Dienstag, 11. November 2025

Bonetti in Bornheim


Es muss etliche Jahre her sein, dass Andy Bonetti in Bornheim gelesen hat. Auf Einladung des Bürgermeisters hat er im Gemeindesaal einige Kapitel aus seiner erfolgreichen Pralinski-Biographie vorgetragen, nun spaziert er frohen Mutes durch die Straßen. Er trägt seinen schneeweißen Reiseanzug, eine karmesinrote Krawatte und einen Panamahut, der sein gesalbtes Haupt gegen die Sonne schützt. Die Passanten grüßen ihn artig und ältere Herren lüpfen sogar lächelnd ihre Hüte.

Bonetti betritt ein Kaffeehaus und setzt sich an einen freien Tisch am Fenster. Sogleich fliegt eine Kellnerin heran und fragt nach seinen Wünschen. Er bestellt eine große Tasse Milchkaffee und fragt nach der Speisekarte. Während die Kellnerin davon eilt, um seinen Wunsch zu erfüllen, tritt der Kaffeehausbesitzer an seinen Tisch und überreicht ihm die Speisekarte. Er empfiehlt die belgischen Waffeln mit Vanilleeis. Bonetti nickt zufrieden, möchte aber zu den Waffeln und dem Eis noch ein Schälchen Erdbeeren. Der Besitzer lächelt erfreut und geht persönlich in die Küche.

Während Bonetti auf den Kaffee wartet, kommt ein kleines Mädchen mit Zöpfen an seinen Tisch und schaut ihn an.

„Na, Kleine, wer bist du denn?“

Sie sagt nichts und schaut ihn weiter an.

Eine junge Frau kommt zögernd näher.

„Das ist Susi“, sagt sie. „Sie ist jetzt sieben Jahre alt.“

„Und?“

„Sie haben sie nach Ihrer letzten Lesung gezeugt, Mister Bonetti. Ich bin so stolz auf das Kind.“

„Oh. Wirklich?“

Ein Mann mit einer grünen Schürze kommt näher, während die Kellnerin den Kaffee serviert.

„Mister Bonetti“, sagt er, „ich habe Ihren Rat befolgt. Das ist die Rosa foetida bonetti.“ Er hält ihm einen Strauß gelber Rosen vor die Nase, die einen unangenehmen Geruch verströmen.

„Großartig“, sagt Bonetti und riecht an seinem parfümierten Seidentuch, das er hastig aus der Brusttasche gezogen hat.

Alle Gespräche im Kaffeehaus sind längst verstummt, die Blicke der Gäste sind auf Andy Bonetti gerichtet.

Endlich kommen die belgischen Waffeln mit Eis und Erdbeeren.

„Voilá, Mister Bonetti. Wir haben uns erlaubt, ihre Kreation als ‚Surprise à la Bonetti‘ auf die Speisekarte zu nehmen.“

Bonetti beginnt zu essen. Alle schauen ihm gespannt zu. Vor dem großen Fenster des Kaffeehauses hat sich inzwischen eine riesige Menschenmenge versammelt. Stumm zeigen sich die Leute den großen Dichter gegenseitig mit dem Zeigefinger. Hunderte Smartphones werden in die Höhe gehalten, um die Szene für die Ewigkeit festzuhalten. Die Polizei versucht, den Stau aufzulösen, der sich durch die Gaffer vor dem Kaffeehaus gebildet hat.

Aus dem Hintergrund hört Bonetti ein Hämmern. Es ist ein Handwerker, der gerade ein Messingschild mit der Aufschrift „Hier hat der Schriftsteller Andy Bonetti am 3. November 2025 gespeist“ an der Wand des Kaffeehauses befestigt.

Es ist nicht leicht, ein berühmter Künstler zu sein. Die Menschen machen sich keine Vorstellung von diesem Leben.

Nachtrag: Die Kellnerin des Kaffeehauses war übrigens eine Studentin an der Universität der Künste in Berlin und verdiente sich zu diesem Zeitpunkt in ihrer alten Heimat gerade ein wenig Geld zur Fortsetzung ihres Studiums. Jahre später hielt sie die geschilderte Szene in einem großflächigen Gemälde fest. „Bonetti in Bornheim“ hängt heute im Pariser Louvre und gilt als eines der großen Meisterwerke der zeitgenössischen Kunst. Es soll den berühmten amerikanischen Regisseur David Lynch zu seinem Opus magnum „The Bonetti Mysteries“ inspiriert haben. In diesem Film hat Andy Bonetti zwei Cameo-Auftritte: Wir sehen ihn zunächst auf einer Flugreise als Sitznachbarn des Hauptdarstellers, in seiner Hand ein Glas Bourbon mit Eis (nach 7 Minuten), später sehen wir seine markante Silhouette hinter der Milchglasscheibe einer Tür mit der Aufschrift „Registratur für Geburten und Sterbefälle“ (nach 144 Minuten).

Montag, 10. November 2025

Die Topographie der Ignoranz


Blogstuff 1227

„Bonetti? Dieser arrivierte Bourgeois mit Villa in St. Tropez? Der gerne den Gesellschaftskritiker spielt und Verständnis für die Sorgen der kleinen Leute heuchelt, während er kubanische Zigarren raucht und Champagner trinkt? Der mit Rheinmetall-Aktien und MAGA-Mützen ein Vermögen verdient hat und den Kindern an Halloween Steine in den Beutel wirft? Der eiskalte Faschist, der vorgibt, ein sensibler Künstler zu sein? Ich mag ihn.“ (Lars Klingbeil)

Viele Superstars werden mit ihrem Ruhm nicht fertig. Das Problem hatte ich nie. Aber jede Lobeshymne in den Medien lähmt mich für einen Tag und ich frage mich, wie ich diesen hohen und immer höher werdenden Ansprüchen des Publikums auch weiterhin gerecht werden kann.

Im Café. Ein Opa bestellt bei der jungen Kellnerin nicht nur eine Tasse Kaffee, sondern erzählt ihr auch in breitem Dialekt, dass er früher Kadetten bei der Marine ausgebildet hat. Ich sehe förmlich das Fragezeichen über ihrem Kopf. Dann packt er eine B.Z. aus und sagt laut „Dann wolln wa ma“. Er sitzt am Nachbartisch und ich fürchte, dass er mich anspricht und mich buchstäblich zu Tode langweilt. Also vertiefe ich mich in meinen Tagesspiegel. Auch gebürtige Berliner können Nervensägen sein.

Ich werde diesen Augenblick nie vergessen. Es war in meinem ersten Jahr bei der Kripo. Der Sanitäter schloss gerade den Leichensack über dem Gesicht eines jungen Mannes, als dessen Handy losging. Die Melodie: „Who wants to live forever“ von Queen.

Sergeant Klepper war verheiratet, hatte aber keinen Sex mehr, seit der Gerichtsvollzieher den Pelzmantel seiner Frau und den Fernseher gepfändet hatte.

Humoristen, egal ob sie sich Comedians oder Kabarettisten nennen, sind auch nur Dienstleister und sollten sich nicht allzu wichtig nehmen. Ihr seid Pointenkellner, dafür werdet ihr bezahlt, also kommt mir nicht mit Bühnenjubiläum und sentimentalen Anwandlungen. Mein Dönermann macht seinen Job jetzt auch schon seit 25 Jahren und macht kein großes Ding draus.

Julia Klöckner hat Deutschland als den Puff Europas bezeichnet. Ist die CDU schon im Wahlkampfmodus – und auf dem Weg zu 15 Prozent? Als ich diese Frau zuletzt im Fernsehen gesehen habe, hatte sie fingerdick weiße Schminke im Gesicht und absurd rote Lippen. Solche Frauen stehen meistens vor dem Hauptbahnhof, man nennt es auch moderne Bauernmalerei.

Aus meinem Tagebuch: „1. Mai 1985. Ich beschließe, meinen revolutionären Pflichten nachzukommen und das System zu infiltrieren. Ich nehme einen Job in einer Chemiefabrik an, die aus geschredderten Küken Glyphosat herstellt. An meinem ersten Arbeitstag bekomme ich einen grauen Kittel und einen Besen ausgehändigt. Der Marsch durch die Institutionen beginnt.“

Sonntag, 9. November 2025

Ein junges Paar


Er: Hast du gelesen? Die Erderwärmung steigt bis 2100 auf 2,8 Grad.

Sie: Ja, das ist das Ende.

Er: Die Menschheit schaufelt sich ihr eigenes Grab.

Sie: Schrecklich. Deswegen will ich keine Kinder.

Er: Was machen wir dagegen?

Sie: Ich verzichte auf Nutella. Wegen dem Palmöl.

Er: So ein Quatsch. Genau wie deine Jazztanzgruppe.

Sie: Und du verdammter Klugscheißer?

Er: Ich war neulich auf der Demo in Berlin. Mit Zugfahrt hat mich das einen ganzen Tag gekostet.

Sie: Auf was verzichtest du? Es ist kurz nach zwölf und du hast mal wieder das erste Bier offen.

Er: Ich verzichte aufs Auto und auf Flugreisen.

Sie: Das machen wir beide, weil wir keine Kohle haben.

Er: Sven und Larissa waren neulich in Portugal. Diese Umweltschweine.

Sie: Ich möchte auch mal wieder verreisen.

Er: Willst du als Systemhure enden? Larissa arbeitet bei der Telekom.

Sie: Du arbeitest überhaupt nicht.

Er: Ich studiere Eventmanagement.

Sie: Und was hilft das gegen die Abholzung des Regenwalds?

Er: Soll ich mich deswegen hier in Cottbus an einen Baum ketten?

Sie: Das bringt doch alles nichts. Lass uns was essen.

Er: Was haben wir denn noch?

Sie: Tiefgefrorene Chicken Nuggets. Die könnte ich in der Mikrowelle heiß machen.

Er: Klingt gut. Bringst du mir noch ein Bier mit?

Sie: Mach ich. Es ist so traurig, wie alles den Bach runter geht.

Er: Wenn wir nur was daran ändern könnten.

 

Samstag, 8. November 2025

Mein Traum


Ich wollt, ich wär

Ein Bambusbär

Mit Namen Paulchen Panda



Ein Leben für den Holzverzehr

Gelegentlich Geschlechtsverkehr

Und abends die Veranda






Ein Fall für Ohio Klotzinger


Blogstuff 1226

„Solange es läuft, lässt man es laufen.“ (Bonetti zu seiner überraschenden Berufung in den WM-Kader)

Ich bin so deutsch, ich frage AfD-Mitglieder, wo sie ursprünglich herkommen.

Am Ende bewohnen wir eine winzige Immobilie mit Holzwänden.

Wenn ich noch mal auf Reisen gehe, dann nicht mit Ryanair nach Ibiza, sondern mit einem Tornado nach Oz.

Habe gerade bei Lieferando den ersten Burger mit schwarzen Johannisbeeren und Walnüssen gefunden. Leute, wo soll das noch hinführen?

Schon vor Jahren habe ich mir den Spaß erlaubt, von einer Pizza mit Weißwurstscheiben zu phantasieren. Jetzt gibt es die Pizza Oktoberfest, exakt so, aber zusätzlich mit Sauerkraut und Creme-Fraiche – und natürlich ohne süßen Senf. Söder, übernehmen Sie!

Auch merkwürdig: die Pizza Knusperente mit Rotkohl und Bratensoße. Wie alt sind die Enten, wo wir seit Wochen Vogelgrippe haben?

Nimm das, Kirche: Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik – Wikipedia

Aus Bonettis Rede auf dem jährlichen Blogger-Kongress: „Ich bin ein Blogger. Hat nicht ein Blogger Augen? Hat nicht ein Blogger Hände, Gliedmaßen, Werkzeuge, Sinne, Neigungen, Leidenschaften? Mit derselben Speise genährt, mit denselben Waffen verletzt, denselben Krankheiten unterworfen, mit denselben Mitteln geheilt, gewärmt und gekältet von eben dem Winter und Sommer als ein Influencer? Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht? Und wenn ihr uns beleidigt, sollen wir uns nicht rächen?“

Das crazy. Ich bestelle seit zwanzig Jahren bei Amazon. Am Donnerstag sollten zwei Bücher à 500 Seiten kommen (Mick-Herron-Krimis). Meine Nachbarin sieht den Amazon-Fahrer, wie er etwas in meinen Briefkasten steckt, und erzählt es mir, als ich an der Tür auf den Typen warte. Ich erzähle ihr, ich würde zwei Bücher bekommen. Sie: „Der Umschlag sah so dünn aus.“ Ich gehe runter und was habe ich bekommen? Einen leeren Umschlag und die Meldung auf meiner Amazon-Seite „Zustellung erfolgt“. Mit einem Foto von meinem Briefkasten. Ich bin mal gespannt, wie das mit meiner Reklamation ausgeht.

Stellen Sie sich vor, der Abfall, den Sie jeden Tag produzieren, würde in Ihrer Wohnung bleiben. Wann wäre die ganze Bude komplett zugemüllt? Nach einem Jahr? Nach zwei Jahren? 2023 gab es 433 kg Haushaltsabfälle pro Kopf, 2022 waren es 606 kg.

Ein Leben im Elfenbein-Apartment. Irgendwo zwischen vergangener Midlife-Crisis und zukünftiger Demenz.


Bonetti Airlines – Unser Service ist unübertroffen.

Freitag, 7. November 2025

Bonetti macht Kohle aus Diamanten

 

Blogstuff 1225

Sonntagmorgen, ich sitze am Schreibtisch. Das Fenster ist offen, um frische Luft reinzulassen. Aber drei Stockwerke unter mir sitzt der elende Kiffer schon wieder auf seinem Balkon und bald riecht es in meiner Bude wie vor zwanzig Jahren.

„Was ist denn hier los?“ fragte Gott, als er mal wieder im Sonnensystem war.

Die „Gesellschaft“ ist eine amorphe Masse ohne eigenen Willen und ohne eigene Kraft, die durch den Wellengang der Zeit und in seltenen Fällen durch die Politik bewegt wird. Sie ist keine verlässliche Größe und scheint auch kein Gedächtnis zu haben. Ein gleichgültiger Zellhaufen ohne Einfluss auf das eigene Schicksal. Schließlich haben auch Quallen kein Gehirn. Werden sie an den Strand gespült, kann man zusehen, wie sie langsam verdunsten. Es bleibt nichts übrig.

Parkbank-Content. Seit Tagen liegt eine Kindersteppjacke neben einem Mülleimer. Dann kommt eine junge Frau, hebt sie auf, sieht sie sich prüfend an und nimmt sie mit. Armut = Recycling.

Wegen Personalmangels bei der BSR werden jetzt Mitarbeiter der Berliner Senatsverwaltungen beim Reinigen der Stadt von Herbstlaub eingesetzt. Leider heften die Beamten die Blätter in Aktenordnern ab.

Das Parteiensystem, dass sich nach dem Krieg in den vier größten europäischen Ländern gebildet hat, löst sich gerade auf (Deutschland, Großbritannien) oder hat sich bereits aufgelöst (Italien, Frankreich).

Die Chinesen stecken hinter dem Klimawandel. Denn in China scheint es keinen Klimawandel zu geben. Alle Katastrophen finden in Europa statt. Oder waren es die Russen?

Merz hat im ersten halben Jahr seiner Kanzlerschaft mehr Schulden gemacht als Kohl für die komplette Deutsche Einheit. Damals hat man wenigstens an Straßen, Brücken und Gebäuden gesehen, was mit dem Geld gemacht wurde. 2024 wurden z.B. etwa 450 Milliarden Euro für Renten und Pensionen ausgegeben, die nur zu zwei Dritteln durch die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gedeckt waren. Da versickert das Geld in der heutigen Zeit.

Hat schon mal jemand einen Jugendlichen gesehen, der mit seinem Handy telefoniert? Wieso sprechen diese Menschen so wenig? Verantwortlich für die Vereinsamung der Jugend sind angeblich die Schulschließungen vor fünf Jahren. Vom 13. März bis Mitte Mai 2020, je nach Bundesland. Treffen konnten sich die Kids privat natürlich immer noch. Aber Corona ist eine bequeme Ausrede für ein viel tiefer gehendes gesellschaftliches Problem. Fünf Jahre sind für junge Menschen eine Ewigkeit. Freundschaften sind entweder fortgesetzt worden oder neue sind entstanden. Möglicherweise richten TikTok und Influencer einen wesentlich größeren Schaden an, aber darüber spricht niemand.  

Donnerstag, 6. November 2025

Zehn kleine Stadtbildstörer

 

Zehn kleine Stadtbildstörer standen mal am Rhein

Einer fiel hinein und da waren‘s nur noch neun

Neun kleine Stadtbildstörer haben nur gelacht

Einer hat sich totgelacht, da waren’s nur noch acht

Acht kleine Stadtbildstörer haben’s übertrieben

Einer mit gestrecktem Crack, da waren‘s nur noch sieben

Sieben kleine Stadtbildstörer folgten blind ihrem Reflex

Und tranken selbstgebrannten Schnaps, da waren’s nur noch sechs

Sechs kleine Stadtbildstörer gingen ohne Schuh und Strümpf

Einen schlug ein Nazi tot, da waren’s nur noch fünf

Fünf kleine Stadtbildstörer wollten nur ein Bier

Der Wirt holte den Knüppel raus, da waren’s nur noch vier

Vier kleine Stadtbildstörer gingen am AfD-Büro vorbei

Es kamen ein paar Männer raus, da waren’s nur noch drei

Drei kleine Stadtbildstörer fühlten sich nicht frei

Es kam die Polizei vorbei, da waren es nur zwei

Zwei kleine Stadtbildstörer wollte wirklich keiner

Einer hat den Strick genommen, da war es nur noch einer

Ein kleiner Stadtbildstörer fühlte sich allein

So lief er einfach schnell zurück ins Asylantenheim

 

Mittwoch, 5. November 2025

Die Lesung

 

Eigentlich ist es immer das Gleiche, nur der Ort ändert sich. Diesmal ist es also Marburg und das „Anti-Quariat“. Bereits beim Betreten der mit staubiger Luft gefüllten Geschäftsräume sinkt mein Mut und ich weiß, dass mich heute wieder eine Demütigung erwartet. Eine Demütigung, die sich aus verschiedenen Quellen speist: Die unheimliche Stille, die fehlende Distanz zum Publikum, die Trostlosigkeit der Kulisse, die existenzielle Verlorenheit der Gastgeberin.

Die Kulisse: Altersdunkle Holzregale mit endlosen Reihen von Buchrücken, gefühlte zehntausend Bücher, die weder einer alphabetischen noch einer thematischen Ordnung folgend nebeneinander stehen, ein Resopaltisch mit dünnen Beinen, auf dem ein Stapel mit Exemplaren meines neuesten Romans „Liquid Memories“ liegt, und ein paar trostlose Topfpflanzen. Dazu knapp zwanzig Stühle verschiedenster Herkunft, die offenbar eigens für diesen Anlass herbei geschafft wurden. Für mich steht ein gepolsterter Stuhl bereit, ein zweiter Resopaltisch und ein Drittelliter Mineralwasser in einer bereits geöffneten Flasche nebst Glas.

Das Publikum: In der ersten Reihe sitzen nur die Gastgeberin Gisela Schmirgelberger-Jungmanova und ihre Zwillingsschwester Rosalinde. Dahinter drei junge Frauen mit kurzen, himbeerrot gefärbten Haaren und versteinerten Mienen, offenbar Studentinnen der Geisteswissenschaften. Dazu ein halbes Dutzend der unvermeidlichen Deutschlehrer, die mit chirurgischer Präzision jeden Satz in seine Einzelteile zerlegen und jede Bedeutung in ihr Gegenteil verkehren können. Schlimmstenfalls schreiben sie gerade selbst an einem Roman oder einem Lyrik-Bändchen. Ganz hinten einige Studenten und Zufallsbesucher, die angestrengt das Display ihres Smartphones bearbeiten. Insgesamt etwa Dutzend Leute.

Der Vortrag: Nach einigen dürren Worten der Einführung von Frau Schmirgelberger-Jungmanova beginne ich mit einem humoristischen Text über meine Verhaftung wegen öffentlicher Trunkenheit in Texas 1993, meiner Nacht im Gefängnis und der anschließenden Gerichtsverhandlung. Eisiges Schweigen. Es folgen einige Gedichte im schwungvollen Reimschema meiner rheinhessischen Heimat. In der letzten Reihe steht ein Mann auf und verlässt das Antiquariat. Jetzt komme ich zum ersten Höhepunkt meiner Lesung: Eine Satire auf die feministischen Bemühungen, die deutsche Sprache zu verändern. Die drei Studentinnen stehen gleichzeitig auf und verlassen geschlossen den Raum. Als ich meinen berühmten Text über Hamstergolf zu Gehör bringe, schüttelt ein bärtiger junger Mann mit Hornbrille aus der dritten Reihe den Kopf und geht ebenfalls – vielleicht ein Tierschützer oder Veganer. Ich mache mit einem unveröffentlichten Kapitel aus „Liquid Heaven“ weiter. Als ich einen Schluck Wasser trinke, nutzt eine Studienrätin, die ich auf Anfang Sechzig schätze, die kurze Pause, um mich zu fragen, ob die Protagonistin Rosine Fischel eine Jüdin wäre und ob die Szene in einem Kellerversteck auf das Leben von Anne Frank anspielen würde. Wut und Verachtung blitzen aus ihren Augen. Jetzt würde ich selbst gerne gehen – aber die Demütigung endet erst, nachdem man mit der Veranstalterin, ihrer verbissen schweigenden Schwester und zwei interessierten Zuhörern, die allerdings kein Buch von mir kaufen, noch ein Glas Wein in einem „Bistro“ getrunken hat.

Dienstag, 4. November 2025

KdU – Koalition der Unfähigen


Blogstuff 1224

„Alle Erkenntnis ist alt und langweilig.“ (Thomas Mann: Tonio Kröger)

Ein halbes Jahr nach der Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler kann man eine erste Bilanz ziehen: Die Wirtschaft brummt, die Steuereinnahmen sprudeln, die schwarze Null im Staatshaushalt steht so felsenfest, als hätte der Finanzminister Viagra eingepfiffen. Chinesische Unternehmer kommen reihenweise nach Deutschland, um zu lernen, wie man erfolgreich Produkte entwickelt und vermarktet. Job-Center werden geschlossen, weil es nicht mehr genug Arbeitslose gibt. Ganz Europa zittert vor der Bundeswehr und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann Pistorius seine Höllenmaschine Richtung Moskau in Marsch setzt. Wetten, dass wir dieses Jahr wieder weiße Weihnachten bekommen?  

Jetzt mal im Ernst: Bei Merz weiß ich nie, ob er jenes Glück hat, das den Dümmsten manchmal zufällt, oder ob er ein genialer Stratege ist. Aber ihm ist mit der Stadtbild-Debatte das Ablenkungsmanöver des Jahres gelungen. Alle schauen auf das brennende Haus Deutschland (Rezession, Klima, Arbeitslosigkeit, Rekordverschuldung, AfD stärkste Partei usw.), aber der Kanzler ruft: „Guck mal da, ein rotes Fahrrad“ – und allen drehen die Köpfe. Ich habe lange Jahre in einem Stadtforschungsinstitut gearbeitet. Das Thema Stadtbild wurde nicht einmal erwähnt, kein Stadtforscher hat sich mit diesem amorphen Begriff jemals im Rahmen einer Tagung oder eines Forschungsprojekts befasst. Über den „Herbst der Reformen“ spricht niemand mehr und es scheint auch egal zu sein, ob etwas gegen die Probleme des Landes getan wird. Gebt dem Urnenpöbel einen Lutscher und er ist beschäftigt, bis die Weihnachtsmärkte öffnen. Von dieser Regierung sind keine Reformen zu erwarten.    

Nach dem Verbot der Plastikstrohhalme hatten wir einen verregneten Sommer und einen goldfreien Oktober. Klimaschutz funktioniert!

Life-Hack vom Profi: Kaffee nach Mitternacht führt zu Schlafstörungen.

Ich finde es lustig, dass fünf Jahre nach Corona immer noch irgendwelche kleinkarierten Korinthenkacker die angebliche Freiheitsberaubung beklagen. Leute, wenn ihr euch damals an die Vorgaben der Regierung gehalten habt, seid ihr doch selbst schuld. Wir saßen, fünf Jungs aus fünf verschiedenen Haushalten, weiter zusammen bei Fußballübertragungen oder DVD-Abenden vor der Glotze, natürlich ohne 1,5 Meter Abstand (so groß ist ja kein Wohnzimmer). Ich habe nie gehört, dass die Polizei solche Sachen kontrolliert hat. Wie auch? Hier leben über 80 Millionen Leute und man braucht ja auch noch einen Durchsuchungsbeschluss. Wir haben unser Leben einfach weitergelebt. Einmal in der Woche hatte ich beim Einkaufen die bescheuerte Maske auf und das wars. Es gab nur ein einziges ärgerliches Ereignis in dieser Zeit. Ich saß mit einer Freundin im ICE, ohne Maske. Nach einer Stunde kommt ein Schaffner, nicht zur Fahrkartenkontrolle, sondern nur zu uns. Maske oder Aussteigen. Eine Gestapo-Ratte unter den Fahrgästen hatte uns offenbar denunziert. Wer heutzutage fehlende Freiheiten beklagt, sollte nach Amerika, Russland oder China schauen.


Montag, 3. November 2025

Die Wahrheit

 

Thomas Bernhard wurde von seinem Verleger förmlich um seine Manuskripte angebettelt. Zu Elias Canetti kam der Cheflektor persönlich nach Hause, um den handschriftlichen Text abzuholen. Dann wurde er im Verlag abgetippt und per Chauffeur zurück zum Autor expediert. Truman Capote gelang es sogar, seinem Verleger umfangreiche Vorschüsse abzuluchsen – für ein Manuskript, das es nie gegeben hat, wie man nach seinem Tod feststellte. Im wahren Leben ist alles anders. Die stählerne Beharrlichkeit des Banalen umfängt den Schriftsteller schon, wenn er nur das Haus verlässt.

Da steht er nun mit seiner Kunstledermappe an der Bushaltestelle. Es ist sieben Uhr morgens und seine Nase läuft. Als er den Bus besteigt, taucht er in eine Hölle aus lärmenden Schülern ein. Als er wenig später in der Kreisstadt aussteigt, hat er bereits starke Kopfschmerzen. Aber er muss den Verlag erreichen. Er ist pleite und braucht dringend einen Vorschuss. Also kauft er sich von seinem letzten Geld eine Fahrkarte und steigt in den Zug, der ihn in die große Stadt bringt. Als er die Bahnhofshalle der großen Stadt betritt, bekommt er es mit der Angst zu tun. So viele Menschen hat er schon lange nicht mehr auf einem Haufen gesehen. Schnell weiter! Als er auf den Vorplatz tritt, um sich auf den langen Fußmarsch zum Verlagsgebäude zu begeben, setzt unmittelbar ein schwerer Regen ein. Völlig durchnässt und nach vielen Irrwegen erreicht er schließlich den Verlag. Es dämmert schon.

Er klopft an die Tür. Nichts. Er klopft noch einmal. Wieder nichts. Er klopft lauter. Endlich hört er das Geräusch schlurfender Schritte. Die Tür wird geöffnet. Die Sekretärin des Verlegers steht vor ihm.

„Was wollen Sie?“ fragt sie und sieht ihn spöttisch an. Sie beginnt zu kichern.

„Ich bin hier wegen des Manuskripts, das ich Ihnen vor sechs Monaten geschickt habe.“

„Manu-, Manu-, Manuschibt?“ lallt sie verständnislos und kichert wieder.

„Erkennen Sie mich denn nicht, Frau Maiselova? Ich bin Andy Bonetti. Einer Ihrer Autoren.“

Sie muss sich im Türrahmen abstützen, um nachzudenken. „Brunetti … Buletti … Haben wir wasch ssu essen bestellt? Ha-haben Sie die Pizza etwa in Ihrer Mappe?“

„Liebe Frau Maiselova, ich muss unbedingt den Herrn Verleger sprechen. Es ist wichtig.“

„Den?“ Sie lacht laut und beginnt, gefährlich zu schwanken. Dann tritt sie zur Seite und bittet ihn mit einer übertriebenen Verbeugung hinein.

Im Vorzimmer stapeln sich die Manuskripte zu Bergen, auf dem Schreibtisch der Sekretärin stehen leere Weinflaschen und Gläser. Offensichtlich hat es eine Feier gegeben.

Frau Maiselova deutet auf eine Tür und schiebt ihn dann mit beiden Armen auf sie zu. „Gehen Sie ruhig rein“, ermuntert sie ihn.

Er öffnet die Tür und sieht den Verleger, der den Kopf auf die Tischplatte gelegt hat und laut schnarcht. Er macht ein paar Schritte auf ihn zu und ruft: „Guten Tag, Herr Bloch!“

Keine Reaktion. „Herr Bloch?!“ Er stellt sich neben ihn und schüttelt ihn sanft. Nur ein kurzes Grunzen, dann ein zufriedenes Schnaufen. Er packt ihn bei den Schultern und setzt ihn aufrecht hin. „Herr Bloch! Es ist wichtig! Es geht um mein Manuskript. Haben Sie ‚Liquid Heaven‘ gelesen?“

Er stöhnt. Er krächzt. Dann schüttelt er den Kopf und öffnet die verquollenen Augen zu winzigen Schlitzen. „Wer? Was?“ sagt er mit schwerer Zunge, dann fällt sein Kopf zurück auf den Tisch. Mit seinen Armen reißt er ein paar Schnapsflaschen um.

Es ist nichts zu machen. Er schnarcht wie ein Bär im Winterschlaf.

Bonetti setzt sich also in einen Besuchersessel und wartet. ‚Ich werde einfach solange warten, bis er wieder aufwacht und mir zuhören kann. Ich brauche das Geld. Ich habe noch nicht einmal genügend Geld für die Heimfahrt. Es gibt keine andere Möglichkeit‘, denkt er. Draußen bricht die Nacht herein.

Als er aufwacht, ist es heller Morgen. Der Verleger ist wach und schaut ihn neugierig an.

Er reibt sich den Schlaf aus den Augen und beginnt: „Herr Bloch. Sie erinnern sich doch an mich, oder? Andy Bonetti. Ich habe Ihnen das Manuskript vor sechs Monaten geschickt. Mein neuer Roman.“

Der Verleger lacht vergnügt und klopft sich auf die fetten Schenkel. Dann steht er auf und torkelt zu einem Wandschrank. Er öffnet ihn und zieht wahllos zwei Manuskriptbündel heraus, die er wild über seinem Kopf schwenkt. Plötzlich wirft er sie hoch in die Luft und bricht in einen Lachkrampf aus. Tränen rollen über seine feisten Wangen, vor lauter Atemnot muss er sich setzen. Dann greift er zu einer Flasche Bourbon und schenkt sich ein Wasserglas voll, das er in einem Zug austrinkt. Nach einem kleinen Rülpser legt er den Kopf auf die Tischplatte und schläft ein.

 

Sonntag, 2. November 2025

Die heilige Madonna von Wismar

 

Es hätte sein Tag sein können. Eine spektakuläre Aktion. Der Tipp stammte von einem langjährigen Informanten und hatte ihn ein Pfund Kokain aus der Asservatenkammer gekostet. Er wollte es vor der versammelten Presse inszenieren. Danach wären sie im Polizeipräsidium gar nicht um seine Beförderung zum Kriminalrat herumgekommen. Der Innenminister hätte ihm persönlich die Hand geschüttelt, vielleicht wäre sogar ein Orden drin gewesen.

***

„Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass Sie heute so zahlreich erschienen sind, und begrüße auch die Vertreter der regionalen und überregionalen Medien.“ Der Bürgermeister stand im milden Licht der Herbstsonne, seine Amtskette glänzte und er strahlte seine Zuhörer an. „Vor achtzig Jahren hat die Rote Armee unsere Madonna als Kriegsbeute mitgenommen und in einer Kirche in Kiew aufgestellt, das damals noch zur Sowjetunion gehörte. Als Zeichen der Verbundenheit mit den freiheitsliebenden Ukrainerinnen und Ukrainern, die so tapfer gegen die Schergen des russischen Diktators Putin kämpfen, erhalten wir heute die heilige Madonna von Wismar zurück.“

Applaus. Der Pastor zieht am Tuch und enthüllt die Statue. Sie ist etwa einen Meter groß und frisch restauriert. Der Bürgermeister stellt sich neben den Sockel, auf die man die Madonna gestellt hat. Fotoapparate klicken, Kameras surren und Dutzende Handys werden in die Höhe gehalten.

Das ist das Stichwort für Kommissar Buntschuh, der mit seinem Assistenten Krämer etwas abseits in einem Wagen gewartet hat. Sie stürmen auf die Menschenmenge und die Bühne zu. Der Kommissar ruft: „Hier spricht die Polizei. Alles auf den Boden. In der Madonna ist Plutonium.“ Er hat sich den Text lange überlegt. Das Plutonium würde für eine schmutzige Bombe reichen und er bewahrt in wenigen Sekunden Deutschland vor einer nuklearen Katastrophe.   

Bis auf die Kameramänner legen sich tatsächlich alle auf den Boden, einschließlich dem Bürgermeister und dem Pastor. Buntschuh reißt die Madonna zu Boden und sein Assistent trennt mit einer Kettensäge erst die Bodenplatte und dann den Kopf ab, der von der Bühne rollt. Dann öffnet er den Torso der Länge nach. Im Innern ist ein verchromter Behälter, den der Kommissar triumphierend in den Himmel reckt.

 ***

Buntschuh wird sechs Monate suspendiert und findet sich anschließend als Knöllchenaugust beim Ordnungsamt wieder. Der Behälter erwies sich als Cocktail-Shaker, der mit Dinkelmehl gefüllt war. Bei seinen privaten Nachforschungen stößt er auf ein Labyrinth aus Lügen, Intrigen und Geheimnissen. Sein Informant war von seinem größten Konkurrenten, Kommissar Reitmeier, gekauft worden. Am Boden hatte die Statue eine Klappe, sodass ein geschmierter Zollbeamter den Shaker im Inneren platzieren konnte. Die ganze Nummer ging selbstverständlich viral und die gesamte Landespolizei hat sich bis auf die Knochen blamiert. Um den Ruhm ganz für sich allein zu haben, hatte Buntschuh natürlich keinen Vorgesetzten informiert und selbst seinen Assistenten bis zum letzten Augenblick im Unklaren gelassen.

 

Samstag, 1. November 2025

Trump beendet Krieg zwischen Coca-Cola und Pepsi

 

Blogstuff 1223

Zunehmender und abnehmender Mond – kenne ich. Aber seit zehn Jahre nehme ich immer größere Teile des Himmels ein.

Schweren Herzens musste ich Söder auf Insta entfolgen. Aber es ging nicht mehr anders.

Aufgrund meiner Fähigkeiten im Bereich Rührei mit Bacon bin ich in der Brunch-Mannschaft meiner Firma.

Hätten Sie’s gewusst? Es gibt 590.000 Influencer in Deutschland. Allerdings können drei Viertel von ihnen nicht von diesem Job leben.

Fun Fact For Fans: Das reale BIP pro Kopf hat in Deutschland laut OECD seit 2015 um weniger als drei Prozent zugelegt, im Durschnitt aller OECD-Länder aber um 36 Prozent (USA: 40 Prozent). Mit einem Strohfeuer aus schuldenfinanzierten Investitionen versucht die Regierung Merz, den Niedergang zu verschleiern. Im „Herbst der Reformen“ wurde bisher nur der Name des Bürgergelds in Grundsicherung geändert. Mehr dürfen wir bis Weihnachten nicht mehr erwarten. Zurück zu unserem Außenreporter Holgi, der in der Fußgängerzone von Gütersloh zum Thema Stadtbild Kopftücher und Afrikaner zählt.

Ab dem 1.1.2026 gibt es die „Frühstart-Rente“. Jedes Kind zwischen 6 und 18 bekommt monatlich zehn Euro von Vati Staat auf ein Konto. Das sind im Jahr 120 Euro und bei maximaler Förderung, also zwölf Jahren, immerhin 1440 Euro. Mal sehen, was diese Summe im Jahr 2100 noch wert ist.

Wann wird Manspreading olympisch?

Fachausdruck für hoffnungslose Verliebtheit: Romeopathie.

Warum packen sich die reichen Leute auf Sylt Unkrautbündel aufs Haus? #Reetdach

Mein letzter Tag beim Wachpersonal des Heimatmuseums begann mit meiner Durchsage „Wir müssen das Gebäude ejakulieren“. Das kann bei einer Notfallübung schon mal passieren.

Silverberry Larryjerry, sein eigentlicher Name war Judge Fudge McFiddle, war Sänger der Band „Die Einbauschränke“ …

Homophobie: Angst vor Globuli.

Wenn man jung ist, arbeitet man sich noch an den großen Fragen und an den großen Begriffen ab. Im Alter bleibt nur die müde Ironie angesichts der Banalität menschlichen Treibens. Da ist nichts Großes, nichts Bleibendes, nichts, wonach sich zu fragen lohnt.

Ich habe gerade mal wieder Manns „Tonio Kröger“ gelesen. Da wird ein Bankier erwähnt, der ins Gefängnis kommt und dort anfängt, Novellen zuschreiben. Wahrscheinlich ist Einsamkeit und der Mangel an Ablenkung einer der Gründe, warum man überhaupt mit dem Schreiben beginnt. Am Anfang stehen immer Kritzeleien, nicht die große Kunst.

 

Freitag, 31. Oktober 2025

Unheimlich gut – Das Halloween-Special von Bonetti Media

 

Blogstuff 1222

„Wenn Dummheit weh tun würde, wäre TikTok ein Hörbuch von Stephen King.“ (Oliver Kalkofe)

Wer sagt, man solle jede Minute des Lebens genießen, hatte noch nie Verstopfung. #Stuhlkreis

In eigener Sache: Alles, was ich mit diesem Blog verdiene, spende ich für einen guten Zweck – bei Getränke-Hoffmann.

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Sein vulgärphilosophisches Grundsatzwerk „Süße Sehnsucht, bittere Erkenntnis“ hat das neue Buch von Precht von Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste verdrängt.

Im Kaiserreich hieß die Jacke noch Rock und die Hose Beinkleid. Das würde heute zu Verwechslungen führen.  

BILD berichtet: Bonettis Diadem aus dem Wichtelbacher Museum gestohlen. Dorfalkoholiker verhaftet.

Bei Heroin-Dealern heißt es ja immer: „Der erste Schuss ist umsonst“. Aber bei Metzgern ist es genauso. Als Kind bekommst du ein Stück Fleischwurst auf die Hand, während deine Mutter die Einkäufe bezahlt. Und dein Fleisch-Dealer weiß genau: Du kommst wieder, du hängst an meinem Angelhaken, du bist mir hörig bis ins Grab. Im Hunsrück hatte ich einen Metzger im Nachbardorf, wo ich auch als Erwachsener noch ein Stück Fleischwurst bekam. Ich kann Ihnen sagen: Das Spiel funktioniert ein Leben lang. 

Was denkt der Stier, wenn ein Mensch seiner Frau an die Brust greift?

Bis zu seinem Tod war er unsterblich.

Was sich das Internet alles merkt. Allein 2022 habe ich 49 Bücher bei Amazon bestellt, darunter einen 736-Seiten-Wälzer von John Irving.

Ich sehe die republikanischen Höflinge und Trumps hündisch ergebene Oligarchen in den gleichen Kostümen, die zuletzt bei Bällen in Versailles getragen wurden, die Quadrille tanzen. Im Ballsaal des Weißen Hauses wird es auch prächtige Festmahle geben, bei denen König Don die Eröffnungsrede hält.

In der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre gab es in den USA sogenannte Penny-Auktionen, bei der die Banken gepfändete Bauernhöfe versteigerten. Die Nachbarn einigten sich, bei diesen Auktionen nicht mehr als ein paar Cent für Häuser, Felder und Vieh zu bieten. Anschließend gab man die Farmen an die Familien zurück. Das war gelebte Solidarität. Zur Warnung an Fremde, die diese stille Übereinkunft brechen wollten, hingen im offenen Scheunentor Henkerstricke. Das System funktionierte.

Deutscher Soldat 1915.



Deutscher Soldat 2025.

Donnerstag, 30. Oktober 2025

Die Macht der Gewöhnlichkeit

 

Blogstuff 1221

Was hat eigentlich die CSU falsch gemacht, dass die Freien Wähler in Bayern bei zehn Prozent und in der Landesregierung sind? In keinem Bundesland ist das der Fall. Ich kenne die Freien Wähler aus meiner Zeit, in der ich in einem Hunsrückdorf gelebt habe. Dort haben sie ihre Berechtigung, weil es die Leute aus dem Dorf sind, die wissen, was das Dorf braucht – ohne weltanschauliche Debatten und Parteiquark. Schon auf Länderebene haben sie ihren Sinn verloren. Nirgendwo in Deutschland spielen sie eine Rolle, nur in Bayern. Aber Döner-Söder merkt nix. Fressporno und Bierzelt. Reicht auch. FJS würde sich im Grab umdrehen.

Im Café. Am Nachbartisch zwei Ü60-Frauen mit „modischem“ Kurzhaarschnitt. Beide glotzen schweigend auf ihr Handy wie Teenager. Warum haben sie sich hier getroffen?

Schlager übertreiben immer: Roland Kaisers „Sieben Fässer Wein“. Er hat sieben Gläser getrunken, nicht mehr. Oder Münchner Freiheit: „Und ich halt dich fest, bis wir uns wieder sehen“. Wie soll das funktionieren? Wenn der Sänger sie festhält, gibt es kein Wiedersehen. Dazu muss die Frau wenigstens mal auf dem Klo gewesen sein.

Mache ich mir die Gedanken oder rauschen sie von allein durch meinen Schädel? Erinnerungen, Assoziationen, Erkenntnisse.

Wie bei einem Planeten war sein Körper in der Mitte am breitesten.

Extremistische Parteien funktionieren nach dem Sündenbockprinzip. Für die Linken sind die Milliardäre an der Armut schuld, für die Rechten sind die Ausländer an der Kriminalität und der Arbeitslosigkeit schuld. Da kann ich nur sagen: An der Dummheit sind die Dummen schuld.

In meiner Kindheit gab es in unserer Kleinstadt keine Türken, Araber oder Afrikaner. Eine Handvoll Italiener und Jugoslawen, die sich äußerlich nicht von uns Einheimischen unterschieden – das war alles. Bis auf zwei Ausnahmen. Eine Inderin im Sari, die ich im Supermarkt immer angestaunt habe; später war ich mit ihrer Tochter befreundet und Gast in ihrem Haus. Und ein Kind, das in unserem Viertel nur der „Zigeunerjunge“ genannt wurden, von manchen Leuten sogar „Zigeunerbastard“. Er wuchs etwa hundert Meter Luftlinie von mir entfernt auf, war dunkelhäutig, kleinwüchsig, rotzfrech, hyperaktiv und passte rein äußerlich nicht zu seinen Eltern und zu seinen Schwestern. Da jeden Sommer Zigeuner für ein bis zwei Monate am Rand unseres Viertels lagerten und der Junge im April auf die Welt kam, reimten sich die Einheimischen die Geschichte zusammen, seine Mutter hätte im Sommer 1965 mit Zigeunern gevögelt. In einer Kleinstadt ist nicht viel los, solche Erzählungen greifen schnell um sich. Was der Junge wohl heute macht?

INSA-Politiker-Ranking: An die Spitze Pistorius vor Söder und Wüst, am Ende auf dem 20. und letzten Platz Spahn, Vorletzter ist Kanzler Merz.

Neu: armenisches Kartoffeleis. Nur echt mit gefärbten Hirsestreuseln.



Rumänische Kühlschrankwerbung 1969

Mittwoch, 29. Oktober 2025

Uiguren in gelbem Schnee

 

Blogstuff 1220

In den Höhlen der Steinzeitmenschen hat man jede Menge Tierknochen gefunden. Ein sicheres Zeichen, dass man damals weder die Höhle geputzt noch den Müll rausgetragen hat. 

Ich habe nie verstanden, warum Menschen Kinder in die Welt setzen. Es kostet Zeit, Nerven und vor allem viel Geld, um sie großzuziehen. Für ein Kind könnte man sich auch eine Eigentumswohnung kaufen. „Aber ist so schön, Kinder zu haben“, höre ich die bemitleidenswerten und fehlgeleiteten Eltern sagen. Ja, aber das sind Star-Wars-Sammelteller auch.

Putin spielt mit Trump wie Clinton mit Jelzin in den Neunzigern.

Es ist immer dasselbe: vom zornigen jungen Mann (links) zum Wutbürger (rechts) in dreißig Jahren. Erst sind die Araber sein Freund (Palästinensertuch), dann eine Bedrohung „im Stadtbild“.

Werbung: Bonetti Sneakers – We live shoes.

Ich habe als Kind einen toten Clown im Wald gefunden. Ich stupste ihn mit einem Zweig an, aber er bewegte er sich nicht. Dann drehte ich ihn um und sah in das bemalte Gesicht. In seinen Augenhöhlen wimmelte es vor Maden. Seitdem habe ich Coulrophobie.

„Onkel Dons Hütte“ (Nils Heinrich) bekommt einen Ballsaal. Warum eigentlich?

Kommen vier Immobilienmakler zum Koks-Italiener in Mitte …

Moderne Technik soll uns das Leben leichter machen und Zeit sparen. Das Internet ist aber von den Tech-Oligarchen so konstruiert worden, dass es ein Maximum an Zeit frisst und uns zu Junkies von TikTok-Videoschnipseln und Foodporn verkommen lässt. Eine Verblödungsmaschine, in die wir täglich freiwillig viele Stunden investieren.

Neu in meinem Stadtbild: Eine indische Familie (Opa mit Turban), die holländisch spricht und in ein Auto mit holländischem Kennzeichen steigt. Fragen Sie mal Ihre Tochter …

Laut BILD-KI sterbe ich kurz nach meinem 78. Geburtstag. So viele Jahre hatte ich gar nicht erwartet, aber es wurden auch keine Fragen über meine Ernährung gestellt.

Pedanten sortieren die Geldscheine in ihrer Brieftasche nach Nennwert, ich nach Seriennummer.

Alle mögen Hunde und Katzen, aber warum gibt es im Fernsehen keine Hunde- und Katzen-Videos oder Hunde- und Katzen-Schönheitswettbewerbe? Natürlich wandern die Zuschauer ins Internet ab.

Ich überlege, meine Kodak- und Agfa-Aktien zu verkaufen.




 

Dienstag, 28. Oktober 2025

Machete bloggt nicht

 

Blogstuff 1219

„Herodes, wir wissen, wo dein Streitwagen steht.“ (Graffito der Judäischen Volksfront)

Mit jeder hirnlosen Äußerung zum Thema Migration adelt Merz die AfD und bestätigt die Wähler dieser rechtsradikalen Partei, alles richtig zu machen. Entweder er ist ein Vollidiot oder er bereitet einer Koalition mit der AfD ab 2029 den Boden. Das wäre der österreichische Weg.

Was für eine Formel-1-WM. Acht Wochen nach dem niederländischen Grand Prix, als Piastri 34 Punkte Vorsprung auf Norris und 104 Punkte Vorsprung auf Verstappen hatte, liegt Norris jetzt in Führung und Verstappen hat als Dritter nur noch 35 Punkte Rückstand auf Piastri – und 36 auf Norris.

Hiermit beantrage ich Titelschutz für „Bonetti, der Autoflüsterer“, „Bonetti, der Start-up-Flüsterer“ und „Bonetti, der Seelenflüsterer“.

„Am Montagmorgen / Muss die Arbeit wohl grenzenlos sein / Alle Ängste, alle Sorgen / Sagt man / Sind darin geborgen“, gesungen zur Melodie von Reinhard Meys „Über den Wolken“.

„Zu viele Kalorien kombiniert mit mangelnder Bewegung“, so erklärt die BILD-KI meinen Bierbauch. Nein. Doch. Oh.

Man will den wenigen „Totalverweigerern“ beim Bürgergeld alle Zahlungen streichen. Aber diese Leute hören und lesen auch die Nachrichten. Was ist, wenn sie ab jetzt einfach wieder die Termine im Job-Center wahrnehmen? Man hört sich eine Viertelstunde das Gelaber eines Sachbearbeiters an und bekommt weiterhin sein Geld.

Neulich im Stadtbild / auf der Parkbank. Zufallsbekanntschaft einer Bolivianerin und eines Brasilianers. Er: „Da sind wir ja Nachbarn“. Sogar im doppelten Sinne.

Hätten Sie’s gewusst? Das Rad wurde in der Steinzeit erfunden, der Rollstuhl erst 1595 (für den damaligen König von Spanien).

Die Bahn hat jetzt ein neues Konzept gegen Verspätungen. Ab jetzt gibt es Erste-Klasse-Züge und Zweite-Klasse-Züge. Die Erste-Klasse-Züge kommen immer pünktlich an, weil alle anderen Züge vorher auf ein Nebengleis gelotst werden.

Trump will vom Justizministerium 230 Millionen Dollar Schadenersatz für die Ermittlungen, die es in der Vergangenheit gegen ihn gab. Zum Glück sind seine ehemaligen Anwälte jetzt die Chefs im Justizministerium. So korrupt ist noch nicht mal Putin oder irgendein Diktator in der Dritten Welt.

Es heißt, man könne einen Regenwurm durchschneiden und beide Teile würden weiterleben. Erkennen sich die Teile wieder, wenn sie sich ein Jahr später begegnen?

Sensationeller Durchbruch in der Kryptologie: erste Arztunterschrift entziffert.

Montag, 27. Oktober 2025

Vögelgruppe statt Vogelgrippe

 

Blogstuff 1218   

Jedes Jahr freue ich mich auf den Gänsebraten im November, der in unserem Stammlokal unübertroffen ist. Wochenlang denkt man danach noch an das köstliche Mahl, den Rest der Zeit freut man sich auf den nächsten November. Aber jetzt steht alles auf der Kippe. Wir haben letzte Woche beim Essen dem Wirt schon vorgeschlagen, die Gänsebratenzeit vorzuziehen, bevor sein Lieferant in Brandenburg alle Tiere keulen muss. Das hätte es zu Helmut Schmidts Zeiten nicht gegeben. Danke, Merz!

Was ist eigentlich das Stadtbild? In Berlin sieht es in Zehlendorf oder Frohnau anders aus als in der Sonnenallee oder der Gropiusstadt. Macht ein hoher Arieranteil die Straße automatisch sicherer? Was mich am meisten stört, ist die Deichmannisierung der Innenstadt. Für mich sind Einkaufsstraßen nicht gefährlich, sondern einfach nur öde.

Beim Bau eines Swimmingpools in unserem Garten wird eine Leiche gefunden. Kommissar: „Wo waren Sie zwischen 1632 und 1634?“

Hätten Sie’s gewusst? Zikaden leben als Larven 13 oder 17 Jahre unter der Erde, bevor sie schlüpfen, sich fortpflanzen und dann sterben. Was für ein langweiliges Leben.

Im Kanzleramt hatten wir sechzehn Jahre eine Frau, vier Frauen waren bzw. sind Bundestagspräsidentin (Renger, Süßmuth, Bas, Klöckner), aber es gab noch nie eine Bundespräsidentin. Eine Frau soll nach Steinmeier ins Schloss Bellevue einziehen, das ist Konsens in der Koalition. Dazu kommt, dass die Union nach der SPD mit der Besetzung der Position wieder dran ist. Welche Frau wird es 2027 sein? Ilse Aigner (die CSU hat noch nie den Bundespräsidenten gestellt), Karin Prien? Bitte nicht Klöckner oder von der Leyen.


CDU-Frauen (Symbolbild)


Merz wurde uns als Politiker mit Wirtschaftskompetenz verkauft. Aber er saß für BlackRock nur in Aufsichtsräten. Das Unternehmen wird bekanntlich vom Vorstand geleitet. Der Aufsichtsrat trifft sich nur viermal im Jahr zu einer Sitzung und nickt für ein hohes Honorar die Entscheidungen des Vorstands ab. Noch nie hat ein Aufsichtsrat einen Industrieskandal aufgedeckt. Merz hat von betrieblichen Abläufen, von Produktentwicklung oder Marketing nicht den blassesten Dunst. Er war nur ein von allen Fachleuten belächelter Grußaugust, leider wissen das die Wähler nicht.

Ich hatte von 1980 bis 1985 Russisch-Unterricht am Gymnasium. Freiwillig, als dritte Fremdsprache nach Englisch und Französisch. Ich dachte, es kann nicht schaden, wenn der Russe kommt. 1945 wurden in meiner alten Heimat Leute Bürgermeister, nur weil sie Englisch konnten. 1985, in dem Jahr, in dem ich Abitur machte, kam Gorbatschow an die Macht. Bald darauf war der Kalte Krieg vorbei. Jetzt lerne ich wieder Vokabeln. Druschba!

Man versprach uns einen Herbst der Reformen und wir bekamen eine Stadtbild-Debatte.

 

Sonntag, 26. Oktober 2025

Die Schläferzelle II

 

Es hat die ganze Nacht geregnet. Als die Dämmerung bleigrau anbricht, setzt er sich auf die Holzbank auf seiner schmalen Veranda und blickt ins Tal. Undurchdringlicher Nebel zieht auf und verschluckt das Dorf, schließlich auch die Kirchturmspitze. Er hat das Gefühl, aus einem Flugzeug über die Wolken zu blicken.

Um sieben Uhr steht er auf und geht auf einem Feldweg durch den tropfnassen Wald ins Dorf hinunter. Auf dem Bahnsteig sieht er wie an jedem Werktag die vier Menschen, die auch nach Winterthur zur Arbeit fahren. Etwas abseits steht ein Fremder, den er noch nie gesehen hat.

Der Zug kommt pünktlich. Er setzt sich an seinen üblichen Platz am Fenster des mittleren Wagens. Seit zwanzig Jahren das gleiche Ritual. An dieser Station sind die Pendlerzüge noch fast leer, die Fahrt in die Stadt dauert eine halbe Stunde. Der Fremde setzt sich auf die andere Seite, eine Reihe hinter ihm.

Als sie in Winterthur ankommen, geht er zu seiner Bushaltestelle. Es gibt auf dem Bahnhofsplatz zehn Bushaltestellen, mehr als vor dem Berliner Hauptbahnhof. Er steht an der Haltestelle H, wo er auf den Bus 670 wartet. Der Fremde ist nur wenige Schritte von ihm entfernt und betrachtet die Fassade des gegenüberliegenden Gebäudes, in dem eine Postfiliale untergebracht ist.

Der Bus kommt, er zeigt dem Fahrer seine Monatskarte und setzt sich in die letzte Reihe. Er will niemanden hinter sich haben, weil er misstrauisch geworden ist. Der Fremde steigt als Letzter ein und geht durch den ganzen Bus nach hinten. Er ist um die sechzig, sein eisengraues Haar ist dünn und liegt auf seinem breiten Schädel wie eine Kappe. Der Mann trägt einen dunkelblauen Stoffmantel und einen braunen Schal.

Er betrachtet ihn aufmerksam, als er immer näherkommt. Die tiefen Furchen in seinem Gesicht erinnern ihn an den späten Lee Marvin. Der Fremde setzt sich ebenfalls in die letzte Reihe, aber auf die andere Seite, und sieht mit ausdruckslosem Gesicht aus dem Fenster. Haltestelle folgt auf Haltestelle. Bald wird er in der Stadtverwaltung sein, das Büro erscheint ihm plötzlich als der sicherste Ort der Welt.

Der Fremde dreht seinen Kopf zu ihm. „Heute ist der Tag.“

„Was?“

„Sie werden aktiviert.“

„Wie meinen Sie das?“

„Sie werden heute nicht ins Büro gehen. Sie fahren nach Zürich und fliegen von dort nach Budapest.“

„Was soll ich denn da?“

„Ihren Auftrag entgegennehmen. Ich kenne den Inhalt nicht. Hier sind die Flugtickets und der Ausweis mit Ihrer neuen Identität.“

„Sie sind doch völlig wahnsinnig.“

„Ich nenne Ihnen jetzt den Aktivierungscode. Bonetti Blau Zikade.“

„Muss Elon Musk töten. Muss Elon Musk töten.“