Donnerstag, 7. März 2024

A Country for Old Men


Jeder, der in der Innenstadt von Berlin lebt, fürchtet sich vor diesem Moment. Es kann dir jeden Tag passieren. Du kannst einige Vorsichtsmaßnahmen treffen, aber du kannst es nie völlig verhindern. Was du machen kannst: Bereite dich auf diesen Augenblick vor.

Es ist etwa zwei Uhr nachts, als ich die Bar verlasse. Es sind nur wenige Straßen bis zu meiner Wohnung, aber diese Straßen sind einsam und nicht alle Laternen funktionieren.

Eine Gestalt löst sich aus dem Schatten eines Hauseingangs. Ein junger Mann, vielleicht noch ein Teenager. Fast einen Kopf kleiner als ich, die Kapuze seines Hoodies tief ins Gesicht gezogen. Zarter Bartflaum am Kinn, ein paar Pickel.

Er zieht eine Pistole und richtet sie auf meinen Bauch. „Brieftasche und Handy“, sagt er nur, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, jemanden auszurauben.

„Ich habe nichts dabei. Nur ein kleiner Spaziergang.“ Ich grinse. „Ich kann nicht einschlafen.“

Er kommt näher. Sehr gut.

„Ich kann dich auch abknallen. Dann durchsuche ich deine Leiche nach Geld.“

Ich schüttele - scheinbar resigniert - den Kopf, ziehe die Brieftasche aus der linken Innentasche meiner Jacke und gebe sie ihm.

Er öffnet mit einer Hand die Brieftasche.

„Da ist ja gar nichts drin.“ Er lässt die Brieftasche fallen.

„Oh, dann habe ich dir die Falsche gegeben.“

Ich ziehe eine weitere Brieftasche aus meiner rechten Innentasche. Er nimmt sie und überprüft sie.

„Willst du mich verarschen, Mann?“

Er wirkt unsicher. Kein Profi, soviel steht fest. Vielleicht sogar sein erster Überfall.

Ich gebe ihm eine weitere Brieftasche aus meiner rechten Außentasche. Währenddessen gleitet meine linke Hand in der linken Außentasche geschmeidig in einen Schlagring.

Er sieht mich fassungslos an. Wieder eine leere Brieftasche. Ich schaue ihm über die Schulter und rufe: „Hi, Ronny.“

Er dreht den Kopf und ich schlage zu. Ich treffe ihn mit einer linken Geraden über dem Ohr. Er fällt nach hinten und knallt mit dem Kopf auf den Bürgersteig. Seine Pistole fällt ihm aus der Hand. Ich hebe sie auf. Viel zu leicht. Plastik. Aber woher sollte der Bengel auch das Geld für eine echte Waffe haben?

Ich stecke die Pistole und meine Brieftaschen ein. Dann beuge ich mich über ihn. Er ist noch völlig benommen.

Ich zeige ihm meine rechte Faust. „Krankenhaus.“

Dann zeige ich ihm meine linke Faust. „Friedhof.“

Ich hole zum Schlag aus. Ich sehe, dass er sich einpinkelt. Ein paar Augenblicke später rieche ich, dass er sich auch eingeschissen hat. Die kleine schäbige Arschnutte hat ihre Lektion gelernt.

Ich gehe nach Hause, werfe die Spielzeugpistole in die gelbe Tonne (Ordnung muss sein!) und mache mir vor dem Fernseher ein Bier auf.   

    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen