Freitag, 27. Juni 2025

Die bizarre Schattenwelt des Andy B.

 

Blogstuff 1146

„Die Friedhöfe der Welt sind voll von Menschen, die sich für unentbehrlich hielten.“ (Georges Clemenceau)

Gestern hatte ich eine interessante Diskussion mit meiner Anlageberaterin. Die junge Frau behauptet selbstbewusst, nächstes Jahr würden die Leitzinsen der EZB sinken. Selbst Frau Lagarde weiß nicht, wie hoch die Zinsen in einem Jahr sein werden. Bei Zinsen gibt es immer drei Möglichkeiten: sie fallen, sie steigen oder sie bleiben gleich. Nehmen wir nur mal ein Ereignis aus diesem Monat als Beispiel. Aus heiterem Himmel greift Israel den Iran an. Wenn sich dieser Konflikt zu einem richtigen Krieg entwickelt, in den weitere Staaten eingreifen und Bodentruppen eingesetzt werden, wenn er Einfluss auf die Produktion und den Transport von Erdöl und -gas hat, könnten die Energiepreise schnell um fünfzig Prozent steigen. Dann steigen auch die Produktionskosten der europäischen Industrie, die Unternehmen geben die Kosten an ihre Kunden weiter und in der Folge haben wir eine hohe Inflation. Dieses Szenario hatten wir 2022. Die Zinsen stiegen infolge des Ukraine-Kriegs und der stark gestiegenen Energiepreise bzw. der Inflationsrate bis 2024 von null auf 4,5 Prozent. Niemand kennt die Zukunft, auch die Sparkasse nicht.

Lustig sind in diesem Zusammenhang auch immer die Prognosen der Wirtschaftsinstitute, die das Wachstum des nächsten Jahres bis auf eine Stelle hinter dem Komma voraussagen. Im Laufe des Jahres werden diese Prognosen immer wieder korrigiert. Ich weiß nicht, wo man das Studienfach Hellseherei belegen kann, vermutlich in Hogwarts. Allein in diesem Jahrzehnt haben Corona und Putin jede Prognose Makulatur werden lassen. Es gibt Ereignisse, die niemand auf dem Radar haben kann. Trotzdem werden die Zahlen jedes Mal wie eine geweihte Monstranz durch die Medien getragen.   

Ich scheine der Schwulenmagnet meines Viertels zu sein. Offenbar liegt es an meiner zarten Schönheit und stillen Intensität. Wieder auf meiner Parkbank. Er heißt Jörg und wir haben uns neulich schon mal unterhalten. Im Gegensatz zu John, den ich nie wieder gesehen habe, ist er seit fünfzig (!) Jahren in festen Händen und gebürtiger Berliner. Er wohnt mit seinem Partner in einer riesigen Altbau-Maisonette-Wohnung für 900 Euro kalt. Er hat Operngesang studiert, am Theater gearbeitet, ist inzwischen aber richtig runtergerockt. Irgendwann holt er die Wodkaflasche aus seinem Rucksack und nimmt einen tiefen Schluck. Natürlich raucht er. Ich frage ihn, ob er den Wodka bei Aldi kauft. Er nickt nur. Ich erzähle ihm, dass der 1,5-Liter Tetra Pak Rotwein aus Spanien von 1,99 auf 1,89 € runtergesetzt wurde. Trinken werde ja immer günstiger. Sein Partner ist gerade bei Freunden in Barcelona, da wäre es vierzig Grad heiß. Wir loben das angenehme Berliner Wetter und stellen fest, dass wir beide seit langem nicht mehr geflogen sind. Beim Abschied sagt er, wir sollten ein Messingschild mit unseren Namen auf die Bank machen. Finde ich süß.

P.S.: Als er von einem schwulen Freund sprach, nannte er ihn „verzaubert“. Ist wohl ein Insider-Ausdruck.

 

6 Kommentare:

  1. „Ich würde mir eher eine Giftschlange in mein Hemd legen, als einen Vermögensberater zu engagieren.“
    Charlie Munger

    So eine junge Frau kann ziemlich teuer werden...

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    1. Keine Sorge. Ich habe sämtliche Vorschläge abgelehnt und mich für Festgeld (1,7 % p.a.) entschieden. Bin seit 1976 Kunde der Sparkasse ;o)

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    2. Sie wird verhungern, wenn Du sie nicht ab und zu zum Essen einlädst :)

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    3. Ich habe ihr Foto im Internet gesehen ...

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  2. "Als er von einem schwulen Freund sprach, nannte er ihn „verzaubert“
    ... es tut dabei nicht so weh ... eher ganz sanft.
    ein Freund

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  3. Habe nur den Park gewechselt, Gruß John

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