Samstag, 6. Februar 2016

Im hundertersten Jahr des DADA

Die Wunde an meinem rechten Unterarm macht mir Sorgen. Zwar hat sich vorschriftsmäßig Wundschorf gebildet, aber seither ist nichts geschehen. Seit einem Jahr! Ich mache mir über meinen Körper Gedanken, meine Fingernägel wachsen mit rasender Geschwindigkeit. Ich muss sie mir mehrmals am Tag schneiden. Vielleicht gehe ich zu einem Arzt. Ich sehe aus dem Fenster. Eine trostlose Sumpflandschaft, Pfützen und Pflanzen in allen Grautönen, traurige Schreie von großen Vögeln sind zu hören. Die Vordertür hat keinen Griff. Das war zu erwarten. Ich gehe zur Hintertür, die auf eine schmale Gasse ohne Namen führt. Auf dieser Seite des Hauses ist es Nacht. Lautlos schlüpfe ich hinaus und laufe die Häuserfront entlang. Ich blicke in ein Küchenfenster. Der Dampf aus einem Topf, der auf dem Herd steht, bildet ein Fragezeichen. Sonst ist nichts zu sehen. Kein Mensch. Als ich mich wieder zur Gasse drehe, steht er vor mir. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich ihn vergessen habe. Aber plötzlich schaue ich in sein Gesicht und ich habe den kompletten Flashback. Es war auf einer Fähre über den Mekong vor dreißig Jahren. Dieses Gesicht habe ich nie vergessen, aber alle Namen. Vielleicht verwechsele ich ihn aber auch. Meine Therapeutin hat es mir erklärt. Ich habe das Fregoli-Syndrom: Ich glaube, alle Personen seien verkleidet oder alle Menschen seien dieselbe Person. Vielleicht ist meine Therapeutin aber auch nur eine gerissene Schauspielerin. Ich habe Hunger und möchte mir Erdnüsse kaufen. Also suche ich einen Erdnusshändler. Ich kenne sein Gesicht.
Artic Monkeys - Leave Before The Lights Come On. https://www.youtube.com/watch?v=SEukS2YN9B8

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