Dienstag, 7. Oktober 2014

Einige Gedanken zur Volksherrschaft

Ich bin heute im Vorfeld einer geplanten Veröffentlichung von zwei Kollegen gebeten worden, Vorschläge zur Verbesserung der Demokratie in Deutschland zu machen. Das war meine Antwort:
Wenn der Bürger das Interesse an Politik verliert, weil seine Einflussmöglichkeiten gering sind und er von der bedeutungslosen weichgespülten Marketing-Rhetorik der Parteipolitiker eingelullt bzw. vom Kartell der beiden Volksparteien entmündigt wird, liegt die Lösung klar auf der Hand: Das Interesse der Bürger für Politiker muss erhöht werden, indem seine Einflussmöglichkeiten verbessert werden. Je mehr Einfluss er gewinnt, umso größer wird sein Interesse an Politik werden. Mit einem Zuwachs an Gestaltungsmacht kann der wachsenden Politikverdrossenheit begegnet werden. Gleichzeitig muss die Macht des Parteienstaats / der Staatsparteien eingeschränkt werden.
Welche Möglichkeiten gibt es?
1. Mehr direkte Demokratie, weniger repräsentative Demokratie. Beteiligung der Wähler an konkreten Sachentscheidungen auf kommunalpolitischer, landespolitischer und bundespolitischer Ebene nach dem Vorbild der Schweiz. Hierzu können Wahlen durch Abstimmungen ergänzt werden. Aber auch bei Wahlen könnte nicht nur über Parteien und Personen, sondern über Prioritäten und Programme entschieden werden. Dann könnte man Wahlen und Abstimmungen quasi in einem Durchgang erledigen und vermeidet einen Dauerwahlkampf. Beispiel: Warum stimmt man bei der Bundestagswahl nicht gleichzeitig über die Maut oder die Abschaffung der Wehrpflicht ab?
2. Größere Einflussnahme auf die Zusammensetzung aller Volksvertretungen, indem man auf allen Ebenen Personen durch Panaschieren und Kumulieren eine höhere Bedeutung als den Parteien gibt.
3. Totale Transparenz der Abgeordnetenkontakte zu Lobbyisten und Offenlegung sämtlicher Zuwendungen an Parteien und Politiker.
4. Stärkung der Nichtwähler: Berücksichtigung bei der Zusammensetzung der Volksvertretungen und bei der Wahlkampfkostenerstattung. Wenn nur fünfzig Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben haben, werden auch nur fünfzig Prozent der Parlamentssitze besetzt. Das erhöht den Druck auf die Politiker und Parteien, die Wähler zur Teilnahme am politischen Prozess zu motivieren.
5. Organisation der Unorganisierten: Vertreter der Migranten, Arbeitslosen, Kinder, Tiere usw. in Experten-Hearings als Gegengewicht zu den organisierten Interessen der Verbände, Gewerkschaften usw. (Stichwort: Pluralismusdefizit).
6. Stärkung von Institutionen, die von der Parteipolitik noch nicht vollständig kontrolliert werden: Bundespräsident, Justiz bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht, Bundesbank, Rechnungshöfe usw.
7. Öffnung der Volksvertretungen für neue politische Kräfte durch Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde.
8. Stärkung der politischen Bildung und Information durch Verpflichtung der GEZ-finanzierten Sendeanstalten, einen höheren Anteil an entsprechenden Programmen zur besten Sendezeit (20-22 Uhr) auszustrahlen.
9. Stärkung der politischen Bildung in den Curricula der Schulen und Hochschulen bzw. in der betrieblichen Weiterbildung.
10. Stärkung des Einflusses der Wissenschaft auf die politische Bildung, die Berichterstattung in den GEZ-Medien und den Wahlkampf (z.B. durch „Wahlkampfspots“ von Fachleuten, die in den Medien politische, soziale und ökonomische Zusammenhänge erklären).
P.S.: Eigentlich sollte man die Wahlplakate während der kompletten Legislaturperiode nach der Wahl hängen lassen, damit man die leeren Versprechungen der sogenannten Volksvertreter nicht vergisst. „Vertreter“ sagt ja eigentlich schon alles über die Geschäftsgrundlage unserer Demokratie.

1 Kommentar:

  1. Glaubst du das wirklich?Ich denke daß die allgemeine Verdrossenheit daher kommt daß es unerheblich ist wohin man sein Kreuz setzt. Es wird sowieso der konsenzioneller Schlonz gemacht, unter anleitung der selbsternannten Eliten.

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