Sonntag, 3. Juli 2022

Die Beerdigung

 

Es war klar, dass sie sich eines Tages begegnen würden. Aber ich wusste auch, dass es erst nach meinem Tod sein würde. Aber der Reihe nach.

Meine Beerdigung fand an einem herrlichen Spätsommertag statt. Es war angenehm warm, aber nicht heiß, und ein frischer Wind ließ das Laub in den Baumkronen rauschen. Die Straße zum Friedhof war von zehntausenden Fans gesäumt. Eine Frau hielt ein Schild hoch: „Bonetti, ich will ein Gespenst von dir.“

Mein schneeweißlackierter Prunksarg aus Mahagoni stand auf einer offenen Kutsche, die von acht Schimmeln gezogen wurden. Langsam und majestätisch bewegte sich der Trauerzug durch die Stadt.

Vor dem Friedhof stand eine Reihe von schwarzen Limousinen. Ich hatte testamentarisch verfügt, dass mein Sarg vom Papst, dem amerikanischen Präsidenten, dem Bundeskanzler, Manuel Neuer, Udo Lindenberg und Jürgen Habermas getragen werden sollte. Sie brachten ihn in die Kapelle des Friedhofs.

Bundespräsident Steinmeier hielt die erste Trauerrede. Er lobte meine politische Weitsicht und mein gesellschaftliches Engagement. Dann sprach Queen Elisabeth II., die einige amüsante Episoden aus einem gemeinsamen Badeurlaub in Biarritz zum Besten gab. Dann folgte mein Verleger und der Erzbischof von Wichtelbach. Die Tränen flossen in Strömen und das laute Schluchzen der Trauergemeinde unterbrach in regelmäßigen Abständen die Vorträge.

Dann trugen die sechs Männer meinen Sarg zur offenen Grube. Es bildete sich eine Schlange am Sandhaufen. Aber es gab Unruhe. Traditionell darf die Witwe beginnen. Der Erzbischof ermahnte die Trauergemeinde, der Witwe den Vortritt zu lassen. Drei Frauen gingen nach vorne. Ich hatte drei Frauen und drei Familien. Eine in Wichtelbach, eine in Berlin und eine auf halber Strecke in Fulda.

Jede wollte die erste sein und sie begannen eine wilde Prügelei. In der nun ausbrechenden allgemeinen Panik und Hysterie versuchten einige Trauergäste die keifenden Frauen zu trennen, die sich gegenseitig ihre Handtaschen um die Ohren schlugen. Dabei wurde der Sarg umgeworfen und meine Leiche rollte heraus. Sie blieb einen Augenblick am Grubenrand liegen und rutschte dann ganz langsam hinunter. Mein Toupet blieb neben dem Sarg liegen.

Sie werden jetzt fragen: Bonetti, wie kannst du von deiner eigenen Beerdigung berichten? Ich antworte Ihnen: Ein guter Autor kann alles. Ich habe es immer als Privileg empfunden, meine Texte im Spiegelsaal von Versailles zu schreiben, während das Wiener Philharmonie-Orchester dazu Mozart spielt.  


 

4 Kommentare:

  1. Bonetti lügt!3. Juli 2022 um 11:13

    Tatsächlich war die Beerdigung an einem lausig nebligen Novembertag. Es waren auch keine drei Ehefrauen am Grab. Sondern drei Gerichtsvollzieher die sich um die vermeintlichen Messinggriffe am Sarg prügelten, bis der versoffene Totengräber, anstatt sich eine Kippe anzuzünden aus Versehen einen der Griffe ankokelte. Alles PLastikkram made in China mit einem Strich Idar-Obersteiner Trompetengold aufgemotzt.

    Na, und der Sarg erst!

    Original Pappendeckel aus der Rummelkau mit 'nem Töpfchen Ofenrohrlack und einem Strich Kalk auf Eiche rustikal getrimmt.

    Woher ich das alles weiß?

    Ich bin die Krähe, die, als der Totengräber seine Schnapsflasche zur Seite stellte und nach der Schaufel griff, noch schnell im Tiefflug einen Abschiedsgruß auf den Sarg kackte ... Aak Aak ... Harck ... Rak ... Knrrrr ...

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    1. Das ist Leichenschändung! Anzeige ist raus

      *schnaub*

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    2. Kraah ... Kraah ...4. Juli 2022 um 06:22

      Du Schelm! ... wo keine Leiche, keine Schändung!

      Der Pappendeckel-Sarg war vollgestopft mit unbezahlten Rechnungen, Schuldscheinen und ähnlichen Bonetti-Paraphernalien. Der versoffene Totengräber natürlich Bonetti him self!

      Harck ... Harck ...

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    3. Bonetti versoffen? Ich hatte bisher nur ein Glas Weißwein und ich bin schon zwei Stunden wach!

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