Samstag, 26. Juni 2021

Raubvogelsilhouettenaufkleber


Blogstuff 608

„Fußball ist nicht das Thema derer, die das Morgen gestalten.“ (Max Goldt)

Früher gab es im Hotelzimmer immer Hotelbriefpapier. Entweder lag es in einer Kunstledermappe auf dem Schreibtisch oder man fand es in der Schublade. Briefumschläge mit aufgedruckter Hotelabsenderadresse gab es auch. Dann setzte man sich abends an den Schreibtisch und verfasste einen Brief an die Familie oder Freunde in der Heimat. Aber mit dem Briefeschreiben verschwand auch das Hotelbriefpapier.

Die letzten handschriftlichen Zeilen, die ich aus dem Urlaub schrieb, waren vier Ansichtskarten, die ich in einem Hotel in Shanghai an der Rezeption abgegeben habe. Ich gab der Chinesin das Geld für das Porto und sie versprach mir, die Karten abzuschicken. Sie sind nie angekommen. Da kann ich nur sagen: gelbe Karte, China!

Die rote Karte gab es vor einigen Tagen für mein Lenovo-Notebook, das endgültig den Geist aufgegeben hat. Im Februar 2019 hatte ich es für 300 € bei notebooksbilliger.de gekauft, im Dezember war es schon kaputt. Ich schickte das Gerät ein und bekam es erst sieben Wochen später repariert zurück. Von Januar 2020 bis Juni 2021 funktionierte es noch, jetzt kann ich es wegschmeißen. Mein erstes und letztes chinesisches Notebook.

Vorher hatte ich immer japanische Rechner (Sony Vaio, Toshiba, Fujitsu). Aktuell schreibe ich auf einem 350€-Teil von HP. Es ist jetzt eineinhalb Jahre alt und seit Monaten zickt die Leerzeichentaste. Nicht oft, aber es nervt. Ausgerechnet die größte Taste. Die Amis sind bei mir also auch unten durch.

Ebenfalls aus der Mode gekommen sind Raubvogelsilhouettenaufkleber, die es früher immer an öffentlichen Gebäuden gegeben hat. Ich erinnere mich, wie eine Taube gegen das große Fenster unseres Kindergartens geflogen war, als ich fünf Jahre alt war. Sie hatte sich das Genick gebrochen. Wir haben sie alle gesehen, bevor die Kindergärtnerin das tote Tier fortgetragen hat. Am nächsten Tag hatten wir zwei Raubvogelsilhouettenaufkleber an der Scheibe.

Ich freue mich ja immer, wenn ich meinen Wortschatz erweitern kann. Wohlan, hier kommt die Rautavistik. Es ist eine Form der Performance-Kunst, lese ich bei Wikipedia, deren Handlungen keinen Sinn ergeben und keinen Nutzen haben. Etwa so, wie wenn ich meinen Blogstuff in aller Öffentlichkeit auf einem Marktplatz schreiben würde und zwei Praktikanten schlagen sich in langsamem Rhythmus Telefonbücher auf den Schädel. „Bei der Ausführung, Erstellung oder Benutzung sinnfreier Dinge, Gegenstände oder auch einfach nur Gespräche steht für den Rautavisten der Spaß im Mittelpunkt. Dieses muss aber immer bewusst, das heißt also für den Ausführenden mit Wissen um die Sinnfreiheit, geschehen, damit es rautavistisch ist.“ Das Publikum wird bei solchen Aktionen komplett ignoriert.

All Day And All Of The Night - The Kinks 1964 {Stereo} - YouTube

 

13 Kommentare:

  1. Der Raubvogelsilhouettenaufkleber täuscht
    Raubvögeln die Anwesenheit von Nahrungskonkurrenten
    vor. Wie,funktioniert der Aufkleber nun ?
    Der getäuschte Raubvogel attackiert aus
    Futterneid sein Gegenüber und knallt dabei
    gegen die Scheibe. Der allgemein sinkende Raubvogelbestand
    reduziert den Beutedruck auf Kleinvögel und
    hält so die Populationen von Meisen, Sperlingen und
    Finken stabil.
    Gutmenschen haben den Raubvogelsilhouettenaufkleber
    in Veruf gebracht. Tenor ihrer Kritik: Raubvögel
    seien auch Vögel die es zu schützen gelte.
    Diese These wurde nie wissenschaftlich
    bestätigt.

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    1. Vielleicht gibt es statt den Aufklebern jetzt eine App?

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  2. Es war keine Taube, damals im Kindergarten.
    Es war ein Habicht.
    Die Kindergärtnerin hat die Wahrheit verschleiert.
    Sie wurde vom Mossad geschickt und von der
    CIA bezahlt. Ziel: Infiltration des deutschen
    Bildungswesen und politische Unterwanderung
    pädagogischer Zielsetzungen.

    Von wegen "Taube", Alda ! Muhahaha !

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    1. Rein politisch betrachtet ergibt die Sache doch einen Sinn: Die Taube muss sterben, damit der Falke gewinnen kann.

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  3. Es stirbt nicht nur das Hotelbriefpapier aus.
    Es stirbt auch die Minibar aus . Das ist viel schlimmer !

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    1. Ich mag Hotels mit einem Bierautomaten auf dem Flur.

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    2. In diesen siebtklassigen Monteursunterkünften steigt doch kein Schriftsteller mit Aussicht auf den Booker - Prize ab :)

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    3. In siebtklassigen Monteursunterkünften mache ich die Recherchen für den Roman, der mit dem Booker - Prize ausgezeichnet wird ;o)

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  4. Bei Lichte besehen ist heutzutage fast alles, was die Leute in der Freizeit tun, rautavitisch.
    MTB fahren, oder mit dem Rennrad durch die Gegend kurbeln.
    Dicke Autos fahren.
    Nach Malle jetten.
    Ab einem gewissen Wohlstand versinkt alles in Rautavistik.
    So gesehen bekommt die Sinnfreiheit Sinn.

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    1. Ein Leben als Kunstform. Die Jungs mit dem Sangria-Eimer sind ein Happening.

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  5. Ansichtskarten: Vielleicht haben sie es auch nicht durch die Zensur geschafft?

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    1. Man wird ja wohl noch "Diese stinkende Kommunistenbrut kriegt wirklich gar nix auf die Reihe. Nirgendwo Jägerschnitzel mit Pommes!" schreiben dürfen, oder?!

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    2. Dürfen Sie schreiben, kommt halt nur nicht an ;-)
      Quasi schon damals ein "Uploadfilter" :-)

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