Freitag, 6. Januar 2023

The Purge


Es ist mal wieder die Zeit der Pauschalurteile. Die Ausländer sind an allem schuld. Manche fordern ein landesweites Böllerverbot. Gescheiterte Integration. Toxische Männlichkeit usw. Mit dem Bello haut man auf eine Reißzwecke.

Was ist passiert? In der Silvesternacht haben hunderte Halbstarke in Neukölln randaliert. Nicht in ganz Deutschland. Nicht achtzig Millionen Menschen. In Schweppenhausen sind zum Beispiel die Familien auf die Straße oder in ihren Garten gegangen, haben ihre Raketen in den Himmel geschossen und sind dann wieder ins Haus zurückgekehrt. Keine Toten und Verletzten, kein Polizei- oder Feuerwehreinsatz, keine Randale, keine eingeschmissenen Scheiben, keine brennenden Autos.

Bevor man jetzt, wie in Deutschland üblich, einen Riesenanlauf zur Problemlösung macht – denn es geht ja wie immer ums Prinzip –, könnte man die Dinge auch ganz pragmatisch lösen. Wir brauchen keine neuen pädagogischen Konzepte. Die jungen Leute, die in Berlin randaliert und Rettungskräfte angriffen haben, würden zuhause ihre Eltern und Geschwister nicht mit Silvesterraketen beschießen, sie würden auch nicht ihre Kirchen und Moscheen angreifen. Sie wissen genau, wie man sich benimmt. Sie sind nicht schlecht erzogen. Aber sie wissen auch, dass man zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten ungestraft alles machen darf. Rechtsfreie Räume sind ein Vakuum, das Straftäter magisch anzieht. Warum leckt sich der Hund die Eier? Weil er es kann.

Was tun? Prävention. Dazu zwei Beispiele:

Am 1. Mai randaliert in SO 36 traditionell die linksautonome Szene. 1991 erlebte ich es zum ersten Mal live. Ich wohnte damals in der Görlitzer Straße, also mittendrin. Um die Ecke war die Ruine eines Bolle-Supermarkts, der am 1. Mai 1987 geplündert und dann abgefackelt worden war. Ich verließ am Vormittag die Wohnung, um mir Brötchen und eine Zeitung zu kaufen. Die Tankstelle an der Ecke Görlitzer und Skalitzer Straße glich einem Fort der US-Kavallerie im Indianerland. Kreisförmig waren Polizeifahrzeuge, sogenannte Wannen, geparkt, die Polizisten in voller Kampfmontur standen in der Mitte. Jahr für Jahr hat die Polizei bundesweit ganze Hundertschaften nach Kreuzberg geschickt, um die Gewalt im Keim zu ersticken. Heute passiert kaum nach was am 1. Mai.

Hertha-Heimspiele sind ein Problem. Hunderte Hooligans bezeichnen sich als Fans und kommen ins Olympiastadion. Einmal hatte ich das Pech, in einer U-Bahn voller Hools zu sitzen. Am Bahnhof Zoo, inzwischen wohnte ich in der West-City, stieg ich aus. Dutzende Polizeibeamte mit Helm, Schild und Knüppel stiegen ein. Durch massive Polizeipräsenz ist das Problem mit gewaltbereiten Fußballfans inzwischen fast vollständig gelöst.

In der nächsten Silvesternacht ist die Polizei hoffentlich mit mehreren Hundertschaften in der Sonnenallee, am Hermannplatz, der Karl-Marx-Straße und in der Gropiusstadt. Es ist ja noch nicht einmal ganz Neukölln betroffen, ich sage nur: Britz. Dazu sollten natürlich auch alle juristischen Mittel ausgeschöpft werden. Linke Flaschenwerfer sind vom Staatsanwalt schon wegen Mordversuch angeklagt worden. Für den Angriff auf Rettungskräfte können Haftstrafen verhängt werden. Auf eine präzise Analyse sollten auch präzise Lösungen folgen.

P.S.: Unter den 145 Festgenommenen waren auch ein Australier, ein Franzose – und sechs Frauen.  

P.P.S.: Silvester 2002 gab es in Berlin über 500 Brände und 560 Verletzte. 

3 Kommentare:

  1. 1945 hat es in Berlin am meisten geknallt. War kein Bulle zu sehn.....Ich war escht aggro.

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    1. Die Polizei hat sich ja in die Russen-Viertel nicht reingetraut ...

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