Samstag, 24. September 2022

Kopfreisen

 

Ich fotografiere im Urlaub nicht. Stattdessen versuche ich, mir die Momente einzuprägen und mich später zu erinnern. Es gibt Reisen, zu denen kehre ich immer wieder zurück. Im Amazonas-Dschungel 1995. Das überwältigende Gefühl der Hilflosigkeit. Keine Wege, keine Schilder, über dir das geschlossene Blätterdach. Kein Handyempfang. Keine Orientierung. Nur das Halbblut, das uns durch den Urwald führt. Du siehst keine zehn Meter weit. Schlangen, Spinnen, der Blick über die Schulter, weil der Jaguar immer von hinten angreift. Die feuchte Hitze ist mörderisch. Eine Woche schlafen wir auf unserem Boot in Hängematten, angeln Piranhas und hören nachts das überwältigende Konzert der Natur. Du bist ein Nichts. Jeder Käfer weiß mehr über das Leben im Dschungel als du. Geld? Nutzt nichts. Kannst du fressen, wenn du willst. Umso unglaublicher die Rückkehr nach Manaus. Ich kann vor Kraft kaum laufen. Meine Superkräfte kommen zurück. Ich kann meine Kreditkarte einsetzen. Es gibt eine Bar, in der ich ein eiskaltes Bier bestelle. Ich nehme mir einfach ein Hotelzimmer mit Klimaanlage und stelle mich unter die Dusche. Wir sind so abhängig von der Zivilisation. Aber wir merken es nicht.   

 

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