Ich
stehe vor dem Haus meiner Mutter, vor dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Seit
Jahrzehnten bin ich nicht mehr hier gewesen. Soll ich klingeln? Ich hole meinen
Schlüsselbund hervor und finde einen Schlüssel, der passen könnte. Tatsächlich
öffne ich mit ihm die Haustür. Ich gehe die Treppen hinauf, den Weg, den ich
tausende Male gegangen bin. Ganz bewusst nehme ich jede Stufe wahr. Im ersten
Stock schaue ich wie immer aus dem großen Fenster auf die Wiese zwischen den
Häuserblocks und auf das Dach über dem Eingang. Als Kind habe ich dort mal einen
toten Vogel gesehen. Wie alt meine Mutter jetzt wohl ist? Über achtzig, schätze
ich. Ich stehe vor der Wohnungstür im zweiten Stock. Mein Schlüssel öffnet auch
diese Tür. Sie steht in der Küche, im ersten Raum auf der linken Seite. Auf dem
Herd steht eine Pfanne, in der sie mit einem langen Holzlöffel rührt. Sie ist
Mitte fünfzig, so wie ich sie von meinem letzten Besuch in Erinnerung habe. Ich
frage, wie es ihr geht. Sie klagt über Rückenschmerzen, ohne mich anzusehen.
Ich wende den Kopf Richtung Flur. „Sieh da nicht hin“, sagt sie zu mir. Ich tue
es trotzdem. Alles ist wie immer. Nach dem Aufwachen fällt mir ein, dass man
dort vor knapp dreißig Jahren ihre Leiche gefunden hat.
Nach
einer Stunde am Computer lege ich mich wieder ins Bett und habe den nächsten
Traum. Ich bin ein junger Mann und habe eine Geschäftsidee: Ich möchte
Rotweinschorle in Flaschen verkaufen. Beim Mittagessen erzähle ich meinem Vater
davon, der einen Geschäftsfreund anruft und für mich den Kontakt herstellt. Als
ich Herrn Huf („Huf“ hieß früher ein Kaufhaus in Ingelheim) in seinem Büro
besuche, habe ich ein paar Kisten als Muster dabei. Er zieht sich einen grauen
Kittel an und wir tragen die Kisten in ein Lager im Keller. Danach machen wir
mit seinem Motorboot eine Fahrt auf dem Rhein. Wir fahren gemeinsam mit seiner
rechten Hand und einem Geschäftspartner eine Stunde an malerischen Ufern und
Felsformationen vorbei. Der Angestellte von Herrn Huf bringt das Thema
Lebensmittelrecht und Hygiene ins Spiel, der Geschäftspartner äußert sich zum
Vertrieb und ich kenne die Preise für Glasflaschen, Abfüllung, Etikettierung
und die Großhandelspreise für argentinischen Rotwein. Wir werden uns einig und
fahren zum Haus der Familie Huf, um dort bei einer Flasche Sekt das Geschäft zu
besiegeln. Vor dem Haus liegt seine Tochter nackt auf einer Sonnenliege; sie
verzieht sich, als sie uns sieht. Der Sohn kommt heraus, er trägt einen
dunkelblauen Anzug, lächelt und ist sehr höflich. Die zweite Tochter kommt, sie
ist so groß wie ich und hat ein hübsches Gesicht. Sie möchte mir die Hand
geben, aber ich zeige ihr, wie schmutzig ich von den Getränkekisten und vom
Keller bin. Sie lacht und schüttelt sie trotzdem. Dann fasst sie sich an ihr
blütenweißes T-Shirt und beschmutzt es. Ich sage, ich wäre wie der Junge bei
den Peanuts, der immer in einer Staubwolke unterwegs ist. Sie kennt die Peanuts
nicht. Im Gespräch merke ich, dass sie debil ist. Ihr Vater sagt, sie würde von
einer Hausdame unterrichtet und betreut. Trotzdem ist es Liebe auf den ersten
Blick. Dann wache ich auf.