Am Morgen des 6.7.2023 erwachte ich aus einem Traum.
Ich hatte gerade einen Text mit der hier verwendeten Überschrift begonnen, in
dem es um den Aufstand privilegierter weißer Männer gegen ihre imaginäre
Unterdrückung und die Verwendung bewährter Protestpraktiken von Minderheiten
geht, als ich erwachte. Ich stand auf, ging zu meinem Schreibtisch und begann,
die Ideen des Traums zu formulieren:
Alles
begann mit dem Anschlag auf Valentin Wagner. Er stand mit seinem Audi A8 an
einer roten Ampel, als er von einer Horde fremdländisch aussehender
Jugendlicher attackiert wurde. Erst rissen sie ihm das Handelsblatt aus den Händen, in denen
er gerade die Börsenkurse studierte, dann zerrten sie ihn aus dem Wagen und
schlugen ihn zusammen. Wagner verlor drei teure Zahnimplantate und seine Rolex,
der Armani-Anzug war zerrissen und seine handgenähten Lederschuhe waren völlig
ruiniert. Als der Rettungswagen eintraf, fanden die Sanitäter ein Opfer, das
mit Blutergüssen, blauen Flecken und Schürfwunden übersäht war.
Eine
Stunde später kursierte in den sozialen Medien ein Video, das ein Rentner am
Tatort aufgenommen hatte. Zwei Stunden später trendete das Hashtag #whyme auf
Twitter und der Shitstorm begann. Alte weiße Männer berichteten über ihre
Diskriminierung. Am Arbeitsplatz wurden Frauen und andere Minderheiten
bevorzugt. Die Türen der angesagten Clubs blieben für sie verschlossen. Keine
Backstage-Pässe für die Ü60-Generation. In Restaurants wurde man ungefragt auf
Seniorenteller hingewiesen.
„Uns
gehört mehr als die Hälfte des Himmels“, brachte es Rosenzüchter99 auf den Punkt.
„Wir holen uns unser Land zurück“, schrieb Hermann G. auf Facebook. „Harald
Juhnke hätte sich das nicht gefallen lassen“ (Gardasee-Ripper). Die Medien
griffen den Skandal begierig auf. Nach der ersten Demo in Berlin, zu der
fünftausend alte weiße Männer mit und ohne Rollatoren kamen, machte Markus Lanz
eine Sendung zum Thema. Die Gäste: Kubicki, Stoiber, Schäuble und Hallervorden.
Zwei
Tage später kam es zum Aufstand. Shisha-Bars und Frauen-Cafés wurden zerstört,
Lastenfahrräder angezündet und Tschibo-Läden geplündert. Die schweigende
Mehrheit war erwacht und verlangte, die Geriatrie-Ghettos zu schließen und die
alten weißen Männer endlich an der Macht und an der Gesellschaft zu beteiligen.
Die Welt hatte sich verändert.
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