Es war Abend und die Sommerhitze
wollte nicht aus meiner Dachgeschosswohnung weichen. Also beschloss ich, noch
einen kleinen Spaziergang zu machen. Als ich auf den Bürgersteig trat, war die
Luft angenehm kühl. Eine leichte Brise bewegte die Baumkronen und im Licht der
Laternen tanzten die Mücken.
Ich schlenderte ziellos durch
die Straßen meines Viertels. Vielleicht sollte ich irgendwo noch ein Bier
trinken? Erst vor kurzem war ich in die große Stadt gezogen und wusste nicht,
wo die nächste Kneipe zu finden war. Früher muss es sie an jeder Ecke gegeben
haben, aber ich kam an keiner vorbei. Aus der Ferne hörte ich leise Musik, sie kam aus einer Seitenstraße. Ich folgte den Klängen und sah bald das
hell erleuchtete Haus.
Es war wie eine Wand aus Licht. Die
Scheiben waren fünf Meter hoch und reichten bis auf den Boden. Zwischen den
Scheiben waren dünne Leisten aus verchromtem Stahl, das gläserne Panorama war
an die zwanzig Meter lang. Einiges Volk hatte sich hier versammelt und starrte
wie gebannt in den Saal. Obdachlose, Jugendliche und eine alte Frau mit Hund.
Ich stellte mich dazu.
Im Saal tanzten Dutzende Paare,
die Herren in dunklen Anzügen mit Fliege, die Damen in glänzenden langen
Ballkleidern. An den Rändern standen viele andere Menschen, sahen den Tanzpaaren
zu, lächelten und plauderten. Ein Orchester spielte gerade einen Walzer. Kellner
trugen Tabletts voller Champagnergläser durch die Menge. Ob es eine Hochzeit
war, eine Wohltätigkeitsveranstaltung oder eine Feier aus einem sogenannten
gesellschaftlichen Anlass? Ich hatte so etwas bisher nur im Fernsehen gesehen.
Der Mann neben mir drehte den
Kopf und sagte: „Sehen Sie sich mal das Buffet an.“
Er trug eine dicke wattierte
Jacke, ein kariertes Hemd voller Flecken und neben ihm stand eine Aldi-Tüte mit
Klamotten.
Ich folgte seinem Finger und sah
auf der rechten Seite einen langen Tisch, der mit einem weißen Leintuch bedeckt
war. Dort standen silberne Platten mit Hors d’œuvre, verschiedenen Käsesorten, Obst,
Etageren mit Petit Fours und ein Kelch mit Kaviar.
„Wenn das Fest vorbei ist,
können wir uns die Reste am Hintereingang abholen. Ich freu mich schon.“
Ich nickte ihm freundlich zu und
ging weiter.
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