Jeder,
der in der Innenstadt von Berlin lebt, fürchtet sich vor diesem Moment. Es kann
dir jeden Tag passieren. Du kannst einige Vorsichtsmaßnahmen treffen, aber du
kannst es nie völlig verhindern. Was du machen kannst: Bereite dich auf diesen
Augenblick vor.
Es ist
etwa zwei Uhr nachts, als ich die Bar verlasse. Es sind nur wenige Straßen bis
zu meiner Wohnung, aber diese Straßen sind einsam und nicht alle Laternen
funktionieren.
Eine
Gestalt löst sich aus dem Schatten eines Hauseingangs. Ein junger Mann,
vielleicht noch ein Teenager. Fast einen Kopf kleiner als ich, die Kapuze
seines Hoodies tief ins Gesicht gezogen. Zarter Bartflaum am Kinn, ein paar
Pickel.
Er
zieht eine Pistole und richtet sie auf meinen Bauch. „Brieftasche und Handy“,
sagt er nur, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, jemanden
auszurauben.
„Ich
habe nichts dabei. Nur ein kleiner Spaziergang.“ Ich grinse. „Ich kann nicht
einschlafen.“
Er
kommt näher. Sehr gut.
„Ich
kann dich auch abknallen. Dann durchsuche ich deine Leiche nach Geld.“
Ich
schüttele - scheinbar resigniert - den Kopf, ziehe die Brieftasche aus der
linken Innentasche meiner Jacke und gebe sie ihm.
Er öffnet
mit einer Hand die Brieftasche.
„Da
ist ja gar nichts drin.“ Er lässt die Brieftasche fallen.
„Oh,
dann habe ich dir die Falsche gegeben.“
Ich
ziehe eine weitere Brieftasche aus meiner rechten Innentasche. Er nimmt sie und
überprüft sie.
„Willst
du mich verarschen, Mann?“
Er
wirkt unsicher. Kein Profi, soviel steht fest. Vielleicht sogar sein erster
Überfall.
Ich
gebe ihm eine weitere Brieftasche aus meiner rechten Außentasche. Währenddessen
gleitet meine linke Hand in der linken Außentasche geschmeidig in einen
Schlagring.
Er
sieht mich fassungslos an. Wieder eine leere Brieftasche. Ich schaue ihm über
die Schulter und rufe: „Hi, Ronny.“
Er
dreht den Kopf und ich schlage zu. Ich treffe ihn mit einer linken Geraden über
dem Ohr. Er fällt nach hinten und knallt mit dem Kopf auf den Bürgersteig.
Seine Pistole fällt ihm aus der Hand. Ich hebe sie auf. Viel zu leicht.
Plastik. Aber woher sollte der Bengel auch das Geld für eine echte Waffe haben?
Ich
stecke die Pistole und meine Brieftaschen ein. Dann beuge ich mich über ihn. Er
ist noch völlig benommen.
Ich
zeige ihm meine rechte Faust. „Krankenhaus.“
Dann
zeige ich ihm meine linke Faust. „Friedhof.“
Ich
hole zum Schlag aus. Ich sehe, dass er sich einpinkelt. Ein paar Augenblicke
später rieche ich, dass er sich auch eingeschissen hat. Die kleine schäbige
Arschnutte hat ihre Lektion gelernt.
Ich
gehe nach Hause, werfe die Spielzeugpistole in die gelbe Tonne (Ordnung muss
sein!) und mache mir vor dem Fernseher ein Bier auf.
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