Dienstag, 3. Juni 2025

Deutsche Geschichte

 

Vor 35 Jahren kam es zur „Wiedervereinigung“ Deutschlands und ich halte sie bis heute für einen Fehler. Was wäre passiert, wenn die DDR unabhängig geblieben wäre? Sie hätte sich zu einer Demokratie entwickelt wie die anderen Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts, sie hätte ihre Industrie modernisiert (anstatt sie von der BRD zerschlagen zu lassen), sie wäre nicht ein zweites Mal enteignet worden (nach 1945 durch die Sozialisten, nach 1990 durch die westdeutsche Erbengeneration und die Treuhand), man hätte die Menschen nicht als Bürger zweiter Klasse entwürdigt und sie wäre Mitglied der EU inklusive Schengener Abkommen. Das Leben in Berlin wäre nicht anders als heute, die Mauer wäre weg und man könnte jederzeit einen Ausflug ins Umland machen.

Deutschland hat gute Erfahrungen mit mehreren Staaten im selben Sprach- und Kulturraum gemacht: nach dem Dreißigjährigen Krieg, als das Altreich nur noch formal bestand, und nach dem Wiener Kongress, als der Deutsche Bund entstand. Die Zwangsvereinigung durch Bismarck 1871 führte direkt in die Katastrophe: Wilhelminismus, Militarismus, Kolonialismus, Imperialismus, Weltkrieg. Diese Entwicklung ist uns nach 1990 erspart geblieben, weil Deutschland in die EU eingebunden wurde (Vertrag von Maastricht 1992, Währungs- und Wirtschaftsunion). Daher würden alle Versuche, ob von links oder rechts, Deutschland aus der EU zu lösen, zu einem Wilhelminismus 2.0 führen. Großmäuler gibt es in diesem Land schließlich immer noch zur Genüge – vom Stammtisch bis zum Kanzleramt.   

PS: Entgegen der offiziellen Erinnerungskultur war es ein Glücksfall, dass der Putsch vom 20. Juli 1944 gescheitert ist. Die Beteiligten waren hauptsächlich Adlige und hohe Offiziere (von denen viele wiederum aus dem Adel stammten, z.B. Oberst Graf von Stauffenberg). Ihr Ziel war die Rückkehr in den Wilhelminismus, nicht in die Demokratie. Wie würde Deutschland heute aussehen, wenn die Putschisten damals die Macht übernommen hätten? Ein Nachkomme von Willem Zwo im Schloss und die Eigentümer ostpreußischer Rittergüter im Reichstag? Quizfrage: Hätten die Männer, die von 1933 bis 1944 seine willigen Komplizen waren, auch versucht, Hitler zu ermorden, wenn er den Krieg gewonnen hätte? Das ist der Unterschied zu Georg Elsers Attentat von 1939. Der einfache Arbeiter ist längst vergessen, aber wir verehren immer noch einen schneidigen Wehrmachtsoffizier, der Adolf Hitler so tief in den Arsch gekrochen ist, dass man sein Rasierwasser riechen konnte, wenn der Führer gerülpst hat.

 

5 Kommentare:

  1. "Vor 35 Jahren kam es zur „Wiedervereinigung“ Deutschlands und ich halte sie bis heute für einen Fehler. Was wäre passiert, wenn die DDR unabhängig geblieben wäre? Sie hätte sich zu einer Demokratie entwickelt wie die anderen Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts, sie hätte ihre Industrie modernisiert (anstatt sie von der BRD* zerschlagen zu lassen)"
    *Anmerkung vom BRD-Finanzkapitalismus

    Ansonsten: 100-prozentige Zustimmung — jedes Wort ist wahr!
    ein Glaubensgenosse

    AntwortenLöschen
  2. Antworten
    1. Die Männer vom "Widerstand" folgten dem Führer bedingungslos von 1933 bis 1944. Erst als die Niederlage kurz bevorstand, versuchten sie, das sinkende Schiff zu verlassen.

      Löschen
  3. Ich habe das Postskriptum um ein paar Sätze ergänzt.

    AntwortenLöschen
  4. Seit 9/11 ist klar, dass die DDR die BRD übernommen hat und nicht umgekehrt.

    AntwortenLöschen