Donnerstag, 26. Juni 2025

Jetzt kommt die Werbepumpe

 

Blogstuff 1145

Montagnachmittag. Windstärke 11 in Berlin. Orkanartige Böen. Ich sehe von meinem Schreibtisch im dritten Stock direkt in eine Baumkrone und schaue immer wieder minutenlang hinaus. Hält er oder hält er nicht? Richtig gruselig ist es, wenn die Baumkrone sich im Sturm auf mich zubewegt und die Äste gegen das Mauerwerk unterhalb meines Fensters schlagen. Für einen Augenblick überlege ich, ob ich nicht bei einem Lieferdienst anrufen soll, um einen Fahrer in diese Hölle hinauszuschicken.

Für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Berlin gibt es immer noch keine Lösung. Der Senat ist finanziell nicht in der Lage, Abhilfe zu schaffen. Bonetti Media hat hierzu einen bahnbrechenden Vorschlag: Auf dem Tempelhofer Feld wird eine gigantische Zeltstadt gebaut wie im Gaza-Streifen. Wer wirklich nach Berlin ziehen will, dem reicht ein Zelt. Das Feld ist 300 Hektar groß = 3.000.000 qm. Nehmen wir mal 10 qm pro Nase (Hälfte Zelt, Hälfte Wege/Toiletten/Brunnen etc.), könnten wir 300.000 Menschen unterbringen. Problem gelöst.

Die Silizianer sind etwa zwei Zentimeter groß und leben in Steinen und Felsen. Da sie nicht atmen, fehlen ihnen die Lungen. Sie bewegen sich nicht, ihnen fehlen Muskulatur und Extremitäten. Auch die Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit ist ihnen aufgrund fehlender Organe nicht möglich. Da sie kein Gehirn haben, denken sie nicht. Über ihre Tätigkeit ist nichts bekannt. Nach ihrer Entdeckung erwägt die Bundesregierung jedoch, alle Schottergärten zu Naturschutzgebieten zu erklären.

Früher haben die Verleger offenbar an Papier gespart und den Text in Kleinbuchstaben gedruckt, die ich heute nur noch mit Mühe lesen kann. Mein „Zauberberg“ aus den 80ern hat etwa 750 Seiten, eine moderne Ausgabe über tausend. Heutige Bücher sind viel leserfreundlicher als in meiner Jugend.

Das nenne ich eine echte Minderheit: Myrtle Corbin. Sie wurde 1868 mit vier Beinen und zwei kompletten Unterkörpern geboren. Sie trat in P.T. Barnums Kuriositätenkabinetten und in Freak Shows auf und verdiente bis zu 450 Dollar pro Woche – damals eine Menge Geld. Sie hatte zwei Ausscheidungs- und zwei Geschlechtsorgane. Mit beiden Gebärmuttern brachte sie Kinder zur Welt, insgesamt sieben, nachdem sie mit 18 geheiratet und ihre Karriere im Showbusiness aufgegeben hatte. Mit 41 feierte sie ihr Comeback, u.a. mit Auftritten auf Coney Island. Sie starb 1928.

Wann habe ich eigentlich aufgehört, über die großen Fragen nachzudenken? Das muss mindestens zwanzig Jahre her sein. Heute sind es die kleinen Beobachtungen, die kleinen Vergnügen, die mich interessieren. Schopenhauer und fernöstliche Philosophie finden sich noch in meinem Bücherregal, den Rest habe ich beim Umzug im vergangenen Jahr in meinem Elternhaus zurückgelassen. Nietzsche fand ich mit 18 großartig, inzwischen nehme ich ihn nicht mehr ernst. Von Marx bis Habermas – nichts habe ich eingepackt, als ich Abschied von der alten Heimat genommen habe.

11 Kommentare:

  1. Man muss kein Buch lesen um nix zu verstehen. Das Hirn arbeitet seid der Geburt. Ich merke das. Ich bestimme den Schrott und warte immer auf neue Eintragungen auf der Digitalen Tafel des Kiezschreibers. Morgen denke ich neuen Schrott.

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  2. "Nietzsche fand ich mit 18 großartig, inzwischen nehme ich ihn nicht mehr ernst. Von Marx bis Habermas – nichts habe ich eingepackt, als ich Abschied von der alten Heimat genommen habe."
    ... Abschied von der alten Heimat und den juvenilen Denkmustern?

    ... schlimm wird's, wenn das dann später extrem ausschlägt — Otto Schily, Jürgen Elsässer, Horst Mahler.
    ein Freund

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  3. @anonym um 01.00
    Das Hirn arbeitet doch schon vor der Geburt. Vielleicht arbeitet es schon vor der Zeugung ?
    Ich meine , vor dem Urknall gab es doch auch etwas, auch wenn uns die Katholiken etwas anderes erzählen.
    Vom Kiezschreiber können wir keine Hilfe erwarten. Der hat bekanntlich aufgehört, über die großen Fragen nachzudenken.

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  4. Von Nietzsche stammt die Bemerkung, wer nicht 2/3 des Tages für sich hat, sei ein Sklave. Das ist doch nicht falsch, Meister Bonetti !

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    1. Wenn du auf Kommentare antwortest, vergiss die Peitsche nicht.

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    2. Alles an Bonetti ist ein Rätsel, und alles an Bonetti hat eine Lösung: sie heißt Aldi-Wein.

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    3. @ Anonym 7:41

      2/3 des Tages sind 16 Stunden. Wer also 8 Stunden arbeitet, ist kein Sklave? Sehe ich anders. Jede Erwerbstätigkeit ist Sklaverei, nur der völlig Untätige ist wirklich frei.

      @ Anonym 11:48

      So einfach ist es aber auch nicht. Da gibt es noch den Wein von Edeka, den Wein in Restaurants und von diversen Lieferdiensten. Aber Aldi ist natürlich unschlagbar günstig. 1,5 Liter für 1,89 und man hat einen netten Abend.

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    4. @Bonetti:
      Natürlich, wer für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, ist unfrei. Dann gibt es ja noch Hausarbeit und Erziehungsarbeit.
      Aber :
      Es ist ein Nietzsche - ZItat. Daher hast Du ihn ja auch entsorgt ;)

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    5. Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Hat auch jemand aus dem 19. Jahrhundert gesagt. Arbeit macht unfrei. Das Gegenteil diente den Nazis als höhnische Toraufschrift an ihren KZ. Für Hausarbeit gibt es Personal und Erziehungsarbeit entfällt, wenn man in weiser Voraussicht auf Kinder verzichtet. Bleibt die Trinkarbeit und die Medienarbeit (größtenteils passiv).

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  5. Bonetti Constructions muss viel größer denken! Der Gaza-Zeltplatz ist doch bloß ein Vogelschiss. Als Blaupause für das neue Berliner Zeltbauprogramm ist Cox's Bazar besser geeignet (in Bangladesch, an der Grenze zu Myanmar), dort leben ca. eine Millionen Menschen, wo andere keinen Urlaub machen. Falls das Tempelhofer Feld zu klein sein sollte: wir haben noch den Alexanderplatz, den Mauerpark, das Olympiastadion und den Vorgarten von Schloss Bellevue. Und natürlich den Landschaftspark, in dem die Bonetti-Villa steht. Das dort derzeit noch geltende Grillverbot müsste allerdings aufgehoben werden.
    Wir schaffen das!

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    1. Im Grunewald wäre auch noch Platz, auf dem Wannsee und dem Müggelsee könnten die Leute auf Hausbooten leben. In Berlin gibt es nicht zu wenig Wohnraum, sondern zu wenig Phantasie.

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