„Die Pfalz ist wie die Antarktis. Sie liegt irgendwo
im Süden und keiner fährt hin.“ (Andy Bonetti)
Es war
eine Mischung aus Überheblichkeit, Ungeduld und mangelnder Ortskenntnis, die zu
seinem Entschluss führte, sich nicht länger die endlose Reihe roter
Schlusslichter im Stau auf der vierspurigen Straße nach Downtown Pirmasens
anzuschauen, sondern in eine Seitenstraße abzubiegen, wo er sein Glück auf
einem kleinen Umweg versuchen wollte.
Udo
Hundgesang kam von einem Auftritt in einem Tageshotel, wo er an diesem Abend als
Big Mister Sunshine die Gäste mit Sinatra-Songs und harmlosen Späßen
unterhalten hatte. Mit dem öligen Charme eines Innsbrucker Oberkellners hatte
er fünfzig Zahnärzte aus Ostwestfalen volle zwei Stunden lang verzaubert.
Harald Juhnke nix dagegen.
Nun
hatte er sich in einem Gewirr kleiner Einbahnstraßen verfahren. Vermutlich war
er in der Lower East Side gelandet, dahinter kamen nur noch die Docks. Die
Häuser wurden niedriger und schäbiger. Dazwischen unbebaute Grundstücke voller Autowracks,
Müll und hüfthohem Unkraut. Sein Audi A 8 fiel zwischen den Dacias und Subarus
am Straßenrand unangenehm auf. Auch das Wiesbadener Kennzeichen und der
Heckaufkleber („Eure Armut kotzt mich an“) passten nicht so richtig in die
Gegend.
Er bog
nach rechts ab, in der Hoffnung irgendwo auf eine Hauptstraße und
Hinweisschilder zu treffen. Hundert Meter weiter stand ein Cabrio mitten auf
der Straße und versperrte ihm den Weg. Ohrenbetäubender Rap schallte zu ihm
hinüber. Um den Wagen standen jungen Männer mit klobigen Turnschuhen, Muscle
Shirts, riesigen Ohrringen und Tätowierungen. Offensichtlich hatten sie ihn
weder gehört noch gesehen.
Hundgesang
wartete zehn Meter hinter dem Wagen. Nichts passierte. Die Jungs lachten und
unterhielten sich. Er rollte auf die linke Seite, wo sich die meisten Leute um
den Fahrer versammelt hatten. Er stand inzwischen direkt vor ihnen. Keiner
drehte den Kopf. Er wartete wieder ein paar Minuten, dann hupte er.
Das
war ein Fehler.
Ein
untersetzter breitschultriger Mann mit Piratentuch und schwerer Goldkette löste
sich aus der Gruppe und kam auf ihn zu. Er beugte sich an seinem Seitenfenster
herab und klopfte gegen die Scheibe. Hundgesang sah die dichte Brustwolle, die
aus dem tiefausgeschnittenen Shirt quoll.
„Mach
mal die Scheibe runter!“ Der Typ hörte sich an wie ein lungenkranker Gibbon.
Hundgesang
schloss mit einem Knopfdruck alle Türen, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr
mit Vollgas zurück.
Ein
lauter Knall. Er kam zum Stehen. In seinem Rückspiegel sah er einen riesigen
Araber mit Vollbart, der aus einem Mercedes stieg. Verdammt! Den hatte er in
seiner Panik komplett übersehen.
Jetzt
kamen auch alle anderen zu seinem Wagen und standen um ihn herum. Hundgesang
sank in seinem Sitz ganz langsam Zentimeter um Zentimeter. Sie hatten ihm alle
vier Reifen abgestochen.
Was
sollte er jetzt machen? Er nahm sein Handy und tippte die 110 ein. Aber in
welcher Straße war er? Er hatte nicht auf die Schilder geachtet. Wie lange
würde die Polizei brauchen, um ihn in der Lower East Side zu finden? Er könnte
ihnen sagen, dass er gerade überfallen wurde. Aber wie sollte er den Unfall
erklären?
Dann
entleerte sich seine Blase. Ein weiterer Scheißtag in seinem Scheißleben als
Scheißentertainer in diesem Scheißland. Eigentlich war es ein Witz.
Toller Text! Könnte man verfilmen. Mit Tom Hanks, Bruce Willis, Melanie Griffith und Morgan Freeman in den Hauptrollen. Für die Regie sähe ich Brian De Palma...
AntwortenLöschenDanke! Ich bin bereits mit Til Schweiger und Bastian Pastewka in Verhandlungen.
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