Mittwoch, 18. Juni 2025

Noch’n Krieg

 

Eigentlich ist jeder Tag gleich. Alltag. Die Medien suggerieren uns dennoch ständig, das Leben sei aufregend. Kriege, Katastrophen, Amokläufer und bahnbrechende neue Technologien. Aber eigentlich ändert sich gar nichts. Ein Beispiel: der israelische Angriff auf den Iran. In der Wohnung neben mir lebt ein junger Mann aus dem Iran. Er arbeitet für ein deutsches Unternehmen und hat viele Dienstreisen. Dunkler Anzug, Aktentasche. Wir duzen uns schon lange, begrüßen uns freundlich und plaudern ein wenig, wenn wir uns im Hausflur oder im Supermarkt treffen. Der Krieg wird unser Verhältnis nicht verändern, auch das ältere russische Ehepaar wird von den Nachbarn gegrüßt und grüßt zurück. Dieses Haus ist ein internationaler Mikrokosmos, es gibt auch Menschen aus Finnland, Mexiko, Ungarn, Dänemark und Vietnam, vermutlich habe ich einige Nationen vergessen. Berlin ist voller Israelis, Iranern, Arabern, Russen und Ukrainern, alle kriegführenden Parteien haben hier Botschaften. Trotzdem ist es friedlich. Das ist nicht selbstverständlich, dennoch ist es keine Nachricht wert.

Warum unterstützen die Araber den Iran nicht im Kampf gegen den gemeinsamen Erzfeind? Weil Araber und Perser weniger gemeinsam haben, als die meisten Europäer denken. 1980 überfiel der Irak das Nachbarland Iran und in diesem Krieg, der bis 1988 dauerte, starben Millionen Menschen. Beide Völker gehören zum Islam, aber die Perser sind überwiegend Schiiten, die Araber überwiegend Sunniten. Auch ihre Abstammung ist unterschiedlich. Die Perser sind ein indogermanisches Volk, sie bezeichnen sich selbst als Arier (kein Witz). Sie bezeichnen die Araber verächtlich als „Eidechsenfresser“ und „Kamelmilchsäufer“. Bevor der Schah 1979 in der islamischen Revolution gestürzt wurde, war der Iran kein Feind Israels. Daher hat sich der Iran auch nie an den arabischen Angriffskriegen auf Israel beteiligt. Heute könnten die Mullahs ihre arabischen Verbündeten, die schiitische Hisbollah im Libanon und die von Teheran finanzierte Hamas im Gazastreifen mobilisieren. Letztere sind aber gerade mit sich selbst beschäftigt und die Hisbollah hat sich mit ihren Angriffen auf Israel in den letzten Jahren schon eine blutige Nase geholt. Saudi-Arabien, Irak, Ägypten, Syrien, Jordanien, Libanon, Türkei – niemand wird sich in diese Auseinandersetzung einmischen. Selbstverständlich auch nicht die USA und Russland auf der Seite ihrer jeweiligen Verbündeten. Der Iran ist politisch genauso isoliert wie Israel. Daher droht auch kein militärischer Flächenbrand.

Nur für einen kurzen Augenblick blitzte im Nahen Osten so etwas wie Hoffnung auf. Der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat, der noch 1973 einen Angriffskrieg gegen Israel geführt hatte, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, schloss mit dem israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin 1979 in Camp David einen Friedensvertrag. Beide bekamen den Friedensnobelpreis, Israel gab die besetzte Sinai-Halbinsel zurück. Aber 1981 wurde Sadat von den Gegnern seiner Friedenspolitik ermordet und die Feindschaft begann von neuem. Heute gibt es weit und breit keine Politiker, die dieses Format hätten. Aus Camp David wurde Mar-a-Lago, wo ein schwachköpfiger Narziss seine Zeit mit Golfspielen verbringt.

Israel muss verhindern, dass die Mullahs jemals eine Atombombe in die Hände bekommen. Nordkorea lässt grüßen. Sobald sie die Bombe haben, können sie nicht mehr angegriffen werden. Die Folgen für den Nahen Osten wären unabsehbar – auch die Araber können kein Interesse an einer persischen Bombe haben. Häufig ist der Einwand zu hören, nach dem Krieg würde der Iran an der atomaren Aufrüstung weiterarbeiten. Das ist richtig, Holgi. Man kann diese Argumentation aber auch umdrehen: Wenn das islamistische Terror-Regime weiter an der Bombe baut, kommt der nächste israelische Angriff. Ad infinitum.

Araber und Perser können sich Niederlagen leisten. Wenn Israel nur einen einzigen Krieg gegen seine Feinde verliert, kommt es zu einem zweiten Holocaust.


Die Daten

Bevölkerung: Israel hat 10 Millionen Einwohner, Iran 88 Millionen.

Fläche: Israel ist nur 29.000 qkm groß (inkl. besetzter Gebiete). Der Iran ist mit 1.648.000 qkm 57 x so groß.

Militär: Israel hat 170.000 Soldaten, Iran 610.000. Israel hat 240 (darunter die F-35, von der die Bundeswehr träumt), Iran 280 Kampfflugzeuge. Israel hat 400 Kampfpanzer, Iran 1500. Fun Fact: Der Iran hat immer noch den sowjetischen T-54 im Einsatz, der ab 1947 gebaut wurde. In Israel ist ein Exemplar im Museum zu besichtigen.

FIFA-Weltrangliste: Israel ist auf Platz 78, Iran auf Platz 18.

P.S.: Hatte ich fast vergessen. Israel hat die Atombombe.


9 Kommentare:

  1. Funfact: das Wort "Arier" stammt im Ursprung aus dem Altpersischen. "Iran" ist die verkürzte und von den Nachbarvölkern mit gleichem Wortschatz (Sanskrit: "arya") als territorial anmaßend empfundene Kurzform von "Land der Arier".

    Neben den Sanskrit sprechenden (Nord-) Indern sind auch Paschtunen, Punjabi und Türken Arier. Finnen, Esten und Ungarn dagegen nicht.

    Die Waffen-SS hatte ein Regiment namens "Freies Indien", in welchem britische Kriegsgefangene indischer Abstammung dienten. Die Einheit nahm 1944/45 an Kampfhandlungen in Frankreich und Süddeutschland teil, anders als die nur zu PR-Zwecken aufgestellte britische SS-Einheit. 1946 wurden alle nach Indien überstellten Gefangenen der Einheit freigelassen.

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  2. ... uiuiui — Volk/Völkerdebatte. Da halte Ichs mit dem Spruch "der einzige, der auf sein Volk stolz sein kann, ist der Imker"
    Gruß, ein Freund

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    1. Bienen lassen sich widerstandslos ausbeuten. Wie kann man auf sowas stolz sein? Da lobe ich mir das wehrhafte Volk der Hornissen.

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  3. Gäbe es so etwas wie Einigkeit im vorderasiatischen Teil der muslimischen Welt, dann würde Israel schon längst nicht mehr existieren. Oder die ohnehin schon wenig attraktive Gegend wäre flächendeckend verstrahlt. Beides fände ich unschön. Uneinigkeit kann ein Segen sein.

    PS.
    Im Übrigen meine ich, dass Herr Netanjahu hinter Gitter gehört, meinethalben erst nach erfolgreichem Abschluss der Spezialoperation im Iran. Mit dem Abwurf einer amerikanischen Mutterallerbombenbombe auf Herrn Chameneis dumpfe Birne hätte ich auch kein Problem, würde mir aber wünschen, dass der Herr Trump sich vor dem Ausklinken draufsetzt.

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    1. Tja, es gibt auch einen internationalen Haftbefehl gegen Putin. Aber Leute wie Netanjahu, Putin und Trump ignorieren den zahnlosen Tiger in Den Haag. In Annalenas Diplomatencafé in New York basteln sie bestimmt auch schon an einer "Resolution" ...

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    2. Herrje, unser Eloquenzwunder aus Hannover hatte ich komplett vergessen! Sic transit gloria mundi ...
      Aber ich hab eine Idee: das fesche Mädel in eine hautenge, möglichst transparente Glitzerburka stecken und in Chameneis unterirdischen Palast einschleusen, mit dem Auftrag, dem blöden alten Knacker sämtliche Märchen aus Tausendundeiner Nacht vorzulesen. Wenn's gut geht, dann trifft ihn schon nach den ersten paar Sätzen der Schlag. Wenn nicht, dann ist es auch gut, dann ist New York wenigstens die Annalena los. Die Leute da haben's ja derzeit schon schwer genug.

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    3. Vielleicht liest sie ihm ja aus ihrem Schulaufsatz "Wie ich vom Völkerrecht kam" vor. Da wird's dem ollen Turbanzausel sicher ganz warm ums Herz, wenn er sich vorstellt, wie Netanjahu vom internationalen Gerichtshof zu tausend Sozialstunden in einer Moschee verurteilt wird.

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  4. "Wie ich vom Völkerrecht kam" — Kopf-gegen-die-Wand-schlagen — die "Möchtegern-Diplomatin-aller-Gepamperten" gibts ja auch noch.
    Hat eigentlich hier jemand ne Idee für eine Wasserpistole mit der man (verdünnte) Scheiße verspritzen kann?
    Habe da ein paar Kumpels in Spanien, die nach ner Eskalationsidee fragen.
    the friendly Kotist

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    1. Sie ist erst 44. Die haben wir also noch eine Weile an der Backe oder sie wird in der Industrie bzw. einem Verband entsorgt.

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