Samstag, 9. Dezember 2017

Adventszeit, Zeit des Mitgefühls

Ich sitze in einer Kneipe in Stromberg, im „??? Bistro“*, und helfe einem Freund, eine Weihnachtskarte an seinen krebskranken Cousin zu schreiben. Jetzt rächt es sich, dass ich in meiner Kindheit nur Mad und Titanic gelesen habe. Wir lachen uns kaputt, denn uns fallen laufend Formulierungen ein, die man unmöglich bringen kann. „Das Wetter hier ist trübe und ich muss gerade an dich denken“ oder „In meinem Herzen ist November. Wie geht es dir?“ Sollen wir dem bereits halbseitig gelähmten Mann schreiben, dass wir am helllichten Tag beim dritten Schoppen sind? „Wir machen gerade eine mehrstündige Kur im Hunsrück“ oder so? Der Wirt, der seine Stammgäste an der Tür mit dem Spruch „Ach du Scheiße, da kommt die nächste Schwuchtel“ begrüßt, macht es uns auch nicht einfach, in eine vorweihnachtlich-empathische Stimmung zu kommen. Wir brauchen eine halbe Stunde, um einen nichtssagenden und unverfänglichen Text zu produzieren.
„Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen Dir und Deiner Frau ^%§“ (unleserliches Gekrakel, weil der Kollege natürlich den Namen vergessen hat), schreiben wir am Ende. Dann klatschen wir uns ab und stoßen mit einem Ouzo an. Uns werden an Weihnachten böse Dickens-Geister heimsuchen und wir werden in der Hölle brennen, soviel ist schon mal klar.
*Kein Witz, es heißt wirklich so, gegenüber ist die „Sparkasse im deutschen Michel“, weil sich dieses Kaff fälschlicherweise zur Heimat des deutschen Michels erklärt hat – aber das ist eine andere Geschichte. Und warum heißt es nicht „zum deutschen Michel“. Hat er in dem Haus gewohnt? Oder habe ich mich verlesen? Sie merken schon: Dieser Text hat keine Struktur.

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