Was wäre eigentlich passiert,
wenn Gorbatschow 1985 nicht Generalsekretär der KPdSU geworden wäre, sondern
irgendein alter Tattergreis der Immer-weiter-so-Fraktion? Wenn es weder
Glasnost noch Perestroika gegeben hätte? Die DDR und die Berliner Mauer würden
immer noch existieren, Egon Krenz wäre mit inzwischen 85 Jahren SED-Chef und
die Ossis würden Bananen auch weiterhin nur aus dem Westfernsehen kennen.
Noch viel wichtiger: Die Ukraine
würde immer noch zur Sowjetunion gehören. Es hätte also den aktuellen Krieg nie
gegeben! Gorbatschows unselige Entspannungspolitik, seine Verträge mit dem
fiesen Westen, seine Abrüstung, seine gnadenlose Naivität gegenüber der
kapitalistischen Furie haben vielen tausend Menschen den Tod gebracht. Meine
Meinung!
Im Ernst: Russland war immer ein
imperialistisches Land. Im Zarenreich wurden mit der Expansion nach Osten neue
Kolonien erworben und Völker im Kaukasus und in Asien unterworfen. Man denke an
das Khanat der Krimtartaren, das erst von den Türken, dann von den Russen
erobert wurde. Heilige russische Erde, Leute! Stalin hat mit dieser Expansion
dann bis tief ins Deutsche Reich weitergemacht. Vom Harz bis nach Wladiwostok
erstreckte sich das rote Imperium.
Erst mit dem Ende des Warschauer
Pakts erlangten die osteuropäischen Kolonien ihre Unabhängigkeit, mit dem
Zerfall der Sowjetunion die Kolonien im Kaukasus und in Asien + Belarus und die
Ukraine. Vorher musste man sich jeden Scheiß im Kreml genehmigen lassen wie ein
Leibeigener, jetzt konnten die Staaten als souveräne Nationen selbständig Entscheidungen
treffen. DDR 1953, Ungarn 1956, CSSR 1968 und Polen 1980 sollten sich nie mehr
wiederholen.
Niemand in Osteuropa hatte noch
Vertrauen in die Russische Föderation, alle Länder beantragten Mitgliedschaften
in EU und NATO. Nur den ehemaligen Sowjetrepubliken wird diese
Entscheidungsfreiheit seit über dreißig Jahren verweigert. Von Moskau. „Achtung der Souveränität, Unabhängigkeit und
territorialen Unversehrtheit aller Staaten sowie ihres naturgegebenen Rechtes,
die Mittel zur Gewährleistung ihrer eigenen Sicherheit sowie der
Unverletzlichkeit von Grenzen und des Selbstbestimmungsrechts der Völker selbst
zu wählen.“ So steht es in der NATO-Russland-Grundakte. Russland hat sich an
diesen Vertrag noch nie gehalten.
Das
ist der entscheidende Unterschied, den die Putinverehrer gerne und mit voller
Absicht übersehen: Der Warschauer Pakt ist ein Zwangsbündnis gewesen, EU und
NATO sind freiwillige Veranstaltungen. Man kann auch wieder austreten. Zwei Beispiele:
1.
1966 zog sich
Frankreich aus der militärischen Kooperation der NATO zurück. 30.000 NATO-Soldaten,
v.a. US-Truppen, mussten daraufhin das Land verlassen. Erst seit 2009 ist
Frankreich wieder Vollmitglied der NATO.
2.
Brexit.
Putins Versuch, mit Gewalt ein
neues Imperium aufzubauen, ist zum Scheitern verurteilt. Finnland und Schweden
denken über einen NATO-Beitritt nach, die Ukraine möchte in die EU. Die Zeit
der Vielvölkerstaaten unter der Hegemonie eines Herrenvolks ist vorbei. Österreich
hat es 1918 verstanden, die Serben haben für diese Erkenntnis die kompletten
Neunziger gebraucht und die Russen werden es hoffentlich auch bald kapieren.
P.S.: Hier die queere Sicht auf
den Ukraine-Krieg:
Interessant ist auch die
philosophische Perspektive:
Der Überfall Russlands auf die Ukraine folgt auch
einer Ideologie - Spektrum der Wissenschaft
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