Jeder,
der sich auch nur rudimentär mit der Materie befasst hat, weiß, dass ein
Vergleich zwischen Staatshaushalt und Privathaushalt ökonomisch sinnlos ist.
Dennoch wird der Vergleich gerne von Laien angestellt und Politiker, die ihr
Wahlvolk bewusst dumm halten wollen, befeuern diesen Fehlschluss gerne mit der
Rhetorik von der schwäbischen Hausfrau – besonders wenn es darum geht,
staatliche Leistungen zu kürzen oder dem Bürger das Engerschnallen seines
Gürtels schmackhaft zu machen.
Machen
wir uns aber einfach mal den Spaß und ziehen einen solchen Vergleich.
Deutschland hat eine Schuldenquote von etwa 63 Prozent bezogen auf das BIP.
Nehmen wir einen Privathaushalt, in dem beide Ehepartner zusammen 100.000 Euro
im Jahren verdienen. Auf der Bank haben sie also 63.000 Euro Schulden. Sie
zahlen regelmäßig ihre Kreditraten ab, die Bank ist zufrieden. Auf Ebene des
Staates: Deutschland hat bei allen Rating-Agenturen Bestnoten (AAA). Muss man
sich um das Ehepaar Sorgen machen?
Nein,
denn sie haben ja noch ein Haus mit Garten, das komplett abbezahlt ist, und der
Bank als Sicherheit dient. Auf Staatsebene: Grundstücke und Immobilien des
Staates, dazu kommen private Grundstücke und Immobilien, auf die der Fiskus
jederzeit mit höheren Steuern zugreifen kann. Ein Geldkoffer mag mobil sein,
ein Haus ist es nicht. Außerdem haben die Eheleute noch ein Guthaben bei der
Bank, das in manchen Jahren mehr Gewinn abwirft als der Kredit kostet. Die
Bundesbürger haben 7,6 Billionen Euro Ersparnisse, die den Schuldnern
Deutschlands ebenfalls als Sicherheit dienen, obwohl sie strenggenommen nicht
dem Staat gehören.
Wir
müssen uns keine Sorgen machen, unsere Kinder und Enkel auch nicht. Bedenklich
ist eher der sorglose Umgang mit Vermögenswerten wie der Infrastruktur. Wollen
wir unseren Nachkommen – um im Bild zu bleiben – ein schönes Haus hinterlassen,
in das wir regelmäßig Geld für Reparaturen und Renovierungsarbeiten gesteckt
haben, oder soll es eine schuldenfreie Ruine sein?
Holgi
denkt eine Weile nach und fragt dann: Aber was mit völlig überschuldeten
Staaten wie Japan und den USA? Japan hat eine Staatsverschuldung von 256
Prozent des BIP, also das Vierfache der deutschen Verschuldung. Bezogen auf das
Ehepaar wären das also zweieinhalb Jahresgehälter. Dagegen sind selbst Griechenland
und Italien Waisenknaben. Steht Japan vor dem Untergang? Nein, denn die
Schulden hat der Staat hauptsächlich bei japanischen Banken gemacht. So, als
hätte das Ehepaar Schulden bei den Geschwistern und den Eltern. Das Geld bleibt
in der Familie und das System funktioniert.
Ebenso
die USA: Schulden von 126 Prozent des BIP klingt nach viel, aber bekanntlich
drucken sich die Staaten – im Gegensatz zur schwäbischen Hausfrau, die in
diesem Falle vor dem Kadi landen würde – ihr Geld selbst und können nach
Belieben Staatsanleihen ausgeben. US-Anleihen werden weltweit gehandelt und
kein Gläubiger hat ein Interesse an einem Staatsbankrott, solange man am Ende
der Laufzeit sein Geld zurückbekommt. Bei Standard & Poor’s haben die
Vereinigten Staaten das zweithöchste Rating (AA+), Japan immer noch A+.
Im
Augenblick dominiert noch die Schulden-sind-Teufelszeug-Fraktion den Diskurs.
Sobald Merz Kanzler ist, wird sich das ändern, denn sein Wahlprogramm ist nicht
gegenfinanziert. Plötzlich sind Schulden für notwendige Investitionen wieder
sinnvoll. Merz selbst sagte schon, dass man die neuen Schulden mit zukünftigem
Wachstum verrechnen muss. Das reicht dem deutschen Michel, der schon immer eine
Abneigung gegen ökonomische Themen hatte, als Erklärung. Am Stammtisch herrscht
nach dem „Schuldenchaos“ der Ampel wieder eitel Sonnenschein.
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