Freitag, 26. Februar 2016

Mein halber Teelöffel Senf zum Thema Rechtsradikalismus

„Eine Gesellschaft, in der BEHINDERT, SCHWUL und GUTMENSCH als Schimpfwörter funktionieren, hat ein Problem.“ (Barbara)
„Sachsen ist ein bisschen wie Mallorca. Alle permanent besoffen und je länger man dort ist, desto brauner wird man.“ (Jan Böhmermann)
Die Bilder wiederholen sich: Kriegsflüchtlinge werden in Sachsen einquartiert und ein Haufen rechtsradikaler Schreihälse rottet sich zusammen, um das zu verhindern.
Es wundert mich, dass die Polizei dem Treiben jedes Mal zuschaut und nicht einschreitet. Ich stelle mir vor, in Clausnitz hätten nicht Flüchtlinge, sondern CDU-Bundestagsabgeordnete, die Mannschaft des FC Bayern München oder der Vorstand von Siemens im Bus gesessen. Und ich stelle mir ferner vor, die grölende Menge vor dem Bus wären Leute von der Antifa, dem schwarzen Block oder andere Linke gewesen. Dann wäre die Polizei doch sofort mit Wasserwerfern und Reizgas vorgegangen, oder? Wir hätten garantiert die Knüppelgarde des sächsischen Innenministers im Einsatz gesehen.
Die Rechtsradikalen rufen immer „Wir sind das Volk“. Es ist eine Art Mantra. Vor mehr als einem Vierteljahrhundert waren das die magischen Worte, buchstäblich das „Sesam, öffne dich!“ der Bürgerrechtsbewegung in der DDR. Mit dieser Formel wurde das SED-Regime zum Einsturz gebracht. Und jetzt glauben die Ostdeutschen wieder, dass die alte Parole ihre Zauberkraft entfaltet. „Wir sind das Volk“ – das könnte doch jeder Mensch auf der Welt sagen. Der Satz hat genauso viel Aussagekraft wie „Ich mag Pommes frites“.
Noch ein dritter Gedanke: Wenn die Rechtsradikalen die Deutschen für ein überlegenes Volk halten, wovor haben sie dann Angst? Wer beim Anblick des ersten Turbans vom eigenen Untergang deliriert, hat offenbar kein großes Selbstbewusstsein.
Ich glaube ja, die Leute in Sachsen und anderswo wollen radikal sein. Sie suchen nicht das Gespräch. Es ist schick, eine radikale Haltung einzunehmen. „Die Mitte“, der Kompromiss, der moderate Auftritt, das Abwägen von Pro und Contra – das war gestern, das ist langweilig. Interessanterweise ticken die islamistischen Radikalinskis wie die Neonazis. Folgendes Zitat fand ich sehr erhellend:
„Es hilft nichts, ihnen einen ‚moderaten Islam‘ anzubieten, es ist ja gerade per se die Radikalität, die sie anzieht. Der Salafismus ist nicht nur eine Frage von aus Saudi-Arabien finanzierten Predigten, sondern ist genau das Produkt, das diesen Jugendlichen, die alle Brücken hinter sich abgebrochen haben, zusagt. (…) Die Gewalt, der sie sich verschreiben, ist eine moderne Gewalt, sie töten wie die Amokläufer in Amerika oder wie Breivik in Norwegen, kaltblütig und ruhig. Nihilismus und Hochmut gehen hier eine tiefe Verbindung ein. (…) Was die Konvertiten angeht, sie wählen den Islam, weil es nur das auf dem Markt der radikalen Revolte gibt. Dem Islamischen Staat beizutreten garantiert ihnen die Gewissheit, Grauen einzuflößen.“ (Oliver Roy)
Auf beiden Seiten herrscht die pure Lust an der Eskalation. Die Verhältnisse müssen umgestürzt werden, auch wenn man nur eine vage Vorstellung von einer Zukunft nach der Revolte hat. Es erinnert ein wenig an die Straßenkämpfe von Nazis und Kommunisten in der Weimarer Republik.
BAP – Kristallnaach. https://www.youtube.com/watch?v=Q1zg7fhSk_Y

2 Kommentare:

  1. Ich hab ja mal bei einer Nazisafari vorgeschlagen - als AfD-Konterbande quasi - "Wir sind das Volk" zu skandieren.
    Die haben mich angeguckt wie ein Auto und weiter "Nazis raus" gerufen. Die Antifa ist humorlos.

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    1. Menschen, die einer Ideologie oder einer Religion anhängen, sind sowieso humorlos. Die Neonazis haben keinen einzigen guten Kabarettisten - und auch aus der NS-Zeit ist mir kein Komiker in Erinnerung. Pegida, Antifa, IS, Al-Qaida ... - feste Überzeugungen kommen offenbar völlig ohne Pointen aus.

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