z.B. daran, dass Friedrich Merz uns noch herrlichen Tagen entgegenführen wird) und von der Hoffnung (dass zur nächsten Wahl die Leute nicht hingehen, deren Tage dann doch nicht so herrlich wurden).

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