Donnerstag, 14. Juli 2022

Reden wir über Waffen

 

Ich gebe zu: Das Internet ist verführerisch. Man kann endlos Texte lesen und Informationen sammeln. Das Internet hilft uns aber nicht beim Denken. Wer nur irgendwelchen obskuren Quellen im Internet folgt, reimt sich höchstens irgendein Geschwurbel zusammen, aber er erkennt die Zusammenhänge nicht. Dazu muss man offline sein und in einer reizarmen Umgebung sein Gehirn benutzen.

Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Waffen. Die achtzig Millionen Stammtischgeneräle, die im vergangenen Jahr noch Stammtischvirologen und davor Stammtischklimaexperten waren, sinnieren gerne ausführlich darüber, dass der Westen nicht genügend Waffen an die Ukraine liefert. Auch in den Medien geht es immer nur um offizielle Lieferungen, zu denen es Presseerklärungen der jeweiligen Regierungen gibt. Ein Schimpanse plappert es dem anderen Schimpansen nach.

Wie funktioniert der Waffenhandel? Nehmen wir mal an, Sie wären vom IS. Also gehen Sie einfach in ein Waffengeschäft in Chicago und sagen: „Hallöchen, ich komme vom Islamischen Staat und möchte hundert automatische Gewehre kaufen. AR-15, wenn’s recht ist. Lieferung geht nach Bagdad.“ Das wird nicht funktionieren. Auch die U.S. Army wird Sie nicht beliefern. Trotzdem hat der IS immer genug Waffen und Munition. Wie machen die das?

Was der Stammtischgeneral und der Journalist nicht auf dem Radar haben, ist der internationale Waffenhandel. Wenn Sie Geld haben, können Sie alles kaufen. Und es gibt immer genug von allem. Erinnern Sie sich noch an den Golfkrieg 1991? Ein halbes Jahr lang haben die Amerikaner Truppen und Material nach Saudi-Arabien verlegt. Der Krieg dauerte nur hundert Stunden. Dann haben die Amerikaner wieder ein halbes Jahr gebraucht, um alles zurückzubringen. Aber nicht alles ist wieder in Amerika angekommen. In einem Vierzig-Tonnen-Container waren vielleicht nur 35 Tonnen Waffen und Munition. Die Frachtpapiere waren in Ordnung, aber bei diesen Mengen kann nicht jede einzelne Kiste kontrolliert werden.

Es gibt ja nicht nur korrupte Bullen, sondern auch korrupte Soldaten. Viele Waffen haben die Kriegsschauplätze im Irak oder in Afghanistan nicht verlassen, sie sind vor Ort an die Einheimischen verkauft worden. Der Waffenhandel ist ein blühendes Geschäft, vor allem im Nahen und Mittleren Osten und in Afrika. Wer weiß genau, wie viele Waffen im weltweit operierenden US-Militär zirkulieren? An wie vielen Kriegen waren die Amerikaner offiziell und inoffiziell beteiligt? Wenn der Schwund doch mal auffällt, wird er von der Army und dem Marine Corps unter den Teppich gekehrt. Niemand will die schlafenden Hunde, die Ermittler von der MP, wecken. Also wurde die Munition offiziell verballert und die Waffen sind verloren gegangen. Fall erledigt. Dazu kommen Diebstähle aus heimischen Waffendepots. Auch mancher Hersteller ist in dieses lukrative Geschäft verwickelt. Die Waffenhändler sind dankbare Abnehmer und ihre Kundenliste ist sehr lang.

Kommen wir nun zum Ukraine-Krieg. Offiziell hat Deutschland ein paar Waffen geliefert, dazu ein bisschen Krimskrams wie die 5000 Helme. Viel wichtiger ist die finanzielle Unterstützung. Der Ukraine wurden viele Milliarden Dollar und Euro überwiesen. Es gab regelrechte Spendengalas aka Geberkonferenzen. Damit kann Selenskyi auf dem internationalen Waffenmarkt shoppen gehen. Auf dem Balkan ist eine Kalaschnikow schon ab dreihundert Euro zu haben, im Irak kostet sie nur die Hälfte. Es gibt etwa einhundert Millionen AK-47, die Munition kostet weniger als fünfzig Cent pro Schuss.

Kein lästiger Papierkram, keine langen Verhandlungen, keine Gesetze, keine Presseerklärungen. Solange die Ukraine Geld hat, bekommt sie auch Waffen. Keine Panzer, aber wenigstens Panzerfäuste und alles andere, was man für einen Guerillakrieg braucht. Die Vietnamesen haben den Krieg gegen die Amerikaner schließlich auch nicht mit ihren Panzerdivisionen oder ihrer überlegenen Luftwaffe gewonnen, sondern durch permanente Waffenlieferungen aus China und der Sowjetunion.

Man erfährt nicht alles, was in einem Krieg, im Geschäftsleben oder in der Politik tatsächlich vorgeht, aus dem Internet. Wir bekommen immer nur einen Bruchteil der nötigen Informationen. Aber den selbsternannten Experten vom Stammtisch fehlt für diese Erkenntnis natürlich die entsprechende Gehirnwindung.

Wiktor Anatoljewitsch But – Wikipedia

4 Kommentare:

  1. Es geht momentan aber nicht um Gewehre und Munition, sondern um schwere Waffen und die bekommt man nicht ganz leicht. Selbst wenn man die bestellen kann, dauert die Lieferung sehr, sehr lange. Deswegen sind die Waffen aus den Beständen von anderen Armeen so wichtig.

    Neue schwere Waffen mit sowjetischer Technik bekommt man momentan in nennenswerter Stückzahl nur aus Russland.

    Nach Diktat an die Front,
    Flusskiesel (Amateurbrigadegeneral a.D)

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    1. Genau das habe ich im vorletzten Absatz geschrieben. Wegtreten! ;o)

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    2. Allerdings kann man Vietnam und die Ukraine nicht wirklich vergleichen. Für den Krieg in der Ukraine sind eher die schweren Waffen entscheidend. Das liegt an der Landschaft.

      Nach einem Sieg der Russen in der Ukraine werden eher (ich zitiere einen Freund von mir) ,,in Moskau Bomben vor Kindergärten hochgehen''. :-(

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    3. Natürlich gibt es in der Ukraine keinen Dschungel, aber das Land ist dichtbesiedelt. Häuserkampf ist das Stichwort. Wie geschaffen für einen langen Partisanenkrieg.

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