Blogstuff 946
Andy “Wild Thing” Bonetti hat wieder freshe Beats, Loide!
Ich habe nur einmal im Leben an
einer Siegerehrung teilgenommen. Malle, 1976. Ich war zehn Jahre alt. Neckermann
Urlaubsreisen. Beim Segelkurs für Kinder haben nur zwei Jungs teilgenommen. Ich
war einer davon. Am Ende des Kurses gab es eine Regatta. Natürlich wurde ich
Zweiter. Richtig peinlich war die Siegerehrung am Abend. Bei den Erwachsenen
haben über zehn Boote teilgenommen. Dann kamen wir Kinder dran. Der Sieger
bekam einen tollen Preis und Applaus. Dann kam ich. Sie haben mir eine
Kaffeetasse geschenkt, auf der ein Anker war. Ich hätte dem anderen Jungen das
Scheißteil am liebsten an den Kopf geworfen. Ich war zehn! Ich durfte noch
nicht mal Kaffee trinken! Dieses Mahnmal der Schande stand noch Jahrzehnte lang
in unserem Wohnzimmerregal.
Das letzte Abenteuer, das man in
Deutschland noch erleben kann, beginnt mit dem Kauf einer Zugfahrkarte. Hinfahrt
Bingen-Hamburg: von Haustür zu Haustür zehneinhalb Stunden. Von neun Uhr bis 19:30
Uhr. Fünfzig Kilometer vor der Hansestadt bleibt der Zug liegen. Im Hamburger
Hauptbahnhof ist ein Bauzug entgleist und gegen einen Pfeiler gedonnert,
erfahre ich von meinem Smartphone-bewehrten Sitznachbarn. Eine S-Bahn ist in
den Bauzug gerast und die verletzten Insassen müssen von der Feuerwehr befreit
werden. Der Bahnhof wird gesperrt und sicherheitshalber wird der komplette
Schienenverkehr in Hamburg (S- und U-Bahn) eingestellt. Unser ICE bleibt fünfzig
Kilometer vor dem Hauptbahnhof in einem Ort namens Buchholz liegen. Dann kommt
die Durchsage, die ich in meinem Leben noch nie gehört habe. „Wir öffnen alle
Türen, damit Sie sich die Füße vertreten können“. Das scheint eine größere
Sache zu sein. Ich laufe ein wenig herum und geselle mich dann wieder zu meinem
rauchenden Sitznachbarn. Er hat die rettende Idee. Er ruft seine Frau in Hamburg-Altona
an, die ihn holen soll. Mir bietet er großzügigerweise einen Platz an. Er heißt
übrigens auch Matthias. Eine dreiviertel-Stunde später ist sie da, wir fahren
nach Hamburg, natürlich stehen wir noch im Stau, dann holt mich der Freund, den
ich besuche, mit dem Auto in Altona ab.
Bei der Rückfahrt noch ein Novum.
Wir hatten bereits in Berlin 35 Minuten Verspätung, bevor der Zug überhaupt
losgefahren ist. Eigentlich sollte der ICE über Erfurt durch Hessen nach Frankfurt
fahren, aber dann rollen wir im Schritttempo durch Aschaffenburg, das
bekanntlich in Bayern liegt.
Man kennt das Essverhalten der
Deutschen im Zug. Eine Frau öffnet ihre Tupperdose und holt ein Käsebrot heraus
und löst damit eine Kettenreaktion heraus. Männer greifen zu Frikadellen und
hartgekochten Eiern! Jetzt habe ich die Könige getroffen, eine alte
indonesische Frau mit Kopftuch und ihren Sohn. Er holt zwei Plastikbecher mit
Nudeln und zwei Löffel aus seinem Rucksack. Damit geht er ins Bord-Bistro und
lässt sich die Becher mit kochendem Wasser füllen. Ich überlege, ob ich mir
nicht beim nächsten Mal eine Tütensuppe und eine Thermoskanne mit heißem Wasser
mitnehmen soll. Vielleicht auch eine Kochplatte, die ich in die Steckdose
einstöpsele, um mir in einer Campingpfanne ein Schweinenackensteak zu braten,
Welcome tot he next level.
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