Donnerstag, 24. April 2025

Ein Märchen aus unserer Zeit

 

Der Streit mit seinen Eltern war nicht schlimmer als sonst, aber in dieser Nacht beschloss Chris, das Haus für immer zu verlassen. Er kletterte aus dem Fenster und ging in den nahen Wald. Es war Vollmond und er lief eine Stunde zwischen den alten Eichen und Buchen, bis er müde wurde und sein Haupt auf kühles Moos bettete, wie es in alten Erzählungen gerne beschrieben wurde.

Als er am nächsten Morgen aufwachte, wusste er nicht, wo er war. Sein Handy hatte keinen Empfang und bald darauf war der Akku leer. Er ging weiter, aber es dauerte Stunden, bis er auf einen Wanderweg traf. Bald darauf stand er einem Riesen mit einem schwarzen Metallica-Shirt und finsterem Blick gegenüber, der ihn fragte, wohin er wolle. „Rewe“, sagte er und der fürchterliche Koloss ließ ihn passieren. So hatte er die erste Prüfung bestanden.

Chris lief den ganzen Tag, ohne auf einen Menschen zu treffen. Montags war im Wald noch nie viel los gewesen. Die Wege wurden schmaler, dann waren es nur noch Trampelpfade und selbst die hörten irgendwann auf. Er ging einfach weiter, Hunger und Durst quälten ihn. Schließlich kam er auf eine kleine Lichtung, auf der ein alter moosbewachsener Wohnwagen mit zwei platten Reifen stand.

Es dämmerte schon und in seiner Not klopfte er an die Tür. Niemand öffnete. Er klopfte ein zweites Mal und wollte schon gehen, als die Tür einen Spalt geöffnet wurde. Eine Greisin mit zerzaustem schlohweißem Haar lugte heraus und betrachtete ihn misstrauisch. „Was willst du von mir?“ Chris sah sie flehend an. „Bitte, Großmütterchen, habt Erbarmen und gebt mir ein Stück Brot. Ich habe schrecklichen Hunger.“

Sie schien einen Augenblick zu grübeln, dann öffnete sie die Tür und ließ ihn hinein. Das düstere Innere war ein einziges Durcheinander von Kisten, Trödel und Klamotten. Auf dem Herd brodelte es in einem gusseisernen Topf und es stank grauenhaft. War es die Suppe, die Alte oder der ganze Wohnwagen? Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, deutete auf den Topf und bat um einen Teller Suppe. Ein krähendes Gelächter aus einem zahnlosen Mund war die Folge.

Die Alte öffnete den Kühlschrank und gab ihm einen Energy Drink. Aus einer Schublade holte sie einen Schokoriegel, den Chris hastig hinunterschlang. „Auf dem Herd koche ich gerade Crystal Meth. Ich bin eine Kräuterhexe. Das Rezept habe ich von meiner Schwester in Gütersloh." Dann erzählte sie ihm von ihren Geschäften und zum Beweis öffnete sie einen großen Koffer, der voller Geldscheine war.

Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Chris wurde ihr Mitarbeiter und lief einmal in der Woche in die Stadt, um den Stoff auf Schulhöfen, in Kneipen und in Clubs zu verkaufen. Auf dem Rückweg ging er einkaufen und brachte seiner Chefin Wein und Kuchen mit. Er überredete sie, in zwei Kessel Meth zu kochen, und ein Jahr später zogen sie zusammen in eine schicke Penthouse-Wohnung mit Waldblick.  

Und so lebten sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage.   

 

 

2 Kommentare:

  1. ... it's a long way to brothers Grimm, i presume my dear.
    greetings, a friend

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