Es gibt verschiedene Wege zur
Macht. Man kann als einfacher Soldaten beginnen, sich hochdienen und ein
berühmter Feldherr werden wie Napoleon. Man kann im Geheimdienst den Untergang
des politischen Systems überleben, sich einem Emporkömmling des neuen Systems
anschließen und am Ende autokratischer Herrscher werden wie Putin. Man kann in
einer Partei in jahrzehntelanger Arbeit an die Spitze kommen wie Xi oder Stalin.
Man kann selbst einen Parteiapparat und paramilitärische Einheiten aufbauen wie
Hitler. In früheren Zeiten hat man die Macht schlicht geerbt, weil der Herr
Papa König oder die Frau Mama Königin war.
Bei Trump war es anders. Er war „erfolgreicher“
Geschäftsmann (1990: 3,2, Mrd. $ Schulden), Fernsehstar („The Apprentice“),
Wrestling-Sponsor und zunächst an Politik nicht interessiert. Wie hat er in so
kurzer Zeit die Republikanische Partei hinter sich gebracht, die ihm jetzt in
blindem Gehorsam ergeben ist? Wie konnte er zur Bedrohung der amerikanischen
Demokratie werden? Es ist gerade einmal zehn Jahre her, als Donald Trump im
Juni 2015 seine Präsidentschaftskandidatur verkündete. Bei den Republikanern,
die das konservative, weiße, tiefreligiöse und ländliche Amerika
repräsentieren, war der New Yorker Playboy, der sonntags lieber auf den
Golfplatz und nicht in die Kirche ging, zunächst ein krasser Außenseiter.
Dennoch setzte er sich gegen das Partei-Establishment (u.a. Jeb Bush aus der
bekannten Dynastie, Marco Rubio) durch und wurde Kandidat. Den Weg hatte zuvor
schon die erzreaktionäre Tea Party geebnet, der allerdings ein charismatischer
Demagoge fehlte. Selbst zu diesem Zeitpunkt konnte sich niemand vorstellen,
dass er gegen eine intelligente und professionelle Politikerin wie Hillary
Clinton eine Chance haben würde. Aber schon damals hat man die Macht von
Populismus und Propaganda unterschätzt. Gerade die Anhänger der Republikaner sind
mit schlichten Parolen und dem Appell an ihren Patriotismus leicht zu
mobilisieren. Nach einem schwarzen Präsidenten eine Frau im Weißen Haus? No
way. Und so verlor Trump zwar die Wahl nach der Zahl der abgegebenen Stimmen
(er hatte drei Millionen Wähler weniger), hatte aber die Mehrheit der
Wahlmänner hinter sich.
Trotz der Skandale in seiner
ersten Amtszeit (inkl. Impeachment-Verfahren) stellten ihn die Republikaner
insgesamt dreimal hintereinander zur Präsidentschaftswahl auf. Selbst nach der
Niederlage 2020 und dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol, die eigentlich
das Ende seiner politischen Karriere sein mussten, konnte er 2024 noch einmal
in den Wahlkampf ziehen und gewann mit derselben primitiven Masche gegen eine
POC-Frau. Die Demokraten hatten den Fehler aller linken Parteien gemacht und
waren von einer Klassen- zu einer Identitätspolitik gewechselt. Sie vertraten
nicht mehr die Arbeiterklasse und die untere Mittelschicht, sondern Minderheiten.
Das kommt uns in Deutschland und in Westeuropa bekannt vor. Nach diesem Muster
vollzog sich der Aufstieg der Le Pens, der Höckes und Melonis. Die „hart
arbeitenden kleinen Leute“ wechselten in die rechte Hälfte des
Parteienspektrums und waren angesichts ihrer Abstiegsängste im Zeitalter der
Globalisierung sehr empfänglich für nationalistisches und protektionistisches Gedankengut.
„Make America Great Again“. Das klingt auch heute noch für viele amerikanische
Wähler besser als Diversität, Gleichberechtigung, Klimaschutz, Homo-Ehe,
Gender-Sprache und Entwicklungshilfe. Trumps zweite Amtszeit ist ein in der
amerikanischen Geschichte bespielloser Stresstest des politischen Systems. Er
greift die Pressefreiheit, die Wissenschaft, die Judikative und die Legislative
offen an, kürzt und streicht alles, was nicht in seine nationalpopulistische
Agenda passt, und spielt beim Einsatz des Militärs gegen die eigene Bevölkerung
mit dem Feuer. Und das alles in den ersten fünf Monaten der laufenden Amtszeit.
Falls ihn niemand aufhält, wird er die Welt so nachhaltig verändern wie die
anderen Diktatoren, die ich eingangs erwähnte.
Ich finds ja immer gut, wenn ein politisches System gestresst wird. Und möglicherweise hat das System mit Donnies widriger Fresse genau das Gesicht gekriegt, das es verdient. Es scheint eine Tendenz zu sein: Kapitalismus mit menschlichem Antlitz hat ausgedient. Dafür haben wir jetzt Kettensägen, Brotbettseife und den Linnemann.
AntwortenLöschenPS.
Sonderlich menschlich war das Land der Freien übrigens schon vor Mini-Hitlers legaler Machtergeifung nicht. Wenn's wen interessiert: "Täglicher Faschismus" (Reinhard Lettau, 1971, Carl Hanser Verlag, antiquarisch erhältlich)
Nach dem Ende des Sozialismus mussten Politiker und Reiche nicht mehr so viel Kreide fressen, aber von der offenen Diktatur und der schamlosen Bereicherung (z.B. Trumps eigene Kryptowährung) sind andere Länder doch noch weit entfernt.
LöschenDie Diktatur der heimischen Bourgeoisie und ihre leicht verschämte Bereicherung, sie leben hoch!
LöschenEs ist mein unverdientes Glück, dass ich zur Bourgeoisie gehöre. In diesem Land möchte ich nicht zur arbeitenden Klasse gehören :o)
LöschenStichwort "Pendelbewegung".
AntwortenLöschenDer ganze "Nächstenliebe-Scheiß" der letzten 50 (Nachkriegsjahre) kann jetzt — um jegliches historisches Wissen befreit — von einer atavistischen Multimilliardärsclique abgeräumt werden.
Der ungebildete Pöbel steht daneben und darf endlich seiner Abneigung gegen alles ihm Fremde frönen (aka wählt die Multimilliardärs-Steigbügelhalter in die Parlamente).
ein Freund
Die uralte Allianz von Macht und Geld wechselt im Laufe der Zeit einfach nur die Fassade.
LöschenUnd Konradin raunt aus seinem namenlosen Grab "nicht zwingend, nicht zwingend..."
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