Andy Bonetti stammte aus
einfachen Verhältnissen. Er lebte mit seinen Eltern und sieben Geschwistern in
einem ehemaligen Gewächshaus und hatte vor allem im Sommer großen
Schwierigkeiten beim Einschlafen. Er besaß zum Spielen nur einen einzigen
Teddybären, dem auch noch die Augen fehlten. Auf dem Nachbargrundstück war eine
große und herrlich duftende Spielzeugfabrik, was ihn besonders deprimierte.
Bonettis Vater arbeitete als Vogelstimmenimitator in den Gaststätten Bad
Nauheims, seine Mutter baute in Heimarbeit Kugelschreiber zusammen. Er besuchte
das Heinz-Rühmann-Gymnasium in Bad Nauheim. Zu seinen Klassenkameraden zählte
auch Günther Hau, der später als Erfinder der Escape-Taste zu großem Ruhm
gelangen sollte. Bonetti war bereits 27 Jahre alt, als er endlich das Abitur
hatte. Er litt im Unterricht an starker Narkolepsie, was vor allem in Sport von
großem Nachteil war.
Er arbeitete anschließend als
Kegelaufsteller in der Kegelbahn des Ausflugslokals „Zum flotten Lottchen“ und
schaffte in den folgenden Jahren den Aufstieg über die Leihschuhvergabe zum
Hilfskellner. Als Servierkraft hatte er die Möglichkeit, zahlreiche Geschichten
an den Wirtshaustischen zu hören, die später den Grundstock seines
dichterischen Schaffens bilden sollten. Er begann zu schreiben, was nicht
einfach war, denn er lebte zusammen mit zwei Schlagzeugern in einer WG, die
zudem noch am Tourette-Syndrom litten. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, mehr
zu sein als bloß ein winziges Sandkorn in der großen Maschinerie des Lebens.
Seine allererste Erzählung „Neulich in der Bäckerei“ wirkte noch etwas
unbeholfen, vor allem, da weder Brot noch Menschen in ihr vorkommen. Aber schon
in „Ein Mittwoch in Kassel“ gewann er an erzählerischer Stringenz. Seine erste
Auftragsarbeit war ein Werbespruch für das Schaufenster der Metzgerei
Schmirgelberger: „Wurst und Schmalz, Gott erhalt’s“. Dafür bekam Bonetti drei
Ringe Fleischwurst und eine Dose Schwartenmagen. Die Konserve besitzt er heute
noch, sie soll als Exponat im geplanten Bonetti-Museum ausgestellt werden.
Auf der Herrentoilette des
Kaufhauses in der Bad Nauheimer Innenstadt lernte er seine spätere Frau kennen,
Ilse Hurtig. Sie hatte sich in der Tür geirrt. Zu dieser Zeit studierte sie
Spätbyzantinistik auf Lehramt und redete gerne mit dem Fernseher. Bonetti
begann, Texte für das Radio zu schreiben, anfangs war er für die Staumeldungen
zuständig. Als der Kollege von den Nachrichten eines Tages, es war ein
Aschermittwoch, nicht zur Arbeit erschien, kam Bonettis große Stunde. Er
schrieb die Nachrichten und wurde mit dem irrtümlich vermeldeten Tod des
damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl rasch bundesweit bekannt. Seine Erlebnisse
beim Radio hat er später in der Anthologie „Ich höre Stimmen“ zu Papier
gebracht. Es folgten Arbeiten für den Pantomime-Kabarettisten Walter Schlund
und den auf Altersheime spezialisierten Alleinunterhalter und Elvis-Imitator
Oliver Wuppke. 1996 erschien dann sein Debütroman „Andy Bonetti und die
Todesmonster vom Mars“, der rasch die Hitlisten des Bahnhofsbuchhandels
stürmte. Der Rest ist bekannt. Selbst in Nepal hat man eine Straße nach ihm
benannt.



