Mittwoch, 23. Juni 2021

Am Ende des Regenbogens wartet ein Haufen Schwätzer

 

Wer nach einem guten Beispiel sucht, das Identitätsdebatten die Realität nicht ändern werden, kann sich mit der aktuellen Frage befassen, ob die Münchner Allianz-Arena in Regenbogenfarben leuchten sollte oder nicht.

Wie in einem Brennglas zeigen uns die Beiträge in kommerziellen und sozialen Medien, wie semantische Problembearbeitung und Symbolpolitik funktionieren. Gegen Rassismus das Knie beugen, für LGBTQIA die Regenbogenfahne schwenken und fürs Klima schwebt ein Greenpeace-Aktivist ins Stadion. Damit haben wir die Probleme ja gelöst. Das wohlhabende Bildungsbürgertum und ihre verwöhnten Kinder klopfen sich gegenseitig auf die Schultern. Ein gutes Marketing steht immer am Anfang, den Rest erledigt die CDU/CSU.

Wen erreicht man mit diesem Pseudo-Aktivismus? Gibt es nach dem Kniefall ganzer Mannschaften auch nur einen Rassisten weniger? Müssen Schwule weniger Angst haben, wenn einen Abend lang ein Stadion in Regenbogenfarben beleuchtet wird? Rettet Greenpeace auf diese Weise die Umwelt und das Klima? Wer von euch denkt eigentlich an die Kinder, die Uiguren und die Behinderten? Sorry, kleiner Spaß. Passt gerade nicht ins Konzept der Woke People.

Und dann diese naive Aufregung über die UEFA! Gott, der Gerechte!! Da könnten die linken Identitätsschwurbler auch gleich auf die BILD und die AfD als Verbündete hoffen. Spätestens seit der Pandemie, als der Profi-Fußball exklusiv gerettet wurde, wissen wir, dass die UEFA zur Kapitalfraktion und damit zum Gegner gehört. Was erwartet ihr? Ihr habt doch wieder gekifft, oder? Die FIFA organisiert nächstes Jahr die WM in einer Diktatur, in der offen gezeigte Homosexualität mit fünf Jahren Gefängnis bestraft wird. Noch Fragen?

Richtig peinlich wird es, wenn eine Sängerin fordert, die Zuschauer sollten morgen in Regenbogen-Shirts ins Stadion kommen. Echt jetzt?! Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass beim Länderspiel Deutschland-Ungarn eine Mehrheit in schwarz-rot-gold gekleidet sein wird und eine Minderheit in rot-weiß-grün. Dazwischen stehen Polizei-Hundertschaften, die verhindern sollen, dass sich beide Gruppen die Köpfe einschlagen. Zero Tolerance auf allen Seiten. Aber vermutlich waren die ganzen geföhnten Susis aus dem Regenbogenbällebad noch nie in einem Fußballstadion. Sie könnten ja vor dem Spiel Flyer an die besoffenen Hooligans verteilen. Das wäre zumindest lehrreich.

And The Beat Goes On - The Whispers (Purple Disco Machine Remix) - YouTube

16 Kommentare:

  1. Alles richtig. Aber was wäre die effektive Alternative, die über den Symbolismus hinausgeht? Latschdemos? Happenings? Selbst den Revolutionären Zellen wurde wegen der umgelegten Strommasten Symbolaktionismus vorgeworfen, weil dadurch kein einzigen AKW abgeschaltet oder weniger gebaut wurde.

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    1. Sorry, habe hier Netzausfall und als es eben wieder ging, hat es trotzdem meine Antwort verschluckt. Ganz kurz: Politik. Siehe meine Antwort an dergl. Eventuell noch Waren- und Reiseboykott als privates "Kampfmittel".

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    2. ... und selbstverständlich keine Demos (gähn, moderne Form der Selbstbeschäftigung und Selbstbestätigung - wird von Orban & Co. grundsätzlich ignoriert) oder Lichterketten (Stadionbeleuchtung fällt für mich in diese beliebte deutsche Kategorie).

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  2. *UNTERSCHREIB*

    Hilft zwar auch nix... bekunde meinen Standpunkt ... schaden tut´s auch nicht... Papier ist immmmmmmmer geduldig ;D

    *AMEN*

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  3. Ich hatte die Beleuchtungs-Sache eher dahin interpretiert, dass es nicht darum geht, dass man sich einbilden würde, so eine Aktion würde irgendetwas komplett konkretes gegen Homofeindlichkeit, Transfeindlichkeit und Co. bewirken (dann müsste man auch naiv genug sein, zu glauben, dass jetzt im Pride-Month Chio Regenbogen-Popcorn und Labello Stifte mit Hüllen im Regenbogendesign herausgebracht haben konkret dazu führen soll Hass und Vorurteile abzubauen, nee, das ist Kommerz), sondern auf die ungarischen Gesetze gegen die LBGTQIA+-Community anzuspielen und mit der Aktion auszudrücken Wir wollen eigentlich nicht Gastgeber für ein Land sein, das so menschenfeindlichen Scheiß verzapft. Offen dürfen sie es ja nicht sagen. Ich habe da also weniger queere Identitätspolitik in der Aktion gesehen.

    Ich fände es auch gut, wenn sie die Arena trotzdem beleuchten. Es ist in gewisser Weise heuchlerisch (wie die ganze UEFA und Co. sowieso), aber es würde zumindest zeigen, dass Orban nicht heulen kann und zack kommt der komplett Rest der Welt angerannt und knutscht ihm komplett die Füße. Trotzdem, und da ist mir etwas unwohl, ist das aus meiner Sicht ein Machtspiel auf dem Rücken der Community. Es ist schwierig.

    Falls dein "kleiner Spaß" eine ernsthafte Antwort vertragen kann: Nein, natürlich denkt kaum noch wer an "die Behinderten", seit selbst die Selbstvertretung uns vergessen hat, weil sie ja alle entweder Behinderungen haben, die auf der Liste stehen oder das durch Öffentlichkeit oder Cponnections so drehen konnten und jetzt ihr "Leben zurückhaben". Ab heute kann man hier wieder Impftermine im Impfzentrum reservieren (woanders kann ich wegen dem Assistenzbedarf nicht geimpft werden, die Kosten für die Assistenz werden nur im Impfzentrum übernommen), vorerst nur bestimmte Gruppen. Was noch okay ist, ist halt nur wenig Impfstoff da. ABER: Behinderte Menschen nur aus Einrichtungen der Eingliederungshilfe. 1. waren die hier längst dran (man hat also gar nicht erst was Neues da hingeschrieben), 2. sieht man daran gut, dass behinderte Menschen außerhalb von Werkstätten und Heimen für die Politik nicht existieren.

    Eine Bekannte (Pflegegrad 3, 18 Stunden pro Tag Assistenz) hat als es bekannt wurde, dass wir immer noch nicht dran sind bei entsprechenden Stellen angerufen, weil sie dachte, da sei vielleicht etwas in der schriftlichen Nachricht verkehrt. Antwort wie immer (sinngemäß): Selber Schuld wenn wir nicht im Heim leben oder in Werkstätten arbeiten. Toll auch, wenn man als behinderter Mensch mit Assistenzbedarf in Quarantäne muss, dann darf die Assistenz nämlich nicht zu dir rein...

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    1. Jetzt spricht ein wenig der Politikwissenschaftler in mir: Wenn wir ein Problem mit Orbans homophober Politik haben, genügen Symbole nicht. Dann muss man das mit der ungarischen Regierung besprechen. Die EU könnte ihre Zähne zeigen. Sanktionen sind ja auch ein gern gewähltes Mittel gegen Russland. Neunzig Minuten Regenbogenbeleuchtung werden Orban nicht beeindrucken und üben auch keinen politischen Druck aus. Daher verstehe ich deine Aussage im ersten Absatz nicht. "Offen dürfen sie es ja nicht sagen". Warum nicht? Warum kann man nicht offensiv seine Meinung gegen die Orbans dieser Welt sagen? Warum kuschen die Verantwortlichen in München vor der UEFA? Warum machen sie nicht einfach die Regenbogenbeleuchtung, wenn es ihnen denn wirklich ernst ist? Was soll passieren? Eine Geldstrafe? Eine Ermahnung? Die UEFA wird den DFB schon nicht aus dem Turnier schmeißen, denn dann hätte sie erst recht einen Skandal.

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    2. Ich verstehe dich. Absolut. Kann ich auch unteschreiben. Die EU hätte ihn und ein paar andere schon längst in die Schranken weisen müssen, statt große Worte zu machen. Nicht nur wegen der homofeindlichen Politik.

      Wenn ich sage "Offen dürfen sie es ja nicht sagen", dann meine ich das so: Es sind, ob jetzt die Stadt oder die Arena oder der DFB oder wer auch immer, immer noch Kapitalisten, die in irgendeiner Form mit Sanktionen rechnen müssen, wenn sie den Mund aufmachen. Die Sanktionen wollen sie aus irgendwelchen Gründen nicht, denn du hast Recht, wenn es ihnen ernst wäre, würden sie das in Kauf nehmen, die Beleuchtung wäre da und fertig. Weil sie die Sanktionen nicht wollen, dürfen sie aus ihrer Sicht nicht offen den Mittelfinger an Orban zeigen, sie haben ja auch was davon, dass genau an diesem Ort ein Spiel gespielt wird. Machen sie aber den Mund auf, gibt es die Sanktionen doch und dann sind unter anderem Einnahmen weg. Also machen sie eine Alibi-Aktion, die aber in der Öffentlichkeit wie "Wir machen was, damit der merkt..." Er persönlich oder seine Regierung wird natürlich NICHT merken, aber dabei geht es um die psychologischen Effekte bei den Leuten und die Macher fühlen sich gut, denn sie haben ja "im Rahmen ihrer Möglichkeiten" etwas, wenn nicht sogar alles, getan. Verstehst du, was ich meine?

      Wenn sie die Arena trotzdem beleuchten würden, würden sie wenigstens der UEFA noch die Zähne zeigen...

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    3. Ja, ich verstehe dich sehr gut. Deswegen geht mir die Symbolpolitik, die "Alibi-Aktion", wie du sie nennst, so auf den Nerv. Genauso wie die heuchlerische "Respect"-Kampagne der UEFA, die stylishen Werbespots mit den Fußballmillionären, die eine Stunde später für Rasierwasser vor der Kamera stehen und danach mit dem Ferrari zu ihrer Villa zurückfahren. Man darf von dieser Geldmaschine namens Fußball kein echtes Engagement in Sachen Menschenrechte usw. erwarten.

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    4. toll- beleuchten und der uefa die zähne zeigen- ist ja nur ein fussball- lobbyverband. die brauchen die brd mehr als wir sie.

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    5. Richtig. Gegen den mächtigen DFB, der die nächste EM 2024 ausrichtet, sollte die UEFA nicht kämpfen.

      Schön ist es ja, dass man in Brüssel meinen Blog liest. Von der Leyen will gegen das ungarische Gesetz vorgehen ;o)

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  4. Warum nicht Zeit mit der Lösung echter
    Probleme verbringen ?

    " Werde ich nicht für bezahlt,
    außerdem verstehe ich die
    Problemstellung nicht."

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    1. Fußball löst keine Probleme. Fußball ist das Problem, wenn 60.000 Leute im Stadion sind. Ab August sprechen wir dann von der UEFA-Mutante.

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  5. Nebelkerzen in schöne Regenbogenfarben.Darf ich zu Schwulen Arschficker sagen. Bin ich ein Arschficker. Ich bemerke nur das Gefühlte Chaos. Ich bemerke mich nur im Chaos. Ich warte bis die richtigen Einschläge kommen. Ich warte auf Brestaux.

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    1. Das klingt doch sehr nach einer bekannten Stimme ;o)

      Ist im saarländischen Buchhandel heute wieder nix los?

      Thema "Arschficker". Es ist doch eher die Frage, ob du dich das traust. Würdest du auch fünf Schwule so titulieren? Dann hättest du dir in den letzten Jahrzehnten die Zähne umsonst geputzt :o)))

      So eine Beleidigung - vor Zeugen zumindest - kostet ja auch ein schönes Sümmchen und du warst gerade lange in Kurzarbeit ...

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    2. Gewöhn dich an die Bonetti-Diktatur. Die Corona-Diktatur hast du ja auch mitgemacht ;o)))

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