Holgi
ist mein großes Vorbild. Ich frage mich vor jeder Entscheidung immer: Was würde
Holgi machen? Im Grunde genommen bin ich ohne Holgi völlig hilflos. Ich stehe
vor dem Supermarktregal und frage mich: Milka oder Ritter Sport, Ritter Sport
oder Milka? Ich würde ihn am liebsten anrufen, aber er ist ein
vielbeschäftigter Top-Manager. Ständig klingelt das Telefon, seine Mitarbeiter
wollen etwas von ihm und von hinten ruft einer „Holgi, wir haben schon wieder
einen neuen Großauftrag.“ Er ist das letzte Universalgenie der Menschheit.
Okay, in der Realität ist es etwas anders. Holgi ist sechzig und hatte im
letzten Jahr drei verschiedene Jobs. Im ersten Quartal hat er noch für eine
Firma gearbeitet, die ihn im Jahr zuvor vom Festangestellten zum freien
Mitarbeiter degradiert hat. Dann hat er – als Mieter und mitten in der größten
Krise des Gewerbeimmobilienmarkts seit Gründung der Bundesrepublik – bei einer Firma
angeheuert, die auf Gewerbeimmobilien spezialisiert ist. Dort sollte er als
Makler für Umsatz sorgen. Natürlich hat er keine einzige Immobilie verkauft. Hätte
er wirklich ein Bürohaus für zehn Millionen Euro an den Mann gebracht, würde er
es doch jedem hundertmal erzählt haben. Wenn Holgi drei Snickers im
Handschuhfach hat, gibt er schon an wie ein Sack Mücken. Er hat die Probezeit
(zweites und drittes Quartal) nicht überstanden und hat zum 1. Oktober bei
einer Drei-Mann-Klitsche angeheuert, die ihm noch nicht mal ein Büro zur
Verfügung stellt. Er hätte sich schon über ein Dixi-Klo auf dem Parkplatz
gefreut, wo er mit dem Laptop auf den Knien arbeiten kann. Holgi ist ein
wandelndes Unterhaltungsprogramm. Woher nimmt er nach einem Leben auf der
Bremsspur dieses unglaubliche Selbstbewusstsein, jedem Menschen, den er trifft,
ungefragt gute Ratschläge in privaten, beruflichen, finanziellen und
medizinischen Fragen zu geben? Ein Profilneurotiker im Größenwahn. Oder hat er
sich in eine Märchen- und Traumwelt zurückgezogen, weil er das eigene Scheitern
nicht akzeptieren kann?
Holgi
and Holgi only: Seine Tochter läuft jetzt Schlittschuh und will in einen Verein
eintreten, Holgi geht mit ihr auf die Eisbahn. Das erste Mal seit einiger
Ewigkeit steht er auf Schlittschuhen. Natürlich hat er sich direkt auf die
Schnauze gelegt. Am nächsten Tag klagt er über Knieschmerzen. Ich bin abends zu
Besuch und bleibe über Nacht. Am Frühstückstisch tut Holgi plötzlich tierisch
die Schulter weh. Seiner Meinung nach ist sie gebrochen. Ich sage: Holgi, wenn
sie gebrochen ist, würdest du die Kaffeetasse nicht hochheben und aus ihr
trinken können. Dann eben alle Bänder gerissen. Ich handle Holgi auf eine
Prellung runter. Ob er sich die Sache nicht mal im Badezimmerspiegel angesehen
hätte. Nö. Holgi ruft beim Orthopäden an, bekommt einen kurzfristigen Termin
und geht eine Stunde später zum Arzt. Als er wieder zurückkommt, frage ich ihn,
was los wäre. Er solle sich nicht so anstellen, hätte der Arzt gesagt, er hätte
nur ein paar blaue Flecken. Eisbeutel drauf und Ruhe bewahren. Aber so ist
Holgi. Wegen eines angeblichen Herzflimmerns hat er sich mal mit einem
Krankenwagen in die Notaufnahme bringen lassen. Natürlich hatte er gar nichts
und fuhr mit dem Taxi wieder nach Hause. Gott schütze unsere Hypochonder.
Nächste Woche: Holgi – Nahtoderfahrung Schnupfen.
Nachtrag:
Noch am selben Tag hat er mit seiner Tochter ausgemacht, eine Runde zu
bouldern, d.h. ohne Absicherung eine Kletterwand hochzukraxeln. Ich freue mich
jetzt schon.
P.S.: Bei
meinem letzten Besuch hat er mir den Rat gegeben, mit dem Schreiben und
insbesondere mit meinem Blog aufzuhören, weil man „damit nix verdient“. Der
ehemalige Hauptschüler ist stolz darauf, in seinem ganzen Leben noch kein
einziges Buch gelesen zu haben. Da haa’ck rischté juute Laune.
"Holgi" "igloh" — Holi ist Käptn Iglo. — wieder ein Geheimnis gelöst.
AntwortenLöschenSeit er die Fischstäbchen beim Patentamt angemeldet hat, ist er ein gemachter Mann.
LöschenViel Selbstvertrauen und keine Ahnung ist besser als viel Ahnung und kein Selbstvertrauen.
AntwortenLöschenOder man macht es wie Bonetti: Viel Selbstvertrauen, viel Ahnung, viel essen und viel trinken.
LöschenMan nimmt immer eine Ritter Sport und eine große Tafel Milka. Was gibt's da zu entscheiden?
AntwortenLöschenGenial. Ab heute folge ich nicht mehr Holgi sondern dir.
LöschenSehr vernünftig .
LöschenSelbstverständlich wird von der Sorte , die im Angebot ist, mindestens das Doppelte gekauft.
Vorräte an Süßigkeiten anlegen - das endet bei mir fatal. Hunde legen auch keinen Wurstvorrat an.
LöschenVon Vorräten anlegen war nicht die Rede :)
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