Montag, 21. Juni 2021

Fünf Nächte


Im Schlafwagen des Nachtzugs von Berlin nach Paris. Über mir schläft ein fremder Mann. Es stört mich nicht, ich wache erst in Paris auf. Es ist früher Morgen. Ich schlendere vom Bahnhof durch die Straßen. Ruhig und konzentriert werden Tische herausgestellt, Lieferungen in Hauseingängen abgelegt und Rollläden hochgezogen. Ladenbesitzer, Kellnerinnen und Fahrer sind beschäftigt. Es gefällt mir, wie die Stadt den sonnigen Tag beginnt. Ich setze mich in ein Bistro und bestelle mir einen Café au Lait und einen Croque Monsieur.

Ich wache in meinem Zimmer auf. Damals habe ich noch bei meiner Mutter in Ingelheim gewohnt. Es ist Sonntagmorgen und die Nacht war lang. Nur mühsam kann ich die verklebten Augen öffnen und etwas erkennen. In meinem Lesesessel sitzt ein schlafender Mann. Er trägt nur Unterhosen. Es dauert eine Weile, bis ich ihn erkenne. Es ist Jimmy aus Sprendlingen. Hat es nicht mehr nach Hause geschafft. Offenbar lief in der Nacht seine Routine ab. Er hat sich einfach ausgezogen und ist eingeschlafen. Ich warte, bis er wach wird.

Wir treffen in San Francisco zwei Hobos vor dem Supermarkt. Sie haben Hausverbot und fragen, ob wir ihnen Wein mitbringen können. Das Geld geben sie uns mit. Sie wollen nicht betteln. Wir holen also Wein für alle und setzen uns auf eine Wiese. Irgendwann, es ist schon dunkel, nehmen sie uns mit in den Park, wo ihr Camp ist. Etwa zehn Hobos leben hier, der jüngste ist vielleicht achtzehn und nennt sich Kid. Wir sitzen am Lagerfeuer und kiffen. Die Nacht verbringen wir im Zelt eines älteren Hobos. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns. Auf einer Wiese laufen Rasensprenger und wir genießen das kühle Wasser. Dann gehen wir zum Haus des Paars zurück, bei denen wir eigentlich wohnen. Freunde von Freunden aus Berlin. Sie schütteln nur den Kopf und lachen.

Im Nachtzug von Nairobi nach Mombasa ist es wie in einem Agatha-Christie-Film. Wir sitzen in unserem Abteil und der livrierte Kellner läutet im Gang zum Abendessen. Im Speisewagen wird das Menü mit Silberbesteck serviert. Später wiegt uns der Rhythmus des Zuges in den Schlaf. Eine Woche später schlafen wir in einem Zelt. Massai Mara, der Nationalpark. Zwischen uns und den freilaufenden Löwen sind nur eine dünne Zeltwand, ein Lagerfeuer und hoffentlich ein Mensch, der wach bleibt.

Ein Boot auf dem Rio Negro. Es ist etwa acht Meter lang und es gibt nur eine Kajüte, in der unser Kapitän und seine Familie schläft. Der Rest des Boots ist überdacht, aber nach allen Seiten offen. Wir schlafen in Hängematten. Der Sound des Dschungels ist atemberaubend. Der deutsche Wald mag still sein. Am Amazonas gibt es ein niemals endendes Konzert der Vögel und Affen. Eigentlich ist es schade, dass ich irgendwann doch einschlafe.   

Helen Schneider & The Kicks - Hot summer nights 1982 - YouTube

4 Kommentare:

  1. Hat abgekühlt ... jetzt wird´s mit dem Einschlafen wieder besser gehen !!!

    Tag des Schlafes 2021
    21. Juni 2021 in Deutschland

    zudem - heute - Sommeranfang und Sommersonnenwende ... ♥
    (jetzt geht´s schon wieder abwärts)

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  2. Toll, mit dem Nachtzug Nairobi-Mombasa bin ich auch gefahren und auch mich hat der weißbehandschute Kellner und das echte Tafelsilber erstaunt.
    Bist Du mal mit der TAZARA gefahren? Ich 2. Klasse von Ifakara nach Mbeya. Das British Breakfast wurde im (Schlaf)Abteil serviert.
    Afrikanische Staaten sind im allgemeinen sehr stolz auf ihre Bahn.

    Fred

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    1. Nein, leider nicht. Kenia war meine einzige Afrika-Reise, damals hat der Bruder meiner Ex dort als Entwicklungshelfer gearbeitet und wir waren zwei Wochen im Land unterwegs. Wenn du Eisenbahn-Fan bist, empfehle ich dir Japan. Schnell, pünktlich, stressfrei. Ein Hochgenuss.

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    2. Du wirst lachen, seit ungefähr sechs Jahren fahren die Züge hier in Indonesien auf die Minute pünktlich.
      7:53 Abfahrt heisst auch 7:53 und 19:10 Ankunft heisst auch 19:10, da kann man die Uhr nach stellen. War vorher undenkbar.

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